Pünktlich zur NAMM überraschte Rane Besucher und Fachpresse mit der Ankündigung neuer DJ-Mixer, namentlich Sixty-One, Sixty-Two und Sixty-Two-Z. Nun haben die ersten Testmodelle die bonedo-Redaktion erreicht. Mein heutiger Kandidat ist der Rane Sixty-Two, seines Zeichens Zweikanal-Battle-Mixer mit Scratch Live zertifiziertem Audio-Interface, 32-Bit-Signalverarbeitung und eingebauten MIDI-Controllern. Im Gegensatz zum eher puristischen Bruder Sixty-One soll der Sixty-Two mit seiner Funktionsvielfalt eine Universal-Lösung für den kreativ arbeitenden digitalen DJ darstellen. Er unterstützt zwei Scratch Live-Decks und den Sample-Player SP6, verbindet bis zu vier Platten- oder CD-Spieler, stellt einen zusätzlichen Aux-Eingang, eine Effektschleife und vier USB-Playback-Kanäle bereit.
Zu seinen weiteren Spezialitäten gehören Dreiband-Kill-Equalizer, Q-Peak-Meter und patentierte magnetische Fader mit Curve-Control und Reverse-Option. Das integrierte Interface macht eine externe Rane SL-Box obsolet. Rund zwei Dutzend zusätzlich verbauter MIDI-Controller erlauben den Zugriff auf Serato´s Softwarefunktionen wie Loops oder die Musikverwaltung direkt von der Mixeroberfläche. An jedem Kanal stehen Hoch- und Tiefpassfilter mit einstellbarer Resonanz bereit. Der Mixer verzichtet zudem nicht auf eine kleine Auswahl an DSP-basierten Effektprogrammen. Besonders interessant: Zwei USB-Buchsen ermöglichen den simultanen Anschluss zweier Notebooks. Das macht auf dem Papier zunächst einmal mächtig Eindruck. Eindrucksvoll ist jedoch auch der Preis, denn dieser liegt bei stattlichen 2498 Euro (UVP). Womit klar sein dürfte, dass Ranes neues Baby nicht in jede „Wald- und Wiesenbutze“ einziehen wird, sondern sich an Clubinhaber, Profi-DJs und, sagen wir mal, allgemein investitionsfreudige Anwender richtet. Wer bereit ist, noch einen Hunni draufzulegen, kann ein limitiertes Modell designed by „Z-Trip“ Shepard Fairey (Sixty-Two-Z) erwerben, das ein anderes Farbdesign und einen bunten Kabelsatz mitbringt. Der Sixty-One zieht mit einer UVP von 1799 Euro ins Rennen, verzichtet jedoch auf MIDI-Controller und den integrierten Effektprozessor. Zum Testzeitpunkt ist auch noch der TTM-57-SL zu einem Listenpreis von 2192 Euro erhältlich. Er kann eine zentrale Sektion zur Steuerung von Video-SL oder DJ-FX für sich verbuchen. Nach oben hin rundet der Rane Sixty-Eight aus 2010 für 3964 Euro (UVP) das Portfolio ab. Er wendet sich primär an Vierdeck-Artisten.
DETAILS
Die Verpackung ist wieder einmal Understatement pur: ein simpler, brauner Karton. Einzig durch Rane´s kleine Schriftzüge und eine Handvoll Aufkleber gibt er einen dezenten Hinweis darauf, welches „Biest“ wohl in seinem Inneren lauern mag. Zuerst fördere ich aber ein englisches Operator-Manual, eine ebenfalls englische Schnellstart-Anleitung sowie die Unterlagen zur Produktregistrierung zutage. Wie es sich für ein Plug-and-Play-Paket gehört, finde ich darüber hinaus einen Satz Timecode-Medien in Vinyl- und CD-Form sowie den Installations-Datenträger für Scratch Live 2.4. Außerdem kommen noch zwei USB-Strippen, ein Kaltgerätekabel und nicht zu vergessen, der Star des Abends zum Vorschein.
Die „harte Ware“ sitzt in einem Metallgehäuse, das auf mich einen widerstandsfähigen Eindruck macht. Ein Trockenlauf über die Bedienelemente zeigt solides Ingenieurshandwerk, wenngleich die gummierten Potis und Encoder für meinen persönlichen Geschmack etwas zu klein geraten sind und die Buttons ziemlich hart auslösen. Auf der Oberfläche machen es sich insgesamt 24 Drehregler, fünf Encoder, drei Fader, zwei Drehschalter und 46 Tasten bequem. Wie es um deren MIDI-Funktionalität bestellt ist, werden wir im Praxisteil beleuchten. Das beigelegte Benutzerhandbuch bescheinigt ein gängiges Clubmaß von 36 x 27 x 11 Zentimetern, und dass der Kandidat mit einem Gewicht von 6,5 Kilogramm daherkommt, wobei 2,1 Kilo auf Kartonage und Zubehör entfallen.
Frontpanel
Am Frontpanel sind drei Potentiometer positioniert, die sich der Justierung der Kurvencharakteristik sämtlicher Flachbahn-Regler verschrieben haben. Sie sind im Vergleich zu manch anderem Mixer angenehm groß, griffig und feinfühlig. PGM1, PGM2 (die Kanalfader) und der Crossfader dürfen stufenlos zwischen schnellöffnend und allmählichem Kurvenanstieg betrieben werden. Ferner ist jedem Modell ein Reverse-Schalter zur Umkehrung der Blendrichtung zugeordnet. Der Abstand der Regler zueinander ist komfortabel. Trotzdem finde ich es etwas schade, dass ich sie nicht versenken kann. Würde auch Sinn machen, wenn man die Channelfader lediglich einmalig einstellen möchte und danach nur noch an der Crossfader-Curve schraubt.
Für dich ausgesucht
Wo zwei Notebooks angeschlossen werden können, da braucht es natürlich auch zwei Kopfhörerausgänge. 6,3mm- und Mini-Klinke heißt die Devise – somit ist gewährleistet, dass zwei Protagonisten im Team am Mixer arbeiten können. Einen Pegelabfall beim Anschluss zweier Kopfhörer konnte ich nicht ausmachen, jedoch ist die Miniklinkenbuchse etwas wackeliger geraten als der 1/4 Zoll-Jack. Was den Sound angeht, präsentiert sich dieser kristallklar und ohne hörbare Verzerrungen. Er könnte allerdings lauter sein, denn in lauten basslastigen Umgebungen könnte man schon geneigt sein, bis an den Anschlag zu gehen. In Serato´s Support-Foren wurde aufgrund mehrerer Nachfragen angekündigt, den Pegel eventuell über ein Firmware-Update zu boosten.
Bootylicous
In die PA, Club- oder Studioanlage geht’s via XLR-Outputs (Main), der Booth-Out liegt als 6,3-Millimeter-Klinke vor. Dazu gesellt sich ein Session-Output als Stereo-Cinch. Digitale Ausgänge sind nicht mit an Bord. Meinen Eindruck nach der ersten Mixsession möchte ich an dieser Stelle gleich vorwegnehmen: Der Sixty-Two kann ein absolut hohes Soundniveau für sich verbuchen. Gläserne Höhen treffen auf ausgewogene Mitten und druckvolle Bässe. Von meiner Seite gibt es hier keinerlei Anlass zur Kritik. Unter den Ausgängen befinden sich die beiden USB-Ports und die Schleife zum Einbinden externer Effekt-Geräte, standesgemäß als Send/Returns mit jeweils zwei 6,3-Millimeter-Mono-Klinkenbuchsen.
Rein geht’s über vier Stereo-Cinch-Paare, wobei jeder der Signalwege über Phono-Preamps verfügt, die einen natürlichen, sehr sauberen Klang generieren. Es können also insgesamt bis zu vier Plattenspieler angeschlossen werden, was für Scratch-Teams sicherlich eine willkommene Option darstellt, selbst wenn das Pult nur zwei Mixer-Kanäle anzubieten hat und die Deckzuweisung bei vier Turntables im DVS-Betrieb in der Software umgeschaltet werden muss. Schließlich findet sich rechts unten noch eine XLR-Klinke-Kombo-Buchse ein, die wahlweise Geräte mit Line-Pegel oder dynamische Mikrofone annimmt, welche dann auf der Mixer-Oberfläche ausgesteuert werden.
Mixeraufbau
Schauen wir uns nun einen Kanalzug im Detail an. Der linke Channel trägt die Bezeichnung PGM1, der rechte PGM2. Für die Quellenauswahl ist ein Drehschalter verantwortlich, wobei PGM 1 Zugriff auf die Stereo-Eingänge 1 und 2 hat sowie einen der beiden USB-Ports ansprechen kann. PGM2 nimmt sich entsprechend der Eingänge 3 und 4 nebst USB an. Jeder Kanal ist mit einem Dreiband-Kill-EQ ausgestattet, der das jeweilige Frequenzband (Hi, Mid, Low) vollständig absenken oder um sechs Dezibel aufbohren kann. Die Aufholverstärkung wird mit dem Level-Knopf eingestellt und von einer achtstufigen LED-Kette in Ampelfarben visuell aufbereitet (1x rot, 2x gelb, 5x grün). Was mich angeht, hätten es ruhig einige Lämpchen mehr sein können – Platz wäre jedenfalls ausreichend vorhanden. Die maximale Aufholverstärkung beträgt laut technischen Angaben 15 dB. Die hier gewählte Skalierung von 0 bis 10 lässt daher am Set ad hoc keinerlei Rückschlüsse auf die tatsächlichen Pegel oder dB-Werte zu. Zu meinem Bedauern sind weder Channel- noch Masterlevel-Meter skaliert. Die Equalizer packen musikalisch zu, denn der gewählte Arbeitsbereich ermöglicht harte Cuts und sanfte Boosts, da der EQ im negativen Bereich stärker zupackt als nach oben.
Absolut begrüßenswert ist das Panning-Poti zum Verschieben des Stereo-Panoramas – schade nur, dass der Sample-Player keines mit auf den Weg bekommen hat. Auch das Kanal-Filter macht einen potenten Eindruck. Gegen den Uhrzeigersinn gedreht wird ein Tiefpass zugeschaltet, in der anderen Richtung wird ein Hochpass aktiviert. Zudem ist die Resonanz in den Software-Preferences regulierbar – dazu im Anschluss ein paar Hörproben. Abgerundet wird jeder Bus durch den FlexFX-Button zum Zumischen der hardwareseitigen Effektprogramme oder externer Gerätschaft.
Die Mikrofongruppe links oben ist mit dem obligatorischen Level-Knopf und einem High-Low-EQ ausgestattet. Er geht in einem Rahmen von Kill bis plus sechs Dezibel zu Werke. ON fügt das Signal der Summe zu, eine Monitoring-Funktion für das Mikrofon ist bedauerlicherweise nicht gegeben. „Over“ schaltet die Ducking-Funktion ein. Ihre voreingestellte Absenkung liegt bei 10 dB. Praktischerweise verbaut Rane in der Mikrofonsektion ein siebenstufiges Pegelmeter, sodass ihr potentiellen Clipping-Gefahren mutig ins Antlitz blicken könnt. Auch die Möglichkeit, mit den FlexFX auf den Sound losgehen zu dürfen, gefällt mir. An dieser Stelle vermisse ich jedoch den Live-Feed vom SL3. Obendrein ist es schade, dass man seine Gesangseinlagen nicht direkt auf eine Sample-Bank aufzeichnen kann. Stattdessen gilt es, im Soft-Recorder das Mic-Signal als Aufnahmequelle zu definieren und dann die Wav/Aiff-Datei in den Sample-Player zu laden. Das wäre sicherlich auch intuitiver umzusetzen.
Der USB-Aux-Regler auf halblinker Position pegelt das Signal der USB-Playback-Kanäle 5/6, respektive des SP6 Sample-Players ein. Das Summensignal der Sample-Slots kann durch ein in der Resonanz regulierbares Hi-Low-Kombifilter gejagt werden. Zusätzlich lässt sich der FlexFX-Bus zumischen. Das gefällt.
Rechts außen ist die Master-Sektion beheimatet. Sie punktet mit separaten Justierungen für Master-, Booth- und Session-Out. Eine vielleicht etwas kurze, aus sieben Elementen bestehende LED-Kette informiert über den Post-Fader-Pegel der Summe, ist jedoch komplett unabhängig von der Stellung des Master-Potis und somit von der tatsächlichen Ausgangslautstärke. Ein durchaus existenzberechtigtes Konzept, lässt sich ein potenzielles Summen-Clipping doch vor der Ausgabe erkennen. Obendrein ist es dann so ziemlich egal, welchen der drei ihr persönlich als Master-Out verwendet. Ich hätte mir an dieser Stelle jedoch eine optionale Umschaltung gewünscht.
Die Abhöre befindet sich auf der Halbrechten und hat den obligatorischen Lautstärkeregler samt Cuemix-Poti im Schlepptau, der zwischen dem Vorhörsignal gemäß zugeschalteter Cue-Tasten und dem Master stufenlos blendet. Ferner gibt es eine Split/Cue-Taste zur Verteilung auf die linke und rechte Kopfhörerseite.
Faderkino
Bei einem Scratch-Mixer kommt der Fader-Sektion eine besondere Bedeutung zu. Sie gibt sich in der Regel puristisch und aufgeräumt. Bei den verbauten Einheiten handelt es sich um kontaktlose magnetische Modelle mit einer Länge von 45-Millimetern. Sie liegen frei, sodass man einen uneingeschränkten Zugriff hat, ohne dass lästige Bauteile im Weg stehen. Sämtlichen drei Vertretern kann ich ein leichtgängiges, uneingeschränkt scratchlastiges Gleitverhalten attestieren. In Cut-Stellung öffnen sie innerhalb des ersten Millimeter Regelweges.
Der Austausch der Fader lässt sich im Verschleißfall ziemlich unkompliziert bewerkstelligen, indem zunächst die drei Faderkappen und im Anschluss die Faderpanel-Platte abgenommen wird, wofür zuvor die sechs Halteschrauben zu lösen sind. Zwei weitere Schrauben lösen den Fader selbst und im Anschluss wäre noch der Kontaktschuh vorsichtig abzuziehen. Nach Einbau eines neuen Flachbahners empfiehlt Rane die automatische Rekalibrierung. Dazu ist der Sixty-Two auszuschalten, alle Fader in die Zentralposition zu bewegen und das Pult bei gedrückten PGM1Cue und PGM2Cue erneut einzuschalten. Durch einmaliges Aufblinken der Cues wird die korrekte Kalibrierung bestätigt. Sollten sie dreimal flashen, müsste die Mittenstellung überprüft und der Vorgang erneut durchgeführt werden.