Wir erinnern uns zurück an alte Zeiten, als der große Mann aus der Pfalz noch Kanzler war, ein Mercedes der S-Klasse auf keinen Autoreisezug passte und “Made in Germany” ein Argument war, das keine weiteren Fragen aufkommen ließ. Sonor hatte damals mit dem Signature-Drumset das Ende der Fahnenstange erreicht. Die Trommeln waren teurer, größer und schwerer als alles, was der Markt bis dahin zu bieten hatte. Zwölf Millimeter Wandstärke bei einem Tomkessel – der Albtraum eines jeden Drum-Roadies. Doch bereits zwei Jahre nach Einführung der Signature-Serie besann man sich im Hause Sonor darauf, dass eine Trommel in erster Linie ein Resonanzkörper und kein Teileträger ist. Mit der Lite-Serie wurde 1984 eine klangliche Alternative geschaffen, die eine Trendwende zurück zu dünnen Kesseln markierte. Schließlich klangen die Trommeln der 1950er und -60er unter anderem deshalb so wunderbar, weil sie dünn und leicht konstruiert waren.
Die speziell für die Lite-Serie entwickelten sechs Millimeter starken Kessel aus finnischem Birkenholz stellen noch heute einen klanglichen Standard dar, an dem sich aktuelle Drumsets aus Birkenholz messen müssen. Nachdem seit Ende der 1990er Jahre die meisten Hersteller die traditionelle Bauweise wiederentdeckten (also dünne Kessel mit Verstärkungsringen), brachte Sonor im Jahre 2004 die Delite-Serie mit Ahornkesseln auf den Markt, deren Toms eine Wandstärke von gerade einmal vier Millimetern hatten. Nach acht erfolgreichen Jahren tritt nun die Prolite-Serie in die Fußstapfen des Vorgängers. Wir wollen herausfinden, ob der Klanggourmet hier trotz oder gerade wegen der Fettreduktion auf seine Kosten kommt.
Details
Die Konfiguration des Testsets nennt sich “Stage 3″ und beinhaltet fünf Trommeln sowie einen kompletten Hardwaresatz aus der 600er-Serie. Die 22″-Bassdrum hat die ungewöhnliche Tiefe 17,5″, ferner gehören eine 14″x5″ Snaredrum, zwei Rack-Toms in den Größen 10″x8″ und 12″x9″ sowie ein 16″x16”-Floor-Tom zum Shellset. Auf der Außenseite sind die Kessel sowie die Bassdrum-Spannreifen mit einer hochwertigen Silver Sparkle-Lackierung versehen, die dem Set einen edlen Look verleiht. Dazu tragen auch die schlichten und eleganten Einzelspannböckchen bei, die sich optisch am Firmenlogo orientieren. Die neu entwickelten, vierfach verschraubten Typenschilder sind im Gegensatz zu ihren Vorgängern eckig und lassen schon von weitem das altbekannte Logo mit den beiden Paukenschlägeln erkennen. Die Ähnlichkeit zu den Badges der klassischen Phonic-Serie ist nicht zu übersehen. Und genau wie diese werden auch die Trommeln der Prolite-Serie in Deutschland produziert.
Die “Vintage Maple Shells” aus nordamerikanischem Ahornholz entsprechen vom Aufbau her exakt der Vorgängerserie “Delite”. Sie werden in der traditionellen Weise mit eingeleimten Verstärkungsringen, bei Sonor “Dynamic Edges” genannt, hergestellt. Die Bassdrums sind zwölfschichtig bei einer Wandstärke von sechs Millimetern. Toms und Snaredrums bringen es auf vier Millimeter bei neun Holzschichten. Durch versetzt angeordnete Nahtstellen der Holzschichten wird eine hohe Stabilität bei gleichzeitig geringen Spannungskräften erreicht. Sämtliche Verstärkungsringe haben eine einheitliche Stärke von zwei Millimetern. Durch die schmalen Auflageflächen mit 45°-Innenabschrägung ist ein optimales Schwingungsverhalten der Felle gewährleistet. Bezüglich der Rundheit ergeben meine Überprüfungen kaum messbare Durchmessertoleranzen bei der Snaredrum und den Toms. Die Bassdrum fällt mit drei Millimetern allerdings etwas aus dem Rahmen. Für eine Trommel der oberen Preisklasse ist dieser Wert zu hoch, wenngleich die Stimmbarkeit aufgrund des leicht unterdimensionierten Kessels nicht darunter leidet. Die Felle tragen das Sonor-Logo, werden aber von Remo in den USA hergestellt. Auf den Toms kommen Ambassador Clear-Felle zum Einsatz, auf der Snaredrum ein weißes Ambassador Coated sowie auf der Bassdrum ein Powerstroke 3 Clear. Bei den Spannreifen für die Toms setzt Sonor auf 2,3 Millimeter starke Modelle aus Stahl, während die Snaredrum mit massiven Gussreifen bestückt ist. Ein echter Hingucker ist die aufwändig konstruierte “Dual Glide”-Snareabhebung, ein Lizenzprodukt des kanadischen Herstellers Dunnett. Die Teppichspannung ist beidseitig einstellbar, und zum Wechseln des Resonanzfells kann das Unterteil der Abhebung mit einem Handgriff entfernt werden. Dazu werden einfach zwei seitlich angebrachte, federnd gelagerte Knöpfe zusammengepresst. Der 24-spiralige Snareteppich aus der Soundwire-Kollektion harmoniert perfekt mit dem 14 Zentimeter breiten und 2,5 Millimeter tiefen Snarebed. Wie alle anderen Trommeln des Testsets verfügt auch die Snare über “Tune Safe”-Stimmschrauben, welche auch bei harten Schlägen zuverlässig in Position bleiben.
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Die Bassdrums der Prolite-Serie sind mit den Sonor-typischen geschwungenen Beinen ausgestattet, welche je nach Bodenbeschaffenheit von Gummifuß auf Metalldorn umstellbar sind. Auffällig sind die formschönen Halteklauen für die Spannreifen, in denen die Stimmschrauben komplett verschwinden. Um ein optimales Resonanzverhalten des Kessels zu gewährleisten, wurde bei der Bassdrum bewusst auf eine Tomrosette verzichtet. Gleiches gilt für die Rack-Toms, welche dank des T.A.R.-Haltesystems ungehindert schwingen können. Die Halterung ist an vier Spannböckchen befestigt und mit kräftigen Gummimanschetten versehen. Durch Kugelgelenke an den Becken-Tom-Kombiständern ist jede denkbare Positionierung möglich. Als Besonderheit sind die Sechskant-L-Stücke innerhalb der Kugeln verschiebbar, wodurch noch mehr Flexibilität beim Aufbau erreicht wird. Neben den beiden Kombiständern beinhaltet das Testset zwei weitere Beckenständer, die wahlweise mit einem kurzen oder langen Galgenausleger bestückt werden können. Die Beckenhalter sind auf den Auslegern verschiebbar.
Ein interessantes Feature der 600er Hardware-Serie ist die Möglichkeit, jeweils eines der drei Standbeine zu drehen. Dadurch kann zum Beispiel in Live-Situationen schnell Platz für Mikrofonstative geschaffen werden. Der Snareständer verfügt über eine stufenlose Winkeleinstellung sowie einen Schnellspannhebel, der die lästige Schrauberei unter der Trommel überflüssig macht. Wie bei allen Stativen des Testsets gibt es auch hier die Möglichkeit, die Aufbauhöhe mittels Memory-Clamp zu fixieren. Diese speziellen Clamps sind dreiteilig konstruiert, wodurch der Druck auf das Rohr gleichmäßiger verteilt wird als bei herkömmlichen Klammern. Die HH 674 MC Hi-Hat-Maschine ist durch die integrierte Bodenplatte sehr standfest. Die Federspannung des drehbaren Pedals ist stufenlos einstellbar, und wie bei den Bassdrum-Beinen ist auch hier ein Wechsel von Gummifuß auf Metalldorn möglich. Der siebenstufige Schrägsteller für das untere Hi-Hat-Becken ist eine alte Sonor-Spezialität. Er wird einfach so weit gedreht, bis der gewünschte Winkel erreicht ist. Die DP 672 Doppel-Fußmaschine mit Kettenantrieb trägt viele Wesensmerkmale der luxuriösen Giant-Step-Pedale. Besonders erwähnenswert ist dabei die “Docking Station”, eine Klammer, die am Bassdrum-Spannreifen installiert wird und dort verbleibt. Das Hauptpedal kann dann bequem in diese Konstruktion eingehängt und anschließend mit einem großen Hebel fixiert werden. Die Einstellung der Federspannung erfolgt über jeweils zwei Rändelmuttern, und der Anschlagwinkel der Two-Way-Beater lässt sich stufenlos justieren. Ein Stopper auf dem Trittbrett verhindert das ungewollte Verrutschen mit der Fußspitze. Die Alu-Verbindungsstange zwischen den beiden Pedaleinheiten ist leicht und stabil und kann mittels Vierkantschrauben in der Länge variiert werden.