Gear-Chat und Interview mit Dan Hawkins von The Darkness

The Darkness stehen für erdigen Rock in der Tradition von Led Zeppelin oder AC/DC – mit einem Touch Queen. Das sieht man auch dem Equipment an: Gibson Les Pauls, Thunderbird Bass, Amps von Marshall, Wizard und Hiwatt – fertig. Eine klassische Backline, die den Rock quasi in den Genen trägt. Während der Tour zum aktuellen Album „Last of our Kind“ nahm sich Gitarrist Dan Hawkins mit seinem Guitar-Tech Ian Norfolk Zeit für einen entspannten Gearchat. Beim abendlichen Gig in Hamburg bekam ich dann auch ein ordentliches Brett von den vier Herren serviert. Das Publikum im proppenvollen Club Grünspan feierte The Darkness entsprechend ab. Los geht’s:

(Alle Bilder: © Ralf Schlünzen / bonedo.de)
(Alle Bilder: © Ralf Schlünzen / bonedo.de)

Dan, du sagtest eben im Vorgespräch, dass du eigentlich ausschließlich den Bridge-Pickup an deinen Gitarren benutzt? 
Nun ja, das stimmt natürlich nicht zu 100% – aber in 98% aller Fälle spiele ich den Bridge-Pickup. Ich hatte sogar mal ausprobiert, den vorderen Pickup auszubauen und den Switch still zu legen – aber was machst du dann mit dem Loch vorn? Ich hatte mit Plastikabdeckungen experimentiert. Aber irgendwie klang die Gitarre dann nicht mehr so. Ist halt doch irgendwie alles Bestandteil des Sounds…
Kommen wir zu den Gitarren: Zeig doch mal deine Live-Schätze! 
Das macht am besten mein Guitar-Tech: Ian – führ uns doch mal durchs Rack! 
Wir gehen zum Gitarrenrack, in dem 5 Gibson Les Pauls in verschiedenen Ausführungen am Haken hängen: Die beiden weißen Les Pauls sind die Gitarren von Frontmann Justin Hawkins.
Fünf mal Les Paul: die beiden weißen gehören Justin Hawkins.
Fünf mal Les Paul: die beiden weißen gehören Justin Hawkins.

(Ian) „Drei Hauptgitarren, 2000er Les Paul Standards – alle im „Stock“-Zustand. Zwei haben wir im Einsatz, wir nennen sie A und B oder auch June und Terry (beide lachen). Und die dritte ist unser Backup, ihre Specs sind identisch.“

Dans Guitar-Tech Ian kümmert sich um reibungslose Abläufe.
Dans Guitar-Tech Ian kümmert sich um reibungslose Abläufe.
Wie oft gehen dir Gitarren kaputt? 
Oh – vielleicht einmal alle zehn Jahre… 
Dann wäre es doch mal an der Zeit oder – das sind schließlich 2000er Modelle?…  
(Beide lachen) Na ja bei der hier (zeigt Modell A) ist tatsächlich gestern die Brücke kaputt gegangen. Aber Ian hat das schon wieder in Ordnung gebracht. Das ist das Großartige an diesen Gitarren: Wenn du sie nicht aufs Sofa legst und dich drauf setzt – was übrigens der häufigste Grund für Halsbruch ist – sind sie ziemlich unzerstörbar. Du musst sie natürlich ab und zu komplett reinigen, all das Blut und der Schweiß… da klingen sie dann irgendwann etwas „matt“. Muss man dann halt die Elektronik überarbeiten und sie ein bisschen auffrischen. Meine beiden Hauptgitarren habe ich gerade neu bundieren lassen – da war ich ganz schön nervös, wie sie sich hinterher bespielen lassen. Der Gitarrenbauer hat aber einen Superjob gemacht, und sie lassen sich wieder spielen wie am ersten Tag. 
Dan checkt eine seiner Paulas.
Dan checkt eine seiner Paulas.
Du brauchst also nicht X-Gitarren? Hast eher so deine wenigen Lieblingsstücke? 
Na ja, es gab eine Zeit da hatte ich so 17 Les Pauls. Und eine Gretsch. Aber es ist lustig – die Pickups dieser Les Pauls (zeigt auf Tourgitarren) sind 498T-Humbucker. Die Pickups mit dem höchsten Output von Gibson. Es ist nicht einfach welche zu finden, die genau so viel Power haben. Die einzigen, die da herankämen, sind wahrscheinlich Seymour Duncans – aber die sind mir für meinen Geschmack ein bisschen zu clean. Mein Punkt ist, dass man, nachdem man eine Les Paul im Set gespielt hat, und auf irgendeine andere Gitarre wechselt, sie irgendwie nur die halbe Power haben – und das halbe Gewicht. Denn keine meiner Gitarren ist „Chambered“. Die ausgehöhlten Les Pauls kann ich nicht ausstehen. 
Wie kommst du mit dem doch erheblichen Gewicht der Les Pauls klar? 
Ist OK – aber mein Buckel wird immer schlimmer. Ich finde Gibson sollte mir die Kosten für meinen Chiropraktiker erstatten (lacht). Nee, das geht schon – ich mache jede Menge Stretchingübungen und lege mich im Hotelzimmer auf den Boden so lange ich kann. Aber ich bin ziemlich groß – und ziemlich gut gebaut, ich schaff das schon! (grinst) 
Es gibt noch eine weitere Les Paul, die ich eigentlich in diesem Set spiele, auf dieser Tour aber nicht dabei habe. Ian repariert sie gerade: Es ist eine 57er Custom Les Paul mit 3 Pickups, die speziell für Jimmy Page als Replica seiner Originalgitarre gebaut wurde. Er wollte sie dann aber nicht, weil er „Chambered“ Modelle gewohnt ist – und diese Les Paul die schwerste überhaupt ist, mit ihren 3 Pickups und dem Bigsby. Er wollte sie lieber „Chambered“. Also haben sie ihm eine neue gebaut, und ich habe das Original bekommen. 
Wo wir gerade über Gitarren sprechen: Wie teilen Justin und du live eigentlich die Gitarrenarbeit auf? 
Justin spielt vor allem Solos. Bei den Songs, wo er keine Gitarre spielt, mach ich die Solos – und da wo wir beide spielen, macht er sie oder wir zusammen. Er ist ein bisschen wie Prince: Gib ihm ‘ne Gitarre in die Hand – Solo! Gott bewahre, sollte er mal Rhythmus spielen… 
Justin Hawkins Wizard Amps stehen am Bühnenrand, die Speaker auf der Bühne neben dem Bass-Rig.
Justin Hawkins Wizard Amps stehen am Bühnenrand, die Speaker auf der Bühne neben dem Bass-Rig.
Wenn ihr live eure harmonisierten Leads zusammen spielt, gibt es also gar keine Rhythmusgitarren mehr? 
Nein, dann schaltet unser Bassist Frankie sein Rat–Pedal dazu, damit im Background etwas „Grind“ abgeht. Dann fehlen dir die Rhythmusparts nicht. Wir versuchen die Alben schon so aufzunehmen, wie wir sie live spielen – falls also ein Dual-Part kommt, sind dann an den Stellen auf dem Album auch keine Rhythmusgitarren. 
Wie sieht es mit Keyboardparts aus? 
Nein, Keyboards würden ja bedeuten, dass es weniger Platz für die Gitarren gäbe. 
Auf dem Album gibt es irgendwo eine Orgel, aber von Keyboards versuche ich mich fern zu halten. No keyboards, no saxophones – das sind die Regeln! 
… wow, was für eine bedeutungsschwangere Aussage! 
(grinst) Das Saxophon versuchte in den 80ern UNS das Gitarrensolo zu stehlen. Glücklicherweise haben WIR am Ende gewonnen. Bis auf Timmy Capello. Der ist ein toller Saxophonist. 
Vorne: Franks Bass Rig, hinten: Justins Gitarren-Cabs
Vorne: Franks Bass Rig, hinten: Justins Gitarren-Cabs
Kommen wir zu deinem Pedalboard – ist ja recht übersichtlich! 
Ja, ich hatte vorher so ein MIDI-Switcher-Looper-Ding. Mit dem hatte ich bei den letzten beiden Touren ohne Ende Probleme: Wenn ich so aus dem Schwung drauf trat, ging das direkt durch bis zur Platine. Einfach nicht gemacht für Rock… 
… zu viel Energie? 
(Lacht) Yeah, einige Pedalboards und Pedale wurden für softe Daddeltypen gebaut. Wenn du vom Drum Raiser springst oder zum Pedalboard rennst, um deinen Einsatz noch zu schaffen, musst du einfach auch mal hart drauftreten dürfen. Deshalb haben wir einfach versucht, ein idiotensicheres System zu bauen, das uns von A nach B bringt. 
Wieviel unterschiedliche Sounds brauchst du auf der Bühne? 
Wenn du Les Paul und Marshall einsetzt, bekommst du schon eine Menge Variationen durch das Spiel mit dem Volume-Knopf. Ich hatte mal einen ganzen Haufen Amps am Start, um das zu realisieren, was ich jetzt einfach durch das Ändern des Volume-Potis mache. Ich bin da eigentlich permanent am Rumschrauben. 
Hauptsächlich brauche ich einen großen, fetten Rhythmussound – dann noch einen, der ein bißchen mehr „chuggy“ klingt für „heavier“ Parts. Weil ich meine Marshalls ziemlich clean mag. Und dann brauche ich noch einen Leadkanal, für den wir momentan einen extra Amp einsetzen. 
(Ian:) Wir haben zwei Amps, die den Crunch Sound für die Rhythmusparts machen, wenn Dan es cleaner haben will, regelt er einfach das Volume an der Gitarre runter. Und dann, wie gesagt, ein weiterer Amp, der ausschließlich den Lead-Sound macht. Die Settings werden während des Soundchecks einmal auf den Raum angepasst und bleiben dann für die ganze Show so.  
Beim MIDI-Treter trat er zur Platine durch - deshalb setzt Dan auf robuste Einzelpedale.
Beim MIDI-Treter trat er zur Platine durch – deshalb setzt Dan auf robuste Einzelpedale.
Was hältst du eigentlich von Modeling-Amps, hast du schon mal die Kemper Profiling Amps angecheckt? 
Von den Kemper-Amps habe ich gehört, sie aber noch nicht ausprobiert. Modeling-Amps finde ich sonst klasse für Demos und sowas.  
Schon praktisch – vor allem kompakt. Wie macht ihr das bei Flying Shows eigentlich mit dem Equipment? 
Das ist das Ding – Ich habe dieses fette Gitarrenrack mit Voodoo Lab GCX-Switching System (http://www.voodoolab.com/gcx.htm) – ein riesiges Flightcase mit ohne Ende Pedalen und unzähligen Kombinationen, drei oder vier Amps, MIDI-Switching und so weiter. Wenn du aber von einem Festival zum nächsten fliegst, kannst du so etwas nicht mitnehmen. Du könntest natürlich – aber du würdest keine Gage mehr überbehalten… 
In der Realität tauchst du beim Festival auf, mietest das Equipment, und bringst vielleicht noch einen Amp mit. Deshalb habe ich auf meinem Pedalboard die wichtigsten Teile drauf – das ist das schöne an Tube Screamer Pedalen. Wir haben tonnenweise Tube Screamers. Du kriegst damit eigentlich jeden Amp zum Klingen.   
Beim Kemper wäre die Größe das Argument. Wenn du eine Band mit In-Ear Monitoring bist, kann das auch sicher funktionieren. Wir arbeiten aber ohne – und müssten dann eh Lautsprecher mit Power-Amp vor Ort mieten. Da kann man dann auch gleich Amps nehmen. Ist aber sicher praktisch, gerade heutzutage, wo du sehen musst, wo du bleibst. Und der Sound des Amps eines Gitarristen ist eh nur ein kleiner Teil der Show. Aber ich glaube nicht, dass wir irgendwann darauf umstellen.  Irgendwie würde ich mich fühlen, als würde ich mich selbst bescheißen, wenn ich keine klassischen Amps habe.
Dan setzt auf die klassische Kombination für Rock: Gibson und Marshall.
Dan setzt auf die klassische Kombination für Rock: Gibson und Marshall.
Habt ihr Backup Marshalls? Wie alt sind die Amps? 
(Ian) Wir haben einen Backup für jeden Amp. Die Amps hier sind aus 2010 und einer aus 2014. Außer den Plexis haben wir zwei JMP100s aus 1979 oder 1980. Einer steht hier heute als Backup. 
Sind euch Amps während der Show schon mal verreckt? 
Oh ja, wir haben schon viele Amps verschlissen (lacht). 
(Ian) Das liegt daran, dass wir sie so ziemlich die ganze Zeit auf voller Leistung laufen lassen. Das ist ‘ne Menge Stress für die Amps – jeden Tag. 
Und dann springst du auf die Bühne Ian und stapelst um? 
(Ian) Genau, immer auf dem Sprung. Aber die hier – toi, toi, toi… bislang ist auf dieser Tour nur einmal ein Amp ausgefallen. 
(Dan) Ja, die müssen schon eine Menge aushalten – das ist wirklich nicht Marshalls Fehler, wir muten den Amps einiges zu. Holperige Straßen, jeden Abend Volllast  – liegt einfach in der Natur der Sache.
Der Backup-Marshall steht für den Notfall direkt hinter den Cabinets.
Der Backup-Marshall steht für den Notfall direkt hinter den Cabinets.

Der Aufbau ist also ziemlich straight: Diese Pedale rein in die Amps, ein bißchen Switching – das wars? 

 

(Ian) Genau – Sehr einfach. Wir haben zwei Kanäle, A und B. A ist für Rhythmus – geht vom Handwired Tube Screamer über das Wampler Tape-Echo in die beiden Marshalls, den Plexi und den Plexi 87. Und B ist der Leadchannel. Der geht in einen original Tube Screamer –hat im FX-Loop die Strymon Timeline und von da in den oberen Plexi 87.

(Dan) Der Wampler ist neu. 

 

(Ian) Ja, als der MIDI-Switch kaputt ging, hatten wir nur die Timeline. Und die ist immer an – du kannst nur das Mixverhältnis drehen. Deshalb haben wir uns den dazu geholt. Klingt toll!

3x Marshall: 2 für den Rhythmsound, einer macht den Lead.
3x Marshall: 2 für den Rhythmsound, einer macht den Lead.
Habt ihr gesehen, dass T-Rex mit dem Replex nun ein echtes Tape-Echo zurückbringt? 
(Ian) (Lacht) Ja – das war tatsächlich unsere andere Option. Das T-Rex oder dieses Pedal. Der Wampler klingt echt gut. Bei (alten) echten Tape-Echos hast du unter Umständen diesen „Matsch“, und das hier ist schön clean. 
(Dan) Mein Setup ist wirklich einfach. Wir werden sicher auch das große Rig wieder an den Start bringen, aber für diese Tour wollten wir es so simpel wie möglich halten. Es auf das Nötigste reduzieren. Du kannst ohne Ende experimentieren – aber das Meiste aus möglichst wenig Zeugs herauszuholen ist mein Ziel. Ich hatte auch mal ein Fulltone Tape-Echo mit auf Tour, aber das hat sich beim Transport in den rumpelnden Trucks irgendwann zwischen zwei Ländern zerlegt. WEM Copicats haben sich da für mich übrigens  als am Zuverlässigsten erwiesen. Ian fängt jetzt gerade an sich Sorgen zu machen, aber mein Plan ist irgendwann wieder Copicats zu benutzen! Es gibt da nur ein Modell, das ich wirklich mag – und von 5 identischen Geräten gefällt mir dann nur der Sound von einem. Du musst wahrscheinlich 50 kaufen, um am Ende ein Gutes zu finden. 
(An Ian) Na, da hast du ja richtig Spaß…  
(Lacht) Oh, ich habe großen Spaß… 
(Dan) Nichts klingt besser als ein echtes Bandecho… 
Ich wünsche euch viel Glück mit den Plänen – und danke für den Gear-Chat! 
Gern geschehen! 
Schlussbild
Hot or Not
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(Alle Bilder: © Ralf Schlünzen / bonedo.de)

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