Zwei Tage vor der Veröffentlichung des neuen Albums “Us and the night” trafen wir Chris Henderson, seines Zeichens Gitarrist der Band 3 Doors Down, im Gibson Show Room in Berlin. Trotz Promostress – Chris und Sänger Brad waren an den beiden Tagen zuvor in London und Paris und mussten gleich am nächsten Morgen zurück nach New York – gab sich Chris absolut entspannt und outete sich schon vor Beginn des Interviews als absoluter Gear-Nerd.
Doch der Reihe nach …
Chris, zuerst einmal herzlichen Glückwunsch zum neuen Album. Eure letzte Veröffentlichung “Time of my life” (2011) liegt ja schon ein bisschen zurück. Was habt ihr in den letzten Jahren gemacht? Ihr wart ganz schön viel auf Tour, oder?
Ja, zum einen haben wir viel gespielt, zum anderen mussten wir zwei Bandmitglieder ersetzen und haben daher in den letzten fünf Jahren auch Zeit damit verbracht, die Band wieder zusammenzubringen, um an neuen Songs zu arbeiten.
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Wann hat die konkrete Vorbereitung für das neue Album begonnen?
Vor ungefähr anderthalb Jahren.
Wie geht ihr da genau vor? Nehmt ihr zuerst Demos auf? Wird schon an Songs gearbeitet, wenn Ihr unterwegs seid?
Nein, ich habe mein eigenes Studio, in dem wir auch zwischen den Tourneen immer wieder für ein paar Tage gearbeitet haben. In Eigenregie haben wir vorab Demos zu 15 Songs aufgenommen und diese dann an verschiedene Produzenten geschickt.
Wer hat Euer Album dann am Ende produziert?
Matt Wallace, der z.B. auch schon mit Faith No More oder Maroon 5 zusammengearbeitet hat.
Wie läuft bei Euch der Prozess des Songwritings ab?
Brad schreibt alle Texte. Sonst arbeiten wir in der Band gemeinsam an den Songs. Unser Schlagzeuger spielt z.B. auch Gitarre und schreibt so auch mit an den Gitarrenparts. Wir treffen uns ganz “oldschool” gemeinsam fürs Songwriting bei mir im Studio.
Ok, letzte Frage, bevor wir einen genaueren Blick auf den Equipment werfen wollen. Wann geht ihr mit eurem neuen Album auf Tour und werdet ihr auch in Deutschland sein?
Richtig los geht’s im April. Nach Europa und auch nach Deutschland kommen wir dann im Oktober.
GEARTALK
Ich habe in deinem Live-Rack einen Kemper zusammen mit Avids Eleven Modeler gesehen. Wie nutzt du diese beiden Geräte?
Ich nutze den Kemper für die heavy und den Eleven Modeler für die cleanen Sounds. Wenn bei einem der Geräte zwischen den Sounds wechselst, hast du eine Millisekunde Delay, und das mag ich nicht, ich will die Sounds direkt haben. Also schalte ich mit einem A/B-Switch zwischen beiden hin und her. Bevor ich den Kemper hatte, habe ich deswegen auch zwei von den Eleven Modelern genutzt. In den letzten 20 Jahren haben sich bei mir bestimmt 35 oder 36 verschiedene Amps angesammelt – Hughes & Kettners, Diezels, Marshalls, Bogners … Aber die konnte ich leider nicht alle mit auf Tour nehmen. Als der Kemper dann auf den Markt kam, war dieses Problem schlagartig gelöst. Jetzt passen alle meine Amps auf einen USB-Stick. Ich habe also meine Amp-Sammlung nun immer mit dabei.
Das Ding ist Wahnsinn, oder?
Ich liebe es! Der Erfinder ist ein echtes Genie! Ich habe inzwischen zwei und werde vielleicht auch noch mehr von denen kaufen, einfach, um sicher zu gehen, dass immer alles läuft.
Das heißt, dass du für den technischen Notfall einen Ersatz-Kemper mit auf Tour hast?
Ja auf jeden Fall, das ist schon wichtig.
Ich habe in deinem Live-Setup eine Menge Gitarren gesehen. Was hast du da am Start?
Zum einen PRS-Gitarren in Solidbody- und auch in Hollowbody-Ausführungen mit zusätzlichem Piezo Pickup, und außerdem Gibson Les Pauls. Ich gehe gern noch ein bisschen genauer ins Detail, wenn Du magst. Da wären unter den Les Pauls eine 56′ VOS Goldtop mit P90, eine 58′ VOS in Sunburst. Dann habe ich eine Korina Explorer – ein Lynyrd Skynyrd Prototyp – von der es nur diese eine gibt. Bei den PRS Gitarren sind es eine Hollowbody I und eine Hollowbody II, beide mit zusätzlichem Piezo-Pickup, außerdem meine Chris Henderson Signature PRS mit 3 Tonabnehmern und zusätzlichem Piezo.
Du spielst hauptsächlich Humbucker-Gitarren. Teles oder Strats kommen in deinem Sortiment nicht vor, oder?
Nein, diesen smoothen Ton mag ich einfach nicht – zumindest, wenn wir live spielen. Im Studio spiele ich aber auch solche Gitarren.
Auf dem Track vom neuen Album “I don’t wanna know” habe ich eine Menge Akustikgitarren gehört.
… live geschieht das komplett mit Piezo-Tonabnehmern. Meine gelbe PRS Hollowbody II ist auf der Bühne ausschließlich für diese Sachen zuständig.
Gibt es trotz der vielen Instrumente eine Nummer-Eins-Gitarre, die du live und im Studio dann doch meistens in der Hand hast?
Ja, das ist meine PRS Chris Henderson Signature mit den drei Pickups. Die spiele ich nun schon seit 10 Jahren.
Du hast ja anfangs schon von deinem eigenen Studio erzählt. Mit welchen Preamps nimmst du bei dir auf?
Da hab ich echt eine Menge Zeug … Ein Presonus ADL 600, den 8110 und den 2-610 von Universal Audio, dann Preamps von API und auch Neve Clones im Lunchbox-Format. Für den Gesang nutzen wir einen Great River. Außerdem sind da noch ISA-Preamps von Focusrite.
Nutzt du im Studio noch deine Hughes & Kettner Amps?
Auf jeden Fall, ich habe vier von den TriAmp Mark II und auch den TriAmp Mark II Alex Lifeson Signature Amp, der wirklich ein sehr cooler Amp ist. In Nashville habe ich einen Amp-Tech gefunden, der sich mit Hughes & Kettner Amps auskennt und meine Amps modifiziert hat. Dadurch klingen die jetzt alle ein bisschen unterschiedlich.
Vorhin hast du auch schon mal Bogner Amps erwähnt.
Ich habe von Bogner den Uberschall und den Ecstasy. Der Uberschall ist schon älter und hat die Seriennummer 0 – ich weiß nicht, wie ich ihn bekommen habe, aber ich hab ihn. (lächelt) Der Ecstasy ist ein neueres Modell, das für mich designt wurde. Außerdem stehen in meinem Studio noch Amps von Orange, VHT, Diezel, ein Carr Combo, mehrere Fender Reissues und Blackstar Amps, die mir wirklich sehr gut gefallen.
Wow, gibt es bei all diesen Amps trotzdem einen, auf den Du auf der neuen Platte am häufigsten zurückgegriffen hast oder hören wir da viele aus deiner Sammlung?
Man kann auf der neuen Platte schon eine Menge Amps hören, aber in den meisten Fällen sind es die Hughes & Kettners und auch ein Diezel VH4.
Mit welchen Mikrofonen arbeitest Du bei den Gitarrenaufnahmen?
Shure SM 57 und Sennheiser MD421.
Also ganz klassisch …
… ja, absolut. Wir nutzen dabei mit allen Topteilen eine Mills Afterburner Gitarrenbox, die ich schon seit 2005 bei den Aufnahmen von 3 Doors Down einsetze. Änderungen im Sound, beispielsweise mehr Low End, erzeugen wir dabei über die Mikrofonposition vor dem Speaker. Die Amps bleiben im EQ neutral eingestellt. Für die Gitarrenaufnahmen bevorzuge ich meinen Presonus ADL 600 Preamp. Mit manchen der Universal Audio Preamps bekommt man bei Gitarrenaufnahmen unschöne Verzerrungen, die sich später nicht mehr korrigieren lassen. Da muss man ein bisschen aufpassen. Für die Gitarrenaufnahmen dieser Platte haben wir übrigens auch noch einen Neve Germanium Preamp eingesetzt.
Und am Ende der Produktion kommen alle Amps der Platte auch als Profile auf deinen Kemper?
Ja, für die verzerrten Sounds nutze ich live aber derzeitig einen EVH 5150 als Kemper Profil.
Vielen Dank für das Gespräch, Chris, und alles Gute für die bevorstehende Tour.
Gerne. Ich freue mich schon drauf!