Ģirts Ozoliņš ist ein Visionär. So steht es nicht nur auf seiner Visitenkarte, sondern das sehen wir auch an der Vielfalt der Produkte, die das Erics Synths-Team bereits hervorgebracht hat. Nun hat er sich einer europäischen Ikone der Synthesizerwelt angenommen und präsentiert seine Interpretation des EMS VCS3/Synthi A.
Während des Dutch Modular Fest 2019 in Den Haag, eines der letzten großen Synthesizer Meetings, bevor uns Corona alle nach Hause schickte, stellte Ģirts Ozoliņš gerade den ersten Prototypen des SYNTRX vor. An der Patch-Matrix und den drei charakteristischen Oszillatoren zu identifizieren, schien es sich um einen EMS „Nachbau“ zu handeln. Tatsächlich erklärte er, dass es sich um eine komplette Neuentwicklung handele, die nicht auf den originalen Schaltungen beruhe, sondern komplett neu entwickelt wurde.
Details
Bei der Konzeption des Synthesizers standen das User-Interface und die Art und Weise wie der Spieler mit dem Instrument interagieren kann sowie welche Parameter es uns in welcher Form anbietet im Fokus. Die EMS Synthesizer bieten da natürlich eine Steilvorlage, wenn es um experimentelle Ansätze geht, die schon immer eine Herzensangelegenheit für Ģirts und das Erica-Team waren. Es geht offensichtlich nicht darum einen Klassiker bloß zu kopieren, sondern den Kern der Sache herauszuarbeiten und zeitgemäß aufgearbeitet zu präsentieren. Da wäre die Pin-Matrix mit der alle Audio- und Steuerspannungs-Verbindungen hergestellt werden, oder die Waveshaping-Möglichkeiten der Oszillatoren, das Verhalten des Filters oder der Charakter des Trapeziod-Generators.
Im SYNTRX findet man all dies und dazu zeitgemäße Erweiterungen und Verbesserungen, wie Oszillator-Sync, eine Sample & Hold Schaltung und natürlich eine zeitgemäße Modulations-Matrix. Diese wurde in Zusammenarbeit mit Ingenieuren der technischen Universität Riga entwickelt. Digital gesteuert, analog und speicherbar, ist sie das zentrale Element des EMS Designs. Damit gehören die Probleme der originalen Matrix der Vergangenheit an.
Quick Facts: Historische Vorbilder des SYNTRX
Als 1969 der erste EMS Synthesizer, auf den Markt kam, war das eine kleine Sensation. „The Putney“, benannt nach dem Londoner Stadtteil, in welchem er entstand, war mit einem Preis von 1000 £, nicht nur vergleichsweise preiswert und kompakt, sondern hatte auch ein praktisches technisches Feature: Eine Patch-Matrix, mit der sich die Module ganz ohne Kabel miteinander verbinden ließen. Der innovative Synthesizer war sofort ein Erfolg bei den angesagten Bands der Ära, wie Pink Floyd, Roxy Music, Tangerine Dream oder King Crimson. Mit den 1972 erschienenen Modellen Synthi A und Synthi AKS, bei denen der gesamte Synthesizer in einem Aktenkoffer unterkam, schrieb EMS deren Erfolgsgeschichte fort. Nun gab es zusätzlich zur Patch-Matrix eine Steckverbinder-Leiste, wo sich vorgefertigte oder selbst gelötete Preset-Karten einstecken ließen. So konnte man zumindest die zuweilen komplexen Pin-Anordnungen mit einem Handgriff wechseln.
Das AKS Modell kam mit einem Keyboard/Sequenzer im Deckel, der Dank der kaum spielbaren Folientastatur und dem seltsamen Verhalten des Sequenzers nicht allzu viele Freunde fand. Heute werden gut gepflegte und optimierte Exemplare zu fünfstelligen Preisen gehandelt. Optimierung war auch bitter nötig, will man die Instrumente mit anderen im Verbund per 1V/Okt ansteuern. Von Hause aus sind die Oszillatoren nicht Temperatur-kompensiert und daher schwer mit anderen analogen Synthesizern in Einklang zu bringen. Weitere Modifikationen wie Range-Schalter und Sync-Verbindungen der Oszillatoren oder eine gepufferte Matrix verwandeln den im Urzustand eher für Sound-Effekte geeigneten Kompakt-Synth in ein kalkulierbar einsetzbares Musikinstrument.
Was ist beim SYNTRX anders?
Beim SYNTRX sind die geschilderten Probleme per Design schon nicht vorhanden. Die gesamte Schaltung wurde auf dem aktuellen Stand der Technik neu entwickelt, bildet dabei aber das Verhalten der Originale nach. Und natürlich gibt es zeitgemäßen Komfort wie eine speicherbare gepufferte Matrix, MIDI- und CV-Eingänge.
Hardware – Erster Eindruck
Schon beim Auspacken deuten die 4 kg Gewicht an, dass es sich beim SYNTRX nicht nur um umbauten Raum handelt. Im stabilen Stahlgehäuse will schließlich einiges an analoger Schaltungstechnik unterkommen. Das Layout ist im Vergleich zu den heute im Eurorack üblichen Platzverhältnissen geradezu üppig – genau wie bei den Originalen. Die großen, griffigen Fluted-Knobs sitzen bombenfest auf Potis mit Metall-Achse, die mit der Front verschraubt sind. Da hat auch die Wackel-Poti-Polizei nichts dran auszusetzen.
Aufbau und Übersicht
Das Layout entspricht weitgehend dem VCS 3 / Synthi A, lediglich die Ein- und Ausgänge und der Output-Filter sind nach oben zwischen die Lautsprecher gewandert, während die Regler des Trapezoid-Envelopes jetzt rechter Hand zwei Reihen einnehmen. Diverse Schalter, welche die Originale nicht hatten, deuten sinnvolle Erweiterungen an. Ein neues Modul ist auch dazugekommen. Unten links, neben dem Noise Generator finden sich nun zwei Regler und zwei Schalter und die Bezeichnung S&H. Das steht für Sample & Hold, also eine Steuerspannung, die bei Eintreffen eines Trigger-Signals den geraden anliegenden Spannungspegel bis zum nächsten Trigger hält. Die Trigger-Geschwindigkeit ist unabhängig von MIDI- oder CV-Signalen und wird mit dem RATE-Regler kontrolliert. Als abzutastendes Eingangs-Signal kann per Schalter zwischen der Dreieckswelle des VCO 3 (Pre-Poti) oder Noise gewählt werden. Da die Matrix nur 16 Eingänge hat, erscheint das S&H Signal am Dreieckswellen-Eingang der Matrix. Der zweite Schalter des Moduls wählt zwischen VCO 3, S&H, oder einer Mischung von beiden.
Klassischer Federhall
Der Hall wird klassisch mit einer mechanischen Hallspirale erzeugt. Statt eines Level-Reglers findet man beim SYNTRX einen Feedback-Regler, der insbesondere mit dem internen Lautsprecher heftige Rückkopplungen erzeugen kann.
Anschlüsse
Die Anschluss-Seite auf der Rückseite des Synths zeigt sich aufgeräumt. Für die Versorgung mit Strom dient ein externes 12V-Netzteil, dass sich im Lieferumfang befindet.