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Gear-Chat: James Bay über sein Guitar-Equipment

James Bay, klar das ist doch dieser Typ mit dem Hut, der mit „Hold Back the River“ und „Let It Go“ sehr radiotauglichen Gitarrenpop macht. Sein Debütalbum „Chaos and the Calm“ brachte ihm Gold in mehreren Ländern und Platin im Heimatland UK ein. Das ist jetzt aber keine Standardpopgeschichte, sondern die eines Live-Musikers: James ist ein hervorragender Gitarrist, Sänger und Songwriter. Er entdeckte im Alter von 11 Jahren die Akustikgitarre für sich, spielte dann viele viele Open-Mic-Nights und schaffte es irgendwann ins Vorprogramm von Tom Odell. 2012 wurde er unter Vertrag genommen, anschließend ging es Schritt für Schritt bis zum Album.

2014 wurde „Chaos and the Calm“ veröffentlicht, fein produziert in Nashville von Produzentenlegende und Engineer Jaquire King (Kings of Leon, Norah Jones, Tom Waits, Modest Mouse, …). Die Produktionsgeschichte könnt ihr übrigens bei den Kollegen von SoundOnSound nachlesen. Seit gut zwei Jahren tourt James Bay mit seinem Album, anfangs noch allein – inzwischen mit kompletter Band und zweitem Gitarristen. Seine Vorliebe gilt dabei Semiakustikgitarren mit P-90 Pickups auf der elektrischen – und Gibson J-200 auf der akustischen Seite. Er spielt auf allen Instrumenten brutal dicke 13er Saiten, stimmt sie aber einen Ganzton tiefer. Er hat sich also ganz offensichtlich ziemlich viele Gedanken über seinen Sound gemacht – ein guter Grund für einen Gear-Chat, den wir im Rahmen des Hurricane-Festivals durchführen konnten:

Mir fiel bei meiner Recherche auf, dass du ein ziemlicher Equipment-Nerd bist…

James Bay: Na ja, Ich bemühe mich – dann verliere ich aber oft das Interesse, um ehrlich zu sein. Interessante Sounds und Geräte mit Knöpfen von Amps bis zu Effekten faszinieren mich. Aber Hand aufs Herz: am liebsten nehme ich eine Gitarre, ein Kabel und einen Amp – diese 3 Dinge – und mache auf dem Weg „Noise“. Allerdings muss ich zugeben, dass mein Setup momentan nicht so pur ist: Effekte ziehen mich in ihren Bann – jetzt nicht tonnenweise. Für die Anzahl an Effekten, die ich besitze, benutze ich sie nicht besonders viel.

Ich mag Primäreffekte, die „offensichtlichen“ Effekte: Delay, Chorus, Temolo, Reverb. Das ist das Zeugs, mit dem ich mich momentan beschäftige. Ich glaub’ ich hab auch ein paar Compressor- und Boosterpedale. Hmmm… ja, ich benutz sie irgendwie schon häufiger – aber nicht die ganze Zeit. Das ist momentan mein Status Quo – ist immer phasenweise bei mir.

Drei Boutique Amps im Einsatz bei James Bay: Favorit Tone King, Victory und Hamstead

Ich habe gelesen, dass du deinen – wie ich finde ziemlich amtlichen – Sound aus einem Fender Twin bekommst?

James Bay: Vielen Dank! Nee, den bekomme ich nicht aus einem Fender Twin. Hab ich bei den Albumaufnahmen gemacht, aber das war ein alter Twin von 1968. Live habe ich seit dem Album keinen mehr eingesetzt. Ich wollte keinen fabrikneuen ausprobieren – so ein 68er Twin ist einfach etwas besonderes. Da wollte ich nicht Gefahr laufen, so nah ran zu kommen und mich dann doch so weit weg zu fühlen. Live benutz ich ein komplett anderes Setup an Amps. Im Moment habe ich 3 Amps auf der Bühne, …was unnötig ist (lacht). 95 Prozent der Zeit benutze ich einen von ihnen nicht: Einen Tone King Sky King, wohl mein Lieblingsamp, den spiel ich auch schon am längsten auf der Bühne. Dann habe ich einen Victory Duchess V40 – das ist eine noch kleine britische Firma, die ich gern ein bisschen unterstützen möchte. Und dann den Hamstead, das ist auch eine ziemlich neue Firma, aber ich mag den massiven großen Sound der aus diesem Amp raus kommt.

Von den Amps mal abgesehen, entsteht mein Sound vor allem durch den Einsatz von Hollow Body Guitars mit P-90 Pickups. Ich mag Humbucker nicht. Ich habe es versucht, aber da ist kein… da ist nichts… es ist ein sehr kalter Sound. Ich mag Single Coils – Strats und Teles sind cool. Ich hab sie jahrelang gespielt. Aber live und zum Song Schreiben steh ich auf P-90er: Die haben diesen luftigen, hauchigen, bissigen Sound. Sehr crisp, warm, und recht voll, wohingegen reguläre Single Coils dünn klingen können. P-90er gepaart mit einer Hollow Body Gitarre sind meine Lieblingskombination! Das hat im Prinzip den Sound kreiert, der mir geholfen hat, die Songs für mein erstes Album „Chaos & Karma“ zu schreiben.

Also deine Epiphone Century…

James Bay: …genau, die ganz besonders! Aber ich habe zwei Gibson ES-330, eine ist ein Luther Dickinson Custom Modell mit etwas anderen P-90 Pickups. Die sind so 1000 mal weniger gewickelt, und haben einen etwas dunkleren Sound. Und dann noch eine 64er 330, die irgendwie sehr dünn, resonant und wunderbar trocken und alt klingt. Die ist einfach fantastisch! Und zur Auflockerung habe ich noch eine 1965 Les Paul Junior SG: Einfach zwei Stücke Holz, Hals und Body, ein P-90 Pickup, ein Volume und ein Tone-Regler. Ich liebe sie – so simpel. Das ist für mich übrigens auch der Lieblingsaspekt bei den Epiphone Century Gitarren. Es ist schon toll, was man mit den ES-330 soundmäßig alles machen kann. Aber ich mag es, wenn es Limitierungen gibt. Deshalb bin ich auch bei Effektpedalen hin-und-hergerissen:  Du kannst so viele Sachen machen, super – aber dann vergisst du schnell dich mit dem Spiel an sich und dem Performen zu beschäftigen. Du verlierst dich in Soundexperimenten – und da hat das Publikum nichts von. Für mich ist immer wichtig, was die Leute hören können, und wie ich mich dabei fühle. Ist also schön und gut, wenn ich durch Phasen gehe, wo ich besessen von Pedalen bin – wird aber schnell langweilig.

Hast du von dem T-Rex Replicator Bandecho gehört? Die Dänen haben ein echtes Bandecho neu entwickelt.

James Bay: Ja, na klar – da hab ich von gehört. Das ist echt super. Hat vielleicht einen kleinen Novelty-Aspekt, aber reproduziert einen geradlinigen Effektsound. Du weißt einfach, was Echo ist – wir wissen, was Delays machen. Live habe ich nur einen MXR Carbon Copy, mit diesem Modulation-Switch. Wenn Dinge so einen Hauch aus der Stimmung laufen, klingt das immer irgendwie großartig. Weißt du, wir spielen so viel – touren seit fast 2 Jahren ununterbrochen. Auch die Amps haben sich während dieser Tour einfach so ergeben. Ich habe die Tour mit einem Amp begonnen, an der Mitte der Tour hatte ich zwei – und nun beim Übergang zu der nächsten Tour hatte ich dann drei. Es gibt einfach keine Zeit, sich hinzusetzen und rumzuspielen.

… und du brauchst es ja auch nicht wirklich.

James Bay: Genau! Andy, der andere Gitarrist in meiner Band, hat bei „Hold back the River“ zum Beispiel irgendwann kurzerhand das Echo manuell gespielt: Wir hatten es mit dem Delaypedal live nie ganz hinbekommen, weil das Tempo natürlich schwankt. Wir spielen nicht mit Klick. Es war ihm einfach zu nervig, also hat er es dann einfach gespielt und wurde so zu seinem eigenen Pedal… er brauchte keins. Das ist cool.

Mir fiel auf, dass du so fies-dicke Saiten spielst… kriegst du damit deinen fetten Sound hin? 13er habe ich gelesen?

James Bay: Ja, 12er und 13er – aber da ist ein kleiner Trick dabei: Die Saitenspannung! Denn ich habe alles einen ganzen Ton runter gestimmt. Es sind fette Saiten, das stimmt. Lass mich dir was zeigen… ich liebe es, mich zu vertiefen und abzurocken… Sekunde (Gelächter, sucht nach Foto auf Handy)

Das war auf einer SG… nach einer Show. Aber es war klasse… (mehr Gelächter). Aber im Ernst, wenn du einen 13er Satz einen Ton runter stimmst, ist die Spannung vergleichbar mit 11ern im Standard-Tuning. Sehr ähnlich. Ich spiel das schon seit Jahren, ich wollte einfach einen lauteren Sound, sogar akustisch auf elektrischen Gitarren. Ich wollte einen lauteren Output haben.

In einem Video habe ich gesehen, wie du aus deiner Epiphone Century einen Sound ähnlich einer akustischen rausgeholt hast. Wie hast du das gemacht?

James Bay: Für eine Aufnahme auf meiner ersten EP habe ich die Gitarre einfach vom Amp abgeklemmt und abmikrofoniert. Wir haben versucht, einen so vollen Sound wie möglich zu bekommen, mit sehr direkter Mikrofonierung am F-Loch und am Hals. Es ist ja nicht die dickste Hollow Body Gitarre… (zeigt mit den Fingern).
Pickups sind etwas anderes, mit dem ich mich gern noch mehr beschäftigen möchte. Ich habe eine Gitarre mit Lollar Pickups – bin ein großer Fan.

Was für Pedale sind momentan deine Lieblingspedale?

James Bay: Meine Lieblingspedale? Ich habe einen Strymon Flint (Tremolo & Rev), den Big Sky (Multidimensional Reverb) – der ist echt Furcht einflößend! Beim Big Sky geht zu viel ab, der Flint bringt mir mehr Spaß. Das coole am Flint ist, dass er einfach 3 verschiedene Hallsettings hat  – das Tremolo nutze ich gar nicht. Der Tone King Sky King hat nämlich ein fantastisches Tremolo an Bord, das ich einsetze. Ich benutze einen GigRig G2 Switcher, der echt cool ist und gerade ziemlich populär wird. Daniel Steinhardt von GigRig ist ein ziemlich cleverer Typ. Dann mein MXR Carbon Copy Delay mit dem Mod-Button. Was hab ich noch… ich habe einen TC Spark, ein kleines „crackely“ Booster-Pedal. Und ein Hot Cake Pedal, kennst du das? Das ist klasse: Es ist ein Distortionpedal aus Neuseeland, das habe ich sogar nicht mal selbst gesucht, sondern geschenkt bekommen. Ach ja, dann habe noch so ein Archer Overdrive / Boost Pedal (J.Rockett Audio Designs), das ich für Soli einsetze.
(Anmerkung: Abgesehen von den erwähnten Pedalen finden sich auf James Bay Pedalboard noch ein Electro Harmonix HumDebugger sowie ein TC Polytune und ein zum Super Fuzz Boy umgebauter Game Boy. Auf dem Board links daneben steht eine LR Baggs Venue DI-Box mit eingebautem EQ sowie ein weiterer Polytune.)

Das Pedalboard von JamesBay hat mehr Pedale, als man denkt. Im Fokus Overdrive, Distortion, Delays und Hall. Von da geht es über den G2 Switcher in seine 3 Amps.
Das Pedalboard von JamesBay hat mehr Pedale, als man denkt. Im Fokus Overdrive, Distortion, Delays und Hall. Von da geht es über den G2 Switcher in seine 3 Amps.

Wie ist dein Signalpfad?

James Bay: Die Gitarre geht in den Switcher, an dem alle Pedale dran hängen und von da geht es in die Amps

Welchen deiner Amps benutzt du für welchen Sound?

James Bay: Der Hamstead hat diesen großen, fetten Clean Sound. Der Sky King bringt diesen höhenreichen Hi-End Gain Sound und der Victory ist irgendwo zwischen den beiden, so ein Fender-Princeton-artiger-Sound. Aber ich setz die Amps fast wie Pedale ein: Ich schalte unterschiedliche Kombinationen an und aus – und das macht auch mein Front-Of-House Rob. Wenn er einen größeren Sound möchte, schaltet er den Hamstead an oder macht ihn lauter. Ein anderer Grund, warum ich aktuell drei Amps im Einsatz habe, ist dass ich dieses Wet-Dry-Wet Setup fahre: Der Amp in der Mitte ist trocken, liefert den „Biss“ mit Top-End, die anderen beiden auf jeder Seite bringen einen runderen Sound mit all den Effekten drin. Das ist einfach eine tolle Kombination, mit diesem trockenen Sound, der aus der Mitte kommt. Es ist ein großer Sound, der ursprünglich aus der Situation entstand, dass ich der alleinige Gitarrist in der Band war. Inzwischen habe ich mit Andy ja einen zweiten und er kann Vollgas geben.

Wirst du heute wieder ordentlich Gas bei den Soli geben?

James Bay: Oh ja, auf dem Album habe ich zwar keine drauf – wollte ich auch nicht – aber ich liebe es, Soli zu spielen. Und wir haben das Album nun schon fast 2 Jahre getourt, das macht mich dann happy. Meine Einflüsse reichen dabei von Legenden wie  Keith Richards oder Clapton, die an sich schon sehr unterschiedlich sind, bis zu neueren Gitarristen. Ich bewundere das Soloing von Kings of Leons Matthew Followill zum Beispiel sehr oder das bei White Denim. Als Fan von Bruce Springsteens Songwriting bin ich auf Aufnahmen von ihm beim Soloing gestoßen – fand ich ebenfalls großartig. Kommt also aus wirklich unterschiedlichen Ecken. Auch Derek Trucks ist toll, ich bin zwar kein großer Slide-Man, aber auch sein Finger-Style Zeugs ist Killer.

Guter Punkt: Ich habe gesehen, dass du ein Plec benutzt – machst du auch Finger-Picking?
James Bay: Ja, mach ich. Wir haben so ein Cover eines Alicia Keys Songs gespielt, den wir in so einen langsamen Blues-Jam übergehen ließen, nachdem der Song durch war, da habe ich bei der ersten Hälfte des Solos das Pick weg gelassen. Aber momentan gefällt mir der „Biss“ des Pleks beim Solo. Ich spiele 1.73 Pleks, das sind nicht die heftigsten der Welt – Andy spielt dickere Picks. Ich mag „chunky“ Pleks einfach nicht. Ich weiß nicht, was es ist, aber irgendwie fühlen die sich für mich komisch an. Weißt du, von den dicken Saiten über die Pleks mag ich es einfach, es für mich schwierig zu gestalten: Ich mag es zu kämpfen. Ich habe gelesen, dass Jack White sich Amps und Effekte extra auseinander stellt, sodass er auf der Bühne rum rennen muss, um Einstellungen zu ändern.  Nur um es schwieriger für sich zu machen. Ich mag das – die dickeren Saiten, dann muss ich härter anschlagen – das sorgt für eine High-Energy-Sound Umgebung.

Wie nimmst du deine J-200 Akkustikgitarren ab?

James Bay: Die haben LR-Baggs Pickups und ich nutze das große Venue DI-Pedal. Ich vergesse immer welches Modell genau – sind aber die gleichen in beiden J-200 drin. Und ich habe eine Gibson 12-Saiter mit einem sehr heißen Pickup drin, auch da kann ich mich nicht genau an das Modell erinnern. Das geht in die Neve DI, klingt auch super-cool.

Früher habe ich ja solo gespielt, und deshalb versuchte ich immer, einen großen vollen Sound zu entwickeln. Den habe ich in die Band-Shows mit rein gebracht. Im Studio hatten sie eine 1949er Gibson J-200 mit 13er Saiten. Das tat weh, aber der Sound war fast so wie bei einem Grand Piano: einfach massiv. Ich liebe das einfach. Wenn du da delikat drauf spielst, da ist einfach ganz viel.

Was hältst du von beschichteten Saiten?

James Bay: Habe ich früher gespielt, jetzt wechselt mein Guitar Tech Chris die Saiten alle paar Shows. Und im Studio mag ich es, wenn die Saiten etwas „dulled down“ sind. Denn du kannst mehr mit einem dull sounding set Saiten machen, als mit einem bright sounding.

Und damit waren wir auch schon am Ende des Gesprächs – und James begab sich ins nächste Interview mit 3Sat, um kurze Zeit später die Bühne auf dem Hurricane Festival zu rocken. Eine extrem gute Performance – der sympathische Herr mit Hut lieferte sehr überzeugend mit Supersound und sehr guter Live-Band ohne wenn-und-aber ab.

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