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Gem Audio Labs Sculptor Test

Gem Audio Labs Sculptor im bonedo-Test – Die Kompressoren von Gem Audio Labs sind schon länger am Markt präsent und verlieren so langsam den Geheimtipp-Status. Nun stellt der polnische Hersteller seinen Dynamics einen Recording-Channel zur Seite.

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Schon auf den ersten Blick macht das Gerät neugierig: Es glänzt im wahrsten Sinne des Wortes mit einer ziemlich üppigen Ausstattung und kommt mit einem sehr eigenständigen und hochwertigen Erscheinungsbild daher. Halten die inneren Werte das ein, was das Äußere verspricht, dann handelt es sich hier tatsächlich, in Anspielung auf den Herstellernamen, um eine Preziose. Auch die Gerätebezeichnung, „Sculptor“, gibt ziemlich eindeutig das Programm vor. Es scheint so, als könne man hier recordingtechnisch mit großen Schritten vorangehen. Das schauen wir uns doch einmal näher an!

Details

Preamp, EQ und Limiter

Mit zwei Höheneinheiten gönnt sich Gem Audio Labs die gehobene Standard-Packungsgröße für etwas umfangreicher parametrisierte Channelstrips. Die Frontplatte erlaubt es demnach, etwas großzügiger mit der Dimensionierung der Elemente umzugehen. Das freut nicht nur das Auge, es macht auch die Bedienung angenehmer. Und in der Tat fühlt sich der Sculptor gut an, aber damit greifen wir bereits dem Praxisteil vor. Das Layout des Channels bietet insgesamt drei Funktionsgruppen: den eigentlichen Vorverstärker, eine recht umfangreiche EQ-Sektion sowie einen Peak-Limiter am Ende der Kette. 

Nomen est Omen: Der Gem Sculptor formt Mic-, Line- und Instrumentensignale
Nomen est Omen: Der Gem Sculptor formt Mic-, Line- und Instrumentensignale

Umfangreiche Filtersektion

Eingangsseitig akzeptiert der Sculptor Line-, Mic- und Instrumentensignale, letztere über die DI-Klinkenbuchse auf der Frontplatte. Phasendrehung und Phantomspeisung verstehen sich bei solch einem Gerät von selbst. Positiv anzumerken ist aber, dass letztere in einer LED auch optische Entsprechung findet, wenn man die entsprechende Position des Input-Drehschalters wählt. Ein weiteres Sicherungsnetz, das einen vor potenziell für angeschlossenes Gerät gefährlichen Fehlbedienungen warnt. In 5-dB-Schritten wird die Verstärkung des Preamps eingestellt, und zwar in einem Bereich von -5 bis +65 dB für Mikrofon- sowie -10 bis +20 dB für Line-Signale. Daneben liegt der Output-Drehschalter, der in der Funktionsweise dem Fader eines Mischpultkanalzuges entspricht. Sowohl der Limiter als auch die EQ-Sektion können separat aktiviert werden, wobei hier ebenfalls rote LEDs Aufschluss über den Schaltzustand geben. Dem eigentlichen EQ zugeordnet ist die Filtersektion, welche mit Hoch- und Tiefpässen recht flexibel ausfällt. Jeweils sechs Eckfrequenzen stehen bei 12 dB Flankensteilheit zur Verfügung, in den Bereichen 20-300 Hz für den Hochpass sowie 4,7-20 kHz für den Tiefpass. Somit kann man bereits an dieser Stelle im Signalweg sicherstellen, dass unerwünschte Anteile an den Rändern des Spektrum gar nicht erst weiterverarbeitet werden. Insbesondere die Lowcut-Frequenzen sind gut gewählt, hier findet man gerade für Vocal-Aufnahmen sehr passende und nützliche Einstellungen. Mit einer kleinen Resonanzspitze bringen die Filter zudem etwas Charakter mit.

EQ: kein Standard

Die nachfolgende EQ-Sektion kommt mit einem etwas eigentümlichen Layout, das sich schon funktional ganz klar an Vintage-Topologien orientiert. Ähnlich wie etwa beim Entzerrer des TG Channels von Chandler Limited können die vier Bänder nicht boosten und cutten, sondern jeweils nur eins von beidem. Der Bass-Boost bietet eine Amplitude von maximal 18 dB und eine Mischung von Peaking- und Shelving-Kurven.  Ein Peaking-Boost ist bei fünf Frequenzen zwischen 30 und 200 Hz möglich, dazu gibt es noch die beiden Shelving-Boosts 100 sowie 200 Hz. Eines der beiden Mittenbänder ist für Absenkungen zuständig, das andere für Anhebungen. Dazu stehen jeweils sechs Frequenzen mit minus beziehungsweise plus 15 dB zur Verfügung. Während sich die Cuts mit dem Bereich zwischen 200 und 850 Hz um den möglicherweise mulmigen Tiefmittenbereich kümmern, setzen die Boosts zwischen 1,2 und 8,1 kHz an – also in dem Bereich, in dem es um Klarheit und Durchsetzungsfähigkeit geht. Beide Bänder können wahlweise mit schmaler oder breiter Güte betrieben werden. Abgerundet wird das Programm durch einen Höhenshelf, der zwischen 6,8 und 27 kHz greifen kann und damit ungewöhnlich weit hinaufreicht – seidig-teure Airband-Lifts lassen grüßen.

Fotostrecke: 4 Bilder Flexibler EQ: Vier Bänder formen das Eingangssignal

Kein Output-Meter

Schließlich bietet der Sculptor noch einen analogen Brickwall-Peak-Limiter mit einem Einsatzbereich zwischen +10 und +20 dB. Es stehen Hard-und Softknee-Modi zur Verfügung, zudem eine LED-Kette zur Anzeige der Pegelreduktion. Hardwareseitig bietet die Frontplatte alles, was gut und schön ist – mit Ausnahme einer Pegelanzeige für den Ausgang, welche leider nicht vorhanden ist. 

Mit Link-Buchsen für den Limiter und einem symmetrischen Insertweg hat der Sculptor auch anschlussseitig viel zu bieten.
Mit Link-Buchsen für den Limiter und einem symmetrischen Insertweg hat der Sculptor auch anschlussseitig viel zu bieten.

„Wir haben eine einzige Röhre versteckt, finde sie im Signalweg!“

In technischer Hinsicht präsentiert sich der Sculptor mit einem munteren, nachgerade eklektischen Mix aus dem reichhaltigen Angebot diskreter sowie IC-basierter analoger Schaltungstechniken. Mit dem diskret aufgebautem Preamp und der EQ/Limiter-Abteilung, in der auch Halbleiter zum Einsatz kommen, vereint das Gerät dabei Komponenten, die wirklich interessant kombiniert wurden. So basieren praktisch alle Baugruppen auf Transistortechnik, an einer sehr unerwarteten Stelle wurde jedoch auch eine Röhre in die Schaltung integriert. Der EQ mischt passive und aktive Topologien: Die Filter sind aktiv aufgebaut, während die Bass- und Höhenbänder passiv arbeiten, wobei auch LC-Schaltungen zum Einsatz kommen. Die Mittenbänder wiederum arbeiten mit parallelen Gyrator-Schaltungen und sind somit mehr für Präzision optimiert.

Fotostrecke: 3 Bilder Randvolles Gehäuse: Der Sculptor basiert auf einem recht eklektischen Schaltungsmix. Die Diodenröhre kommt im Limiter zum Einsatz.

Der Limiter arbeitet mit einer Kombination aus MOSFET-Transistoren und Dioden, wobei im Soft-Modus eine Diodenröhre (da ist er, der Glaskolben!) zum Einsatz kommt und im Hard-Modus herkömmliche Silizium-Dioden. Im Prinzip gibt es hier also nichts, was es nicht gibt: Carnhill-Übertrager am Ein- und Ausgang, eine Spule in der EQ-Sektion, eine Röhre beim Limiter, Einzeltransistoren im Preamp und hochwertige OPA604AP-OpAms von Burr-Brown in anderen Schaltungsteilen. In der Tat ist dies ein Schaltungsaufbau, der augenscheinlich nicht einem eng gefassten Design-Dogma folgt, sondern schlicht und ergreifend den  gewünschten Klangresultaten.

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