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Interview und Gearchat: Rene Ubachs

Es sind nicht immer nur die „Big Names“, die für ein lebendiges Musikbusiness sorgen, sondern mindestens ebenso die Stars aus der zweiten Reihe, gewissermaßen dem „Backend“, die den Laden am Laufen halten. Und „am Laufen halten“ ist im Fall unseres Interviewpartners wortwörtlich zu verstehen. Der Holländer Rene Ubachs ist einer dieser stillen und dabei aber keineswegs weniger schillernden Stars, der heute nach einer bewegten Produzentenkarriere nicht nur zu einem gefragten Techniker für alte Analoghardware geworden ist, sondern auch für die Entwicklung der „ReBach“-Eurorackmodule verantwortlich zeichnet und zudem noch ein Mietstudio betreibt, in dem ein ganzes Arsenal voll funktionstüchtiger Analog-Synthesizern zur Verfügung steht.

Interview und Gearchat: Rene Ubachs (Foto: Numinos)
Interview und Gearchat: Rene Ubachs (Foto: Numinos)
Inhalte
  1. Über Rene Ubachs
  2. Rene Ubachs im Interview
  3. Von guten und schlechten Schaltkreisen
  4. Kontaktspray verwenden oder nicht?
  5. Zwar analog, aber dann doch irgendwie digital
  6. Der Klang von Analogsynthesizern
  7. Weiterführende Links

Über Rene Ubachs

Über Rene Ubachs

Um Rene Ubachs zu treffen, gilt es bis kurz hinter die holländische Grenze zu fahren. Dort, im malerischen Ort Klimmen, betreibt er zusammen mit Rob Essers ein Mietstudio, in welchem seine persönlichen Schätze spielbereit und (natürlich) in einem Top-Zustand für Aufnahmen zur Verfügung stehen und seine Reparatur-Werkstatt. Geografisch ist die Lage – in unmittelbarer Nähe zur Autobahn – genau im Schnittpunkt zwischen Holland, Belgien und Deutschland ideal, denn Ubachs erhält Reparaturgeräte aus ganz Europa und viele seiner Kunden bringen ihre „Patienten“ gerne persönlich vorbei. Ubachs kann auf eine bewegte Vita zurückblicken, in der Synthesizer immer eine Rolle gespielt haben: Inspiriert von der Musik von Jean Michel Jarre, entdeckte er schon in jungen Jahren seine Liebe zur elektronischen Musik und Klangerzeugern. Nach einem ersten Selbstbau-Synthesizer, fanden schnell ein Roland D-10, MKS-50 und einer der ersten Waldorf Microwaves den Weg in sein Studio und es sollten noch viele weitere Folgen. Zu diesem Zeitpunkt begann auch seine Karriere als Produzent und er konnte unter anderem mit seinem Dance-Projekt „Aura“ manche Erfolge verbuchen.

Für Rene Ubachs haben Synthesizer immer eine Rolle gespielt. (Foto: Numinos)
Für Rene Ubachs haben Synthesizer immer eine Rolle gespielt. (Foto: Numinos)

Die wachsende Popularität von Euroracksystemen, Anfang der Zweitausender Jahre, ermutigte ihn dann, seine alten Schaltungsdesigns (er ist gelernter Elektroniker) aus der Versenkung zu holen und sie in Form seiner „ReBach“-Module zu vermarkten. Gleichzeitig hielt er aber auch seinen alten Gerätepark tadellos in Schuss. In Folge dessen sah er sich mit einer wachsenden Zahl von Anfragen seitens seiner Musikerkolleg*innen konfrontiert, ob er nicht auch deren Geräte reparieren und warten könne. Das konnte er in der Tat und so wuchs seine Bekanntheit und sein guter Ruf als „Synthesizer Doktor“. Heute ist Rene Ubachs weit über die Grenzen der Niederlande hinweg für seine hervorragende Arbeit bekannt, weshalb sein „Wartezimmer“ mit Synthesizern, Drumcomputern und Effektgeräten aller Art voll belegt ist. Grund genug für uns, dem Wavepoint-Studio und Rene Ubachs mal einen Besuch abzustatten und über die Wehwehchen seiner Patienten zu fachsimpeln.

Fotostrecke: 3 Bilder Das Schöne am Wavepoint-Studio ist, dass jedes Gerät funktionsbereit ist und aussieht, als wäre es eben erst ausgepackt worden. (Foto: Numinos)

Rene Ubachs im Interview

Hallo lieber Rene! Schön, dass Du Dir trotz einer übervollen Reparatur-Pipeline die Zeit für ein Gespräch mit uns nimmst. Kommen zu Dir eigentlich vorwiegend Musiker und Produzenten, die ihre Geräte aktiv nutzen oder auch Sammler und Händler?
Ich kann tatsächlich eine wachsende Anzahl von professionellen Händlern verzeichnen, die ihre Geräte bei mir komplett durchchecken lassen, um sie dann mit dem Prädikat „fully serviced“, beziehungsweise „Bestzustand“ verkaufen zu können. Das wäre vor einigen Jahren noch nicht rentabel gewesen. Mit steigenden Gebrauchtpreisen macht es dann aber auch wieder Sinn. Und eigentlich haben da ja alle was von wenn Gebrauchtgeräte bei mir noch mal geprüft und – falls erforderlich – repariert werden: Der Händler weiß, dass er eine tadellos funktionierende Ware ohne offensichtliche (oder versteckte) „Macken“ anbietet und der Kunde erhält ein einwandfreies Instrument, bei dem nicht schon nach wenigen Wochen irgendwelche Fehler auftreten.
Gibt es Fälle, in denen Du bereits im Vorfeld sagst, dass es nicht reparierbar ist?
Je nach finanziellem Aufwand ist eigentlich alles zu machen. Bei Standard-Problemen kann die Bandbreite der entstehenden Kosten bereits im Vorfeld meistens relativ genau bestimmt werden. Es gibt aber auch die Geräte, die einfach nichts mehr machen, da geht dann die Fehlersuche los und ab diesem Moment kann es alles sein: Angefangen bei einer kalten Lötstelle am Netzteil, bis hin zu einem Totalschaden. So kann es beispielsweise passieren, dass man das Netzteil repariert hat, den Synth einschaltet und dann erst feststellt, dass auch die Hälfte der Voice-Chips kaputt ist. Ich taste mich also – in Absprache mit dem Kunden – an das Problem heran, prüfe was kaputt ist und wo der Preisrahmen für die Reparatur liegt. Davon abgesehen habe ich für mich die seltsame Regel entdeckt, dass gerade die Geräte, die äußerlich sehr schön sind, oft die größten Probleme haben. Während Synthesizer, die aussehen, als ob sie jahrzehntelang in der Ecke einer Kneipe gestanden haben, häufig eher die leichten Fälle sind – seltsam, nicht wahr (lacht)?!

Fotostrecke: 3 Bilder Auch nach Jahrzehnten der Arbeit mit und an Synthesizern, begegnet er einigen Modellen erstmalig, wenn sie in seine Werkstatt kommen, wie diesem extrem seltenen Korg Synthe Bass SB-100, der auf seine alten Tage noch eine vollwertige MIDIfizierung spendiert bekam. (Foto: Numinos)

Von guten und schlechten Schaltkreisen

Wir reden ja hier hauptsächlich über Geräte der späten 1970er bis 1980er Jahre, die bei Dir landen. Gibt es Hersteller, Fabrikationsjahre oder Geräte, bei denen Du Tendenzen erkennst, dass mehr oder weniger Defekte auftreten? Gibt es so etwas wie gute Jahrgänge oder Fertigungsprozesse, oder treten bestimmte Fehler nach einiger Zeit einfach auf?
Es handelt sich ja vorwiegend um amerikanische und japanische Synthesizer, und eigentlich bekommen die – im Großen und Ganzen – mit der Zeit alle die gleichen Wehwehchen. Was variiert, ist die Qualität der Designs und da gibt es sowohl bei amerikanischen als auch bei japanischen Modellen gute und schlechte Entwürfe. So ein Oberheim beispielsweise ist einfach gut durchdacht, gut zugänglich, hat hochwertige Bauteile und gute Schaltkreise.
Das musst Du mir mal erklären – was ist ein „guter“ und was ein „schlechter“ Schaltkreis?
Wenn Du eine Komponente entwickelst, egal ob es ein Oszillator, ein Filter oder eine Hüllkurve ist, arbeitet sie ja nicht statisch immer mit der gleichen Frequenz und gleichen Temperaturbedingungen, sondern in einem dynamischen Umfeld. Was man also macht ist weitere Komponenten ergänzen, die dafür sorgen, dass der Schaltkreis stabilisiert wird. Und das kann man entweder mit sehr einfachen Schaltungen auf einer einzigen Platine realisieren, die sich dann aber negativ auf den Klang auswirken, oder durch sehr hochwertige, durchdachte und getrennte Schaltkreise, was den Synthesizer zwangsläufig teurer macht. Nimm beispielsweise den Jupiter-8, da ist jede Stimme hardwareseitig wie ein eigenständiger monophoner Synthesizer ausgeführt. Du könntest also theoretisch die Platine einer einzelnen Jupiter-8 Stimme einfach ausbauen und diese dann ohne Probleme als Jupiter-Mono-Synth verwenden, während die anderen sieben Stimmen im Gerät bleiben.
Aber die Platinen sind doch grundsätzlich sehr robust, oder?
Das ist von vielen Faktoren abhängig: Wie komplex ist der PCB (Printed Circuit Board – die Platine)? Ist er einseitig oder zweiseitig bedruckt? … Und auch und besonders, wie viel Feuchtigkeit war er über die Jahre ausgesetzt? Man kann aber sagen, dass bei alten Platinen die sogenannten Microvias (Verbindungen zwischen unterschiedlichen Ebenen der Platine) recht groß sind und die sind weniger empfindlich als enger bedruckte. Aber auch bei den alten Platinen gibt es immer wieder Unterschiede in der Fertigungsqualität: Japanische Hersteller sind da überwiegend sehr gut, italienische (Siel, Crumar, Elka) nicht immer. Bei heutigen SMD-Platinen muss man die Microvias mit der Lupe suchen – diese Geräte werden bestimmt nicht so alt werden wie die Synthesizer aus dem letzten Jahrhundert.
Was mache ich denn am besten mit meinen alten Synthesizern, die ich vielleicht gerade nicht verwende? Man hört immer wieder, dass man alte Synthesizer regelmäßig einschalten und einige Stunden laufen lassen soll?
Vor allen Dingen sollte man darauf achten, dass es trocken ist, dort, wo sie stehen. Feuchtigkeit ist wirklich das Gefährlichste. Bei Instrumenten wie etwa String-Ensembles, die keine Batterie haben, ist es eigentlich egal, ob man sie einschaltet oder nicht. Geräte, die mit einem Akku-gepufferten Speicher arbeiten, muss man natürlich regelmäßig anschalten, sonst sind die Presets weg. Bei Synthesizern, bei denen der Speicher durch eine Batterie gepuffert ist, sollte diese alle paar Jahre einmal getauscht werden. Auch weil sie auslaufen und dann gravierende Schäden verursachen können. Ab Anfang der 1990er Jahre kam dann ja Flash-Ram auf. Diese Geräte haben dann keine Batterie mehr, da ist das nicht mehr nötig. Man sollte sich also informieren, ob und wenn womit der Speicher gepuffert wird.

Fotostrecke: 2 Bilder Viele String-Ensembles kommen ohne Puffer-Speicher aus, wie etwa dieses legendäre Roland SH-2000. (Foto: Numinos)

Kontaktspray verwenden oder nicht?

Was ich mich frage: Sind Synthesizer mit horizontalen Fadern, wie beispielsweise die Roland Junos und Jupiter Juno-6 anfälliger als Geräte mit vertikalen Potis, wie etwa der Korg MS-20. Ganz laienhaft denke ich mir, dass bei den Erstgenannten mehr Staub auf der Leiterbahn landet.

Ja, das ist in der Tat so. Fader sind in der Regel anfälliger für Staub und Verschmutzung als Potentiometer. Bei Fadern besteht auch eine gewisse Gefahr, dass Anwender da Kontaktspray hineinspritzen, sobald die anfangen zu krachen. Das zieht aber ganz andere Probleme nach sich, weil man dadurch auch das Fett ausspült, mit dem die Führung des Faders geschmiert ist. Am Ende kracht der Fader nicht nur, sondern er wird auch schwergängig oder lässt sich gar nicht mehr bewegen.
Stichwort krachende Fader: Hat man ein irreparables Problem, sobald ein Fader kracht?
Das kommt im Wesentlichen darauf an, wie intensiv das Bauteil benutzt wurde. Alle Potis und Fader haben ja denselben Aufbau: Es gibt eine Widerstandsbahn (meistens aus Kohlenstoff) und ein Regelelement, das darauf schleift. Der Kontaktpunkt ist meistens mit einer hauchdünnen Schicht Gold belegt. Das ist wunderbar, weil Gold nicht oxidiert, der Nachteil ist, dass es weich ist und über viele Tausend Regelbewegungen abgeschliffen wird, sodass dann das Trägermaterial aus Metall auf der Kohlenstoffbahn aufliegt. Das Metall (meistens Eisen) oxidiert natürlich viel schneller. Es gibt also zwei Möglichkeiten: Wenn Du einen alten Synthesizer zur Hand nimmst, der aber kaum verwendet wurde, kann es zwar sein, dass Fader und Potis bei den ersten Bewegungen der Regler krachen, weil sich Staubpartikel lösen, sie dann aber wieder Jahre lang einwandfrei arbeiten, weil die Goldbeschichtung noch intakt ist. Wurde das Bauteil aber schon viel benutzt, sodass die Beschichtung runter ist, wird es sehr schnell immer schlimmer.
Wenn es im Fader oder Poti knackt oder kracht, greifen viele Anwender ja gerne mal zum altbekannten Kontakt-60-Spray. Meiner Erfahrung nach hilft das im Moment oft tatsächlich gut, nur kommt das Problem mit der Zeit dann aber wieder. An anderer Stelle habe ich sogar mal gehört, dass man besser die Finger von solchen Sprays lassen sollte, da sie längerfristig mehr schaden als nutzen. Was ist da deine Empfehlung?
Grundsätzlich macht dieses Spray ja etwas Gutes: Es löst verklebtes Fett und Staub und schmiert auch ein bisschen, sodass sich Bauteile wieder leichtgängig bewegen lassen. Das Problem ist allerdings: Das neue Schmiermittel landet ja überall und nicht nur auf der Führung des Bauteils und das verklebt dann relativ schnell wieder und es sammelt sich noch mehr Staub an, weil der alte Schmutz ja nicht heraus kommt. Wenn ich beispielsweise ganz alte Fader bekomme, für die es keinen Ersatz gibt, mache ich sie komplett auf, wasche sie von innen und schmiere nur die Achse – danach laufen sie wieder „boterzacht“ (niederländisch: butterweich).
Wie sieht es denn mit Ersatzteilen aus – bekommst Du immer alles, was Du benötigst?

Wirklich elementare Bauteile wie Transistoren, Widerstände und auch Fader und Potis sind eigentlich noch gut zu bekommen. Auch Standard-Halbleiter sind noch zu haben. Ich habe erst neulich einen Z80-Prozessor für einen Jupiter-8 bei „Reichelt Elektronik“ in Deutschland bestellt. Das ist zwar eine neuere Bauart, aber die sind abwärtskompatibel mit dem Original-Bauteil. Schwieriger wird es da beispielsweise bei Yamaha: Die haben ihre eigenen Divider entwickelt, die man zwar glücklicherweise noch direkt bei Yamaha beziehen kann, aber wenn da der Bestand mal aufgebraucht ist, wird es schwierig werden. Je spezieller ein Bauteil ist, desto schwieriger ist die Beschaffung.

Fotostrecke: 3 Bilder Roland Jupiter-8: Während sich die meisten Musiker wahrscheinlich nur für den Sound dieser Legende begeistern, ist Ubachs fasziniert vom extrem aufwändigen und durchdachten Schaltungsdesign: Jede der acht Stimmen wurde hier (anders, als z. B. bei der Juno-Serie) auf einer separaten Platine realisiert – im Grunde hat man es mit acht autonomen Monosynths in einem Gerät zu tun, schwärmt er. (Foto: Numinos)

Zwar analog, aber dann doch irgendwie digital

Du sagst, dass dieser Z80-Prozessor für die Digitalisierung von Reglerwerten zuständig ist. Da kannst Du mir wahrscheinlich eine Frage beantworten, die ich mir immer gestellt habe: Wenn ich einen Analogsynthesizer habe, der aber Presets hat, dann müssen die Reglerstellungen beim Speichern doch irgendwie quantisiert/reduziert werden. Denn ein digitaler Speicher – gerade bei so einem alten Gerät – kann ja nicht unendlich große Werte speichern.

Du hast einen Spannungsbereich – meistens zwischen null und 10 Volt – und der wird schon während Du den Fader bewegst digitalisiert und das in der Regel mit sieben Bit. 
Jetzt wird mir aber flau im Magen. Du meinst also, dass, wenn ich hier am alten Juno-106 eine Filterfahrt mache, die mit 128 Stufen aufgelöst ist? Also genau das, was viele Anwender an der MIDI-Skalierung kritisieren.
Ja. Der analoge Wert des Reglers wird – überwiegend mit 7-Bit – digitalisiert, der Wert geht zu einem Prozessor und der steuert dann das Filter-IC. Beim Juno hört man es fast nicht, aber bei manchen Geräten wie beispielsweise dem Prophet 600 hörst man die Parameterstufen sogar ziemlich deutlich.
Bei dir kommt auch ein 3D-Drucker zum Einsatz, richtig?
Ja, auf jeden Fall. Grundsätzlich verwende ich ihn viel für fehlende Plastikteile wie Poti- und Faderköpfe oder Power-Taster. Aber auch mindestens so viel im Inneren der Geräte: Alte Roland Fader sind beispielsweise sehr hoch. Neue Alps-Fader sind nur halb so hoch. Da printe ich dann ein einen entsprechenden Spacer, der den Fader auf die richtige Höhe bringt.

Fotostrecke: 4 Bilder Eine immer wichtigere Rolle spielt der 3D-Drucker: Hier ein Arp Slider Shaft aus eigener Fertigung. (Foto: Numinos)

Gibt es dafür fertige Modelle im Netz oder machst du das selber?
Das mache ich selber. Es sind ja glücklicherweise überwiegend relativ einfache geometrische Formen, mit denen man da arbeitet. Letzte Woche hatte ich noch einen Yamaha TX816 hier, der einen sehr tief versenkten Power-Taster hat und dem da eine kleine, runde Manschette fehlte, die den Taster zentriert. Die ist als Ersatzteil nicht zu erhalten. Fehlt sie, wackelt der Taster mit viel Spiel im Gehäuse. Also habe ich mir die Manschette einfach gedruckt, wobei ich nicht glaube, dass ich das Modell in nächster Zukunft wieder brauchen werde (lacht).

Du kümmerst Dich ja auch umDrumcomputer – ich denke bei denen sind es wahrscheinlich am häufigsten defekte Drum-Trigger, oder?
Grundsätzlich haben auch Drumcomputer ähnliche Probleme wie Synthesizer. Also angefangen beim defekten Display über das Recapping der Stromversorgung bis hin zu defekten Fadern. Aber am häufigsten sind es natürlich die Drum-Trigger die Probleme machen. Bei acht von zehn TR-808 die hier landen ist das so. Aber das ist zum Glück sehr unproblematisch, denn die Mikroswitches, die da verbaut sind, sind immer noch zu haben. Es sind übrigens die Gleichen wie im Korg Polysix.

Auch für einen solchen traurigen Fall kennt Ubachs eine Lösung: Komplettes Re-Covering einer alten LinnDrum (für die dieser Aufwand natürlich lohnt). (Foto: Numinos)
Auch für einen solchen traurigen Fall kennt Ubachs eine Lösung: Komplettes Re-Covering einer alten LinnDrum (für die dieser Aufwand natürlich lohnt). (Foto: Numinos)

Waren die Synthesizer der 1970er/1980er Jahre eigentlich tatsächlich solider gebaut als heutige Geräte, sodass du sie immer noch reparieren kannst und lassen sich moderne Synthesizer überhaupt noch reparieren?

Das sind ja verschiedene Aspekte. Technisch sind die alten Synthesizer einfach besser zu reparieren, weil da viel mehr Bauteile zugänglich und austauschbar sind. Das wird mit moderner, kompakter SMD-Technik immer schwieriger bis unmöglich. Auch und besonders, da die meisten Funktionen ja durch einen einzelnen Chip gesteuert werden, wenn der kaputt ist, ist das Gerät hinüber. Früher wurde ja beispielsweise ein Filter aus einer ganzen Reihe von Standard-Elektronik-Bauteilen designt und die sind ja alle noch verfügbar.
Ein zweiter Aspekt ist, dass die alten Maschinen ja für die Ewigkeit gebaut waren. Oder anders gesagt: Niemand dachte damals daran, dass in zwei Jahren ja schon der nächste Synth kommen muss – man baute Synthesizer so gut, wie es fertigungstechnisch und preislich machbar war. Ab Mitte der 1990er Jahre fing dann das Thema der Obsoleszenz ungefähr an. Tatsächlich lässt sich heutzutage die Lebensdauer von Bauteilen wie etwa Transistoren ziemlich genau vorhersagen – das ging früher nicht. Deshalb nahm man damals das Beste, was für den Preis zu bekommen war. Heute haben die Hersteller die Wahl zwischen – funktional identischen – Komponenten, von denen die eine beispielsweise drei und die andere fünf Jahre Lebenswahrscheinlichkeit hat. Und oft fällt dann die Wahl auf ein Bauteil, das die Garantiezeit sicher überdauert, aber auch nicht länger.

Der Klang von Analogsynthesizern

Dass Haptik und Optik eines alten Synthesizers eine ganz spezielle Faszination ausüben, steht ja außer Frage, aber wie sieht es klanglich aus? Mit all den tollen Plug-Ins und virtuellen Synthesizern – ganz ehrlich: Sind die nicht mittlerweile ein günstiger und klanglich ebenbürtiger Ersatz für analoge Hardware?
Was allen Plug-Ins und den VA-Synths fehlt, ist einfach der Charakter. Ein Plug-In hat keine Interferenzen der Bauteile miteinander und auch die Temperatur hat keinen Einfluss. Man kann das zwar auch simulieren, aber es ist immer ein und dieselbe Formel, die das macht. Eine andere Sache ist beispielsweise ein analoges Filter. Das produziert harmonische Verzerrungen, die bis 150 kHz und darüber hinaus gehen. Das simuliert kein Plug-In mehr, weil es zu rechenintensiv ist – und auch wenn man es eigentlich nicht mehr hört, trägt es doch zum Klangspektrum bei.

Fotostrecke: 2 Bilder Rene Ubachs spielt seinen Crumar Bit One – einen seiner Lieblingssynthesizer mit ganz eigenem Charakter. (Foto: Numinos)

Ganz zum Schluss: Welcher ist dein Lieblingssynth?

Oh, das ist eine schwierige Frage (lacht). Natürlich der Jupiter-8, weil er so unfassbar aufwändig und gut designt ist und sich alles in ihm reparieren lässt. Aber auch so ein völlig unbekanntes Ding, wie der AKAI VX-600. Viele haben von ihm gehört, aber nur wenige haben ihn wirklich einmal gehört. Er ist ein „Powerhouse“: 12 VCOs, 3 LFOs pro Stimme und eine unglaubliche Matrix. Auch der Oberheim Matrix (1000) ist nach wie vor ein Killer, was den Klang angeht – ein sehr stark unterschätzter kleiner Synthesizer. Ich finde auch den Sequential Prophet-600 unterbewertet – er hat einige Einschränkungen wie etwa die geringe Encoder-Auflösung, aber der Grundklang ist super. Auch den Crumar Bit One liebe ich sehr – er ist zwar schwierig zu programmieren, hat aber einen sehr eigenständigen Klang. Überhaupt haben die Crumar-Leute damals viele Sachen ein bisschen anders gemacht und das hört man.

Welche Analogsynthesizer hältst Du für überbewertet?

Es gibt auch hier zu viele, um sie alle zu erwähnen. Aber zum Beispiel der Korg Trident. Ich weiß nicht, was daran so toll ist. Es hat ein schönes Aussehen, aber der Klang ist ziemlich flach und begrenzt. Ich verstehe auch die Begeisterung für den Korg Poly-800 überhaupt nicht.

Vielen Dank für das nette und sehr informative Gespräch und die hilfreichen Tipps!

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von Numinos

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