„Eine Pop-Ballade trommeln? Wie langweilig!“ Ein paar meiner Schüler machten keinen Hehl aus ihrer Missbilligung, als ich ihnen das aktuelle bonedo Crashkurs-Thema präsentierte. Zugegeben, der aufstrebende junge Trommler von heute kann sich Aufregenderes vorstellen, als die Hits von Elton John und Celine Dion am Schlagzeug nachzutrommeln. Bei genauerer Betrachtung ist das Thema allerdings gar nicht so ohne…
…denn langsames Spiel ist wesentlich schwerer akkurat umzusetzen als geschäftige Beats, denen man den einen oder anderen Fehler nicht direkt anhört. Außerdem wird gerne übersehen, dass fast alle bekannten Bands mindestens eine Ballade im Repertoire haben, nicht selten sind dies sogar die erfolgreichsten Stücke. Es kann sich also für euch lohnen, dem Genre etwas näher auf den Zahn zu fühlen und gleichzeitig eure Timing-Qualitäten zu trainieren.
Der Pop-Balladen Song
Glücklicherweise haben wir euch ein passendes Play-Along zusammen gestellt, mit dem ihr beides effektiv umsetzen könnt. Mit 60 bpm hat es eine gediegene Balladengeschwindigkeit. Auch hier haben wir es mit einer zweiteiligen Form zu tun, welche ich dann im zweiten Durchgang geringfügig verändere.
Im ersten Strophenteil spiele ich eine durchgehende, geschlossene Hi-Hat mit Achtelnoten, die Snaredrum funktioniert hier als Rimclick gespielt auf den Standard-Zählzeiten „Zwei“ und „Vier“ sehr gut, die Bassdrum liegt auf „Eins“, „Zwei de“, sowie „Drei und“.
Um dem Refrain rhythmisch und akustisch unter die Arme zu greifen, empfiehlt es sich natürlich auch bei einer Ballade, den Groove leicht zu verändern. Also wird aus dem Rimclick ein normal gespielter Snareschlag, und die Bassdrum folgt dem veränderten Basslauf nun auf den Zählzeiten „Eins“, „Eins de“, „Zwei und“ sowie „Drei und“. Die Hi-Hat spiele ich jetzt etwas lauter. Ihr könnt in dem Part gerne auch das Ride-Becken verwenden, aber Vorsicht: zu kräftig reingelangt, macht es den Refrain kaputt. In euren eigenen Stücken solltet ihr die Wahl vom Songcharakter und insbesondere vom Gesang abhängig machen.
Für dich ausgesucht
In der zweiten Strophe wende ich einen alten Balladentrick an, nämlich den Schellenkranz auf jedem zweiten Snare-Schlag. Eurer Part wird damit mehrdimensional, und ihr erreicht eine dezente Steigerung, ohne den Groove mit zusätzlichen Bassdrum- oder Snare-Schlägen zu verändern. In diesem Fall spiele ich einen Meinl Jingle Ring an der Hi-Hat-Stange. Der Schlag darauf ersetzt einfach den Hi-Hat-Schlag auf der Zählzeit „Vier“. Hier könnt ihr meinen Part in Kurzform hören:
Beginner-Tipp
Wenn ihr noch nicht lange dabei seid und dies eure erste Ballade ist, werdet ihr vielleicht feststellen, dass es noch recht hakelig läuft. Wie oben schon angedeutet, sind Balladen mitnichten die einfachsten Grooves, im Gegenteil. Die langen Pausen lassen massig Platz für Fehler. Betrügt euch nicht selber, indem ihr irgendwann mehr spielt, damit es sich angenehmer anfühlt. Schnappt euch stattdessen zuerst die Play-Along-Version mit Click und versucht, den Backbeat auf „Zwei“ und „Vier“ wirklich exakt zu platzieren. Dazu könnt ihr zunächst die Bassdrum weglassen.
Profi-Tipp
Was für Anfänger gilt, trifft gerade bei Balladen auch auf Fortgeschrittene, oft sogar auf Profis zu. Die Grooves klingen am Anfang der Session häufig zu hektisch und nicht so konstant-cremig, wie sie eigentlich sein sollen. Versucht also, euch zu entspannen, bevor ihr losspielt, konzentriert euch auf die Pausen zwischen den Backbeats, atmet ruhig. Eine schöne Übung ist es auch, die Snare-Schläge so spät wie möglich zu spielen. Ihr werdet erstaunt sein, wie weit „laid back“ ihr spielen könnt, ohne dass es falsch klingt – im Gegensatz zu Schlägen, die zu weit vorne liegen.
Verwendetes Equipment
Ein „saftiger“, großer Drumsound passt gut zu Balladen, denn dadurch, dass die Noten weiter auseinander liegen, haben sie mehr Platz, sich akustisch zu entfalten. Bei modernen Produktionen wird natürlich nachträglich fleißig nachgeholfen, mit einem guten Standard-Kit seid ihr aber nicht nur Balladen-technisch super gerüstet.
Ich habe meine alte 20×16 Pearl Masters Studio Bassdrum in sehr tiefer Stimmung verwendet, zwei Wahan Buchenholz-Toms in 12×8 und 16×14 sowie eine Noble & Cooley Solid Cherry Snare in 14×5 Zoll, mitteltief gestimmt, mit etwas mehr Gaffa-Tape-Dämpfung als normalerweise. Als Becken kamen eine Masterwork Troy Hi-Hat in 14 Zoll sowie ein Crash derselben Serie in 18 Zoll zum Einsatz.
Und jetzt den Drumhocker in die Liegeposition bringen und Los-Balladisieren!
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Play-Alongs zum Mitspielen
Jetzt seid ihr dran. Hier findet ihr das Play-Along mit Drums und ohne Drums, einmal nur mit Einzähler, einmal mit durchgehendem Clicktrack.
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