Mit der 14×6,5″ Bell Brass Snaredrum aus der “Full Range”-Serie betritt nun auch Gretsch das exklusive Territorium der Glockenbronzekessel. In diesem Test stellen wir Euch das seit kurzem erhältliche edle Stück vor, das mit einem knallhart kalkulierten Preis der japanischen Konkurrenz von Tama ordentlich einheizen will. Bislang musste man um die 2000 Euro berappen, um ein solches Schätzchen sein Eigen nennen zu dürfen, und nun ruft Gretsch für das aktuelle Modell einen läppischen Ladenpreis von gerade mal knapp über 600 Euro auf. Da dürfte sich der eine oder andere fragen, ob man sich diesen Jugendtraum nicht doch endlich einmal erfüllen sollte.
Vor genau 33 Jahren brachte Tama innerhalb der Mastercraft-Reihe eine Snaredrum heraus, die optisch einer frisch ausgegrabenen antiken Vase ähnelte, was für einige hart an der Geschmacksgrenze war. Umso erstaunlicher, dass dieses Modell aus naturbelassener Glockenbronze mittlerweile zu den weltweit gesuchtesten Snaredrums gehört und Gebrauchtpreise von 3000 Euro und mehr erreicht. Wahrscheinlich spielt hierbei auch der “Nirvana”-Faktor eine Rolle, denn Gerüchten zufolge hämmerte Dave Grohl auf dem Album “Nevermind” seine Power-Grooves mit genau diesem Modell in die Felle. Eine weitere legendäre Trommel aus gegossener Bronze ist die ebenso unbezahlbare HLD590 aus der Sonor Signature-Serie, die aufgrund ihres unglaublichen Gewichts von 15 Kilogramm ihr Dasein wohl eher in der Vitrine als auf den großen Bühnen dieser Welt fristet. Umso gespannter bin ich, was das Schnäppchen aus dem Hause Gretsch so auf der Pfanne hat.
Details
Bevor ich mich näher mit der Testtrommel beschäftige, frage ich mich, warum die Snare eigentlich Bell Brass und nicht Bell Bronze heißt, obwohl sie doch aus Gussbronze und nicht aus Brass, also Messing, besteht. Nach einigen Recherchen begreife ich, dass sich die Fachwelt da wohl auch nicht einig ist. Anscheinend werden die Begriffe gleich bedeutend verwendet, und “Bell Brass” hat sich – wenngleich nicht ganz korrekt – aufgrund der eingangs erwähnten Tama-Trommel einfach durchgesetzt. Obwohl der matt gebürstete Kessel nur zarte drei Millimeter schlank ist, bringt die Trommel sieben Kilogramm Lebendgewicht auf die Waage und ist damit spürbar schwerer als ein herkömmlich verarbeiteter Bronzekessel. Neben dem Kesselmaterial tragen vor allem die kräftigen Gussreifen dazu bei, die auf Gretsch-Trommeln ja traditionell zur Standardausrüstung gehören und eine wichtige Zutat für “That Great Gretsch Sound” sind. Die zehn Broadkaster-Doppelspannböckchen findet man in dieser Form seit über 60 Jahren bei Gretsch Snaredrums, allerdings sind sie heutzutage mit Kunststoffunterlagen vom Kessel isoliert.
Auch das Square-Badge mit integriertem Luftausgleichsloch erinnert an längst vergangene Zeiten, wobei dem aufmerksamen Betrachter dabei natürlich nicht der fehlende “U.S.A.”-Zusatz entgeht. Das hat natürlich seine Gründe, und endgültige Klarheit verschafft ein klitzekleiner “Made in Taiwan”-Sticker auf den Spannreifen. Ja, liebe Vintage-Nerds, auch eine ur-amerikanische Firma wie Gretsch kann es sich heute – abgesehen von der USA-Custom-Serie – nicht mehr leisten, in den USA zu produzieren, wenn sie im Preiskampf bestehen will. Aber so ist das nun einmal, und über die Qualität sagt das erstmal gar nichts aus. Maximal drei Millimeter tiefen Snarebeds, an denen die ansonsten im 30 Grad-Winkel abgeschrägte Gratung deutlich abgeflacht ist, sind absolut sauber und gleichmäßig in den hundertprozentig runden Kessel gefräst, und auch die beweglichen Teile wie Stimmschrauben und Abhebung geben keinen Anlass zur Kritik.
Beim Strainer handelt es sich
Beim Strainer handelt es sich um ein einfaches, schnörkelloses Throw-Off-Modell mit dem entsprechenden Butt End auf der gegenüber liegenden Seite. Der von schwarzen Nylonbändern gehaltene Snareteppich ist ein 20-spiraliges Modell mit Messing-Halteplatten. Die Stimmschrauben verfügen über jeweils zwei Unterlegscheiben, eine aus Metall und eine aus Kunststoff. Bei den Fellen setzt Gretsch seit Jahren auf Produkte aus dem Hause Evans, und die finden sich, oben als G1 in weiß-aufgerauter und unten als Hazy 300 in klarer Ausführung, auch auf dieser Trommel wieder.