Vorbereitung
Eine gute Vorbereitung ist natürlich immer die beste Voraussetzung dafür, dass beim Gig alles glatt läuft. Aber gerade wenn ihr nicht aufeinander eingespielt seid, solltet ihr etwas mehr Zeit dafür einplanen, damit ihr dann vor Ort gut gewappnet seid.
1. Setlist schreiben
Bei Dienstleistungsmusik (Cover/Jazz) stellt in der Regel der Sänger die Setlist zusammen und wählt, passend zum gewünschten Musikstil, Stücke aus dem eigenen Repertoire aus. Hier ist es von Vorteil, bekannte Stücke auszuwählen, die eine übersichtliche Struktur haben und schnell zu überblicken sind (sprich keine völlig unbekannten, ausufernden Sinfonien mit 48 verschiedenen Formteilen).
Achtet bei der Setlist auf eine abwechslungsreiche Reihenfolge der Stücke, also eben nicht fünf Swing-Nummern der gleichen Tonart hintereinander – außer das ist explizit so gewünscht.
Weitere Tipps für eine gute Setlist findet ihr hier:
2. Tonarten festlegen
Vermerkt auf der Setlist zu jedem Stück die Tonart, in der ihr das Stück singen wollt. Dieser Punkt ist vor allem bei Cover/Jazzmusik wichtig, bei eigener Musik kommt die Tonartenfrage eher selten auf. Aber auch hier kann es vorkommen, dass sich ein Gastmusiker (z.B. Bläser oder Streicher) danach erkundigt. Im Idealfall wisst ihr von jedem Stück “eure” Tonart auswendig, so müsst ihr auf der Bühne nicht nachsehen, sollte jemand trotzdem danach fragen. Achtung, hier schleichen sich oft Flüchtigkeitsfehler ein, wie zum Beispiel: Beginnt das Stück “Autumn Leaves” mit C-Moll, so steht es in der Tonart G-Moll (und nicht etwa in C-Moll). Checkt die Tonart genau, und fragt nach, wenn ihr unsicher seid.
Es kann außerdem hilfreich sein, wenn ihr euren Bandmitgliedern zur Vorbereitung noch weitere Informationen zur gewünschten Version liefert, wie Interpret, Tempo, Style.
Hier ein Beispiel:
- Songtitel: Street Life
- Interpret/Version: The Crusaders
- Tonart: F-Moll,
- Tempo: 107 bpm, Shuffled
3. Gutes Notenmaterial
Gute und übersichtliche Sheets sind das A und O. Wenn sich eine Person um das Notenmaterial für alle kümmert, hat das den entscheidenden Vorteil, dass alle die selben Chords/Noten vorliegen haben. Eine verbreitete Vorgehensweise ist, dass der Sänger eigene Notenmappen zum Gig mitbringt. In den letzten Jahren wurde diese Form allerdings immer seltener, da die meisten Musiker mittlerweile auf die digitale Version der Notenmappe (Tablet) umgestiegen sind. Mit bestimmten Programmen wie zum Beispiel forscore oder iReal Pro, lassen sich Songlisten erstellen, die man dann nur noch abgleichen muss. Als Sänger hat das den entscheidenden Vorteil, dass man seine eigenen Listen digital erstellen, bearbeiten und dann bequem per Mail verschicken kann. So hat jeder ohne großen Aufwand das richtige Notenmaterial vorliegen. Es empfiehlt sich, zur Sicherheit noch eine “Ersatzmappe” mit dem Material dabei zu haben, gegebenenfalls auch mit Bläsernoten in den passenden Tonarten.
Checkt das Notenmaterial auf jeden Fall vorher ab, damit ihr wisst, was eure Kollegen an den Instrumenten vorliegen haben. Es können sich immer mal Fehler einschleichen, vor allem, wenn ihr mit Programmen wie iReal Pro arbeitet, die Sheets aus dem Internet ziehen.
Auf der Bühne
Nachdem ihr alle wichtigen Vorbereitungen getroffen habt, solltet ihr auf der Bühne voll konzentriert bleiben und euch nicht ablenken lassen. Führt die Band durch das Stück. Seid besonders aufmerksam, auch wenn ihr gerade nicht singst.
4. Einzählen
Dieses Thema wird von Sängern gerne mal übergangen. Eine klare Kommunikation über Tempo, Taktart und Style ist jedoch grundlegend für den reibungslosen Ablauf eines Songs. Meist zählen entweder Sänger oder – wenn vorhanden – Schlagzeuger ein. So oder so solltet ihr das Tempo vorher im Kopf haben und in der Lage sein, die ganze Band souverän einzuzählen.
5. Anfangston
Folgende Situation: Ihr zählt die Band ein, der Song hat kein instrumentales Intro und zack – singt ihr den falschen ersten Ton rein. Um solche Peinlichkeiten zu vermeiden, solltet ihr unbedingt vorher festgelegt haben, woher ihr euren Anfangston bekommt. Falls ihr kein absolutes Gehör habt oder so ausgecheckt seid, dass ihr einen Referenzton aus dem letzten Stück im Ohr habt, lasst euch den Ton möglichst unauffällig vorher von einem eurer Kollegen am Instrument geben. Hierzu sei gesagt, dass man als Sänger darin geübt sein sollte, Töne schnell und vor allem auch von tieferen Frequenzen (im Bass) abzunehmen. Es kann hilfreich sein, wenn ihr zu jedem Stück wisst, wo euer Anfangston ungefähr in eurer Range “sitzt”.
6. Cues geben
Ihr solltet gute, das heißt eindeutige, Cues (Zeichen) geben, um die Band anzuleiten und durch das Stück zu führen. Hierzu gehört auch anzuzeigen, wer soliert, und an der richtigen Stelle wieder einzusetzen. Mit der Zeit bekommt man ein Gefühl dafür, wann ein Solo zu Ende gedacht ist und ob noch ein weiteres folgt. Hier gilt es, die richtige Mischung zwischen Raumgebung und Führung zu finden. Besonders der Anfang und das Ende eines Stückes können kritische Punkte sein, wenn man in einer nicht eingespielten Besetzung spielt. Hier ist es ratsam, diese im Vorfeld kurz abzusprechen. Es kann vorkommen, dass die Band ein anderes Ende spielt als ihr im Kopf habt. Dann kann es oft sinnvoll sein, den Dingen ihren Lauf zu lassen, sich anzupassen und demokratisch zu denken.
7. Zeit
Es klingt banal, aber auch die Zeit ist ein Faktor, den man als Sänger auf dem Schirm haben sollte, vor allem, wenn es keinen festen Setablauf gibt, mit dem ihr Erfahrung habt.
Achtet darauf, wie lange gespielt werden soll und ob ihr gut in der Zeit seid, also genügend oder zu viele Stücke habt. Ihr solltet anzeigen, wenn ihr Stücke in die Länge ziehen oder abkürzen müsst. Hier kommt oftmals auch noch die Kommunikation mit dem Veranstalter hinzu, der sich mit Ablaufwünschen meist als erstes an den Sänger wendet.
8. Cool bleiben
Wenn trotz guter Vorbereitung und eindeutiger Cues doch mal etwas schiefgeht: Bleibt cool und gib klare Zeichen. Falls die Band auseinanderläuft, ist es manchmal hilfreich, einen klaren Cut zu setzen und bei einem Formteil (zum Beispiel der 1. Strophe) auf euer Zeichen wieder einzusteigen, sodass alle wieder wissen, wo ihr seid.
Abschließend möchte ich euch dazu ermutigen, in ungewohnte Situationen zu gehen, denn dadurch verbessert ihr euch und stärkt eure Souveränität als Musiker. Es geht nicht darum, keine Fehler zu machen, sondern offen zu sein, in die Kommunikation zu gehen und im Team zu kooperieren. Gelingt euch dies, kann das Spielen mit unbekannten Musikern immer wieder eine erfrischende und inspirierende Erfahrung sein.
Toi, toi, toi
Linda