Das Neumann TLM 107 ist bei bonedo zum Test eingetroffen! Der neueste Streich des deutschen Mikrofonherstellers mit dem großen Namen ist lang erwartet, im Review muss das Kondensatormikrofon zeigen, was es kann.
Die TLM-Reihe (“TLM” steht für “transformatorloses Mikrofon”) ist äußerst beliebt und erfolgreich, was besonders auf das hervorragende TLM 103 zurückzuführen ist, welches sich als sehr gutes Universalmikrofon in seiner mittlerweile über fünfzehn Jahre langen Geschichte einen weltweit sehr guten Ruf erarbeitet hat. Mit dem TLM 107 erweitert Neumann seine mit TLM 49, TLM 67, TLM 102, TLM 103, TLM 170 R und TLM 193 (vormals auch TLM 127 und TLM 150) umfangreich bestückte Serie um ein weiteres Kondensatormikrofon. Doch auch im nahen Umfeld der meisten genannten Mikros befinden sich noch U 87 Ai, U 89 i sowie nicht zu vergessen die digitalen Mikrofone, das BCM 104 und die Röhrenmikros. Jetzt also ein weiteres Großmembran-Kondensatormikrofon. Was unterscheidet es von den anderen, was leistet es?
Details
Gutes Preis-Pattern-Verhältnis
Mit fünf Richtcharakteristiken ist das Doppelmembran-Kondensatormikrofon flexibler einstellbar als viele andere aus Neumanns Produktrange. Neben dem typischen Trio aus Kugel, Niere und Acht ist auch eine Stufe zwischen Kugel und Niere (Breite Niere) sowie eine zwischen Niere und Acht (Hyperniere) wählbar. Dies ist für ein Neumann dieser Preisklasse zweifellos ein Novum, denn ähnlich hohe Flexibilität bezüglich des Polar Patterns liefern sonst nur U 89 i, TLM 170 R und M 149 Tube – und die sind deutlich teurer.
Zwei Filter, zwei Pad-Stufen
Über zweistufige Schaltmöglichkeiten verfügt das Mikrofon sowohl bei der Filterung tieffrequenter Spektralanteile als auch bei der Vordämpfung. Letztere ist mit 6 oder 12 Dezibel zuschaltbar, das Hochpassfilter arbeitet mit einer Grenzfrequenz von entweder 40 oder 100 Hertz. Beides, Pad wie HPF, lässt sich natürlich auch ausschalten. Sämtliche genannten Einstellungen werden auf der Rückseite des TLM 107 mit einem kleinen Joystick vorgenommen. Sofern die zum generellen Betrieb des 107 notwendige 48V-Phantomspeisung anliegt, kann mit Auf- und Abbewegung die Richtcharakteristik gewählt und mit dem Bewegen des kurzen Pins nach links die Vordämpfung und nach rechts die Filterung durchgeschaltet werden. Kleine LEDs zeigen den Zustand an, sobald man auf den “Pinöckel” drückt – 15 Sekunden nach der letzten Verstellung erlischt die Anzeige.
Das Design ist neu, Mann!
Das Design des Neumann TLM 107 ist deutlich moderner als das der meisten anderen. Die Korbgitterform ist zwar weitgehend klassisch, doch die ausladende Schürze des umlaufenden Bügels ist auffallend und suggeriert “Dynamik”. Ist das Messinggehäuse nicht wie auf unseren Fotos schwarz, sondern im Silber-Nickelton gehalten, fällt dieser Umstand noch mehr auf. Wohl für immer bleiben wird die Neumann-Raute auf der Seite der Hauptaufsprechrichtung. Sie ist rot, da es ein analoges Neumann ist, eine blaue ließe auf ein digitales schließen.
107 ist schließlich kein Kleinmembraner
Von Linearität hält das 107 nicht viel, zumindest in den Höhen – nun gut, das will man üblicherweise von einem Großmembran-Mikro auch überhaupt nicht. Im Diagramm fallen Abweichungen von der Nulllinie ins Auge, welche von Richtcharakteristik zu Richtcharakteristik unterschiedlich ausfallen. Die Niere ist etwa im Bereich um 5 kHz mit einem Dip versehen, oberhalb von 10 kHz findet man einen markanten Boost. Wie üblich für Großmembraner, kann auch die randkontaktierte Doppelkapsel des 107 die 20 kHz nur noch mit Mühe (will meinen: deutlich schwächer) übertragen. Enorm sind die Abweichungen bei der Kugel, denn dort beträgt der Boost um 12 kHz ganze 6 dB, zwei Dips bei 4 und 7,5 kHz sind etwa 3 dB tief. Neumann betont, bei dem Design des Mikrofons besonders die Stimme und dort besonders die S-Laute und die Unterdrückung von Popplauten im Sinn gehabt zu haben. Die Besonderheiten im Frequenzgang machen sich nicht nur axial bemerkbar, sondern sind auch an den frequenzabhängigen Polardiagrammen zu erkennen.
Ein sehr dynamisches Kondensatormikrofon
Die Daten lassen erkennen, dass man es beim TLM 107 technisch mit einem Mikrofon auf der Höhe der Zeit zu tun hat. Das Eigenrauschen ist mit 10 dB(A) um drei Dezibel höher als beim deutlich älteren TLM 103, doch sollte man bedenken, dass sich Einzelmembranmikros wie das 103 natürlich auch generell rauschärmer konzipieren lassen. Zudem besitzt das TLM 103 einen Grenzschalldruckpegel (0,5% THD) von “nur” 138 dB(SPL), der des TLM 107 liegt hingegen bei 141 dB(SPL), mit vollem Pad landet man sogar bei 153 dB(SPL). Doch schon ohne Vordämpfung ergibt sich eine beeindruckende Dynamik. Das elektrisch symmetrierte 107 besitzt 50 Ohm Ausgangswiderstand und ferner eine eher geringe Empfindlichkeit von 11 mV/Pa – umso erstaunlicher ist das geringe Eigenrauschen.
Holzkoffer, aber keine Spinne
Dem neuseten TLM-Spross spendiert Neumann zwar sein schönes Holzcase, doch außer dem Mikrofon, einem Schwenkadapter und der Anleitung findet man darin nichts. Die Spinne EA 4 müsste separat erworben werden. In diesem Fall kann sie mit € 139,– als durchaus bezahlbar bezeichnet werden: Die Neumann-Spinne für U 87 und U 67 kostet fast das Dreifache!
Dux sagt:
#1 - 24.04.2014 um 09:57 Uhr
Das einzig interessante wäre ein direkter Vergleich, z. B. mit dem allgemein bekannten TLM103. In dieser Form gleicht der Artikel einer Werbeerklärung...
PeterPesl sagt:
#2 - 24.04.2014 um 15:39 Uhr
Ja ist den schon Mai?
Nick (bonedo) sagt:
#3 - 26.04.2014 um 11:13 Uhr
Hallo Dux,es kann nicht jeder Testbericht als umfangreicher Vergleichstest ausgeführt werden, das ist auch nicht notwendig. Und: Ich glaube kaum, dass Neumann meine Ausführungen über das Navigationselement in einer Werbebroschüre abdrucken würde.Beste Grüße,
Nick
Jonny Jones sagt:
#3.1 - 26.12.2016 um 13:33 Uhr
Hallo Nick, ich würde dennoch gerne wissen wie sich denn die S-Laute im Vergleich zum TLM103 verhalten. Sind sie denn beim 107 tatsächlich wie angepriesen etwas weicher? LG Jonny
Antwort auf #3 von Nick (bonedo)
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenNick (Redaktion Recording) sagt:
#3.1.1 - 27.12.2016 um 12:35 Uhr
Hallo Jonny,sie sind etwas weniger scharf und "eckig" – statt "weich" würde ich sie eher als "breit" bezeichnen. In jedem Fall sind sie etwas weniger scharf, das 107 geht somit auch bei der Stimme ein wenig mehr in Richtung "Mix-ready".Beste Grüße,
Nick Mavridis (Redaktion Recording)
Antwort auf #3.1 von Jonny Jones
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenKlaus Joter sagt:
#4 - 18.04.2018 um 07:32 Uhr
Diese erbärmliche Stimme passt nicht zur Qualität des 107-ers. Wie kann man für so ein schönes Mikro einen Amateursänger mit all seinen Unbeherrschtheiten verwenden? Da würde auch ein 58-er reichen.
Ab TLM107 und ähnlichen Mikros sollte eigentlich ein prof. klassischer Sänger - oder In - verpflichtend sein.
Nick (Redaktion Recording) sagt:
#4.1 - 18.04.2018 um 12:37 Uhr
Hallo Klaus,da bin ich anderer Meinung, auch sind die Fakten andere: Der Sänger ist tatsächlich erfahrener Profi (Major), viel in Studios gebucht und live viel über Europa hinaus unterwegs. Wieso die Stimme also "erbärmlich" sein soll, ist mir nicht ganz klar, außerdem finde ich das reichlich gemein, um ehrlich zu sein.Eine seiner wesentlichen und für mich und meine Arbeit wichtigen Qualitäten ist die gute Fähigkeit, Linien zu wiederholen und auch sonst sehr konstant zu singen, was bei Mikrofontests sehr wichtig ist. Seine Stimme ist vielleicht nicht die charaktervollste, aber genau dadurch "verdeckt" er wenig von den Eigenschaften eines Mikrofons. Insofern ähnlich wie bei klassischen Sängern… Ich bin seit vielen Jahren sehr zufrieden: Mit seinem Signal gelingt es mir besser, Mikrofone auch klanglich darzustellen – und eben nicht "Musik" zu liefern.Und der Sänger ist nicht zuletzt ein sehr zuverlässiger, freundlicher, unkomplizierter und umgänglicher Mensch, mit dem ich sehr gerne zusammenarbeite.Und zum SM58: Das ist ein hervorragendes Mikrofon und "reicht" wie viele finden in manchen Situationen nicht manchmal nur, sondern ist die absolut beste Wahl. Ich nutze sehr gerne und oft Unidyne-Mikros wie das 545D, das SM7B, das 5575 oder eben das SM58, gerade für Vocals.Aber klar gibt es unterschiedliche Meinungen zu Musik und Equipment, das sei auch jedem zugestanden.Beste Grüße
Nick Mavridis (Redaktion Recording)
Antwort auf #4 von Klaus Joter
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenHarry Wolf, Bass (Profundo) sagt:
#4.1.1 - 18.03.2024 um 02:41 Uhr
uuups- ist da gerade ein Hellene explodiert? Natürlich aollen hier die Eigenschaften des Mikrophones (altgr.: mikros=klein/ phonos=Ton etc. also kleinlaut ;-) also: bitte nicht schreien, ich bin nicht blind... Im Ernst: Der Kollege Kommentator hat teilweise Recht: Die Stimme ist a) bei alles Vergleichen dieselbe, das ist für einen Test nicht geeignet. Pavarotti konnte zwar in Grenzen Rock/Pop singen und logisch Klassik. Popsänger sind umgekehrt kläglich gescheitert. Man muss hier aufpassen, was man wählt. Klar wäre für Sprachtakes ein Jan Hofer besser gewesen und für Nemorino ein ordentlicher Tenor, aber die sind für solche Sachen nicht bezahlbar, das kann man in ein Mike nicht einrechnen... Trotzdem gibt es sicher bessere Stimmen, die bezahlbar sind. Man will schließlich verkaufen und da spielt die optische Sympathie des Sängers keine Rolle. Für die Demo eines Pop Mikes muss ein anderer Sänger ran als für eine Bass-geeignete Großmembran Röhre. Das wird einmal aufgenommen und gut für Jahre. Das sind aber sachliche Kritiken und damit Anregungen. Ich stand selbst bis vor 5 Jahren noch als Opern-Buffo auf der Bühne, weiß also, wovon ich rede. Ich werde mich jetzt zur Erhaltung des "Materials" testweise auf das 107er einlassen, es scheint für mich der derzeit beste Kompromiss zu sein. Stimmprobe von Duetten mit Günter Wewel und Hans Theesinck können gerne angefordert werden. Ein noch so netter Schleusenfrosch (Fachjargon in der Opernszene für einen "Sängerlehrling") ist keine Reklame. Da hat der Kollege recht.
Antwort auf #4.1 von Nick (Redaktion Recording)
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#5 - 02.04.2022 um 00:31 Uhr
Ein sehr gutes Mikrofon mit nur 4 von 5 möglichen Punkten weil die einwandfrei funktionierende Einstellung der Richtcharakteristiken, des Pads und des LC’s nicht gefällt? Echt jetzt? Nur mal so: Wie oft wird die Richtcharakteristik für eine Aufnahme eingestellt und worauf kommt es am Ende einer Aufnahme an? Der Punktabzug wirkt nicht nur seltsam voreingenommen, sondern beschädigt meiner Meinung nach die Glaubwürdigkeit des angewendeten Bewertungsschemas. Vorsichtig gesagt und ohne in diesem Zusammenhang das Wort „Rundablage“ direkt zu verwenden.