Er ist einer der populärsten und mit angeblich über 160 Millionen verkauften Alben auch einer der erfolgreichsten Rockmusiker überhaupt. Und wenn Bruce Springsteen ein neues Album veröffentlicht, dann ist das für seine Fans zwar jedes Mal ein Fest, aber an und für sich nichts Außergewöhnliches, denn in der Regel ist es spätestens alle zwei Jahre so weit. Auch sein neues Werk “High Hopes”, das am 10. Januar 2014 in Deutschland erschien, passt in den Zyklus. Allerdings hat sich “The Boss”diesmal etwas ganz besonderes einfallen lassen und einen Special Guest eingeladen, der einigen Songs seinen Stempel aufdrückt: Tom Morello.
Mit dem Ausnahmegitarristen und Mitbegründer von Rage Against The Machine klingt es so, als hätte die eingeschworene E-Street Mannschaft einen neuen Stürmer erhalten, der dribblingstark und torgefährlich seine Arbeit verrichtet und auch das eine oder andere unerwartete Kunststück parat hat. Tom Morello lässt es jedenfalls ordentlich krachen und es macht Spaß, sich das Album etwas intensiver anzuhören. In diesem speziellen Workshop zum neuen Album haben wir den Opener und Titeltrack “High Hopes” unter die Lupe genommen. Viel Spaß damit!
Bevor es losgeht, haben wir noch etwas für euch: Die kompletten Noten des Workshops als PDF-Dokument. Downloaden, ausdrucken und schon seid ihr “ready to rock”!
Intro
Bei Tempo 106 BPM und mit einem Percussion-Pattern geht der Song entspannt los, aber bereits nach zehn Sekunden und dem ersten E-Gitarren-Ton greift Morello augenzwinkernd ins Geschehen ein und macht deutlich, dass heute neue Spielregeln gelten. Es folgt der Boss mit der Akustikgitarre, und zur Unterstützung der Percussion gibt es einen Ghostnote-Groove, der im Panning links und rechts liegt. Hier sind die einzelnen Parts.
Gitarre 1 (Akustik)
Knifflig dabei ist, dass die ersten drei Akkordanschläge kurz klingen, die Saiten also schnell abgestoppt werden müssen. Ich benutze dafür den kleinen Finger.
Sound
Die Akustikgitarre wurde für diese Aufnahme mit einem Mikrofon (Neumann KM 184) aufgenommen und mit dem SPL Vitalizer Plug-In bearbeitet. Für mehr räumliche Tiefe habe ich die komplette Spur durch den Aufnahmeraum vom Ocean Way Studio (Plug-In von Universal Audio) geschickt. Hier sind die Einstellungen der beiden Plug-Ins.
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Gitarre 2 (Electric)
Das ist der Ghostnote-Groove. Am besten legt ihr alle vier Finger leicht auf die Saiten und zwar so, dass der kleine Finger über dem dritten Bund seinen Platz einnimmt. Dann den Rhythmus mit der unten angegebenen Anschlagsrichtung auf den tiefen Saiten (E, A, D) spielen.
Sound
Damit die Ghostnotes auch schmatzig rüberkommen, sollte ein Distortionpedal mit höherer Verzerrung mitarbeiten. Außerdem ist es ratsam, die Bässe abzusenken, sonst wird es vor allem dann zu wummerig, wenn der Part gedoppelt und im Panorama weit nach links und rechts verteilt wird. Zusätzlich dürfen die Höhen gerne etwas angehoben werden. Für die Aufnahme kam ein Bogner Ecstasy Red zum Einsatz mit folgender Einstellung der fünf Regler:
Gitarre | Distortion | Amp |
---|---|---|
mit Humbucker | Volume:12 | Clean eingestellt |
Treble:14 | Bass:12 | |
Middle: 12 | Middle:12 | |
Bass:10 | Treble:12 | |
Gain:15 | Presence:12 |
Gitarre 3 (Electric)
Kommen wir zum Startlick von Tom Morello, einem Unison Bend. Ihr greift im 15. Bund auf der B-Saite mit dem Zeigefinger und im 17. Bund auf der G-Saite mit dem Ringfinger. Beide Saiten werden gleichzeitig angeschlagen und sofort wird die G-Saite schnell einen Ganzton nach oben gezogen. Nachdem der Zielton erreicht ist, werden beide Saiten abgestoppt, nur das Delay klingt noch weiter.
Sound
Für das kleine Fill am Anfang habe ich denselben Sound benutzt wie für die Ghostnotes, wobei hier noch ein Delay hinzukommt, das auf Viertelnoten eingestellt ist und etwa vier Wiederholungen generiert. Das Objekt meiner Wahl war ein Cooper Time Cube Plug-In.
Und das Ganze in der Band-Version:
Verse
Im kompletten Verse bleibt die Band auf dem A-Moll Akkord. Die Akustikgitarre macht dem Gesang etwas Platz und wird nur noch drei Mal pro Takt angeschlagen, während die E-Gitarren unbeeindruckt ihren Ghostnote-Groove weiterschrubben.
Gitarre 1 (Akustik)
Bridge
In der Bridge tauchen dann auch einige andere Akkorde auf, der Anschlag wird etwas aufgelockert und mit Leersaiten vor einem Akkordwechsel gefüllt.
Gitarre 1 (Akustik)
Chorus
Der Chorus bleibt, wie der Verse, komplett auf dem Am-Akkord. Die Akustikgitarre spielt den Am-Groove vom Intro und die E-Gitarren unisono den folgenden Riff.
Sound
Bei diesem Part ist keine extreme Verzerrung gefragt, sondern ein moderater Mid-Gain Sound. Zu diesem Zweck kommt ein Overdrive Pedal (Weehbo Helldrive) zum Einsatz, bei dem ich den Gainregler etwas weiter nach oben geschraubt habe. Hier sind die Einstellungen.
Gitarre | Overdrive | Amp |
---|---|---|
mit Humbucker | Level:11 | Clean eingestellt |
Tone:12 | Bass:12 | |
Balls:10 | Middle:12 | |
Gain:15 | Treble:12 | |
Input:14 | Presence:12 |
Und der Chorus in der Band-Version:
Solo
Jetzt wird es lustig, denn das Solo ist mit diversen Morello-Spezialitäten gewürzt. Man benötigt ein Wah-Wah, ein Whammy-Pedal und einen Kill-Switch. Aber starten wollen wir erst einmal komplett rudimentär. Bevor wir uns mit den Spiel-und Soundtechniken von Tom Morello befassen, spielen wir das Solo “ganz normal” mit Pick, damit die linke Hand weiß, was sie zu tun hat.
Sound
Tom Morello schlägt allerdings im kompletten Solo keinen Ton an, sondern erzeugt alle(bis auf den letzten Takt – da wird normal mit dem Pick angeschlagen) durch Hammer-Ons. Zusätzlich benutzt er seinen Kill-Switch an der Gitarre, ein On/Off Schalter, der das Instrument quasi ein- und ausschaltet. Wer diesen Effekt generieren will, der muss nicht unbedingt einen solchen Schalter an seiner Gitarre haben. Mit einer Les Paul mit zwei Volume-Reglern und einem Toggle-Switch funktioniert das ebenfalls. Das Volume-Poti des Steg-Pickups wird voll aufgedreht, der Hals-Pickup komplett zurückgenommen. Wechselt man nun vom Steg- auf den Hals-Tonabnehmer, ist der Ton weg und man hat den Kill-Switch Effekt. Doch damit nicht genug. Mit dem Fuß lässt sich außerdem ein Wah-Wah bedienen und für die heftigeren Momente steht das Whammy-Pedal bereit, wobei es für Letzteres zwei unterschiedliche Settings gibt. Das Pedal wird auf den ersten Harmony-Mode (Oct Up/Oct Down) eingestellt. Steht es oben, gesellt sich zum Originalsignal ein Ton im Abstand von einer Oktave tiefer, drückt man es durch, wird die Oktave nach oben hinzugefügt. In den ersten acht Takten steht das Pedal oben, ab Takt neun wird es durchgedrückt. Das Wah-Pedal bewegt Tom Morello in den ersten acht Takten den Tönen folgend. Wird ein Ton gespielt, bewegt sich das Wah schnell von oben nach unten. Ab Takt neun wird das Wah-Pedal im Viertel-Rhythmus getreten. Das mag vielleicht etwas kompliziert klingen, geht aber recht schnell in Fleisch und Blut über. So klingt das Ganze dann mit Effekten und Toggle-Switch-Attacke.
Die Effektkette mit allen Einstellmöglichkeiten:
Gitarre | Wah Pedal | Whammy | Overdrive | Amp |
---|---|---|---|---|
mit Humbucker | Mode:Jarmony (-Oct/+Oct) | Level:11 | clean eingestellt | |
Tone: 12 | Bass:12 | |||
Balls:10 | Middle:12 | |||
Gain:15 | Treble:12 | |||
Input:14 | Presence:12 |
Und zum Abschluss das Solo mit allen Effekten und der Band, danach das Playback, damit ihr auch den gleichen Spaß haben könnt wie ich ihn hatte …
Markus Galla sagt:
#1 - 22.01.2014 um 00:48 Uhr
Wow, vielen Dank für einen Beitrag zum Boss.
Tom Morello bringt wirklich eine neue Farbe ins Spiel. Wie wäre es mit etwas mehr zu Springsteen? Der Boss ist selbst ein sehr guter Gitarrist, der auf der Mehrzahl seiner Alben alle Gitarren selbst gespielt hat. Mit Nils Lofgren hat er außerdem einen weiteren Ausnahmegitarristen an Bord. Lohnen würden sich z. B. die Riffs der Klassiker und mit Nils Lofgren die Live-Versionen von Because the Night und Youngstown.