Frauen in Musikbranche weiter stark in der Minderheit

Die University of Southern California Annenberg (USC) hat ihren jährlichen Report zu Frauen in der Musikindustrie veröffentlicht. 2020 ist die Zahl der Frauen in den größten Kategorien gesunken. 

Shutterstock / Ariana Grande: Debby Wong Adele: Tinseltown Taylor Swift: DFree
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Zum vierten mal in Folge hat die USC ihren jährlich Bericht über die Demografie von Musikschaffenden publiziert. Dabei kam wieder einmal heraus, dass Frauen nur einen geringen Prozentsatz der Künstler, Songwriter und Produzenten ausmachen. Als Grundlage wurden Daten von über 900 Top-Songs der vergangenen 9 Jahre genommen. Dazu wurden die Informationen aus den Billboard Hot 100-Jahrescharts sowie von Grammy Nominierungslisten zusammengetragen. Finanziert und unterstützt wurde die Studie von Spotify.

Weiblicher Anteil in Musikbranche schwindet weiter

Stacy L. Smith leitet die Studie seit Jahren und kam schnell zu dem Schluss, dass sich die Zahlen von Frauen in der Musikbranche größtenteils nicht verbessert, sondern in den letzten Jahren sogar verschlechtert haben. Demnach sind Frauen nur in 20,2 Prozent der Top-Songs die ausführende Künstlerin – 2019 waren es noch 22,5 Prozent. Der 9-Jahres-Durchschnitt liegt bei 21,6 Prozent. Von den insgesamt 1.797 Künstlern die hinter den 900 Top-Songs stehen – sowohl Solokünstler als auch Mitglieder von Duos und Bands – kamen auf jede Frau demnach 3,6 Männer. 
Auch in anderen Bereichen gab es einen Rückgang. Der Anteil weiblicher Songwriterinnen sank von 14,4% auf 12,9%. Auch in der dritten großen Kategorie gingen die Zahlen 2020 im Vergleich zu 2019 zurück. Nur 2% der Produzenten waren weiblich (2019 noch 5%). Die größte Diskrepanz fanden die Forscher  zwischen nichtweißen weiblichen Produzentinnen und weißen Männern. Weiße Männer standen demnach 180 mal öfter hinter den Tracks. 

© Dr. Stacy L. Smith
© Dr. Stacy L. Smith

Stars im Vordergrund kaschieren Probleme

Es gibt zwar einige weibliche Künstlerinnen wie Taylor Swift, Beyonce, Rihanna, Nicki Minaj oder Cardi B die die Charts dominieren und auch beim politischen Diskurs für Schlagzeilen sorgen. In der Breite und im Studio sinkt der Frauenanteil aber erheblich. Für Studienleiterin Smith haben Frauen weiterhin zu wenig zu sagen. Demnach bleiben die “Stimmen der Frauen in der Musik stumm”. Vor allem hinter den Kulissen ist die Unausgewogenheit ein Problem: “Frauen als Produzenten – und insbesondere nichtweiße Frauen – werden in der Musikindustrie praktisch ausradiert”, sagte die Kommunikationsprofessorin anschließend. Laut den beteiligten Forschern liegt das Ungleichgewicht allerdings nicht an der besseren Qualifikation von Männern, sondern eher an einer “ausgrenzenden Dynamik”. Laut den Forschern wird die Musik klar von männlichen Führungskräfte beherrscht, die eher dazu neigen “mit den selben männlichen Kollaborateuren zu arbeiten”. Dadurch bekommen Frauen oft nicht einmal eine Fuß in die Tür, obwohl weibliche Musikerinnen an der Spitze oft mehr Hits als männliche Künstler liefern. Die Studie bringt dabei Nicki Minaj und Rihanna im Vergleich zu Justin Bieber und Ed Sheeran als Beispiele. 
Eine Zahl sticht dann am Ende besonders heraus. Von den 900-Top-Songs der letzten neun Jahre hatten 57,3% ausschließlich männliche Autoren, hingegen weniger als 1% ausschließlich weibliche Autoren. 

Es geht nur von Innen heraus

Die Studie zeigte weiters dass nichtweiße Musiker*innen auf dem Vormarsch sind. Waren es im Jahr 2013 nur 31% der Musiker*innen, konnte 2020 der Rekordwert von 59% erreicht werden. Auch auf dem roten Teppich gab es zuletzt einen Trend zu mehr Diversität. 2017 waren nur 6,4% der Grammy-Nominierten in den Kategorien “Platte des Jahres, Album des Jahres, Song des Jahres, bester neuer Künstler und Produzent des Jahres” weiblich. 2021 ist der bisherige Höhepunkt mit 28,1% erreicht worden. Im 9-Jahres-Schnitt bei den Grammys ist der Unterschied aber weiterhin enorm – 13,4% Frauen zu 86,6% Männern. 
Auch wenn es hier und da Lichtblicke gibt und vor allem Stars an der Spitze oft weiblich sind, wird sich laut den USC-Forschern an der allgemeinen Situation wenig ändern, solange die männlichen Entscheidungsträger “keinen absichtlichen Wandel herbeiführen” wollen. Die ganze Branche müsste sich demnach für Veränderungen einsetzen, etwas “das in diesem Fall eindeutig nicht geschehen ist”. 
Anzumerken ist dass sich die jährliche Studie hauptsächlich auf kommerziell erfolgreiche Musik bzw. Popmusik fokussiert. Die Ergebnisse implizieren nicht zwingend die selben Probleme bei Indie-Musik oder elektronischer Musik – auch wenn hier Männer ebenfalls in der Mehrzahl sind. Es gibt auch keiner das Ziel vor, ein 50:50 Verhältnis herzustellen. Das ist in einem künstlerischen Gebiet nunmal nicht zielführend. Stattdessen sollte es mehr Initiativen für Chancengleichheit bei der Vergabe von Stellen geben. Die Recording Academy, die Organisation hinter den Grammys, hat hier einen ersten Schritt gemacht. In einem Aufruf wurde an Labels, Musiker und Produzenten appelliert, bei zukünftigen Projekten zumindest zwei weibliche Kandidaten in Erwägung zu ziehen. Die Initiative wurde bisher von über 650 Personen aus der Branche unterschrieben. 
Die Studie kann HIER (pdf) aufgerufen werden. 

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