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Schallwandler Podcast: Electric Indigo

(Bild: Copyright by Elsa Okazaki 2020)
(Bild: Copyright by Elsa Okazaki 2020)

Bevor Susanne Kirchmayr zur Musik kam, hatte sie zunächst einige andere Pläne. Als Teenager träumte die gebürtige Wienerin davon, Kunst zu studieren. Da sie wusste, dass ihre Eltern dass sicher nicht so toll fänden, entschied sie sich stattdessen für Architektur und begann erst mal ein Studium an der TU in Wien. Spaß gemacht hat es ihr nicht und sie überlegte, das Fach zu wechseln. Die Modeklasse von Jean-Charles de Castelbajac oder Vivienne Westwood reizten die junge Studentin wesentlich mehr. Zweimal versuchte sie auch die Aufnahmeprüfung zum Industrial Design, bevor sie Ausflüge in folgten Linguistik und Archäologie unternahm. Das war dann der letzter Studienversuch, bevor Susanne dem Universitätsbetrieb endgültig den Rücken kehrte. Musik war seit jeher ihre große Leidenschaft und sie hat schon früh damit begonnen, Schallplatten zu sammeln. In ihrem damaligen Wiener Stammlokal Trabant stand Susanne dann 1989 das erste Mal selbst hinter den Plattentellern. Sie spielte Funk, Jazz, Hiphop und den Leuten hatte es gefallen, so bekam sie ihren ersten fixen Abend als DJ.
Ihre Schallplatten kaufte die österreichische Musikliebhaberin zu der Zeit im Black Market, wo u. a. Wiens erster House DJ Geb.el arbeitete. Als der ihr eines Tages Platten von DJ Rush und von Underground Resistance in die Hand drückte, war es um Susanne Kirchmayr geschehen: Sie war mit dem Chicago- und Detroit-Virus infiziert. Leider nicht unbedingt das, was Anfang der 90er in Wien gehört wurde. Als sie im Trabant Techno auflegte, flog sie hochkant raus. DJ Hell war es, der Susanne schließlich ermutigte, Wien doch einfach den Rücken zu kehren. München und Berlin wurden die Ausgangspunkte ihrer internationalen Karriere in der elektronischen Musik.

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In Berlin lebte Susanne, die sich inzwischen Electric Indigo nannte, von 1993 bis 1996. Sie arbeitete im legendären Plattenladen Hard Wax, dem damaligen Mekka für alle Technobegeisterten, u. a neben  ihrem damaligen Idol DJ Rok, Resident im Tresor und einem frühen Wegbereiter der Technoszene in Deutschland. Hier baute sie sich auch ihr Netzwerk auf und eroberte somit weltweit die Dancefloors.
Es folgten intensive Jahre. Von 1997 bis 2007 war Electric Indigo jede Woche mindestens an vier Tagen als DJ unterwegs, häufig auch in den USA und Asien.

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1998 gründete Susanne die Plattform Female: Pressure, ein internationales Netzwerk für weibliche *, nicht-binäre und Transgender-Künstler der elektronischen Musik, das beim Prix Ars Electronica 2009 mit einer Ehrenauszeichnung prämiert wurde. Ihre eigenen  Kompositionen werden inzwischen auf Festivals wie Wien Modern, CTM oder Heroines of Sound uraufgeführt.
Wichtige Werke sind u. a. Mehrkanalkompositionen wie Structuring Contours, Premiere beim Klangspuren Festival 2011, Chiffres,  Premiere beim e_may / Wien Modern 2012, MORPHEME,  Premiere als audiovisuelles Mehrkanalkonzert zusammen mit Thomas Wagensommerer beim CTM Festival 2015 und ferrum, Premiere der Langfassung ferrum H bei Electric Frühlingsfest, Huddersfield, 2019. Nach unzähligen 12-inch Veröffentlichungen erschien im Frühjahr 2018 auf Imbalance Computer Music endlich das Debütalbum 5 1 1 5 9 3 von Electric Indigo. Ihr neues Album Ferrum wurde im März 2020 auf Editions Mego veröffentlicht. Die Republik Österreich verlieh Electric Indigo den Kunstpreis Musik 2020.

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Schallwandler Podcast

Ich habe Susanne das erste Mal in Sarajewo getroffen. Dort gab es 2000 nach dem Krieg eine Art Love-Parade mit einer fetten Party auf mehreren Floors in einer Art Arena. Ich hatte einen Slot frühmorgens nach Prince of Dance Music, DJ Elbee Bad. Wie üblich legte ich mit meinem Laptop auf, was hier in Berlin damals von fast allen Seiten belächelt wurde. Mein Set war eher experimentell, ich erinnere mich noch, dass ich Aphex Twin und abgefahrene elektronische Breakbeats aus Russland von SCSI 9, Solar X und so dabei hatte. Der Crowd hat es gefallen und es wurde wild getanzt. Susanne stand in der Nähe und hat mir eine Weile zugeschaut und als sie nach meinem Set zu mir kam, dachte ich zuerst, sie würde auch einen blöden Spruch ablassen, weil ich keine Schallplatten dabei hatte. Aber im Gegenteil. Sie fand es total cool, dass ich digital auflegte und auch meinen Sound und hat mir eine Karte vom Female-Pressure Netzwerk zugesteckt. Ich habe mich dort angemeldet und bin bis heute, wenn auch überwiegend, passiv Teil der Community. Was diesen Podcast und unser Treffen anbelangt, es hat mich gefreut, dass es trotz Pandemie wieder möglich war, sich persönlich zu verabreden.
Unser letztes Interview für den Gear Chat war ja online und kurz vor diesem Treffen war in Wien der totale Lockdown mit Ausgangssperre. Jetzt war Susanne gerade in Berlin bei zu Besuch bei ihrem langjährigen Partner Robert Henke und sie hat mich eingeladen, sie doch dort zu besuchen. Gesagt – getan, stieg ich also wieder mal die vielen Stufen hinauf ins Reich der Sukkulenten und Frösche. Robert verzupfte sich in sein Studio und so konnten wir zwei uns in aller Ruhe austauschen. Worüber wir geredet haben? Das hörst du hier. Viel Vergnügen!

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