Das Microtech Gefell M 930 ist nur eines der vielen Mikrofone aus MGs umfangreichem Sortiment. Das Unternehmen bewirbt das kompakte M 930 unter anderem als Pod-/Broadcastmikrofon.
Es wird kein Spoiler sein, dass das Großmembranmikro nicht nur für die Sprechstimme geeignet ist, sondern als Allrounder für so gut wie alle Signalarten in Frage kommt. „Preiswert“ ist es auch, wenn man sich die beiden Bestandteile dieses Wortes noch einmal bewusst macht.
Details
Microtech Gefell muss man kennen
Wenn nach deutschen Mikrofonfirmen gefragt wird, werden schnell Unternehmen aus der Nähe von Hannover, aus Berlin und aus Karlsruhe genannt. Microtech Gefell, beheimatet im gleichnamigen Ort in Thüringen (Die Stadt heißt natürlich „Gefell“ und nicht etwa „Microtech“…), kann aber auf eine nicht minder wichtige Geschichte zurückblicken und zählt, was die Qualität seiner Produkte angeht, zu den Vorzeigeunternehmen der europäischen Audiobranche. Beides ist keineswegs übertrieben: Die Sprechermikrofone im Bundestag etwa stammen aus Gefell. Und die Tatsache, dass der Firmensitz am Georg-Neumann-Platz liegt und das Georg-Neumann-Museum dort liegt, kommt nicht von ungefähr: In den Kriegsjahren wurde die Produktion der Neumann-Mikrofone aus Berlin dorthin verlegt. In Zeiten der Teilung Deutschlands wurden hier weiterhin hochwertige Mikrofone entwickelt und gefertigt, nach der Wiedervereinigung gab es einen Neustart als Microtech Gefell und eine Neuausrichtung.
M 930 ist die Nierenversion, es gibt jedoch viel Verwandtschaft
Zentrales Bauteil eines jeden Mikrofons ist selbstredend der eigentliche Schallwandler. Im MG M 930 ist dies eine mittenkontaktierte Großmembran-Kondensatorkapsel. Dabei ist es nicht die legendäre M7, die auch heute noch von Gefell mit PVC-Folie gebaut wird. Für das M 930 und seine üppige Verwandschaft nutzt MG eine Kapsel auf PE-Basis. Im M 930 ergibt die richtungsabhängige Empfindlichkeit das Polardiagramm einer Niere. Wer eine stärkere Richtwirkung bevorzugt, greift zur Superniere M 940, wer einen breiteren färbungsarmen Bereich in der Front benötigt, kann mit dem Breitnierenmikrofon M 950 glücklich werden.
Ohne Übertrager kommt die Elektronik des Microtech Gefell M 930 aus, aber auch hier gibt es eine Variante: Das M 930 Ts besitzt den das Suffix in der Produktbezeichnung stiftenden Transformator. Und als UM 930 verdient es sich den zusätzlichen Buchstaben durch die Umschaltbarkeit der Richtcharakteristik. Als UM 930 twin haben wir dieses bereits im Test gehabt. Die meisten der Mikrofone aus der Großfamilie des 930 ist in Bronzefinish oder wie beim Testmikrofon auf den Bildern in der Nickelversion erhältlich. Optional sind Stereopärchen zu erwerben, neben dem preiswertesten Mikrofonhalter (MH 93.1) kann das Mikrofon in eine Spinne (EA 93) eingesetzt werden oder in den gummigelagerten Halter EH 93 P gesetzt werden, an dem wiederum der Poppschutz P110.20 montiert werden kann. Damit ist das nur 12 Zentimeter hohe Mikrofon auch in funktioneller Vollausstattung auffallend kompakt. Mit einem Gewicht von nur 210 Gramm lässt es sich sogar problemlos nur am XLR-Kabel abhängen, wenn die Aufnahmeanforderungen dies verlangen.
Technische Werte
Mit einem Ersatzgeräuschpegel von 7 dB(A) ist das M 930 sehr rauscharm. Gleichzeitig aber liegt der Schalldruckpegel, ab dem das Ausgangssignal ein halbes Prozent Verzerrungsprodukte und Rauschanteile aufweist, bei erstaunlich hohen 142 dB SPL. Microtech Gefell erreicht derartige Werte, weil die Polarisationsspannung des Echtkondensators über eine spezielle Optokopplerschaltung generiert wird. Der Übertragungsfaktor beträgt 21 mV/Pa.
Dem grafischen Pegelfrequenzgang ist zu entnehmen, dass das Signal um 10 kHz um gut 3 dB gegenüber der 1kHz-Referenz geboostet ist, sonst aber – bis auf den typischen leichten Abfall unter 100 Hz und über 16 kHz eben ist. Eine bewusste Schärferücknahme scheint zu fehlen, doch beginnt der Pegelanstieg im gemittelten Frequenzgang erst bei gut 5 kHz. Ungefähr ab diesem Frequenzbereich beginnen laut Polardiagramm auch erst die Abweichungen der typischen Nierenform der richtungsabhängigen Pegelübertragung. 100 Ohm Impedanz setzt das Microtech Gefell M 930 dem Mikrofonvorverstärker entgegen. Eingedenk der Werte wird sich niemand ernsthaft Gedanken um die Länge von Mikrofonkabeln machen müssen.
Holzschatulle
Je nach gewählter Variante wird neben dem Mikrofon mit dem einfachen Halter in der Holzschatulle auch eine Spinne oder der elastische Halter mitgeliefert. Diese finden in der kleinen Holzbox keine Heimat, sondern werden in der (durchaus ansehnlichen) Pappschachtel aufbewahrt.
AK sagt:
#1 - 06.02.2021 um 12:12 Uhr
Danke Nick für den tollen Testbericht von einem der besten GMKs auf dem Markt!Ich habe das M930 neben vielen anderen GMKs mittlerweile schon 20 Jahre bei mir im "Mikrofuhrpark".Was mir immer wieder auffällt, das M930 wie auch die Röhrenvariante M990 hat die beste Auflösung unter allen mir bekannten GMKs, und beide besitzen vor allem ein sehr klares, tranparentes Klangbild, ohne zu kühl zu klingen.
Auch ist die Einhaltung der Niere für ein GMK außerordentlich gut.Gerade letztes Jahr hatte ich viele Mikrotests durchgeführt (OC818, Sony C-100, U67 RI, FLEA 49 uvm.),Bei den Mikros bis 2000€ kam nur das AT5045 (fast) an die Klarheit des M930 heran. Das AT5045 klingt in den Mitten etwas runder (Transformer), dafür klingt das M930 offener und luftiger.Ich habe mit dem M930 alles Mögliche aufgenommen, von Vocals (Male oder Female), Saiteninstrumente, Tom's, Amp, Percussion aller Art.
Bspw. Tambourine, da gehen einige Mikros gerne in die Knie und klingen verwischt, oder angezerrt, kein Problem.Auch schreibst Du richtig, das Signal lässt sich verbiegen bis zum geht nicht mehr, nicht nur EQ und Comp, auch Modulationseffekte steckt das Mikro super weg, das Signal klingt immer noch klar und verständlich.Das M930 klingt zuweilen etwas trocken in raumakustisch und trocken ausgelegten Räumen, kein Wunder bei der guten Einhaltung der Niere, das M930TS oder noch besser das M990 klingen da an Signalen etwas "saftiger".Fazit:
Dein Test hat mir sehr gut gefallen, jetzt fehlt als Tests nur noch mein Vocalliebling UM92.1s, was bei Dir ja auch immer mal als Referenz mitläuft, und das tolle und modern klingende M990 :-)Grüße
Andreas
Nick (Redaktion Recording) sagt:
#1.1 - 06.02.2021 um 14:04 Uhr
Hallo Andreas,erst einmal vielen Dank für die Blumen. Bezüglich des 930 scheinen wir ja der gleichen Meinung zu sein, was angesichts dieses Mikrofons nun wirklich nicht schwer fällt. Ich musste auch breit Grinsen: Klar, das UM 92.1S ist ebenfalls ein hervorragendes Arbeitswerkzeug, das hatte ich gestern noch im Einsatz, genau wie das 5045. Auch das ist hier ja oft als Referenz zu finden.Beste Grüße
Nick
Antwort auf #1 von AK
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenAK sagt:
#1.1.1 - 06.02.2021 um 15:57 Uhr
Hallo Nick,
gerne :-)der AT5045-Test von Dir und die vielen Referenzaufnahmen hier mit anderen Mikros waren ein Grund mir das selbst auszuleihen.
Denn egal welches Mikro bei Euch getestet wurde, das AT5045 gefiel mir als Referenz oft besser als der eigentliche Mikrotestkandidat ;-)Ich hatte das AT5045 4 Wochen bei mir, egal an was, ein tolles Mikro, man merkt auch den kleinen Übertrager, der rundet ganz leicht ohne das Transienten verloren gehen, dahingehend erinnert es ein wenig an das M930TS.
Während den vier Wochen war parallel immer dass M930 angeschlossen.
Die beiden Mikros sind für mich auf einem gleichen hohen Level, das ist oft nur eine Geschmacksfrage wie das Signal den klingen soll.
Soll es eher offen und luftig frisch klingen, dann M930, oder soll es eher etwas kompakter und mit breiterem Mittenfeld klingen, dann AT5045.Zu Microtechgefell:
Der Service ist wirklich klasse bei den MGT'lern, und zudem sind das noch unglaublich nette Leute.Viele Grüße
Andreas
Antwort auf #1.1 von Nick (Redaktion Recording)
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