Mit Sicherheit kennt jeder von uns mindestens eine Musikproduktion, an der Produzent Andrew Scheps mitgewirkt hat. Die Liste ist wirklich vielfältig und lang. Um nur einige zu nennen: Lady Gaga, Metallica, Bon Jovi, Lana Del Rey, Adele, Red Hot Chili Peppers, Linkin Park, Justin Timberlake…
Interview mit Andrew Scheps
Hallo Andrew, es ist mir eine Ehre, dich in unserer Interview-Reihe zu haben. Unsere Leser werden sicher eine Menge mitnehmen können, wenn du deine Erfahrung als Profi-Mixer und Produzent mit ihnen teilst. Wenn es um Genres geht, scheint es als ob deine Arbeit keine Grenzen kennt.Aber mal Hand aufs Herz: Welchen Künstler und/oder welchen Musikstil würdest du als zu große Herausforderung für eine Zusammenarbeit sehen und warum?
Ich glaube nicht, dass es ein Genre gibt, in dem ich aus irgendwelchen technischen Gründen nicht arbeiten würde, höchstens ästhetische. Wenn mir die Musik gut gefällt, möchte ich auch gerne damit arbeiten. So geschehen zum Beispiel bei einer Klassikscheibe der New Yorker Komonistin Sarah Snider, die ich gerade gemixt habe. Ich denke, wenn ich eine emotionale Bindung zu der Musik habe, kann ich einen guten Job machen.
Falls das nicht der Fall ist, könnte ich, glaube ich, keine guten Ergebnisse erzielen – selbst wenn es sich um ein Genre handelt, in dem ich normalerweise arbeite. Es gibt beispielsweise Stile, die ganz bestimmte „Voraussetzungen“ mit sich bringen, sei es eine klangliche Welt, in der sie sich bewegen, oder etwas Technisches, wie Side-Chain-Kompression. Wenn ich die Chance habe, etwas in einem Genre zu mixen, das nach etwas ganz Bestimmtem verlangt, das ich zuvor nicht um- oder eingesetzt habe, dann sehe ich das als Herausforderung.
Du versuchst stets das „Herz“ und die „Essenz“ aufgezeichneter Performances herauszuarbeiten. Würdest du uns einen Einblick geben, wie du üblicherweise einen Mix angehst, um Leib und Seele eines Stücks herauszuarbeiten?
Für die Arbeit an einem Mix gibt es bei mir auf jeden Fall zwei Phasen. Die Phase des technischen Setups und die kreative Mixing-Phase. Bei jedem Song, den ich mixe, investiere ich Zeit, um Reihenfolge und Farbkodierung der Tracks anzupassen und den Stand der Session zu dechiffrieren (Da die meisten Leute heute mit Pro Tools arbeiten und eine Menge Zeit in die Sessions investiert haben, bevor ich sie bekomme, können sie sehr komplex sein). Während ich das mache, checke ich den Rough Mix und mache mich mit den Elementen des Songs vertraut, damit ich weiß was alles enthalten ist.
Dann entscheide ich, was die wichtigen Elemente sind. Normalerweise gibt es nur vier oder fünf Elemente in jeder Produktion, die wirklich wichtig sind. Das heißt nicht, dass die übrigen Elemente egal sind, sondern nur, dass einige wirklich Obacht erfordern, wenn es darum geht, wie sie klingen und welches Gefühl sie vermitteln. Die restlichen Elemente sind in der Aufnahme, um die wichtigen 4 oder 5 zu unterstützen. In den meisten Rock-Mixes sind es beispielsweise Gesang, Bassdrum, Snare, Bass und eine Kombination aus zwei Hauptgitarren, die 90% des Lieds tragen.
Alle anderen Elemente helfen dabei, das Arrangement zu füllen, aber du musst dich nicht zu sehr auf ihren Sound konzentrieren, lediglich auf ihre Balance und ihr Panning innerhalb des Mixes und – am allerwichtigsten – darauf, was sie zum Mix als Ganzes beitragen (oder auch nicht). Die Hauptelemente sollten allerdings alle toll klingen und nehmen daher die meiste Zeit in Anspruch, weil sie den grundlegenden Klangcharakter einer Mischung ausmachen. Auch der Rough Mix gibt mir Anhaltspunkte dafür, was dem Künstler wichtig ist. Normalerweise ist der Rough Mix ein guter Anhaltspunkt für das Klangbild, dem der Künstler sein Ohr geschenkt hat und folglich dafür, wie er oder sie den Song hört. Das Austarieren der Balance ist im Mix wichtiger als alles andere. Du kannst alles toll abgemischt haben, aber wenn die Balance schlecht ist, wird der Song nicht funktionieren.
Wo wir gerade beim Austarieren und damit auch beim Panning sind: Es gibt Mixing Engineers, die darauf schwören, ausschließlich LCR zu mischen [„Left-Center-Right“, sogenanntes „Hard Panning“ im Stereobild] zu verwenden. Andere verteilen die Signale lieber graduell von links nach rechts. Welche Strategie verfolgst du und warum?
Als ich noch auf meiner Neve 8068-Konsole gemischt habe, habe ich fast ausschließlich auf LCR-Panning gesetzt, weil das dem Layout dieser Konsolen entspricht. Es gibt eine Taste für den linken Lautsprecher und eine Taste für den rechten (für die Stereomitte musst man beide drücken). Um irgendetwas dazwischen zu erreichen, musste man einen Pan-Schaltkreis einschleifen, der zu Pegelverlust führte und – in meinen Ohren – den Klang leicht veränderte. Deshalb habe ich die Panning-Potis nur benutzt, wenn ich unbedingt musste.
Nun, da ich im Computer mische, habe ich immer einen Panning-Regler zur Hand und verteile Instrumente häufig über das ganze Stereobild. Abgesehen davon glaube ich, dass es ein gutes Mittel im Arrangement ist, einen Mix einzurichten, bei dem sich ein Satz bestimmter Instrumente auf Links, Rechts und Mitte verteilt. Sie müssen nicht ganz nach außen ausgelenkt sein, aber sollten sich in einer dieser drei Bereiche befinden.
Ich habe gehört, dass du manchmal auch den EQ automatisierst. Wann und wie wendest du diese Technik an?
Ich mache das im Allgemeinen nur um des Effekts willen (das Automatisieren von Filtern, um von geschlossenem zu geöffnetem Filter zu gelangen oder umgekehrt) oder um ein Problem zu lösen, wie etwa bei einem Sänger, dessen Stimme anders klingt, wenn er laut singt. Entweder automatisiere ich den EQ oder verwende einen aktiven EQ wie den McDSP AE400, der dann für mich automatisiert.
5 Tipps von Andrew Scheps
1. Rhythmisches & melodisches Low-End
Für gewöhnlich gibt es in jedem traditionellen Band-Arrangement am unteren Ende nur zwei Hauptinstrumente: Kick-Drum und Bass. Zwischen diesen beiden Elementen (oder was auch immer das untere Ende im jeweiligen Mix ausmacht), musst du lediglich entscheiden, wodurch das untere Ende rhythmisch und wodurch es melodisch angetrieben wird. Häufig, aber nicht immer, kann es sich dabei um das gleiche Instrument handeln.
2. Separation!
Sobald du das herausgefunden hast, musst du nur noch Sorge dafür tragen, dass kein anderes Instrument diesen tiefen Frequenzen in die Quere kommt.
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3. Hochpass
Die Kontrolle der restlichen Instrumente ist normalerweise ganz einfach: Ich setze ein Hochpassfilter ein, wann immer ein anderes Instrument dort unten schmutzige Information enthält.
4. Mix contra Track
Eine weitere Sache, die mir hilft, ist, dass ich normalerweise dem gesamten Mix einen guten Schuss tiefer Frequenzen per EQ spendiere. Dadurch muss ich einzelne Instrumente dort unten nicht allzu sehr mit dem Equalizer bearbeiten.
5. Keep it mono!
Zu guter Letzt kann ich noch sagen, dass ich das untere Ende in einem Mix meistens in Mono abmische. Denn in der Regel funktioniert es nur so. Obwohl es auch Momente gibt, in denen das Low-End verbreitert werden muss, um es nicht nur als Basis zu nutzen, sondern ihm ein Eigenleben zu geben.