Braucht die Welt noch einen analogen Poly-Synth? Das war zugegebenermaßen mein erster Gedanke, als mich der neue Take 5 aus dem Hause Sequential erreichte, deren Chef-Designer immer noch die Synthesizer-Legende Dave Smith ist. In dem fünfstimmigen Analog-Synthesizer kommen optische und technische Aspekte verschiedener Dave Smith-Flaggschiffe zusammen: Der moderne Look des Pro-3, die Polyphonie und der Filter des Prophet-5 REV4, sowie einige Bedienelemente des Sequential OB-6. Der Take 5 ist also eine vielversprechende Analog-Synth-Mixtur, die vergleichsweise günstig und kompakt im Vergleich zu seinen Geschwistern ist. Jedoch wurde in den vergangenen Jahren die Welt der kompakten und erschwinglichen Poly-Synths immer dichter besiedelt – nicht zuletzt durch Geräte wie den Korg Minilogue XD, den Behringer DeepMind, oder den Sequential Prophet REV2-08. Kann sich der Take 5 hier absetzen? Was macht ihn besonders? Wir haben uns den Synthesizer einmal genau angesehen.
Details
Äußere Erscheinung
Mit seinen 63,5 x 11,2 x 32,4 cm (B x T x H) kommt der Take 5 vor allem erst einmal sehr kompakt daher. Die daraus resultierende Portabilität betont Sequential immer wieder in Werbetexten zum Take 5 und tatsächlich ist sie in Zeiten von Home-Recording und mobilen (Tour)-Setups sehr praktisch. Trotzdem wurde hier nicht auf eine anschlagdynamische Fatar Full-Size-Tastatur mit Aftertouch verzichtet, was ich ebenfalls sehr begrüße.
Rein optisch ist eine Verwandtschaft zum paraphonen Flaggschiff Sequential Pro-3 nicht von der Hand zu weisen, der Synthesizer zeigt sich äußerlich eher modern und fast ein bisschen futuristisch. Auf die für Dave Smith und Sequential sonst so typischen Holz-Seitenteile und Retro-Potis wurde verzichtet, wodurch der Vintage-Faktor zumindest optisch eher in den Hintergrund rückt.
Aufbau und Bedienung
Wer mit der Struktur von Dave Smith/Sequential-Geräten vertraut ist, dürfte sich beim Take 5 schnell zu Hause fühlen. Die Anordnung und Organisation der Bedienelemente ist stark angelehnt an Geräte wie den Sequential Prophet REV2-08 oder den Sequential OB-6. Im unteren Bereich des Bedienpanels finden wir die klangbildenden Elemente wie etwa die Oszillatoren, das Filter und die Hüllkurven, während der obere Bereich den Modulationen, Effekten und der Menü-Führung/Navigation gewidmet wird. Direkt über der Tastatur befindet sich die „Program Select“-Sektion, in der man zwischen überschreibbaren 128 User-Presets und 128 Factory-Presets in jeweils acht Bänken ausgewählen kann. Ist der Preset-Button ausgeschaltet, wechselt der Synth in den „What you See is what you get“-Modus. Jetzt klingt der Take 5 so, wie gerade die vielen Potis und Buttons eingestellt sind. Ein tolles Feature, welches ich bereits aus dem OB-6 kenne und was zum transparenten, intuitiven Schrauben und Sounds bauen einlädt. Das Verhalten der Potis im Preset-Modus lässt sich in den Global-Einstellungen festlegen. Möglich sind Relative (Poti wird beim Parameter-Wert des Presets abgeholt), PassThru (Poti greift erst, wenn Preset-Wert erreicht ist) oder Jump (Parameter „springt“ bei Betätigung des Potis). Leider werden viele Parameter-Änderungen nicht wie beispielsweise beim Sequential Prophet REV2-08 im Display angezeigt.
Somit tappt man mitunter im Dunkeln, wenn man einen beispielsweise bei einem Preset die Wellenform bearbeiten will, ohne zu wissen, welches die Ursprungs-Wellenform ist. Auch eine Blink-LED für die LFO-Rate hätte ich mir gewünscht. Die hat der Minilogue zwar auch nicht, aber der Take 5 ist eben doch noch einmal doppelt so teuer und sollte entsprechend mehr Detail-Features bieten. Begrüßenswert ist hingegen die Chord Memory-Funktion, wie ich sie etwa aus dem Korg Polysix liebe. An dieses Feature gelangt man über den Unison-Button, der den Take 5 außerdem zum monophonen Synth mit wahlweise bis zu fünf Unisono-Stimmen werden lässt. Zudem hilfreich ist die sogenannte „Low Split“-Funktion, mit der ein Teil der Tastatur sich ab einem festlegbaren Split-Punkt um bis zu zwei Oktaven verschieben lässt. So können beispielsweise tiefe Bass-Töne mit Pads in hohen Tonlagen kombiniert werden, was anhand der kompakten 44 Tasten Klaviatur ansonsten schwierig werden würde. Die Funktion ist nicht zu verwechseln mit einer Multi-Timbralität, die beim Take 5 mit fünf Stimmen jedoch keinen Sinn ergeben hätte.
Oszillatoren und Filter
Der Sequential Take 5 beherbergt zwei analoge VCO’s. Bei großen Temperaturschwankungen geraten diese schon mal aus dem Tuning-Gleichgewicht, was aber durch eine automatische Kalibrier-Funktion unkompliziert behoben werden kann. Das stufenlose Ändern der Wellenformen (Sinus, Sägezahn, Rechteck) via Poti kenne ich bereits beispielsweise aus dem Sequential OB-6, der allerdings Dreieck anstelle von Sinus als Wellenform an Bord hat. Da bei Analog-Synthesizern die Sinus-Wellenform häufig nicht zugegen ist, fühle ich mich als großer Sinus-Fan vom Take 5 in besonderer Weise verstanden und abgeholt.
Die Oszillatoren wandern in die Mixer-Sektion, wo dem OSC 1 noch ein Sub-Oszillator beigemischt werden kann. Außerdem lässt sich wahlweise Pink- oder White Noise zum Sound addieren und zusätzlich kann der OSC 2 als Frequenz-Modulator auf OSC 1 einwirken, wodurch glockige, metallische FM-Klänge möglich sind. Das vierpolige Low Pass-Filter basiert auf dem des hauseigenen Prophet-5 REV4 und verleiht dem Take 5 einen deutlichen Prophet-Charakter im Sound (dazu später mehr).
Hüllkurven und Modulation
Die zwei ADSR-Hüllkurven sind Delay-fähig, wahlweise Velocity-abhängig und lassen sich vielfältig routen. So kann etwa Envelope 2 gleichzeitig auf Filter und Amp einwirken, wodurch Envelope 1 „frei“ wird und sich als Modulations-Quelle nutzen lässt, um beispielsweise Pitch-Effekte oder Lautstärke-Verläufe zu manipulieren. So wird eine fehlende dritte Hüllkurve (wie etwa im Sequential Pro-3 oder dem Novation Summit) geschickt umgangen und folglich kaum vermisst. Leider lassen sich die Hüllkurven nicht loopen. In Sachen Modulation gesellen sich außerdem zwei LFOs zur Party hinzu, von denen einer global und der andere separat per Stimme arbeitet.
Mit Wellenformen wie Dreieck, Sägezahn, Rechteck und Sample&Hold sind die LFOs gut ausgestattet und zu jeglichen Spielereien bereit. Auf wen sie sich stürzen, lässt sich in der Mod-Matrix festlegen, die hauptsächlich im zentralen Display stattfindet. Bis zu 16 verschiedene Slots lassen sich hier flexibel mit Modulationsquellen- und zielen belegen. Außerdem können im Display-Menü globale Einstellungen wie MIDI, Mono/Stereo-Output, Clock oder Pedal-Funktionen vorgenommen werden. Auch zusätzliche programmspezifische Parameter können hier editiert werden, die aufgrund des kompakten Designs keinen Platz auf der Bedienoberfläche gefunden haben, wie z. B. Key Follow oder Envelope Delay.
Arpeggiator und Step Sequencer
Der Arpeggiator des Take 5 ist eher simpel gehalten und mit den klassischen Modi Up, Up&Down, Random und Assign ausgerüstet. Außerdem gibt es noch einen Oktav- und einen Repeat-Schalter, womit sich die eingespielten Noten jeweils vervielfachen lassen. Ein tolles Feature ist die „Momentary Sustain“-Funktion, wobei ein externer Footswitch dafür verwendet werden kann, den Arpeggiator zwischenzeitlich in einen „Hold“-Modus zu versetzen. Alternativ dient für solche Zwecke noch ein dezidierter Hold-Button. Zusätzlich zum Arp bietet der Take 5 noch einen polyphonen Sequencer mit bis zu 64 Steps, bei dem sich manuell Pausen und Bindebögen („ties“) einfügen lassen.
Mit der visuellen Einbindung des Sequencers war ich bei Dave Smith noch nie so wirklich zufrieden. Schaut man sich den Korg Minilogue XD an, sind alle Steps auf einmal sichtbar und lassen sich nach Erstellen der Sequenz unkompliziert editieren. Hierfür hätte in diesem Falle die „Program Select“-Sektion mit ihren 16 Buttons prima herhalten können, die bleibt aber in Sachen Sequencer leider inaktiv. Folglich sind auch keine Parameter-Änderungen pro Step möglich, wie es ebenfalls beim wesentlich günstigeren Korg Minilogue XD der Fall ist.
Effekte
Der Sequential Take 5 verfügt über eine Reihe an On-Board-Effekten wie einen Reverb, dem einige Potis zur detaillierten Einstellung etwa von Decay oder Pre Delay spendiert wurden. Der Reverb-Typ lässt sich allerdings nicht ändern und klingt wie eine Art Hall/Plate, es sind aber auch Room-Sounds möglich. Neben dem Reverb gibt es noch eine zweite Effekt-Sektion, in welche sich entweder Delays oder verschiedene Modulations-Effekte (Rotary-Speaker, Chorus, Phaser …) laden lassen.
Es kann neben dem Reverb nur ein weiterer Effekt zeitgleich eingesetzt werden. Das Input-Signal des Filters lässt sich via Drive-Poti in die Sättigung fahren. Für noch mehr ‚Schmutz‘ bietet der Synthesizer zusätzlich einen separaten, globalen Overdrive als On-Board-Effekt, der per Poti seinen Dienst verrichtet. Außerdem befindet sich neben den Pitch/Mod-Wheels noch eine kleine Glide-Sektion. In den Program-Einstellungen lassen sich sogar verschiedene Glide-Werte für die jeweiligen Oszillatoren einstellen. Neben dem Glide-Poti finde ich noch einen Vintage-Regler, der das Drift/Diverge-Verhalten der Oszillatoren verstärkt und durch die Unregelmäßigkeiten der einzelnen Stimmen den Vintage-Charakter alter Retro-Synthesizer in den Take 5 bringt.
Tastatur
Trotz der kompakten Bauweise haben die Sequential-Designer glücklicherweise darauf beharrt, eine Full-Size-Tastatur vom bewährten Hersteller Fatar im Take 5 unterzubringen. Mit 44 Tasten „fehlen“ ihr etwa 1,5 Oktaven im Vergleich zu den meisten Synthesizern im „Voll-Format“, die normalerweise mit 61 Tasten daherkommen. Um den verkleinerten Tastatur-Umfang beim Spielen zu kompensieren, haben sich Sequential etwas Besonderes einfallen lassen: Mithilfe der sogenannten „Low Split“-Funktion lässt sich ein Teil der Tastatur ab einem festlegbaren Split-Punkt um bis zu zwei Oktaven verschieben. So können beispielsweise tiefe Bass-Töne mit hohen Pads kombiniert werden, was ansonsten schwierig werden würde.
Die Funktion ist nicht zu verwechseln mit einer Multi-Timbralität, die beim Take 5 mit fünf Stimmen aber auch kaum Sinn ergeben hätte. Die Tastatur ist anschlagdynamisch, in der Modulations-Matrix lässt sich „Pressure“ als Modulations-Quelle für verschiedenste Parameter nutzen. Alternativ könnt ihr für derartige Zwecke auch noch die Aftertouch-Funktion nutzen. Wie man es von Fatar gewohnt ist, lässt sich halbgewichtete Tastatur für Synthesizer-Zwecke super spielen und lässt keine Wünsche offen.
Anschlüsse
Rückseitig befinden sich Anschlüsse für Fußschalter, (Sustain)-Pedal und Kopfhörer. Audio wird über zwei 6,3mm-Klinkenanschlüsse ausgegeben. Im Global-Menü lässt sich der Take 5 auch für den Mono-Betrieb umschalten, wodurch jeweils ein Mono-Signal aus den Anschlüssen kommt. Alle drei Mitglieder der MIDI-Familie (In, Thru, Out) sind vertreten, außerdem dient noch ein USB-Anschluss für USB-MIDI und Software-Updates.
Im Netz tauchen spezielle Software Editoren von Drittanbietern auf, von Sequential selbst habe ich zunächst keinen gefunden. CV/Gate-Anschlüsse zur Kommunikation mit anderen Synthesizern/Euroracks sind leider nicht mit von der Partie. Die Stromversorgung läuft über ein internes Netzteil, man benötigt also nichts weiter als das mitgelieferte Kaltgeräte-Kabel.
Andre Heller sagt:
#1 - 27.03.2022 um 19:22 Uhr
Jetzt für 5 Stimmen mal 1299 investieren und dann von Behringer mit 16 Stimmen einen nochmal original aufgebauten Prophet überrascht zu werden, für die gleiche Kohle? Das wäre für mich eine echte Flappe. Deshalb, 5 Stimmchen reichen für eine Hand, rechts oder links? Mehr nicht! Ansonsten tuts eben doch ein monophonic für monophones am liebsten auch von Behringer. Ich muss mein Geld mit ehrlicher Arbeit verdienen und deshalb ist das hier für mich viel zu teuer.