Im zehnten und letzten Teil der bonedo Crashkurs Drums Reihe geht es um den Bluesballade bzw. darum, den 6/8 Blues Groove am Schlagzeug zu interpretieren. Der Blues ist die musikalische Grundlage für alle heutigen Stile und entstand aus der Musik der weißen US-Einwanderer einerseits und afrikanischstämmiger Sklaven andererseits. „To feel blue“ bezeichnet einen melancholischen Gemütszustand, und der Blues erzählt Geschichten von Schmerz, unerfüllter Hoffnung, Liebeskummer und dem Leid der Afro-Amerikaner während der Zeit der Rassentrennung. So erklärt sich sicherlich auch die enorme Kraft und der immer noch große Einfluss dieses Stils auf die heutige Musik. In diesem Workshop treffen wir auch zwei alte Bekannte aus den vorangegangenen Folgen wieder: die Pop-Ballade und den Jazz. Wenn ihr euch intensiv mit diesen beiden Crash-Kursen beschäftigt habt, werdet ihr auch die Blues-Ballade mit Leichtigkeit bewältigen.
Der Slow Blues ist ein super Einstieg in ternäres Spiel
Der Blues und die Blues-Ballade sind triolische Spielarten und verraten schon dadurch ihre stilistische Nähe zum Jazz. Sie gehören heute zu den musikalischen Standards, und nicht wenige Musiker messen die Qualität ihrer Kollegen daran, wie authentisch sie das getragene, aber mitnichten einfache Feeling umsetzen können. „Reine“ und vor allem als solche bekannte Bluesdrummer gibt es gar nicht so viele, mir fallen Chris Layton und Steve Jordan ein, und dann natürlich die Meister des Shuffles wie Bernard Purdie, Al Jackson und Jabo Starks sowie unzählige Jazz- und Studiodrummer, die das Metier Blues ebenfalls toll beherrschen. Als ambitionierte Trommler solltet ihr euch auf jeden Fall mit der Stilistik beschäftigen, denn sie ist eine jener Musikrichtungen, die beim ersten Hören technisch wenig aufregend klingen, es aber in sich haben, wenn es um das passende Spielgefühl geht.
Der 6/8 Blues Groove in unserem Song
Wir haben wieder eine sehr klare und übersichtliche Struktur für unser Play-Along gewählt, das aus zwei achttaktigen Grund-Patterns besteht, die sich jeweils zweimal wiederholen. Wie der Name schon vermuten lässt, handelt es sich beim 6/8el Groove um eine triolische Einteilung, jeder Takt beinhaltet also sechs Achtelnoten. Ich benenne sie mit den Ziffern Eins bis Sechs.
Im Strophenteil – den ersten achten Takten des Play-Alongs – haben wir es mit einem zweitaktigen Groove zu tun. In beiden Takten spiele ich die Achtel auf der geschlossenen Hi-Hat, während die Bassdrum immer auf der „Eins“ und der Backbeat auf der Snare immer auf der „Vier“ landet. Im ersten Takt ist auf der Zählzeit „Sechs und“ eine als Ghost Note (also sehr leise) gespielte Snare zu hören, im zweiten Takt gibt es auf derselben Position eine Bassdrum. Achtet beim Spielen unbedingt darauf, die 16tel Noten “geshuffelt” zu interpretieren. Notiert sieht das dann so aus:
Im Refrain passieren ein paar kleine Änderungen, die den Groove akustisch etwas „verbreitern“. Zunächst spiele ich die Achtel auf dem Ride-Becken, wobei ich den Backbeat ich mit einer getretenen Hi-Hat unterstütze. Zudem wird unsere Begleitung eintaktig. Die Bassdrum spielt jetzt nur noch auf der „Eins“, dafür kommen auf den Zählzeiten „Vier und“ sowie „Fünf und“ zwei Ghost Notes auf der Snaredrum hinzu. Die enge Verwandtschaft zum Jazz und damit zum Swingpattern wird jetzt außerdem durch die Addition der Zählzeit „Sechs und“ auf dem Ride-Becken deutlich. In Notenform wird es noch etwas übersichtlicher:
Und so hört sich meine Version an:
Für dich ausgesucht
Beginner-Tipp
Startet zunächst ganz schnörkellos, falls euch die Schläge auf den Sechzehnteln verwirren. Diese Noten lockern das musikalische Geschehen zwar auf, sind aber für einen „funktionierenden“ 6/8el erstmal nicht zwingend notwendig. Viel wichtiger ist, dass ihr das sehr langsame – und deswegen wirklich knifflige – Tempo solide spielt. Nehmt euch ruhig einige Durchgänge Zeit, bis ihr „in Stimmung“ seid. Zu viel Kaffee, Stress oder starker Harndrang sind einem authentischen Blues-Balladen-Feel übrigens nicht zuträglich.
Profi-Tipp
Wenn euch der Basis-Groove keine Schwierigkeiten bereitet, konzentriert euch darauf, schön „laid back“ zu spielen und besonders den Backbeat so spät zu platzieren wie möglich. Das hat großen Einfluss auf das Gesamtgefühl des Songs und erzeugt diese einzigartige Schwere, von der Songs wie dieser hier leben. Technisch könnt ihr natürlich mit den Ghost Notes variieren und sie auf zusätzliche „und“-Zählzeiten legen. Dabei solltet ihr allerdings nicht übertreiben, weil es sonst schnell unruhig werden kann. Eine Blues-Ballade lebt von gefühlvoller Umsetzung, nicht von technischen Spielereien.
Verwendetes Equipment
Blues könnt ihr mit vielen Set-Konfigurationen spielen, zumal die stilistische Bandbreite innerhalb dieser Musikrichtung wirklich enorm ist. Wollt ihr klassische Sounds erreichen, hilft natürlich auch ein Schlagzeug in klassischen Maßen. „Softer“ klingende Vintage-Drumsets in 22, 13 und 16 Zoll mit passender 14×5 Zoll großer Snare sind da schon eine tolle Basis. Nicht zu tief gestimmte, weiß-aufgeraute Felle tun ein Übriges, wenn ihr das Ganze standesgemäß bedient, und große, leicht ansprechende Becken mit nicht zu hohem Pitch machen den Sound dann komplett.
Für unser balladeskes Play-Along wollte ich einen schön luftigen, eher wenig Attack-betonten Sound und habe mich daher für Hot Rods entschieden. Ich benutze dabei zwei verschiedene Modelle: in der Pulshand halte ich einen schon sehr zerfledderten (und daher relativ weich klingenden) Pro Mark, für die Snare verwende ich einen intakten und damit präsenter klingenden Wahan Rebounce. Mit einem Vic Firth „Puschel“-Beater spiele ich meine Wahan 24“x13“ Acryl Bassdrum nicht allzu kräftig und lasse die Trommel atmen, indem ich den Schlägel nach dem Anschlag vom Fell zurück nehme. Der Tom-Schlag landet auf einem Wahan Buchenholz Tom, die Snare ist eine Noble & Cooley 14×5 Zoll Solid Snare aus Kirschenholz. An Blech gibt es eine Istanbul Agop Om Hi-Hat in 15 Zoll, ein Bosphorus Samba Ride in 22 sowie ein Bosphorus Black Pearl Crash in 19 Zoll. Ein 18er Sabian HHX O-Zone kommt ebenfalls kurz zum Einsatz.
Zum Schluss noch ein Anspieltipp: der Song „Gravity“ von John Mayer. Hier bedient der großartige Steve Jordan die Drums. Es klingt zwar wie ein Gegensatz, aber ich wünsche euch viel Spaß (und wenig Schmerz) mit dem Blues! Hier geht es zur Workshop-Startseite
Play-Alongs zum Download
Wie immer beim bonedo Crash-Kurs könnt ihr euch hier zwei Versionen des Play-Alongs (mit und ohne Click) sowie meine Version mit Drums herunterladen.
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egli sagt:
#1 - 20.11.2017 um 21:30 Uhr
Hallo
Wie programmiere ich diese Ryhtmen in meinen Drum Computer? Bitte aufklären!
Max Gebhardt sagt:
#1.1 - 21.11.2017 um 14:03 Uhr
Hallo egli, das kann ich dir pauschal leider nicht sagen, da solltest du in die Anleitung deines Drumcomputers gucken. Eine typische Vorgehensweise wäre allerdings, zunächst die Taktart einzustellen und anschließend die entsprechenden Instrumente zu programmieren. Also Hihats auf alle 6 bzw 12 Positionen, dann Snare auf 2 und 4 und Kick auf 1 und 3. beste Grüße Max
Antwort auf #1 von egli
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