Am 2. September lud Casio zur Präsentation des neuen Celviano Grand Hybrid Digital Piano ins Stilwerk in Berlin ein. Bonedo war live dabei, als die neuen Digitalpianos der Oberklasse im Rahmen einer Pressekonferenz und einer festlichen Gala enthüllt wurden. Wir hatten auch Gelegenheit, die neuen Instrumente schon einmal kurz anzutesten.
Nicht ohne Grund hatte Casio das Stilwerk in Berlin Charlottenburg als Ort für die Pressekonferenz gewählt, denn genau dort ist auch der Firmensitz von C. Bechstein, der renommierten Pianoforte-Fabrik, die 1853 von Carl Bechstein in Berlin gegründet wurde. Der Clou am neuen Celviano Grand Hybrid ist nämlich, dass die Entwicklung dieser neuen Serie das Ergebnis einer Kooperation zwischen Casio und Bechstein ist. So wundert es nicht, dass die Redner der Pressekonferenz aus den Chefetagen dieser beiden Unternehmen stammten. Anwesend waren der Präsident von Casio Kazuhiro Kashio, der CEO von C. Bechstein Karl Schulze, Casios Senior Executive Managing Officer Hiroshi Nakamura, Casios Head of Research and Development Hitoshi Ando sowie Casios Marketing Manager für den europäischen Raum, Martin Moritz. Außerdem war Benjamin Grosvenor als Stargast geladen. Der aufstrebende Konzertpianist aus Großbritannien hat sich mittlerweile einen Namen in der Riege der jungen Talente gemacht. Casio konnte ihn als Botschafter des Celviano Grand Hybrid gewinnen.
Den Anfang machte Mr. Nakamura, der in seiner Rede darauf hinwies, dass Casio seit seiner Gründung 1957 viele innovative Produkte auf den Markt gebracht hat. Dazu gehören beispielsweise der erste elektronische Taschenrechner von 1972, die erste Consumer-Digitalkamera mit LCD von 1995 und die erste solarbetriebene GPS Hybrid Funkuhr von G-Shock im Jahr 2014. Auf dem Markt der Musikinstrumente mischt Casio seit der Einführung des Casiotone 201 im Jahr 1980 mit. In den vergangenen 35 Jahren hat das japanische Unternehmen mehr als 83 Millionen Instrumente verkauft.
Casios Einstieg in die Welt der Digitalpianos begann vor 30 Jahren. 2003 wurde dann das Privia PX-100 vorgestellt, das zu dieser Zeit das kleinste und leichteste Digitalpiano auf dem Markt war. Ziel bei der Entwicklung der Privia-Reihe war es, möglichst vielen Musikern den Zugang zu günstigen, aber vollwertigen Home-Pianos zu bieten. So haben sich die Privia-Pianos seither als solide Einsteiger-Instrumente bewährt und einen festen Platz in Musikschulen, Haushalten und auf Bühnen gefunden.
Nun aber wagt Casio mit den Celviano Grand Hybrid Pianos den Schritt in die Premium-Klasse. Dafür hat sich der japanische Hersteller mit C. Bechstein, Europas größtem Klavierbauer, zusammengetan. Gemeinsam haben sie in eineinhalb Jahren Arbeit an der perfekten Reproduktion eines akustischen Flügels gearbeitet. Das Ergebnis ist ein Digitalpiano, das sich in seinem Erscheinungsbild an einem traditionellen Bechstein-Piano orientiert und mit einem ausgeklügelten Verstärkersystem, einer hölzernen Hammermechanik sowie neu entwickelten Piano-Samples seinen Platz in der Oberliga finden soll.
C. Bechsteins Wissen und über 160-jährige Erfahrung im Klavierbau waren die Grundlage für das haptische und akustische Erlebnis, das die neuen Instrumente dem ambitionierten Pianisten vermitteln sollen. So entspricht die Tastatur des Topmodells in fast allen Details der eines Bechstein-Flügels. Sie ist aus den gleichen Hölzern hergestellt, besitzt die gleiche Oberfläche und vermittelt das Spielgefühl, das man vom akustischen Vorbild kennt. Auch das äußere Erscheinungsbild zeugt davon, dass man bei der Auswahl der verwendeten Materialien und bei der Verarbeitung mit höchster Sorgfalt vorgegangen ist. Zwischen den günstigen Privia-Modellen und dem Celviano Grand Hybrid Digital-Piano liegen Welten, das Grand Hybrid ist zweifellos ein Premium-Produkt.
Karl Schulze, der Chef von C. Bechstein erwähnte in seiner Rede, dass auch das Berliner Unternehmen sehr von der Zusammenarbeit mit dem japanischen Hersteller profitiere. Gemessen an der Größe des Unternehmens sei Casio ein Gigant, Bechstein dagegen ein Zwerg. Wenn David und Goliath sich zusammentäten, könne nur etwas Gutes dabei herauskommen, so seine Worte. Sicherlich ist es für einen traditionellen Klavierbaubetrieb wie C. Bechstein von Vorteil, einen Fuß in die Tür der Digital-Pianos zu bekommen und die Produktpalette in Richtung dieses immer noch wachsenden Marktes zu erweitern.
Hochwertiges Gehäuse, bemerkenswert gute Tastatur
Vorgestellt wurden drei Varianten des Celviano Grand Hybrid: Das Topmodell GP-500, das GP-300 und das AP-700. Das GP-500 wirkt in der Tat bereits auf den ersten Blick sehr hochwertig und edel. Schlichtes Design, schwarzer Klavierlack und goldene Accessoires sprechen eine eigene Sprache. Man sieht dem Instrument an, dass es stattliche 77,5 Kilogramm auf die Waage bringt. Vorne rechts am Gehäuse prangt (wie bei allen Modellen der Celviano Grand Hybrid Serie) ein Messingschild mit der Gravur „Developed in collaboration with C. Bechstein“. Die Bedienelemente sind nur bei geöffnetem Deckel sichtbar und so dezent am Rand der Tastatur platziert, dass der flüchtige Betrachter vermutlich gar nicht bemerken wird, dass es sich um ein Digital-Piano handelt. Das grafische Display und die wenigen Taster sind sehr unauffällig und fügen sich harmonisch in die Seitenblöcke ein.
Von herausragender Qualität ist die neue Holz-Tastatur, die Casio Natural Grand Hammer Action genannt hat. Das Spielgefühl ist im Hinblick auf die Oberfläche und den Gewichtungsgrad wirklich sehr nah am original Bechstein-Flügel. Laut Casio soll das Repetitionsverhalten sogar noch besser als beim akustischen Vorbild sein, da die digitale Klangerzeugung schnellere Anschläge als eine Klaviersaite zulasse. Die Anschlagsempfindlichkeit lässt sich in fünf Stufen anpassen. Wie erwartet sind drei Pedale für Sustain, Soft und Sostenuto vorhanden, selbstverständlich ebenfalls in der edlen Messing-Optik und mit kontinuierlicher Halb-Pedal-Erkennung.
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Kraftvolle Boxen
Damit der Pianosound auch adäquat verstärkt werden kann, hat Casio ein sehr potentes 3-Wege-System mit sechs Lautsprechern verbaut. Betrieben werden die Speaker (16cm, 10cm und 5cm) von Endstufen mit 2 x 30 Watt und 2 x 20 Watt. Damit ist das GP-500BP in der Lage, einen großen Konferenzsaal adäquat zu beschallen, wie bei der Pressekonferenz bewiesen wurde. Das Instrument erzeugt damit sogar mehr Lautstärke als ein akustisches Klavier. Durch die Anordnung der Membranen mit unterschiedlichen Abstrahlwinkeln soll ein dreidimensionales Hörerlebnis geschaffen werden. Modifizieren kann man den Sound mit dem klappbaren Deckel und dem eingebauten EQ. Zudem gibt es natürlich Line-Ausgänge und zwei Kopfhörer-Anschlüsse.
Neu entwickelte Piano-Samples
Erfindungsreichtum in der Namensgebung beweist Casio einmal mehr bei der Bezeichnung der Klangerzeugung. AiR steht für Acoustic & intelligent Resonator und soll auf die Vielschichtigkeit der Technologie verweisen, die für den natürlichen Ton sorgt. Bemerkenswert ist neben der 256-stimmigen Polyphonie auch die Tatsache, dass man (ähnlich wie bei Rolands V-Piano, dem Physis H1 oder einigen Plug-ins) den Klavierklang in diversen Details verändern und an die eigenen Klangvorstellungen anpassen kann. In jeweils zehn Stufen lassen sich Parameter wie die Ansprache der Hämmer, die Dämpfer-Resonanz oder die Saiten-Resonanz verändern. Darüber hinaus kann man auch das Obertonverhalten, das Dämpfer-Geräusch sowie Pedal- und Tasten-Geräusche beeinflussen oder virtuell den Deckel öffnen und schließen. All das ermöglicht tiefe Eingriffe in das Klangspektrum und beweist, wie facettenreich die Samples des Bechstein-Flügels aufgelöst sind. Darüber hinaus bietet das GP-500BP 12 verschiedene Halltypen, die berühmte Konzertsäle Opernhäuser und Kathedralen simulieren, zudem vier Chorus-Effekte und Brilliance.
Drei Klavier-Sounds stehen zur Auswahl, sie heißen Berlin Grand, Hamburg Grand und Vienna Grand. Von diesen drei Grundklängen gibt es jeweils auch noch „Mellow-Varianten“, die vermutlich nur eine andere EQ-Einstellung verwenden.
Casio hat die Samples gemeinsam mit C. Bechstein entwickelt und dabei ganze Arbeit geleistet. Vor allem die Sounds Berlin Grand und Hamburg Grand können auf ganzer Linie überzeugen. Der Dynamikumfang und die Abstufung der Velocity-Switches sind sehr gelungen, im Ausklang sind keine Loops hörbar. Die oben erwähnten Nebengeräusche und die Simulation der typischen Phänomene eines echten Flügels tragen sehr zur Natürlichkeit bei. Auch klanglich kann das Celviano Grand Hybrid also mit der Oberklasse der Konkurrenz mithalten.
Nicht ganz so gut gefallen hat mir persönlich das Vienna Grand, das etwas dünner klingt und nach meinem Empfinden weniger natürlich als das Berlin Grand oder das Hamburg Grand wirkt. Als Alternative zu den beiden anderen, eher voluminösen Sounds ist es aber eine schöne Ergänzung.
Zusätzliche Klänge
Das GP-500BP bringt auch noch weitere Sounds mit, insgesamt sind 35 Klänge an Bord. Die Qualität ist dabei durchwachsen. E-Pianos und Mallets sind zum Teil sehr gelungen, Sounds wie die Strings oder der Kontrabass können hingegen nicht überzeugen. Da der Fokus der Celviano Serie aber auf der Reproduktion eines Flügels liegt, kann man die übrigen Sounds als nette Dreingabe betrachten. Vermisst habe ich allerdings ein Upright-Piano.
Weitere Features
Wie bei Digital-Pianos dieser Klasse üblich verfügt auch das Celviano Grand Hybrid über einige Zusatzfunktionen. Dazu gehört neben einem Metronom und einem Recorder für MIDI-Files ein Feature namens Concert Play. Damit kann man die Rolle des Solo-Pianisten in Klavierkonzerten namhafter Komponisten übernehmen, während das Celviano den Orchesterpart berühmter Werke von Tschaikowsky, Pachelbel, Smetana und anderen spielt. Zu Übungszwecken kann man das Tempo verringern. Mit „Scenes“ wird dem Benutzer die Möglichkeit gegeben, komplexe Settings abzuspeichern oder bereits vorinstallierte Scenes aufzurufen. Abspeichern lassen sich sämtliche Klang-Parameter, also der Klaviersound sowie die entsprechenden Nebengeräusche und Effekte. Selbstredend sind auch nahezu unverzichtbare Funktionen wie Transpose und Tune verfügbar. 17 Skalierungen erlauben unterschiedliche Stimmungen wie Valotti, Kirnberger oder Werckmeister.
Anschlussseitig ist das Celviano Grand Hybrid GP-500 gut aufgestellt: Neben den erwähnten beiden Kopfhörer-Buchsen und dem Line-Out gibt es einen Audio-Eingang, MIDI In und Out sowie USB. Letzterer bietet auch die Möglichkeit, bis zu 99 WAV-Files (44,1kHz Stereo) mit bis zu 25 Minuten Länge pro File wiederzugeben. Wirklich verwunderlich ist aber, dass ein Instrument in dieser Preisklasse nicht über ein integriertes Netzteil verfügt, sondern über einen externen AC-Adapter mit Strom versorgt wird.
Günstigere Modelle
Die beiden Modelle GP-300 und das AP-700 stellen günstige Alternativen zum Topmodell dar. Das GP-300 hat ein ähnliches Gehäuse, allerdings keinen Klavierlack, sondern ein mattschwarzes Furnier. Das kraftvolle Laustprecher-System ist exakt das Gleiche wie beim Flaggschiff, so wie auch die hochwertige Tastatur. Das AP-700 hingegen verwendet eine sogenannte Scaled Hammer Action II mit einer elfenbeinartigen Oberfläche. Auch diese Tastatur macht einen sehr guten Eindruck. Alle drei Modelle nutzen die AiR-Klangerzeugung, die beiden günstigeren Modelle bieten jedoch nicht ganz so viele Eingriffsmöglichkeiten in die Soundparameter und verzichten auf Pedal Noise und Key Action Noise. Auch an anderen Stellen sind die Features etwas eingeschränkt. So gibt es insgesamt weniger zusätzliche Sounds, weniger Hall-Varianten und keine Scenes.
Das Celviano Grand Hybrid in Aktion
Einen persönlichen Eindruck von der neuen Celviano-Serie konnten sich die Gäste der Pressekonferenz vor und nach der Präsentation machen. Alle drei Modelle waren in mehrfacher Ausführung zum Antesten über Kopfhörer bereit, dazu gab es eine schalldichten Showroom im Foyer, in dem man sich von der Qualität der Lautsprecher überzeugen konnte. Das konnte man auch zum Abschluss der Konferenz bei der Darbietung von Benjamin Grosvenor, der als Botschafter des Celviano Grand Hybrid Piano virtuos unter Beweis stellte, wie schnell die Mechanik repetiert und wie voluminös das Instrument auch ohne zusätzliche Beschallungsanlage klingt.
Am Abend lud Casio in den Meistersaal der Hansa-Studios, wo die venezolanische Starpianistin und zweifache Echo-Gewinnerin Gabriela Montero am Bechstein-Flügel konzertierte. Illustre Gäste wie Jacob Collier oder Heiner Lauterbach konnten ihre pianistischen Künste am Celviano Grand Hybrid unter Beweis stellen. Der Abend klang aus bei einem Gala-Dinner.
Ausblick
Die neuen Celviano Grand Hybrid Pianos werden ab Oktober 2015 in den Handel kommen. Preise stehen bisher noch nicht fest, Gerüchten zufolge soll das Topmodell GP-500BK bei etwa 4000 Euro liegen. Nach unserem ersten Eindruck muss sich die Konkurrenz jedenfalls warm anziehen, denn Casios gelungene Kooperation mit C. Bechstein ist eine echte Kampfansage. Vermutlich wird man bald häufiger Celvianos in Hotel-Lobbys, Nobel-Restaurants und auf Kreuzfahrtschiffen sehen.