Das Warm Audio WA-Classic hier im Test ist ein Großmembran-Kondensatormikrofon mit den einstellbaren Richtcharakteristiken Kugel, Niere und Acht.
Dass Warm Audio damit nicht das Rad neu erfinden wollen, liegt wohl auf der Hand. Im Gegenteil: Der Namenszusatz „Classic“ und einige der Eigenschaften lassen darauf schließen, dass der Hersteller für sein Mikrofon ein bekanntes Vorbild gehabt haben muss, ein Studiomikrofon-Klassiker, den man getrost als Studiostandard bezeichnen kann.
Details & Praxis
Die wesentlichen Dinge sind schnell genannt: Im Warm Audio WA-Classic wandelt eine Doppelmembrankapsel den Schall in Spannungsänderung. Schaut man sich diese Konstruktion genauer an (Dual Backplate, Bohrungen, Mittenkontaktierung, Dimensionen, Materialien), erscheint deutlich, dass wohl die K87 Pate stand. Und auch der Aufbau der Schaltung und der Übertrager von CineMag legen nah, dass die Zahl 87 eine Rolle zu spielen scheint, auch wenn sie nicht explizit genannt wird. Mehr noch: Schaltung und Bestückung sind sehr nah am WA87, welches wir vor einigen Jahren zum Review hatten.
Neben den drei Polar Patterns Omni, Cardioid und Figure-of-Eight sind ein 80Hz-Hochpassfilter und ein 10dB-Pad zuschaltbar. Ohne letzteres sind 0,5% THD+N bei 125 dB SPL erreicht. Die grafischen Frequenzgänge von Acht und Niere ähneln sich auf dem Papier stark, hier fällt besonders die kleine Boost-Nase um 4 kHz auf. Die Kugel hingegen besitzt einen deutlichen Dip bei 5 kHz und einen Boost um die 10 kHz.
Für dich ausgesucht
Warm Audio liefern zum Mikrofon noch sowohl eine Metallspinne als auch einen einfachen, platzsparenden Mikrofonhalter. Das WA-Classic selbst darf in einer fein ausgekleideten Holzbox schlafen, wenn es nicht benutzt wird.
Beim WA-Classic gibt sich das Unternehmen keine Blöße, was die Herstellungsqualität angeht. Und klanglich? Ich konnte den Klangcharakter sofort klar einem anderen Mikrofon zuordnen, welches schon zum ausführlichen Test bei uns war, dem WA87. In Anbetracht der weitreichenden konstruktiven Ähnlichkeiten verwundert das auch nicht. Das Signal ist insgesamt präsent, griffig, charaktervoll und feinkörnig, der Bass stramm und gut zu dosieren, die Pattern stabil. Gleichzeitig ist die Detailliertheit hoch. Ich habe mich bei der Erstellung der Audiofiles auf meine Stimme beschränkt und will für den Gesang auf den referenzierten WA87-Test verweisen. Auch beim WA-Classic gilt: Wenn die Aussprache allzu bissig und hart ist, ist vielleicht ein anderes Mikrofon die geeignetere Wahl. Sonst müssen eben EQ oder De-Esser ran. Auch durch heftiges Bearbeiten in der Frequenz- oder Dynamikdomäne „zerfällt“ das Signal nicht.
Fazit
Mit dem Warm Audio WA-Classic ist ein Mikrofon erhältlich, das den Begriff „Classic“ durchaus zurecht trägt. Für einen mehr als fairen Betrag lässt sich ein hochwertiges und flexibles Arbeitsgerät kaufen, das konzeptionell wie so viele in der Tradition eines hoch angesehenen Transistormikrofons aus Deutschland steht. Trotz durchaus ausgeprägtem Charakter ist es für sehr viele Signalequellen einsetzbar. Wie fast immer bei Warm Audio, muss auch hier das Preis-Leistungsverhältnis gelobt werden.
- charaktervoller, griffiger Klang
- detailliert
- straffer, gut zu steuernder Bass
- Richtcharakteristiken recht konstant
- keins
- Membrangröße: groß
- Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger
- Wandlerprinzip: Kondensator
- Richtcharakteristik: Niere, Kugel, Acht
- Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz (+/- 3 dB)
- maximaler Schalldruckpegel: 125 dB
- Schaltfunktionen: Pad, HPF, Kugel, Niere, Acht
- Ausgang: XLR
- Lieferumfang: Mikrofon, Spinne, Halter, Tasche
- Preis: € 649,– (Straßenpreis am 17.6.2020)
henry sagt:
#1 - 22.06.2020 um 00:51 Uhr
Danke für den Test. Worin unterscheidet sich das Teil von den WA87?
Nick (Redaktion Recording) sagt:
#1.1 - 22.06.2020 um 06:55 Uhr
Hallo Henry,gerne. Wie es scheint, sind wie beschrieben ein paar Bauteile auf der Platine anders, eventuell gibt es leichte Unterschiede beim Übertrager und das Gehäuse (Korb) ist ein anderes.Beste Grüße
Nick Mavridis (Redaktion Recording)
Antwort auf #1 von henry
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenHenry sagt:
#1.1.1 - 22.06.2020 um 10:59 Uhr
Verstehe. Danke für die fixe Antwort!
Antwort auf #1.1 von Nick (Redaktion Recording)
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenAchim sagt:
#2 - 29.07.2020 um 14:41 Uhr
Der Bericht liest sich, wie viele andere von Bonedo, sehr gut und verständlich.
Ich hätte mir gern weitere Klangbeispiele gewünscht als nur das eine. Zumindest ein Klangbeispiel wie "https://www.bonedo.de/audio..." oder den anderen des WA-87. So könnte man einen besseren Vergleich ziehen.
Klingt das WA-Classic wie das WA-87?
Von den Daten unterscheiden die sich anscheinend null, was aber nicht heißen muss das sie gleich klingen.
Nick (Redaktion Recording) sagt:
#2.1 - 29.07.2020 um 15:16 Uhr
Hallo Achim,zunächst einmal danke. Wir haben uns aufgrund der klaren Nähe zum WA-87 für einen Kurztest entschieden und konnten in Corona-Zeiten nicht mit dem Sänger arbeiten. Einen klanglichen Direktvergleich konnte ich nicht machen, der andere Test lief dreieinhalb Jahre vorher. Allerdings würde ich Deine Frage mit "Ja, zumindest sehr ähnlich." beantworten.Beste Grüße
Nick
Antwort auf #2 von Achim
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