Vor mehr als zehn Jahren erblickte der Orange Rockerverb das Licht der Welt und war der erste High-Gain-Amp des britischen Traditionsherstellers. Bis zur dritten Version der Baureihe, die sich mit dem 50 Watt Topteil heute zum bonedo-Test angesagt hat, wurden diverse Details geändert und verbessert.
Laut Orange hat man sich bei dem Update am Feedback der Spieler orientiert, und wir sind gespannt, wie sich der überarbeitete Vollröhren-Bolide im aktuellen bonedo-Test schlägt.
Details
Optik/Verarbeitung:
20,8 kg schwer und 548 x 257 x 282mm (BxHxT) groß stellt sich das orangefarbene Topteil vor. Zwar gibt es mittlerweile auch Orange-Amps in Weiß und Schwarz, aber für mich muss ein Orange eben orange sein, sonst macht das mit dem Namen doch gar keinen Sinn, oder? Schwarze Metallecken schützen vor Transportschäden, ein ebenfalls schwarzes Lüftungsgitter auf der Oberseite sorgt für die benötigte Frischluft am Röhrenarbeitsplatz und transportiert wird das gute Stück mithilfe eines Gummigriffes. Last, but not least sollen die obligatorischen vier Gummifüße erwähnt werden, die den festen Stand des Amps garantieren. Die komplette Vorderseite besteht aus einer weißen Metallblende mit zwei Tragebügel rechts und links, die auch die Bedienelemente schützen sollen, die sich zwischen ihnen befinden. Seit den 70ern werden dem Spieler in Piktogrammen die Regelvorgänge von Schaltern und Potis vermittelt; so zeigt zum Beispiel ein Bassschlüssel an, welches Poti für die Bassfrequenzen zuständig ist.
Aber zurück zu unserem Topteil, dessen Bedienpaneel wir nun von links nach rechts erkunden wollen. Links startet die Reise mit der Power-Sektion, bestehend aus drei Kippschaltern, von denen der erste den Verstärker an- und ausschaltet. Es folgt ein Dreiweg-Schalter, der in der Stellung nach unten den 50 Watt Amp auf halbe Leistung, also auf 25 Watt setzt und in der Mittelstellung in den Standby-Modus. Der dritte Kippschaler im Bunde sorgt für die Kanalumschaltung des zweikanaligen Amps. Hier würde ich mir wenigstens eine LED wünschen, denn ansonsten kann es im entsprechenden Moment unter Umständen passieren, dass man sich nicht ganz klar ist, welcher Kanal gerade aktiv ist. Auch der Kanal mit dem größeren Gainangebot muss ja nicht zwangsläufig immer braten, sondern bietet auch im cleanen Bereich Potenzial, zumal er sich klanglich vom eigentlichen cleanen Kanal etwas unterscheidet. Spätestens dann macht so ein Lämpchen tatsächlich wirklich Sinn … Ein orangefarbenes Pilot-Lämpchen zeigt zumindest an, ob das Topteil überhaupt angeschaltet ist, immerhin.
Es folgen zwei Potis, von denen das linke den Attenuator steuert. Er bietet die Möglichkeit, die Gesamtlautstärke zu dämpfen, wobei die Endstufe selbst außen vor bleibt und laut Orange die wichtige Interaktion zwischen Ausgangsübertrager und Lautsprecher nicht angetastet wird, ganz gleich, bei welcher Lautstärke. Auf Null gedreht wird der Attenuator komplett aus dem Rennen genommen, sodass die Lautstärke der Kanäle ausschließlich über die jeweiligen Kanal-Volume-Regler kontrolliert wird.
Da der Attenautor sich auch per Fußschalter bedienen lässt, hat man so die Möglichkeit ihn als eine Art “Solo-Boost” einzusetzen. Dazu schaltet man den Attenuator zunächst mit dem Fußschalter aus (bzw. deaktiviert ihn mithilfe des Potis) und pegelt die jeweiligen Kanal-Lautstärken über die beiden Kanal-Volume-Regler. Das wäre dann sozusagen die “Boost-Lautstärke”. Jetzt aktiviert man den Attenuator mit dem Fußschalter und regelt über das Attenuator-Poti die gewünschte “Normallautstärke” ein. Schaltet man den Attenuator nun mit dem Fußschalter aus, gibt er den Weg frei für die über die Kanal-Volume-Regler eingestellten Lautstärke-Levels. Und wenn diese höher sind, als der über den Attenuator eingestellte Wert, hat man einen Boost-Effekt (zum Beispiel für Leads), der keinen Einfluss auf die Zerrstruktur des Sounds nimmt. Sehr praktisch, wie ich finde – gerade für die Arbeit auf der Bühne.
Das zweite Poti dieser Abteilung regelt die Intensität des Halls, der bei unserem Kandidaten ganz traditionell von einer Feder erzeugt wird. Angetrieben wird dieser intern von einer eigenen ECC81 Röhre. Wo wir gerade bei den geliebten Glaskolben sind: In der Vorstufe verrichten vier ECC83 und in der Endstufe zwei EL34 Röhren ihren Dienst. Auch der Effekteinschleifweg wird übrigens von einer ECC81 gepuffert.
Für dich ausgesucht
Der folgende High-Gain-Kanal ist mit einem Lautstärke-, Höhen-, Mitten-, Bass- und Gain-Regler ausgestattet, der spartanische Clean-Kanal verfügt außer einem eigenen Lautstärkeregler lediglich noch über ein Treble- und Bass-Poti, that’s it. Erwähnen sollte ich noch, dass sämtliche Potis gerastert sind, was die exakte Reproduktion eines Sounds erheblich erleichtert. Außerdem zeugt es von einer hohen Güte der verwendeten Bauteile, ich bin begeistert! Und schließlich wartet eine Klinkenbuchse ganz rechts auf den Anschluss des Instruments.
Die Armada an Klinkenbuchsen, die man dem Amp auf den Rücken gepackt hat, sorgt im ersten Moment für Verwirrung, aber bei genauerem Betrachten ist alles halb so wild. Die ersten drei Buchsen von links dienen dem Anschluss von Lautsprecherboxen. Dazu stehen zwei acht und eine 16 Ohm Buchsen bereit. Weiter geht es mit drei Buchsen, die auf Fußschalter für den Attenuator, das Reverb und die Kanäle warten, um diese auch von fern aktivieren zu können. So besitzt jeder Schaltvorgang eine eigene Buchse und damit auch ein eigenes Pedal auf dem Stressbrett. Ein Effekteinschleifweg mit dem unverzichtbaren Send- und Return-Duo darf natürlich auch nicht fehlen, womit wir auch schon den größten Teil der Anschlussmöglichkeiten abgehandelt hätten. Es fehlt nur noch die von außen zugängliche Sicherung sowie die Kaltgeräte-Buchse, über die der Amp mit Strom versorgt wird. Ein orange eingefärbtes Lüftungsgitter bedeckt die obere Hälfte der Rückseite und sorgt mit seinen Lüftungsschlitzen und zusammen mit dem Gitter an der Oberseite für ausreichende Kühlung der Röhren. Wie von Orange gewohnt, ist der Amp für die Ewigkeit gebaut und macht einen wirklich sehr vertrauenswürdigen Eindruck. Leichtbauweise sucht man vergebens, hier wird Wert auf Roadtauglichkeit gelegt.