Das Aspen Pittman Designs DT1 ist ein Unikum: Einerseits sieht es wie ein übliches Kleinmembran-Kondensatormikro in absolut normaler Stäbchenform aus, gleichzeitig kann es aber auch ein Bühnen-Kondensatormikrofon für Vocals sein.
Erreicht wird die Verwandlung des AP DT1 „Dual Top Mic“ dadurch, dass ein großer beiliegender Korb über den Kopf des Mikros gestülpt und dort verschraubt wird.
Wenn ich bedenke, dass hinter dem Unternehmen Aspen Pittman Designs einer der „Päpste“ von Röhren-Gitarrenverstärkern steckt, sein „Tube Amp Book“ in meinem Regal steht, ein von ihm designtes Mittelmembran-Röhrenmikrofon (Groove Tubes AM40) mein Mikrofonarsenal schmückt und das DT1 auffällig preiswert ist, dann ist klar: Ich muss einen Testbericht über dieses kauzige Mikro schreiben!
Details
Keine Wechselkapsel – nur ein Korb zum Aufschrauben
Ich genieße sicher die Zustimmung aller Leser, wenn ich mich zunächst dem auffälligsten Merkmal des Mikros widme, der „Zweiköpfigkeit“. Anders als bei Mikrofonen mit Wechselkapseln, wie den Modularsystemen im Kleinmembranbereich, also Schoeps’ Colette, Oktavas MK-012 oder bei solchen, die das althergebrachte Neumann-Bajonett (z.B. Blue The Bottle) verwenden, wird beim Aspen Pittman DT1 in jedem Fall die gleiche Kapsel verwendet. Einzig der Korb, der von Design und Funktion an die typischen Vocal-Mics für den Live-Einsatz angelehnt ist, wird aufgeschraubt, um Funktion und Bestimmung des Mikrofons zu ändern. Mogelpackung? Mitnichten, schließlich sind die eingelegten Schaumstoffe und das grobe Gitter nicht nur zum Schutz vor Speichel und Popplauten bei naher Besprechung sinnvoll, sondern sie verändern auch den Sound. Das ist nicht signifikant, aber merklich. Das kann jeder ausprobieren, indem er ein SM58 einmal seines großen Korbes entledigt.
Richtcharakteristik: Hyperniere
Der Rest des Kondensermikros ist im klassischen Stil aufgebaut, also mit einem Metalltubus, der die Elektronik vor Einstreuungen und sonstigen Einwirkungen schützt. Im Fuß ist eine XLR-Buchse verbaut, zu Schalten gibt es nichts – das DT1 ist also weder mit Hochpassfilter noch mit Pad ausgestattet. Und auch die Richtcharakteristik ist fest: Als Hyperniere ist die Richtwirkung recht hoch, die größtmögliche rückseitige Dämpfung liegt also bei 120° und 240°. Schraubt man den Body auf, erkennt man, dass das Mikrofon übertragerlos arbeitet – das elektronisch symmetrierte Signal liegt am 200-Ohm-Ausgang an.
Mittelmembran
Um noch einmal auf die Kapsel zurückzukommen: Mit 0,75 Zoll ist der Membrandurchmesser deutlich über dem „normaler“ Kleinmembraner, von Großmembranern spricht man üblicherweise ab einem Zoll. Daher ist der Begriff „Mittelmembran“ durchaus korrekt, wenngleich es keinerlei offizielle Leitlinie oder Norm gibt. Wozu auch…? Mit dem Groove Tubes AM40 und meinem Pärchen CAD Equitek E200 habe ich diese Zwischengrößen gleich dreimal unter meinen Mikrofonen, so selten ist das also nicht. Absoluter Standard ist das Membranmaterial: Die sechs Mikron dicke Folie aus Mylar ist mit Gold bedampft.
Präsenzbereich leicht überhöht
Bei 20 Hz beginnt das Messdiagramm ohne merkliche Einbrüche. Weiter oben ist das anders, denn der -1,5dB-Punkt (sic!) wird bei 18 kHz durchlaufen – hier fällt die Verwandtschaft zu Großmembranern schon leicht ins Gewicht, was allerdings nicht schlecht sein muss. Eine heute häufig anzutreffende Optimierung des Frequenzgangs findet man auch beim AP DT1: Der Präsenzbereich sieht im grafischen Frequenzgang leicht überhöht aus, der Bass, ohne Berücksichtigung des Nahbesprechungseffekt, etwas abgesenkt. Mit nur 5 mV/Pa ist die Empfindlichkeit recht gering, unter diesen Voraussetzungen sind auch die angegebene Schalldruckgrenze (146 dB SPL für 1% THD) und das nicht gerade geringe Eigenrauschen (28 dB, anscheinend ungewichtet) keine blendenden Werte. Aber nicht vergessen: Das Mikrofon kostet weniger als zwei Monatskarten für den Berliner Nahverkehr!