Mit der Jazz Collection Serie erweitert die türkische Traditionsschmiede Anatolian die Auswahl an Ride-Becken um einige interessante neue Modelle. Der Serienname deutet klar auf die anvisierte Klientel hin: Freunde jazziger Musiken, Liebhaber besonderer Rundbleche, Beckenverrückte eben. Modellbezeichnungen wie „Chocolate Move“, „Brown Sugar“ oder „Honey“ lassen dabei auf wahre Leckerbissen hoffen. Bei insgesamt zehn verschiedenen Modellen, in teilweise unterschiedlichen Größen, sollte jedenfalls rein rechnerisch für jeden Geschmack etwas dabei sein. Ohne unsere sechs Testkandidaten jemals zuvor gehört zu haben, darf ich sicherlich jetzt schon behaupten, dass Anatolians Jazz Collection Serie wohl allein strategisch ein Schritt in die richtige Richtung ist. Das Firmensortiment wurde erstmals um zum Teil exotisch anmutende Modelle erweitert, und sicherlich fühlt sich der ein oder andere jetzt aufs Neue angesprochen.
Beckenverrückte gibt es natürlich zuhauf – inklusive mir. Oft sind sie besessen von der Idee, „das perfekte Ride“ zu finden. Beim Frühstück, im Bus, vor dem Gig, überall und jederzeit werden Kleinanzeigen aus aller Welt studiert, auf der Suche nach „dem“ Ride. Durchschnittlich einmal im Jahr hat man sogar das Gefühl, das Objekt der Begierde nun gefunden zu haben! Dann heißt es „koste es was es wolle“: in Nullkommanix wird ein abenteuerlicher Finanzierungsplan geschmiedet, ein Sparbuch geplündert, oder die anstehende Autoreparatur spontan um drei Monate verschoben – das neue (hoffentlich) gute Stück kostet nun mal gern ein Vermögen. Wäre es da nicht ein Traum, wenn Anatolian mit der Jazz Collection Serie nun die absolute Lösung für solcherlei Affinitäten bereit hielte: anspruchsvolle, eigenständige, zeitlose Ride-Becken, im Musikladen gegenüber erhältlich und obendrein noch ers(ch)winglich? Wir werden das anhand unserer Testbecken überprüfen!
Details
Für den Test liegen mir fünf der insgesamt zehn verschiedenen Modelltypen der Jazz Collection Serie vor, wobei der Box of Trix Vertrieb netterweise darunter ein Modell in zwei verschiedenen Größen zur Verfügung stellt: 20“ Mellow Ride, 20“ Smooth Ride, 20“ Soft Dry Ride, 20“ Passion Ride, sowie 20“ und 21“ Warm Definition Ride. Bei Begriffen wie mellow (milde), soft (sanft) oder smooth (weich) lässt sich natürlich schon erahnen, welche Art von Becken uns hier erwartet. Die Heavy Metal Fraktion wird jedenfalls nicht unbedingt auf ihre Kosten kommen.
Jedes Ride ein Unikat
Bevor wir uns mit den Spezifikationen der einzelnen Modelle befassen, sollten zunächst die Gemeinsamkeiten der sechs Testkandidaten geklärt werden. Wie eigentlich alle namhaften türkischen Beckenmanufakturen steht auch Anatolian für hundert Prozent Handarbeit in allen Produktionsschritten. Die Becken der Jazz Collection Serie machen keine Ausnahme und tragen das allseits beliebte Prädikat „handhammered“, das natürlich jedem einzelnen Exemplar etwas individuelles zuspricht. Alle Becken werden aus B20-Bronze gefertigt, wobei Anatolian verrät, dass neben den 20% Zinn und 80% Kupfer Anteil der Bronzelegierung noch eine dritte Zutat beigemischt wird. Da wir vermutlich nie erfahren werden, um welches geheime Rezept es sich genau handelt, gehen wir also nun über zu den Unterschieden unserer Testobjekte, die zum Teil schon rein optisch ins Auge stechen.
Für dich ausgesucht
Die sechs Testkandidaten im Einzelcheck
20“ Warm Definition Ride (1747 g) und 21“ Warm Definition Ride (1804 g)
Die beiden Warm Definition Rides mögen durch ihr sehr feines Hämmerungsmuster zunächst eher unscheinbar wirken, wobei die relativ klein gestalteten Kuppen mit ihrem unpolierten Design den nahezu jungfräulichen Erscheinungen einen Farbkontrast entgegen setzen. Jedoch ist die Unterseite der beiden Becken vollkommen anders gestaltet. Das rauere Design der Kuppe erstreckt sich über die gesamte Fläche der Beckenrücken. Interessant ist zudem, dass die beiden sich im Gewicht nur um schlappe 57 Gramm unterscheiden, nicht mehr also als eine Tüte Frühstückssemmeln. Das 21“ Modell ist folglich im Vergleich insgesamt etwas dünner geraten, was sich natürlich deutlich auf den Sound auswirkt.
20“ Mellow Ride (1621 g)
Das Mellow Ride ist mit 1621 g das Fliegengewicht unter den Testkandidaten und für ein 20 Zoll Modell tatsächlich sehr leicht, bedenkt man, dass manche Exemplare der selben Größe auch gerne mal das Doppelte wiegen können und trotzdem noch annehmbare Klänge produzieren. Das schlichte Traditional Finish und die sehr gleichmäßig gesetzten feinen Hammermale machen dieses Ride zudem noch zum Schlichtesten der Testgruppe.
20“ Smooth Ride (1766 g)
Das Smooth Ride ist innerhalb der Jazz Collection Serie kurioserweise wohl das Modell, das nicht unbedingt „smooth“ behandelt worden ist. Große, auffällige Hammermale prägen das ansonsten sehr klassisch gehaltene Antlitz dieses Beckens. Ein bisschen erinnert es mich dadurch an die HHX Legacy Becken von Sabian.
20“ Passion Ride (1956 g)
Das Passion Ride ist mit großem Abstand das schwerste, wenn auch nicht das größte Exemplar des Test-Sets. Auch dieses Becken kommt mit zwei verschiedenen Oberflächenstrukturen ins Haus. Die Oberseite ist etwas dunkler, weniger poliert gehalten, während die Unterseite wiederum in einem blitzeblank polierten Traditional Finish glänzt.
20“ Soft Dry Ride (1875 g)
Das Soft Dry Ride trägt im Vergleich zu den bisher besprochenen Modellen einen weitaus dunkleren Teint, was auf eine weniger starke Polierung schließen lässt. Ein gröberes Hämmerungs- sowie Abdrehmuster verleiht diesem Becken neben dem Passion Ride den Status des wohl am exotischsten anmutenden Kanditatenss innerhalb unserer Auswahl an Testobjekten. Die Kuppe dieses Beckens ist im Vergleich zu seinem dunklen Kompagnon etwas kleiner gehalten.
Der erste Eindruck überzeugt
Die übrigen fünf Modelle, die uns heute aus der Jazz Collection Serie nicht vorliegen, heißen: Sparkle, Honey, Velvet, Brown Sugar sowie Chocolate Move. Mit letzteren beiden fehlen uns die zwei definitiv „schmutzigsten“ Vertreter der Kollektion, die beide ohne jegliche Politur auskommen und damit an die Turk Serie einer bekannten türkischen Beckenschmiede erinnern. Alle sechs uns vorliegenden Kandidaten überzeugen rein optisch durch eine saubere Verarbeitung und ihre zeitlose Optik. Was mir jetzt schon sehr gut gefällt, ist die große Bandbreite an verschiedenen Verarbeitungstechniken: kleine und große Hammermale, feine und grobe Abdrehmuster, kräftig bis kaum poliert – hier gibt’s wirklich viel zu entdecken! Nun bin ich natürlich sehr gespannt, ob sich diese optische Bandbreite auch in einer entsprechenden Klangvielfalt im Praxisteil äußert!