Hinter dem nüchternen bis langweiligen Namen “SRKP4” verbirgt sich eine ziemlich interessante Kreuzung: Ein Ibanez SR-Bass trifft auf ein Korg Mini Kaoss Pad 2S. Die bewährte Soundgear-Serie aus dem Hause Ibanez gibt es bereits seit 1987 in unterschiedlichen Facetten, und das erste Kaoss Pad wurde im Jahr 1999 der Öffentlichkeit als “Realtime Effect Processor” vorgestellt.
Dass man bei Ibanez nun auf die Idee kam, beide Tools zu einem völlig neuartigen Instrument – dem Ibanez SRKP4 – zu verschmelzen, ist nicht nur innovativ, sondern geradezu genial! Und dass dieser Bass dann lediglich für runde 400 Euro über die Theke geht, lässt die Augenbrauen erst recht erstaunt nach oben wandern. Da kann doch etwas nicht stimmen, oder? Ist der SRKP4 nur ein Spielzeug, oder kann er auch im Praxistest bestehen? Und hält der frische Ibanez-Zögling tatsächlich vollkommen neuen Klangwelten und Bedienungsmöglichkeiten für den modern eingestellten Bassplayer bereit? Wir erkunden es für euch!
Details
Das gesamte Instrument macht zwar einen eher schlichten Eindruck, besticht jedoch durch sehr genaue und saubere Verarbeitung und eine gute Abstimmung der einzelnen Komponenten. Da ist er wieder, dieser hohe Fertigungsstandard, den man von Ibanez gewohnt ist. Es ist schön zu sehen, dass der Slogan “Made in Indonesia” heutzutage nicht mehr zwangsläufig Kompromisse beim Thema Verarbeitungsqualität nach sich zieht. Und natürlich ist Ibanez auch in der Lage, die Preise ob dieses Standortes in Fernost auf einem für den Endverbraucher sehr attraktiven Level zu halten.
Die Basis des SRKP4 bildet ein Bass der SR-Reihe mit einem dreiteiligen Mahagonikorpus, einem schönen schlanken Ahornhals (einstreifig) mit angeschäfteter Kopfplatte, liegenden Jahresringen sowie einem Palisandergriffbrett mit 22 Medium-Bünden. Kopfplatte und Body wurden komplett mattschwarz lackiert (was man bei Ibanez “Weathered Black” nennt), und auch bei der Hardware dominiert sattes Schwarz das Bild – hier heißt es “Cosmo Black”.
Sehr gut gefällt mir übrigens das verschiebbare Abdeckplättchen, das den Zugang zur Halsstellschraube versperrt. Muss man die Halskrümmung einmal nachjustieren, braucht man dieses nur zur Seite zu bewegen, wobei es von einem kleinen Gelenk gehalten wird, um sich nicht komplett zu lösen. Nach getaner Arbeit schiebt man das Plättchen einfach zurück, bis es wieder in seiner endgültigen Position landet – fertig! Ein schöner Beitrag zum Thema Servicefreundlichkeit. Das lästige Lösen von Schräubchen wird dadurch zum Glück überflüssig.
Die vier Mechaniken im Gotoh-Style laufen sahnig und der Kunststoffsattel wurde ausreichend tief gekerbt, um eine gute Bespielbarkeit zu garantieren. Die bereits erwähnten 22 Medium-Bünde sind vorbildlich im Palisander-Griffbrett eingelassen und abgerichtet. Als Orientierungshilfen stehen Dots aus Kunststoff an den üblichen Stellen zur Verfügung.
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Eine B10-Bridge aus eigenem Hause erwartet die Strings am korpusseitigen Ende des Basses. Sie macht einen sehr soliden Eindruck und ist zweidimensional verstellbar. Mit dem vorgegebenen Saitenabstand von 19 mm muss man leben, aber dieser Wert ist ja ein absolutes Standardmaß, sodass eigentlich jeder sofort mit dieser Brücke klarkommen sollte.
Ein einzelner IBZ-KP-Bridgepickup kommt beim SRKP4 zur Abnahme der Saitenschwingung zum Einsatz.
Nun wird es interessant, denn wir haben bisher noch kein Wort zum Mini Kaoss Pad verloren, das der Ibanez als erster Bass der Welt mit an Bord hat. Ursprünglich (nämlich im Jahre 1999) wurde das Kaoss Pad als “Realtime Effect Processor” für DJs vorgestellt, doch sollte es nicht lange dauern, bis auch Musiker und Produzenten auf das Tool aus dem Hause Korg (das in dieser modernen “Mini”-Version übrigens nicht viel größer als ein Smartphone ist!) aufmerksam wurden: Brian Eno und Radiohead sind nur einige der Soundtüftler, die das Kaoss Pad in der Vergangenheit sehr innovativ eingesetzt haben.
Das Pad erlaubt Veränderungen des Sounds und ist dabei sehr einfach und intuitiv zu bedienen. 100 verschiedene Effekttypen verbiegen den Klang auf teilweise geradezu aberwitzige Weise. Nachdem man den gewünschten Effekt aus der Speicherbank über den dafür vorgesehenen +/- Eingaberegler ausgewählt hat, werden dessen Parameter über das größere berührungsempfindliche Pad durch Wisch- oder Tippbewegungen auf einer gedachten X- und Y-Achse gesteuert. Zur Auswahl stehen zehn Delaytypen, fünf Halleffekte, 15 Filter, 15 Modulationseffekte, 20 LFO-Effekte (Low Frequency Oscillator) und 20 verschiedene Looper-Effekte. Grundsätzlich kann man das Pad auf drei verschiedene Weisen mit Signalen füttern: Mithilfe eingepflegter MP3- oder WAV-Dateien, durch Aufnehmen z.B. der eigenen Stimme mit dem eingebauten Mikrofon oder durch Einspeisung eines Line In-Signals – was in diesem Fall natürlich das Signal unseres Testbasses ist! Selbstverständlich können alle Parameter jedes Effektes auch einzeln im Menü bearbeitet und zum Beispiel Delays mithilfe eines “tap bpm”-Minischalters sogar an das vorherrschende Tempo der Musik angepasst werden. Damit nicht genug: Darüber hinaus ist es auch möglich, die eigenen Sessions auf dem Kaoss Pad im Gerät mitzuschneiden. Und wenn man Loops in das Pad lädt, kann man natürlich jederzeit und an jedem Ort dazu üben – bei einer Batterielaufzeit von ca. fünf Stunden. Zugegeben, das könnte mehr sein, aber wer hat schon seinen persönlichen Übepartner IN seinem Instrument stets dabei?! Für die Speichervorgänge im Kaoss Pad muss man jedoch zwingend zuvor eine im Lieferumfang leider nicht enthaltene SD-Karte erwerben.
Eine ganze Menge Features also, und gerade am Anfang ist man angesichts dieser Vielzahl von Möglichkeiten erst einmal ein bisschen erschlagen. Doch das macht nichts, denn auch wenn sich einem nicht auf Anhieb jede Funktion erschließt: Die ersten Schritte mit dem Kaoss Pad gehen, wie gesagt, sehr intuitiv vonstatten. Und wer sich nach und nach immer tiefer in die Möglichkeiten dieser kleinen Wunderkiste einarbeiten möchte, dem hilft eine gute deutschsprachige Bedienungsanleitung!
Seinen Platz im Bass findet das Kaoss Pad in einer eigenen Ausfräsung auf der unteren Vorderseite des Bodies. Hier wird das Pad bequem eingeklickt, bevor man es anschließend über zwei Mini-Klinkenkabel mit dem Instrument verbindet. Somit entsteht aus den beiden Komponenten nunmehr ein einziges, neuartiges Instrument. Um Zugriff sowohl auf den Bass als auch auf das Pad zu haben, besitzt der Ibanez folgende Regler in seiner Schaltzentrale:
– einen Master-Regler für die Gesamtlautstärke
– einen Miniswitch zur Aktivierung des Kaoss Pads
– einen Schalter für die im Instrument eingebaute Distortion-Funktion (dazu gleich mehr)
– einen Gain-Regler für die Distortion-Unit
– einen Tone-Regler für die Distortion-Unit
Ja, richtig gelesen, der SRKP4 besitzt in der Tat eine eingebaute Verzerrung, die sich auf Wunsch per Knopfdruck aktivieren und in ihrem Klang sowie in ihrer Intensität regeln lässt. Das ist schon eine tolle Sache, denn für gewöhnlich benötigt man für derartige Klangfarben ja ein eigenes Fußpedal, einen übersteuerten Amp, oder der Effekt tritt (natürlich vollkommen unerwünscht) im denkbar ungünstigsten Moment auf, wenn die Batterie des Aktivbasses schlappmacht!
Einer der Gründe für dieses Feature dürfte möglicherweise sein, dass einige Effekte des Kaoss Pads besser hörbar werden, wenn man sie mit einem Sägezahnsound antriggert (Stichwort Obertöne!). Aber die Gründe können uns ja eigentlich auch egal sein, denn eine tolle Dreingabe ist der Verzerrer allemal. Und natürlich lässt es sich mit so einer Onboard-Distortion auch bereits ohne Kaoss Pad ordentlich rocken!
Noch ein weiteres Ausstattungsmerkmal sticht ins Auge: Das Steckfeld für die Ausgangs-Klinkenbuchse an der Zarge des Instruments beherbergt einen weiteren Ausgang. Der Nachbar der altbekannten Klinkenbuchse entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Miniklinken-Ausgang zum Anschluss eines Kopfhörers. Das ist nun wirklich eine tolle und sinnvolle Idee, die durchaus Schule machen könnte und sollte!