Die Stimme ist ein mächtiges Instrument. Sie ist so individuell und unverwechselbar wie ein Fingerabdruck. Aber mit der Stimme ist noch mehr anzufangen, als im Alltag zu kommunizieren. Mit ihr kann man nämlich auch Figuren Leben einhauchen, Bilder verstärken und Produkte verkaufen. Der Sprechermarkt bietet eine Reihe von Möglichkeiten und Wege, um mit der eigenen Stimme Geld zu verdienen. In diesem Artikel geben wir euch einen realistischen Einblick in das Berufsfeld des Sprechers.
Die junge verhüllte Frau hat sich auf der Toilette in einem schnell rasenden Zug eingeschlossen und atmet schwer. Sie schluchzt, weint. Von außen hämmert der Cop mit der Faust gegen die Tür. Schnitt zurück auf sie: Ein tiefes Flehen liegt nun in ihrer Stimme und die Kamera schwenkt auf den massiven Bombengürtel um ihre Hüften.
Es ist 10 Uhr morgens und ich bin im Studio. Ein Glas Wasser steht neben mir auf der Ablage, vor mir das Buch der Serie und ein großer Flatscreen, auf dem ich den Filmausschnitt der britischen Polizeiserie sehe. Eine Glasscheibe trennt die Regisseurin und den Tontechniker von mir. Dass ich die Märtyrerin synchronisiere, wusste ich auch bis gerade eben noch nicht. Noch einmal: Keuchen, Schnappatmung und dann ein leises keuchendes: “Ich bin Nadia” - “Danke, sehr schön” kommt es aus der Regie-Kabine. Das war’s! Raus in die Sonne.
Sprecher? Bitte was machst du?
Die meisten denken beim Sprecherberuf an das Synchronsprechen. Doch das ist nur ein Teilbereich. Sprecher geben Werbungen und auch dem rasant wachsenden Markt der Computerspiele ihre Stimmen. Auch Dokumentationen, Hörspiele und Hörbücher sind ein beliebter und wachsender Markt. Wenn mich jemand danach fragt, was man als Sprecher macht, sage ich oft: Ich verleihe meine Stimme. Und das trifft es in meinen Augen genau auf den Punkt. Ich stelle meine Stimme für verschiedene Produktionen zur Verfügung.
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Wie wird man Sprecher?
Eine explizite Ausbildung zum Sprecher gibt es nicht. Die meisten bekannten Stimmen sind wohl von Beruf Schauspieler. Schauspiel kann man studieren oder man macht eine Ausbildung. In fast jeder Stadt gibt es eine staatliche Schauspielschule, hinzu kommen viele private Institute. Die Ausbildung dauert 3 bis 4 Jahre, ist ein Bachelor- oder Masterstudium oder eben eine berufliche Ausbildung. Staatliche Schulen sind kostenlos, die privaten oft recht teuer und müssen selbst finanziert werden. Die Zeit an der Schule ist intensiv und stark geprägt von intensivem Sprechunterricht in Gruppen und Einzelstunden. Natürlich kann man sich auch privat einen Sprecherzieher (so heißen die Sprechlehrer) suchen, um zusammen am Instrument Stimme zu feilen.
Auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Sprechwissenschaft und Sprecherziehung kann man fündig werden, oder man ruft einfach mal in der Schauspielschule der eigenen Stadt an und fragt nach, ob die Dozentinnen und Dozenten auch privat unterrichten (ganz bestimmt!).
Wenn man nicht gleich ein ganzes Studium in Betracht zieht oder das Sprechen eher als Nebentätigkeit ausüben möchte, kann man sich auch über Workshops weiterbilden, wobei es bei diesen meist um das Synchronsprechen geht. Dieser Weg ist sicher nicht falsch, denn als selbstständige Tätigkeit ist das Sprechen als alleiniger Beruf nicht besonders rentabel.
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Was muss man als Sprecher/in können?
Wichtig ist natürlich, dass man eine schöne oder markante Stimmfarbe und einen guten Umgang damit hat. Doch oft sind nicht nur eine klare Artikulation, eine ausgeglichene Atmung und der Klang der Stimme entscheidend; wichtig ist auch, dass man authentisch, also ungekünstelt und natürlich spricht. Denn es geht ja darum, Menschen auf der Mattscheibe Leben zu verleihen und Gefühle in den Zuschauern und Zuhörern auszulösen – und dafür darf man nicht hölzern rüberkommen.
In der Werbung wird es sogar häufig verlangt unwerbisch zu sprechen. Das klingt paradox. Gemeint ist damit, dass man eine sehr persönliche, natürliche Ansprache hat. So als wäre man die beste Freundin der Zuhörer. Wichtig ist auch, dass man spontan agieren kann, denn nur bei großen Rollen oder Hörbüchern bekommt man die Texte vorab zur Vorbereitung. Im Normalfall heißt es: Reinkommen, Text anschauen, los geht’s!
Wenn man in die Branche einsteigen will, ist es am besten, man ist diszipliniert, zeitlich flexibel und kann auch bei kurzfristigen Aufnahmen im Studio sein. Außerdem sollte man auch lernen mit Kritik und Absagen umzugehen. Und dann gehört eben ein Quäntchen Glück dazu.
Und wie komm ich jetzt als Sprecher/in ins Studio und an Jobs?
Einen klassischen Weg, wie man zu Jobs kommt, gibt es nicht. Wenn man wirklich als Sprecher/in arbeiten möchte, ist es gut, bereits einen Kontakt in eines der Studios in Berlin, Hamburg oder München zu haben. Wenn man niemanden kennt, ruft man am besten vorab an und fragt nach, ob man sich vorstellen darf. Im Synchronbereich ist es üblich, dass man mit Menge und Masse startet. Das sind sogenannte Gruppenszenen, in denen man mit fünf bis acht anderen Sprechern eine Atmosphäre schafft. Das ist eine gute Übung, um die Abläufe und Gegebenheiten in der Sprecherkabine erst einmal kennenzulernen, denn es ist wenig Zeit vorgesehen und kein Raum für viele Wiederholungen. Bis man eine Rolle mit mehreren Takes (Sätzen) sprechen darf, kann viel Zeit vergehen, manchmal sind es Jahre.
Bei Werbungen oder Hörbüchern ist es so, dass das Studio dich anhand deiner Hörproben vorschlägt. Der Kunde entscheidet dann zusammen mit dem Studio und einer Agentur, die das ganze betreut, welche Stimme am besten passt.
Dass explizit Rollen im Sprecherbereich ausgeschrieben werden, davon habe ich noch nichts gehört. Manchmal veranstalten Studios offene Castings, um neue Stimmen kennenzulernen. Dazu sollte man am besten bei kleineren Tonstudios nachfragen. Wenn es um größere Rollen und Produktionen geht, gibt es Castings, auch in mehreren Runden. Diese finden jedoch meist unter etablierten Sprechern statt.
Gute Hörproben sind das A und O
In anderen Bereichen wie Werbung, Computerspiel oder Hörbuch stehen am Anfang immer die Hörproben. Das sind Audiofiles, die man professionell im Studio aufgenommen haben sollte. Am besten sind das sehr unterschiedliche kurze, maximal eine Minute lange Kostproben der eigenen Stimme. Gut ist auch, wenn man weiß, was man machen möchte und man explizit dieses Genre aufnimmt. Also eine ausgedachte Werbung, den Monolog einer Filmfigur oder eine Passage aus seinem Lieblingsbuch. Ich empfehle dringend, diese Aufnahmen mit professionellem, guten Equipment im Tonstudio zu machen und abzumischen. Die Mühe und der Aufwand zeigen bereits, wie ernst es einem ist.
Wenn man einen Kontakt hat, dann fragt man am besten höflich telefonisch nach, ob man seine Arbeitsproben einsenden kann. Dann wartet man ab und ruft in regelmäßigen Abständen wieder an, am besten hört ihr da auf euer Gefühl. Es geht darum, auf sich aufmerksam zu machen, ohne zu nerven. Wie sympathisch man dabei bleibt, kann man selbst am besten einschätzen. Aktuelle Hörproben darf man gerne alle zwei Monate verschicken.
Eine weitere Möglichkeit bieten Sprecheragenturen, die in den letzten Jahren vermehrt aus dem Boden sprießen. Eine Agentur nimmt einen jedoch meist erst auf, wenn man bereits etwas vorzuweisen hat. Dort ist man dann mit einem Profil vertreten und wird für entsprechende Jobs vorgeschlagen. Dafür behält die Agentur, wie in der Branche üblich, eine Agenturprovision zwischen 12 und 15 % ein. Von Agenturen, die mehr Geld verlangen, sollte man unbedingt Abstand nehmen.
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Mehr InformationenIch habe meinen ersten Job, wie bereite ich mich vor?
Die Stimme sollte aufgewärmt sein, kleine Stimmübungen wie Summen oder Artikulationsübungen helfen für einen besseren Stimmsitz und Klang. Und dann sollte man gerade vor längeren Studioaufnahmen ausreichend gefrühstückt haben. Magenknurren unterbricht die Aufnahmen und ist zudem auch noch hörbar. Ebenso ungeeignet sind klirrende, raschelnde, klingelnde Accessoires oder Kleidungsstücke. Wenn es etwas vorzubereiten gab, sollte man sich überlegt haben, wie man es machen möchte, um dann wieder so flexibel und frei zu sein, dass man auf Zuruf der Regie alles ganz anders machen kann.
Soll ich mir ein eigenes Home Studio aufbauen?
Wenn man bei sich zu Hause aufnehmen kann, also ein eigenes Home Studio hat, ist das auf jeden Fall eine Chance, weitere Jobs zu generieren. Gerade kleinere Firmen setzen eine eigene Sprecherkabine sogar voraus. Für den Auftraggeber ist das gut, weil du ihm die fertigen Aufnahmen liefern kannst. Das Schöne für dich ist: Du bist flexibel, was deine Arbeitszeiten und deinen Workflow betrifft, und gerade wenn du nicht in einer größeren Stadt lebst, wo die meisten Studios sind, solltest du darüber nachdenken. Für den Synchronbereich geht die Option zu Hause aufzunehmen natürlich nicht! Eine gute Inspiration für ein kompaktes kleines Studio mit nicht allzu teurem Budget:
Und für ein Home Studio mit geringem Budget:
Chancen & Vergütung
Der Sprechermarkt bietet zwar viele Arbeitsmöglichkeiten und Chancen, aber es gibt eben auch sehr viele gute professionelle Sprecher und Schauspieler – daher sollte man sich nicht allzu leicht abschrecken lassen. Es kann viel Zeit vergehen bis man einen Job bekommt, und oftmals ist es nicht absehbar, wann der nächste kommt, denn als Sprecher arbeitet man selbstständig. Es mag sein, dass es hin und wieder Anstellungen gibt, üblicherweise schickt man jedoch in regelmäßigen Abständen von zwei bis drei Monaten die aktuellen Sprachproben an die Studios. Mit der Zeit sammelt sich etwas an und man hat Material.
Die Sprechertätigkeiten werden meist gut vergütet. Die Gagenliste des Verbands deutscher Sprecher bietet eine Orientierung bei Gagenverhandlungen.
Learning by doing
Ich möchte nochmal betonen, dass es ein umkämpfter Beruf und ein harter Markt ist. Wenn du aber eine tolle Stimme mitbringst, dich nicht so leicht abwimmeln lässt und auch nicht auf das große Geld schielst: DO IT! Probiere mit deiner Stimme herum und experimentiere. Wie klingt sie wann? Wie kannst du sie klingen lassen? Wen oder was könntest du gut sprechen?
Viel Spaß beim Üben und viel Erfolg bei der Jobsuche!
Stimmenkartei sagt:
#1 - 31.08.2019 um 22:00 Uhr
Hörbuch Synchronsprecher werden
Wertvolle Tipps auf dem Weg zum Traumberuf SprecherIn oder SynchronsprecherIn, findest Du im Sprecherhandbuch von Uwe Herzog. Der nützliche Ratgeber wird von Branchenverbänden empfohlen und ist auch als eBook erhältlich. Mehr Infos findest Du hier: https://www.stimmenkartei.d...
VLG
Ben sagt:
#2 - 01.10.2023 um 21:02 Uhr
Ganz gute neue Erkenntnisse habe ich auf dem Hörbuchsprecher Blog https://www.freizeitcafe.info erhalten