Nein, die Firma Big Fat Snare Drum hat die fetten, saftigen Retrosounds nicht erfunden, die gab es schließlich schon vor Jahrzehnten. Aber sie hat es wie keine zweite verstanden, daraus eine Produktlinie zu kreieren, die sich bei Drummern vieler Genres großer Beliebtheit erfreut und daher überaus erfolgreich ist. Dabei ist die Grundidee ebenso effektiv wie simpel: Man nehme eine Snaredrum und lege auf das Schlagfell einfach ein weiteres Fell. Fertig ist ein tiefer, „nasser“ und Recording-freundlicher Snaresound.
Seit unserem letzten Test sind allerdings noch zahlreiche weitere Klangverformer hinzugekommen. Einige davon sind nicht mehr ausschließlich für die Snaredrum konzipiert, ihr Auftrag ist es vielmehr, auch Toms und Becken in den Genuss der schnellen Soundverwandlung zu bringen. So haben sich heute das vierteilige Studio Pack „The Original“, der Neck Tie, der Octopus, das Swiss Ride und der Bling Ring zum Check eingefunden. Ob die Teile ihr Geld wert sind, lest ihr auf den folgenden Zeilen.
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Eine Mylarfolie ist die Basis aller Testobjekte
Der dämpfende oder rasselnde Inhalt von vier der insgesamt fünf Tüten ist für die Verwendung mit Becken gedacht. Da wäre zunächst der Bling Ring, eine mehr oder weniger originelle Adaption bereits vorhandener Designs. Vom Trommelbauer und Metallkünstler Gregg Keplinger vor Jahren erfunden, bieten einige Hersteller ein sehr ähnliches Produkt an. Im Falle von BFSD werden sechs Metallschellen auf einem etwa sechs Zoll durchmessenden, elastischen Mylarring befestigt. Über die Kuppe eines Beckens oder der Hi-Hat gelegt, soll sich ein Tambourineffekt entwickeln. Eine praktisch identische Aufgabe hat der Octopus, welcher jedoch acht Schellen und daher einen etwas größeren Durchmesser besitzt. Seinen Namen verdankt er dem Umstand, dass seine kranzförmig angeordneten Jingles an kurzen Ausläufern befestigt sind und damit ein bisschen an Tintenfischtentakel erinnern. Auch den Neck Tie dürften die meisten Betrachter sofort erkennen, das Krawatten-artige Accessoire beherbergt fünf Schellen, die „Bindung“ am Beckenstativ oder der Hi-Hat erfolgt über einen Haltering.
Der vierte Kandidat im Bunde sieht zunächst aus, als würde er sich auf Trommeln am wohlsten fühlen, tatsächlich ist aber auch das Swiss Ride in 13“ für das Auflegen auf Becken konzipiert. Gebaut wie seine Kollegen von der Trommelfraktion, besitzt auch dieser Effekt eine Mylarfolie, am Rand ist zudem eine schwarze Verstärkung samt Fingeraussparung aufgeklebt. Die Besonderheit stellen hier viele kleine Löcher dar, welche offenbar die Auflagefläche reduzieren sollen. Der Zweck des Swiss Ride soll eine generelle Dämpfung und Lautstärkereduktion von Becken sein. Kommen wir nun zum umfangreichsten Paket des Tests, und zwar dem Studio Pack Jazz „The Original“. Hier haben wir es mit Auflagen für Toms und/oder Snaredrums zu tun. Enthalten sind vier runde, ungelochte Mylarfolien in den Größen 10, 12, 14 und 16 Zoll, oder anders ausgedrückt: amtlicher Retro-“Düsch“ für das ganze Kit.
Die Effekte variieren je nach Beckentyp
Im praktischen Einsatz machen alle Schellen-besetzten BFSD-Produkte ziemlich genau das, was man von ihnen erwartet. Bei meinem Becken, einem Bosphorus Samba Ride in 22“, dämpfen sie einerseits das Sustain etwas und reduzieren die tonale Entwicklung, andererseits addieren sie ein charakteristisches „Sizzlen“. Obwohl die Unterschiede zwischen Bling Ring, Octopus und Neck Tie auf dem Ride nicht unbedingt riesig ausfallen, gibt es im Detail doch Variationen. So erzeugt der Octopus dank seiner erhöhten Schellenzahl die feinste Auflösung, während der Neck Tie konstruktionsbedingt insbesondere bei starken Beckenbewegungen (ancrashen) am stärksten mitsizzelt. Als Vergleich habe ich euch auch einen Meinl Ching Ring aufgenommen, welcher aufgrund seiner Metallbasis lauter und silbriger klingt als der Bling Ring und auch der Octopus. Derselbe Effekt zeigt sich übrigens auch auf der Hi-Hat. Dort lassen sich mit dem Neck Tie wiederum interessante, breite Rasselsounds erzielen, wenn man die Hi-Hat mit der Schulter des Stocks seitlich anspielt. Dann hüpft die Konstruktion und erzeugt eine schöne Bewegung im Groove. Weniger spektakulär, dafür aber sehr praxistauglich wirkt die Lautstärkereduktion des Swiss Ride sowohl auf dem Ride als auch der Hi-Hat. Das gefällt mir sehr gut, denn das Material nimmt genau den Anteil an harschen Frequenzen und auch Sustain heraus, der in vielen Fällen stört. Nicht so gut: Schon beim leichten Anwinkeln des Beckens liegt das Swiss Ride nicht mehr zentriert auf, was auch die Kuppe nicht mehr richtig spielbar macht.
Studio Pack: mehr Schmatz, weniger Lautstärke
Kommen wir nun zum Studio Pack für die Snare und die Toms. Um es zu checken, habe ich mein Yamaha Recording Set mit den passenden Größen sowie eine Pearl Special Reserve Snaredrum aufgebaut. Der Effekt fällt, wie es zu erwarten war, extrem aus. Alle Trommeln fallen sowohl im Pitch als auch von der Lautstärke her deutlich ab. Die Auflagen begrenzen die Schwingung der Schlagfelle und rücken gleichzeitig den Ton der Resofelle stärker in den Vordergrund. Fans offener, natürlicher Klänge wird diese Eigenschaft eher abschrecken, sie kann jedoch in einigen Situationen Vorteile bieten. So wird bei Aufnahmen das laute Ausklingen der Toms fast komplett ausgeblendet, die Anschläge werden präziser ortbar. Auch eine eventuelle Nachbearbeitung per Kompressor klingt deutlich kompakter und betont das Sustain der Drums weniger stark. Davon abgesehen, ergeben sich natürlich auch klanglich interessante neue Möglichkeiten, der summende, leicht „gummiartige“ Klang wirkt durchaus inspirierend. Zuletzt dürften die Auflagen auch für Drummer interessant sein, die etwas weniger laut üben müssen oder wollen, aber keine Lust auf das komplette Abtöten des Klangs haben. Nicht ganz optimal ist der Umstand, dass die kleine 10er Auflage bei stärker gewinkelter Trommel gerne mal herunter rutschen möchte. Hier müsste man sich mit einem Stückchen Gaffa behelfen.