Balance ist alles! Und ich spreche hier nicht von ausgewogener Ernährung oder der richtigen Mischung von Arbeit und Freizeit, sondern selbstverständlich von euren eigenen Song-Mixes (und besonders vom Bass-Bereich). Denn beim Abmischen eurer Tracks kommt es nicht nur darauf an, klanglich eine fesselnde Geschichte zu erzählen.
Eine gute Basis ist erforderlich, von der aus ihr dann die Highlights eurer Mix-Story herausarbeiten könnt. Ein solches Mix-Fundament erhaltet ihr durch ein soundtechnisch solides Grundgerüst, das die Standards der jeweiligen Musik-Genres berücksichtigt. Denn ein „ausgewogener“ Mix kann in verschiedenen Genres ganz unterschiedliche Bedingungen haben.
Ganz egal aber wo ihr auch unterwegs seid: Der Bassbereich gehört zweifellos zu den meist umkämpften Problemzonen von Hobby-Produktionen. Mit den folgenden Tipps und Tricks behaltet ihr den Überblick, was die tiefen Frequenzen angeht.
Tipp 1: Transparentere Signale – Hochpassfilter auf Einzelspuren
Damit sich in euren Kanälen kein „Mulm“ anstaut, der nicht hineingehört, solltet ihr in jeder Spur ein Hochpassfilter nutzen. Bei den meisten DAWs gehört ein solches Filter zur Grundausstattung eines jeden Kanals. Ihr müsst in der Regel also kein extra ein Plugin dafür öffnen oder gar anschaffen. Am besten geht ihr so vor, dass ihr euch in einem Analyzer eine Stelle im Song anschaut, in der das betreffende Instrument seine tiefsten Töne im Stück spielt. Dann könnt ihr das angesprochene Hochpassfilter aktivieren und die Eckfrequenz so wählen, dass die Signalinformationen unterhalb des tiefsten Grundtons nicht mehr hörbar sind. Ihr solltet aber sicherstellen, dass ihr die Eckfrequenz nicht zu hoch und die Flankensteilheit des Filters nicht zu steil wählt. Andernfalls kann das Ergebnis je nach Instrument künstlich klingen. Manches mal geht auch durch eine zu hoch gewählte Eckfrequenz klangliche Wärme verloren. Mit Bedacht und geschmackvoll eingesetzt, sind Hochpassfilter auf Einzelspuren dagegen eine echte Geheimwaffe, die den Bassbereich eures Mixes im Handumdrehen profimäßig aufgeräumt klingen lässt. Auch und nicht vergessen: Auch und gerade in Effektkanälen können sich durch Delays und Reverbs Bassanteile aufstauen. Um das zu vermeiden, könnt ihr hier ebenfalls Hochpassfiltern einsetzen.
Tipp 2: Dröhnen vermeiden – Filter im Stereo-Buss
Während es beim ersten Tipp um das Aufräumen der Signale geht, steht in diesem Tipp die Performance eures Gesamtmixes im Vordergrund. Wenn ihr euch die tiefen Frequenzen aktueller Profi-Produktionen anhört (und euch den Bassbereich am besten wiederum in einem Analyzer anschaut), werdet ihr schnell feststellen, dass dieser Bereich in vielen Fällen für zahlreiche Wiedergabesysteme optimiert ist. Wo auch immer ihr euch diese Songs anhört: Sie dröhnen nicht, aber haben dennoch satte, gut wahrnehmbare Bass-Frequenzen. Um diesen Effekt zu erreichen, könnt ihr mit einem Hochpassfilter im Stereo-Buss die tiefsten Frequenzen sanft abschneiden (beispielsweise unterhalb von 40 Hz). So sorgt ihr für das entscheidende Bass-Rolloff, wie es auch in vielen Profi-Produktionen vorkommt. Wem das zu radikal ist, der darf gerne auch zu einem Kuhschwanzfilter greifen und den Tiefbassbereich großflächig langsam und allmählich absenken, bis der gewünschte Effekt eintritt.
Tipp 3: Tuning ist alles – Kickdrum ins Frequenzbild einpassen
OK, dieser Tipp richtet sich in erster Linie an diejenigen, die mit Sample-Drums arbeiten. Denn für die Sample-Fraktion ist es bedeutend einfacher, die Kickdrum zu stimmen. Wer dagegen mit einem echten Schlagzeuger aus Fleisch und Blut arbeitet, dessen Drum-Kit mikrofoniert werden soll, kann aber eventuell den Schlagwerker davon überzeugen, seine Kickdrum entsprechend zu stimmen. Davor sollte man sich auch als Hobby-Produzent nicht drücken. Aber wie sollte sie denn nun gestimmt sein, die Kickdrum? Wenn ihr das Frequenzbild eures Mixes insgesamt transparent halten möchtet, solltet ihr dafür sorgen, Bass und Kickdrum genügend Platz einzuräumen. Eine mögliche Strategie kann es dabei sein, den Grundton der Kickdrum weit genug von den tiefsten Tönen entfernt zu halten, die der Bass im Song am häufigsten spielt. In einem Song in E-moll könnten das etwa E und G sein. Sie liegen bei 41 und 49 Hz. Eine gute Wahl für die Stimmung der Kickdrum könnte dann die zugehörige Quinte sein, die bei etwa 62 Hz liegt. Selbstverständlich gibt es aber auch andere Möglichkeiten. So könntet ihr die Kickdrum bei einem Song in A-Dur auch auf A stimmen. Bass und Kickdrum würden sich dann bei ca. 55 Hz ergänzen. In jedem Fall sorgen beide Varianten ganz sicher für weniger Chaos im Bassbereich als wenn ihr ihn einfach nur sich selbst überlasst. Probiert aus, findet euren Style und achtet stets darauf, nach welcher Lösung ein Song konkret verlangt.
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Tipp 4: Bessere Bass-Balance – Tief spielende Instrumente im Mix platzieren
Genau andersherum geht ihr beim Platzieren der übrigen Instrumente vor. Habt ihr die Signale von Bass und Kickdrum erst per Hochpassfilter gesäubert und auch beide aufeinander abgestimmt, gilt es weitere Kanäle einzupassen, die ebenfalls tiefe Frequenzen liefern. Ich denke dabei etwa an Synthesizer oder auch Special-FX, wie Impacts und Riser. Auch hier habt ihr wieder zahlreiche Möglichkeiten. Neben der krassen Variante (tiefe Frequenzen per Low-Cut abschneiden) und einer softeren Variante (Tiefbass mittels Shelving-Filter absenken), gibt es noch einen dritten Weg, den ihr gut auch zusätzlich einsetzen könnt. Dabei setzt ihr schmalbandige Glockenkurvenfilter ein und senkt das Signal um wenige dB in denjenigen Bereichen ab, die den Signalen anderer Kanäle im Weg stehen könnten. Im obigen Song-Beispiel in A-moll würdet ihr dann im betreffenden Synthesizer- und SFX-Kanal ein Notchfilter bei 55 Hz einsetzen. Dadurch bleiben wichtige Klanginformationen von Kickdrum und E-Bass prägnant.
Diese Technik kann euch auch helfen, Bass und Kickdrum noch besser aufeinander abzustimmen. habt ihr euch beispielsweise bei beiden Instrumenten für unterschiedliche Grundtöne entschieden, könnt ihr diese mit einem Notchfilter sanft wechselseitig freiräumen, damit beide Instrumente mehr Raum bekommen. Im Beispiel von oben (Song in E-moll) würdet ihr dann beim Bass die Center-Frequenz des Notchfilters bei 62 Hz wählen, um den Wumms der Kickdrum freizugeben. Im Kanal der Kickdrum wären dann entsprechend zwei schmalbandige Glockenfilter bei 41 und 49 Hz möglich, um im Subbass-Bereich der Kickdrum Raum für die tiefen Töne des E-Bass zu schaffen. Das klingt zweifellos komplizierter als es letztlich in der Praxis ist; wichtig ist in jedem Fall, dass ihr den Klang nicht zu sehr verbiegen solltet. Oft reichen schon geringe dB-Absenkungen, um für mehr Transparenz zu sorgen.
Tipp 5: Grenzbereich – Die unteren Mitten gestalten
Falls eure Produktionen nicht so richtig „voll“ und auch zu wenig „warm“ klingen, ihr aber zugleich Probleme mit überbordendem Bass habt, kann ein anderes Problem vorliegen. Eventuell findet sich der Schuldige knapp über dem Bassbereich. Denn die Ausgestaltung der unteren Mitten zählt mit zu den anspruchsvollsten Aufgaben beim Einrichten der Mix-Balance, wie ich finde. Hier habt ihr verschiedene Möglichkeiten. Zum einen könnt ihr versuchen, die Eckfrequenzen der Hochpassfilter in den Einzelkanälen tiefer ansetzen zu lassen. Dadurch gestaltet ihr den Übergang vom Bassbereich zu den unteren Mitten gegebenenfalls kompakter. Zum anderen könnt ihr „von der anderen Seite“ aus denken und den Obertonbereich von Bass und Kickdrum freigeben. Dafür setzt ihr am besten ein Glockenkurvenfilter mit geringer Güte ein, um die unteren Mitten dieser beiden Instrumente relativ breitbandig und dezent abzusenken. In manchen Fällen können im Bereich um 100 bis 200 Hz herum schon geringe Absenkungen wahre Wunder bewirken. Falls das noch nicht ausreicht, könntihr komplementär denselben Frequenzbereich bei Gitarren, Keys und Vocals leicht anheben.