Soll ein Tontechniker die beiden wichtigsten Dynamikgeräte nennen, ist die Chance groß, dass er den Urei 1176 und den Teletronix LA-2A nennen wird.
Die beiden sind heute noch als Universal-Audio-Produkte erhältlich und immer noch sehr beliebt. Einen gravierenden Nachteil haben beide, der aktuelle LA-2A wie der 1176LN: Sie sind beide mit € 2441,– (1176) und € 3499,– (LA-2A) für einkanalige Kompressoren nicht gerade preisgünstig. Warm Audio hat es sich zur Aufgabe gemacht, klassische Geräte als Clones oder zumindest „Interpretationen nah am Original“ anzubieten, und das für einen Bruchteil des Preises.
Nach dem 1176-Clone WA76, dem Pultec-Equalizer EQP-WA, einem API-512c-Style-Preamp WA-12 und weiteren Geräten war es nur logisch, auch den großen Röhren-Kompressor/Limiter im Warm-Gewand wiederzufinden. Die Schallmauer von 1000 Euro hat Warm mit seinem Nachbau zwar durchbrochen, aber verglichen mit dem fälligen Geldbetrag für das Original ist das immer noch ein Schnapp – vielleicht sogar ein Schnäppchen.
Details
Röhrengerät auf zwei Höheneinheiten – aber eigentlich drei…
Statt es sich auf drei Höheneinheiten im Rack gemütlich zu machen, erstreckt sich der Warm-Röhrenkompressor nur über zwei HE. Diese vermeintliche Platzersparnis wir jedoch dadurch konterkariert, dass auf dem Gehäusedeckel vermerkt ist, dass man doch bitte eine halbe HE Platz für die Ventilation einplanen sollte. Hm. Nun gut: Ein derartiges Gehäuse ist preiswerter, und vielleicht setzt man den WA-2A ja als oberstes Gerät ein oder unter einem Gerät mit geringer Bautiefe – ich denke da an Patchbays, 19“-Steckerleisten oder manche Effekte wie die „Rackblende“ Quantec Yardstick. Mein ADL 1000 übrigens, ebenfalls ein Comp im LA-2A-Style, führt die Röhren wie das Original von UA/Teletronix hinten senkrecht heraus. Man sollte zwar beim Kabelstecken vorsichtig sein, doch für die Abwärme ist das sehr praktisch.
Kompressor-Bedienung: sehr einfach
Wer einmal einen LA-2A bedient hat, kommt mit dem WA-2A ebenfalls schnell zurecht. Und wer diese Erfahrung noch nicht hatte, hat sie innerhalb von Sekunden. Rechts des mittigen VU-Meters wird die Abschwächung eingestellt, die Aufholverstärkung von maximal 40 dB mit dem fein gerasterten Poti links davon. Die höchste Reduktion, die der Warm-Kompressor erreichen kann, liegt ebenfalls bei ungefähr 40 dB. Wer es nicht kennt: Die bei den meisten Kompressoren verfügbaren Parameter sind hier nicht zu finden, so sind die Zeitparameter fix. Die Attack-Time ist auf 10 Millisekunden festgetackert, die komplette Release-Time ist von verschiedenen Gegebenheiten abhängig. 50% der Release sind jedoch schon nach 60 Millisekunden erreicht. Bei einem Optokompressor eine konkrete Ratio anzugeben, ist nicht ganz einfach, da das Regelverhalten über den Pegel und vor allem die Zeit nicht linear ist und das Knee sehr weich ist. Diese Angabe braucht man aber auch nicht, wichtiger zu wissen ist, dass sich der WA-2A wie das Original etwas kräftiger einstellen lässt, indem der Compress-Limit-Schalter umgelegt wird. Ein Brickwall-Limiter kann aus dem 2A jedoch prinzipbedingt nicht werden, er ist generell ein sehr gemütlich vorgehender Kompressor.
VU-Meter nach bekannter Manier umschaltbar
Das Meter kann den Ausgangspegel mit 4 oder auch 10 Dezibel positivem Offset anzeigen oder die Gain-Reduction, bei welcher der Zeiger von der 0 ausgehend die Rücknahme anzeigt. Geschaltet wird mit dem Drehschalter oben rechts auf der Frontplatte, wie man es vom Teletronix-Limiter her kennt. Neben dem Netzschalter für das klassische Ringkerntrafo-Netzteil auf der Frontseite, die ja wie beim Original nicht gerade unter Überbevölkerung leidet.
„Meter Adjust“ und „Pre-Emphasis“: auf der Rückseite
Auf der Rückseite findet man jedoch zusätzlich zu den üblichen Verdächtigen (XLR- und TRS-I/O, Netzanschluss und Spannungswahlschalter) einen Masseanschluss und drei Potis. Eines davon ist „Meter Adjust“. Und, Entschuldigung, das finde ich reichlich dämlich: Um das VU-Meter zu kalibrieren, muss ich es sehen können. Das ist für eine einzelne Person dann schwierig bis unmöglich, wenn der WA-2A ins Rack eingebaut ist (nicht unüblich, denn immerhin ist es ein Rackgerät). Außerdem ist das Poti bei meinem Testgerät so leichtgängig, dass es bei mir schon durch herunterhängende und sich bewegende Kabel (!) verstellt wurde.
„Stereo Link“, als Poti ausgeführt, ermöglicht die Verknüpfung zweier Geräte zu einem Stereo-Verbund, allerdings in nicht besonders einfacher Vorgehensweise. Allerdings ist der Stereobetrieb auch eher die Ausnahme. Dass „Pre-Emphasis“, de facto ein Filter für den internen Sidechain-Weg, nicht auf der Frontplatte zu finden ist, mag dem Originalitätsfaktor des Warm geschuldet sein, ist aber genauso unpraktisch bei der Bedienung wie der Spaß mit der Kalibrierung der Pegelanzeige – wenn nicht noch mehr. Nicht alles beim Original war eine tolle Idee…
Röhrensockel frei – und T4-Zelle wechselbar
Blickt man in das Innere des Warm Audio WA-2A, fällt auf, dass der Hersteller wohl vergessen haben muss, eine Röhre einzusetzen. Nein, das ist natürlich Unfug: Zusätzlich zu den beiden verbauten 12AX7 und der 12BH7 von Tung-Sol kann die für die Verstärkung im Reduktionsarm der Schaltung eingesetzte 6P1 mit einer 6aQ5 (6005) ersetzt werden. Allerdings benötigt diese einen anderen Röhrensockel. Wer also auf größere Authentizität setzt, kann die originale Röhre beschaffen und einsetzen. Hinter dem eigentlichen Opto-Element liegt eine der beiden 12AX7 als Spannungsverstärker, der negatives Feedback erhält und die 12BH7 als „Cathode Follower“ – die beiden anderen Röhren sind nicht im Signalweg. Als Opto-Element setzt Warm auf einen T4B von Kenetek, weil auch dieser auf einem Sockel steht, kann man ihn gegen eine T4A- oder auch eine T4C-Zelle tauschen. Warm setzt Eingangs- und Ausgangsübertrager von Cinemag ein, die an der Rückwand verschraubt sind.