Die Harley Benton CG-400 CE Thinline trägt ihre Bauweise im Namen, denn als Konzertgitarre präsentiert sie sich tatsächlich bemerkenswert schlank. Der vornehme Klang der klassischen Gitarre ist längst in der Welt der Popularmusik angekommen und viele Hersteller bieten inzwischen Modelle an, die den Gewohnheiten und Bedürfnissen hauptamtlicher E-Gitarristen entgegenkommen.
Auch unsere aktuelle Testkandidatin, die Harley Benton CG-400CE Thinline, gehört in diese Kategorie. Ausgestattet mit schmaler Zarge, schmalem Hals und Cutaway sowie einem Onboard-Preamp ist sie für den Einsatz auf der Bühne optimiert.
Pro
- allgemeine Klangqualität
- dynamisches Spielgefühl
- Clean-Boost-Reserven
- vielseitig einsetzbar bei simplem Funktionsdesign
Contra
- keins
Details
Korpus
Während sich Westerngitarren durch Form- und Größe sehr stark unterscheiden, wird die mit Nylonsaiten bespannte “klassische” Konzertgitarre mit den mehr oder weniger gleichen Abmessungen und Proportionen präsentiert. Mit einer maximalen Breite von 37 cm am Unterbug und einer Korpuslänge von 47,8 cm bleiben die Oberflächenabmessungen auch bei unserem Testmodell im grünen Bereich der Norm. Allerdings wurde die Höhe des Korpus sichtlich reduziert, sodass nur noch 7,8 – 8,0 cm an der Zarge gemessen werden. Der aktive Bühnenmusiker kann dadurch von einer verbesserten Ergonomie des Instruments profitieren. Verwunderlich ist dabei allerdings, dass Gurtknöpfe bei diesem Bühneninstrument nicht montiert wurden. Ob der Body mit reduziertem Luftvolumen noch einen brauchbaren Natursound generiert, werden wir eruieren. Fest steht, dass eine Thinline-Konzertgitarre nur mit einem leistungsfähigen Tonabnehmersystem auf einer Rock- und Popbühne überlebt. Mit dem Preamp, einem HB-03, steht unsere Testkandidatin zweifellos mehr auf der elektroakustischen Seite.
Die verbauten Hölzer erweisen sich als ein munterer Mix aus Fichte (Decke), Okoume (Body und Hals) und Blackwood Tec (Griffbrett) und stammen aus Beständen nicht bedrohter Baumarten. Da der Korpus flächendeckend mattschwarz lackiert wurde, sind Einblicke nicht mehr möglich. Wir müssen deshalb den Angaben des Herstellers vertrauen. Massives Holz wurde natürlich nicht verbaut. Betrachtet man den Querschnitt der Decke an den Schalllochrändern, sieht man trotz Lackierung die drei Schichten, aus denen laminiertes Holz üblicherweise besteht. Die mittlere Schicht (Sperrholz) ist hier mit einem hauchdünnen Furnier aus Fichtenholz verblendet. In diesem Preissegment dürften diese Maßnahmen aber kaum überraschen.
Die Lackarbeiten an der Decke wurden allerdings mit leichten Mängeln ausgeführt. Glatt sollte es werden, aber der Lackierer hat doch die eine oder andere Nase hinterlassen. Die Zargen sind mit einem hauchdünnen Open-Pore Lack versiegelt, sodass die Holzstrukturen (gewollt) abgebildet werden. Das sieht jedenfalls wesentlich besser aus.
Mit Intarsien und Einlegearbeiten hält sich unsere Kandidatin vornehm zurück, wie im Übrigen die meisten Konzertgitarren. Den Anblick einer billigen (aufgeklebten) Schalllochverzierung erspart man dem Betrachter, stattdessen findet man an gleicher Stelle eine originell gestaltete Holzfräsung (ohne Einlage). Die filigranen Ornamente werden allerdings aus größerer Entfernung leider nicht mehr wahrgenommen und gehen im Einheitsschwarz unter. Das Schallloch fällt mit einem Durchmesser von 8,8 cm etwas kleiner aus, tiefe Frequenzen dürften dadurch mehr betont werden. Am Deckenrand findet man eine schwarz-weiße Randeinlage, die sich optisch etwas abhebt. Schwarzes Binding umgibt den Decken- und Bodenrand, fügt sich aber fast unsichtbar in die schwarz lackierte Umgebung ein.
Der dunkelbraune aufgeleimte Rechtecksaitenhalter besteht wie das Griffbrett aus einem Stück Blackwood Tec. Dazu unten mehr. Die Nylonsaiten (hier: Hannabach 815HT) werden am Tieblock verknotet und über eine eingelegte und an beiden Seiten offene Stegeinlage geführt. Zweifellos dominiert an dieser Stelle das klassische Design. Die kompensierte Stegeinlage lässt sich bei einer Konzertgitarre natürlich nicht in der Höhe oder Länge verstellen. Zargen und Boden wurden – wie schon erwähnt – aus Okoume gefertigt und auch hier gesperrte Hölzer verarbeitet.
Innenansichten
Auch im Innenraum geht es eher klassisch zu. Dieser ist nicht lackiert, und das geht völlig in Ordnung. Den etwas zu kurz geratene Halsblock hat man nachträglich mit einem untergeschobenen Stück Holz an die Höhe der Zarge angeglichen, was nicht sehr elegant aussieht. Ansonsten erfüllt die Konstruktion wohl ihre Funktion, indem sie die Decke, den Hals, den Boden sowie die beiden Zargen zusammenhält.
Ein modifiziertes Leitersystem mit drei robusten Querverstrebungen (zum Vergleich: Die traditionelle Konzertgitarre hat vier.) sorgt jedenfalls für stabile Bodenverhältnisse, wobei ein längs verleimter Bodenmittelstreifen fehlt.
Die Decke ist ebenfalls mit drei Querbalken unterbaut, die allerdings nicht spiegelbildlich zur Bodenbeleistung angeordnet sind. Im Übergangsbereich Zargen und Boden/Decke sind echte Reifchen gleichmäßig und sauber eingesetzt und der fragile Schalllochbereich ist zusätzlich mit Holzstreifen verstärkt.
Elektronik
Kaum zu glauben, aber wahr: Unser Einsteigermodell läuft mit einem aktiven Onboard-Preamp, einem HB-03 auf, obwohl das Instrument schon recht preisgünstig ist. Der dazugehörige piezokeramische Untersatteltonabnehmer parkt unsichtbar unter der Stegeinlage. Die Steuereinheit mit leicht zugänglichen Bedienelementen hat in der oberen Zarge Platz genommen.
Zur Steuerung wird das obligatorische Besteck aufgefahren, bestehend aus den Klangreglern Bass, Mid, Treble plus Volume. Darüber hinaus hat der HB-03 einen Tuner und einen Phasenumkehrschalter an Bord. Der Tuner arbeitet präzise, allerdings kann der Kammerton (440 Hz) nicht kalibriert werden. Der Ausgang wird automatisch abgeschaltet, wenn das Stimmgerät aktiviert wird. Jedenfalls sind die Bedienelemente übersichtlich und benutzerfreundlich angeordnet.
Die Eingangsbuchse ist zusammen mit dem Batteriefach auf einer Grundplatte aus Kunststoff in der unteren Zarge montiert. Eine kleine LED meldet sich rotleuchtend, wenn dem eingelegten 9 V-Block der Saft ausgeht.
Hals und Griffbrett
Eine eingeschlossene Karbonverstärkung stabilisiert den Hals aus Okoume, die man natürlich nicht sehen kann, weshalb diese Konstruktion auch keinen justierbaren Metallstab benötigt. Das Halsprofil entspricht einem flachen D. Mit einem Umfang von 12,2 cm am Sattel ist der Hals wesentlich dünner ausgeführt als der einer traditionellen Konzertgitarre, was dem hauptamtlichen E-Gitarristen entkommen dürfte.
Das aufgeleimte Griffbrett wurde aus technologisch modifiziertem Kiefernholz hergestellt, das unter der Bezeichnung Blackwood Tec firmiert. Das Holz soll angeblich nach dem Aufbereitungsprozess die Eigenschaften von Ebenholz und Palisander vereinen. Ob Blackwood Tec wie hartes Ebenholz oder Palisander auch langfristig angriffslustigen Hammer-ons gewachsen ist, wird sich aber noch zeigen. Jedenfalls gibt es an dem unlackierten Griffbrett nichts zu beanstanden.
Mit dem flachen Griffbrett ohne Wölbung betont die CG-400 wieder die klassische Komponente. Halsfuß und Kopfplatte, ebenfalls aus Okoume, sind angesetzt. Obwohl das Instrument komplett schwarz lackiert wurde, kann man den Verlauf der Stöße durchaus noch erkennen. Unwahrscheinlich ist, dass sich die Bauteile ausgerechnet an diesen Stellen lösen. Auf dem Griffbrett haben sich 18 Bünde niedergelassen, wobei die vergleichsweise schmalen Bundstäbchen zur Verbesserung der Intonation beitragen. Positionsmarkierungen auf dem Griffbrett leisten sich Konzertgitarren in der Regel nicht, Bundmarkierer in Form von kleinen weißen Punkten gibt es nur auf der Einbindung.
Der doch recht scharfkantige Sattel mit leichten Überständen an beiden Seiten sucht mit einer Breite von 4,8 cm einen Ausgleich zwischen Konzert- und E-Gitarre. Er ist nämlich breiter als der einer E-Gitarre (ca. 4,3 cm), aber schmaler als der einer “normalen” Konzertgitarre (ca. 5,30 cm). Noch schmaler geht auch nicht, da die Amplitude einer Nylonsaite größer ist als die einer Stahlsaite, die weniger ausschwingt. Jedenfalls sitzen die Saiten sicher in den Kerben.
Der Hals-Korpusübergang befindet sich am 12. Bund, wie es sich für Konzertgitarren gehört. Die Mensur, also der Abstand zwischen Steg und Sattel, beträgt klassisch europäisch 650 mm (und nicht 648 mm nach der amerikanischen Norm).
Kopfplatte
Mit der gefensterten Kopfplatte und der dreifach geschwungenen Kuppel an der Oberseite präsentiert die CG-400 wieder ihr klassisches Antlitz. Auf den Grundplatten (“three on a plate” ) sind offene Mechaniken mit griffigen schwarzen Stimmflügeln aus Kunststoff verschraubt. Typisch sind die Wickelachsen, bei denen die Nylonsaiten um breite Kunststoffrollen gewickelt werden und so vergleichsweise seltener reißen. Auch hier gibt es keinen Grund zur Beanstandung, denn sie bleiben nach einer Stimmung und einer gewissen Eingewöhnungszeit “in tune”. Die hauchdünne Open-Pore Lackierung der Kopfplatte überdeckt die Holzstrukturen nicht.
Uwe sagt:
#1 - 21.04.2022 um 04:37 Uhr
Cooler Bericht, sehr ausführlich und ehrlich. Und wie geil sind denn die Audiobeispiele??? Erstens mal supertoll gespielt, und zweitens ist der Klang vor allem mit 2 Mikrofonen abgenommen in meinen Ohren auch Hammer.