Techno in the Box! Mit diesen Software Synthesizern produziert ihr die wichtigsten Sounds für Tech House, EDM, Psy-Trance und Acid House am Rechner. Von der Emulation alter Basslegenden über Wavetable LeadSounds hin zu Granular-Pad-Maschinen ist für alle etwas dabei. Welcher Softsynth kommt für euch mit auf die einsame Insel?
Grundsätzlich sind alle der hier vorgestellten Plugins für Technosound vollkommen ausreichend. Multitalente wie Serum, Vital oder Pigments können ohnehin für alle Synth Sounds genutzt werden – vorausgesetzt, man investiert in Sounddesign oder entsprechende Preset-Packs, die man dann nur anpasst. Andererseits gibt es prägnante Sounds wie der einer Roland TB-303. Deren typisch verzerrter Sound und der speziellen Sequenzer sorgen vor allem im Acid House für eine Ästhetik, die man nur schwer mit nachahme kann. Daher haben wir neben einigen bekannteren Softsynths auch solche in der Liste, die speziell für solche charakteristischen Sounds wichtig sind.
- Xfer Inc. Serum – EDM Pluck und Trance Bass
- U-He Repro-1 – Tech House Bass und Deep House Arpeggio
- Matt Tytel Vital – Ambient Pad und Text to Wavetable
- Arturia Pigments 5 – EDM und Ambient Glitch Pads
- Kilohearts Phase Plant 2 – Psy-Trance Bass und Trance Gate
- Minimal Audio Current – Reese Bass und peitschende Melodic House Arps
- D16 Group Phoscyon 2 – Noch mehr Acid House Bass
- Roland TB-303 und D50 (Roland Cloud) – die Originale
- Korg M1 und MS-20 (Korg Collection 5) – 90s House Keys und Acid Bass
Details
Xfer Inc. Serum – EDM Pluck und Trance Bass
Serum ist nach über acht Jahren und keinem größeren Update immer noch das Maß aller Dinge im Bereich Software Synth und Techno. Wann immer ein neuer Software Synthesizer erscheint, dessen Mission es ist, das Sounddesign und den Workflow zu revolutionieren, stellt der sich im Vergleich zu Serum als meist doch noch nicht so weit heraus.
Vom Thron stoßen konnte den Wavetable Synthesizer bisher also keiner. Noch eindrucksvoller ist die Tatsache, dass der Softsynth von der Ein-Mann-Firma Xfer Records, namentlich Steve Duda, programmiert wird – keine Entwicklungsmannschafft, kein riesiger Etat. Duda ließ übrigens vor kurzem in einem Podcast durchblicken, dass er derzeit aktiv an einem Nachfolger von Serum arbeite. Er ließ aber offen, wann Serum 2 erscheinen wird.
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Unter den mitgelieferten Sounds von Serum ist für alle Bereiche, ob Bass, Pad, Lead oder Drone, etwas dabei. Worin der Softsynth aber am ehesten brilliert, sind die „Pluck“-Sounds. Kein Wunder – hatte Duda die erste Version von Serum doch auch eigentlich nur für seinen Freund und „Pluck“-Sound-Spezialisten deadmau5 programmiert.
U-He Repro-1 – Tech House Bass und Deep House Arpeggio
Sich bei den Instrumenten von u-He auf nur eines zu beschränken, artet meist in Würfelspiele aus. Allein, was Hive 2, Diva, Zebra 2 und Bazille soundtechnisch anbieten, hat Maßstäbe gesetzt. Repro-1, Emulation des legendären monophonen Sequential Pro One, geht bei den Stars von u-He oft ein wenig unter – zu Unrecht! Was hier an drückenden, kratzenden Basssounds mitgeliefert wird, macht die Basssektion aller anderen heimischen Plugins und Hardware-Synthesizer quasi überflüssig.
Auf dem Papier mag der Repro-1 unspektakulär wirken: zwei Oszillatoren, ein Filter, ein 32-Schritt-Step-Sequencer, fünf Effekte. Was das kleine Biest aber an Sounds erzeugt, wie bitterböse und brachial peitschend seine Bässe in schönstem Analogschwanken klingen, das sucht in der Softwarewelt seinesgleichen. Auch cineastisch klingende Arpeggios, die im Deep House häufig vorkommen, klingen im Repro-1 äußerst analog. Ach, und dazu ist beim Repro-5 mal eben noch einer der am besten klingenden Emulationen des legendären Sequential Prophet 5 mit dabei.
Matt Tytel Vital – Ambient Pad und Text to Wavetable
Vital hat die Plugin-Welt im Sturm erobert. Der Wavetable-Synth macht vieles so, wie seine großen Vorbilder Serum und Pigments: Drei Oszillatoren, Wavetable-Import, zwei Filter, Modulationsmöglichkeiten bis zum Abwinken, eine solide Preset Library. Macher Matt Tytel, den man vom hervorragenden Synth Helm kennt, setzte vielen Details von Vital allerdings noch seinen eigenen Stempel auf. Angefangen bei Stereo-LFOs (Verdopplung des Signals und leichte Verschiebung links und rechts) über eine Vorschau der Modulation beim Draufhalten der Maus bis hin zu einer „Text-to-Wavetable“-Funktion, mit der Vital sprechen lernt, bringt der Synth an vielen Punkten genau die Neuheiten, die ihn zu weit mehr machen als einer bloßen Freeware-Kopie.
Die Fülle an Algorithmen, mit denen sich die Wavetables spektral verändern lassen, macht Vital besonders praktisch für epische, endlos schwebende Pad Sounds. „Spectral Morph“-Modi wie „Smear“ oder „Harmonic Stretch“ lassen die Obertöne der drei Oszillatoren glitzern und kreischen. Die beiden butterweichen Filter dämpfen nach und lassen Vital fliegen.
Arturia Pigments 5 – EDM und Ambient Glitch Pads
Pigments von Arturia ist ein wahres Sounddesign-Wunder. Analog-, Wavetable-, Granular- und Additivsynthese, dazu Sample-Playback, zwei Noise-Generator und seit dem letzten Update sogar ein externes Audiosignal per Sidechain sind dabei. Dazu hat Pigments eine der besten Bedienoberflächen auf den Markt gebracht. Jede Modulation ist sichtbar, jede Verknüpfung sofort zu erkennen. Außerdem sind unter den fast 2000 Presets unzählige produktionsfertige Sounds. In Kombination mit dem Emulationspaket von Arturia V Collection X findet man für sämtliche Techno-Sounds Inspiration.
Wer Sounddesign Sounddesign selbst betreiben will, wird sich in Pigments schnell zurechtfinden. Zwei Engines mit je vier Oszillator-Typen, dazu zwei Noise-Generatoren, ein Sub-Oszillator, zwei Filter-Slots mit Emulationen aus den Synths der V Collection und 18 Effekte machen den Softsynth zu einem Sounddesign-Wunder. Und bei Padsounds, die experimentell und nach Drones oder Glitch Sounds klingen, also einer Mischung aus Granular- und Analogsynthese, ist Pigments ganz vorne mit dabei.
Kilohearts Phase Plant 2 – Psy-Trance Bass und Trance Gate
Kilohearts Phase Plant 2 ist für alle, denen Serum, Pigments und Massive X nicht genug Frickelei, nicht genug Kontrolle über den Sound bieten. Der Softsynth ist modular aufgebaut. Alle Elemente lassen sich zuschalten. Dazu kann man Effekt- oder Oszillatorreihenfolgen und -modulationen in komplexester Art verändern, ohne sich wie bei Modular-Synthesizern häufig der Fall im Kabelsalat zu verlieren. Und Phase Plant hat in im Psy-Trance genauso eine große Fangemeinde, wie bei EDM Producern.
Bei Kilohearts gibt’s unterschiedliche Pakete des Softsynths. Von der Basisversion über ein Abo-Modell hin zur gigantischen „Toolbox Ultimate“. Sie enthält neben den Multi-Band-Effekten „Multi-Pass“ und „Snap Heap“ auch die Effekte aus der Effektsuite „kHS Toolbox“ – ein Traum für Sounddesigner.
Minimal Audio Current – Reese Bass und peitschende Melodic House Arps
„Current“ von Minimal Audio hat für Furore gesorgt. Zum einen ist man beim Release kurzzeitig über ein reines Abomodell gestolpert, von dem aber schnell keine Rede mehr war. Zum anderen aber ist Current die (fast) perfekte Kreuzung zwischen Serum, Vital und Pigments. Hier ist featuretechnisch wirklich ALLES dabei. Und die Sounds im Plugin gehören zu den besten und vielfältigsten auf dem Markt.
Wavetable, Granular, Sub-Oszillator, Sample-Player mit Sync-Funktion, FM und AM, Arpeggiator, Chord Player, Envelope Follower, acht hervorragende Effekte, die es alle auch einzeln als Plugin gibt – bei Current hat der Hersteller an quasi alles gedacht. Egal ob Preset-Junkie oder Sounddesign-Frickler – alle, die nach neuen Sounds für ihre Techno-Produktionen suchen, werden hier garantiert fündig.
D16 Group Phoscyon 2 – Noch mehr Acid House Bass
Was bei den Techno-Drum-Sounds die TR-909 von Roland war, ist im Acid House die unverkennbare, verzerrte TB-303-Sequenz. Kaum ein Sound in der elektronischen Musik ist so ikonisch, hat einen so hohen Wiedererkennungswert. Daher ist die Anzahl an Originalen, Klonen, modifizierten Versionen und Software-Emulationen des TB-303 fast so groß, wie die der 808- und 909-Drumkits. Kaum eine Softwarelösung kommt dem Sound so nah und bringt so viele Extras mit wie Phoscyon 2 von D16 Group.
So kann man die Hüllkurve nun noch detaillierter anpassen. Außerdem ist neben dem bekannten Sequencer ein mächtiger Arpeggiator mit dabei und natürlich darf, weil Software, automatisiert werden, was das Zeug hält. Das macht Phoscyon 2 zu einer der besten Plugin-Lösungen für die legendären Basssounds des Acid House.
Roland TB-303 und D50 (Roland Cloud) – die Originale
Um den Urvater beinahe aller Sounds aus der frühen Technowelle der 80er und 90er, den Roland, kommt man bei der Aufstellung einer Bestenliste für Technosounds nicht herum. TB-303, TR-808 und TR-909 sind das Fundament, auf das viele elektronische Genres bauen. Auch bei Roland gibt es mit der Roland Cloud seit einigen Jahren eine stetig wachsende Zahl an Software-Emulationen der eigenen Klassiker.
Das im Abo-Modell angebotene Paket beinhaltet neben Emulationen von TB-303, TR-808 und TR-909 auch Plugins einiger polyphoner Synthesizer-Klassiker der Japaner. Allen voran ist mit dem D50 einer der legendärsten Workstations dabei. Wer sich einmal durch die Presets des D50 hört, wird unzählige Sounds wiederentdecken, die in verschiedenen Techno- und House-Tracks der 90er vertreten waren.
Korg M1 und MS-20 (Korg Collection 5) – 90s House Keys und Acid Bass
Wer Roland sagt, muss auch Korg sagen. Der zweite Synthesizer-Gigant aus Japan spielt mit seiner „Korg Collection“ ebenfalls seit einiger Zeit im Softwarekosmos mit. Ähnlich wie Roland hat Korg mit jeder neuen Ausgabe der Collection weitere Emulationen seiner eigenen Klassiker veröffentlicht. Zuletzt kam in Version 3 etwa die Plugin-Version des „Triton“ dazu. Die Sounds der Workstations sind in den Produktionen des Duos Neptunes, die Anfang der 2000er viele erfolgreiche Hits produzierten, häufig vertreten.
Korg aktualisiert seine Software-Kollektion! Version 5 bringt den ARP 2600, eine VOX Super-Continental und das EQ-1 Stage Piano!
Um aber bei Techno, House und Co. zu bleiben, ist vor allem die Emulation des Korg M1 einen Blick wert. Dessen typischer, fast schon zu künstlicher Pianosound stellt einen der wichtigsten Keyboardsounds im House der 90er dar. Und hört man in aktuelle Produktionen rein, scheint er derzeit eine Renaissance zu erleben. Der zweiter essenzielle Korg Synth: der MS-20 – er ist neben dem TB-303 von Roland einer der prägendsten Basssounds im Acid House.
Fazit
Die richtigen Sounds für das eigene Genre zu finden, bedarf immer einer Mischung aus Recherche, Ausprobieren und Abgleich: Klingt Plugin XY genauso, wie der Sound in meinem Kopf? Kommt der Softsynth dem einen Sound aus dem Lieblingstrack nahe genug? Hier ist es sinnvoll, sich wo immer möglich die Demo-Version zu laden, in den Presets zu stöbern, unsere Sounddesignartikel durchzuschauen und sich mit dem Workflow vertraut zu machen.