40 Jahre ‘Ride the Lightning’ – Klassiker des Metal

Am 27. Juli 1984 schrieb Metallica mit der Veröffentlichung von ‘Ride the Lightning’ Musikgeschichte und veränderte das Metal-Genre für immer. Zum 40. Geburtstag des Albums werfen wir einen genauen Blick auf das Album und wie es den Metal nachhaltig prägte.

ride the lightning albumcover und CD
© Shutterstock / von O.Kemppainen

Mit ihrem Debüt ‘Kill Em All’ aus dem Vorjahr sorgte Metallica schon 1983 für Gespräche und Spannung in der Metal-Community. Durch ihren aufregenden und frischen Sound konnten sie sich neben Metal-Giganten wie Motörhead und Iron Maiden beweisen. Doch mit ihrem zweiten Album ‘Ride the Lightning’ wollte die Band ihren Status festigen, indem sie ein experimentelles und Genre-definierendes Thrash-Album schufen, das mit der Zeit alle Erwartungen übertreffen sollte.

Entstehung von ‘Ride the Lightning’

Die Arbeiten an dem Album begannen im Herbst 1983. Für den Großteil der Riffs, Songstrukturen und Texte sind Sänger und Gitarrist James Hetfield, sowie Schlagzeuger Lars Ulrich verantwortlich. Anders als beim Vorgänger, wurde Metallica in diesem Album erstmals von Bassist Cliff Burton unterstützt, welcher in den kommenden Jahren einen wichtigen Einfluss auf die Geschichte der Band haben sollte. Dazu war es das erste Album mit Lead-Gitarrist Kirk Hammett in der Besetzung, welcher seitdem ein fester Bestandteil der Band ist.

Das Album ist außerdem das letzte Metallica Album mit Dave Mustaine, dem späteren Frontman von Megadeath. Auf den Liedern ‘Fade to Black’ und ‘Call of Ktulu’ hat Mustaine mit seinen Riffs beigetragen.

Die Aufnahmen fanden von Februar bis März 1984 in den Sweet Silence Studios in Kopenhagen, Dänemark, statt. Dänemark, Ulrichs Heimatland, bot der Band eine ruhige Atmosphäre zum Aufnehmen, wobei sie von Produzent Flemming Rasmussen unterstützt wurden. Rasmussen war bekannt für seine Arbeit mit der dänischen Band Rainbow und brachte technisches Know-how und frische Perspektiven in die Produktion ein.

Bemerkenswert ist, dass die Band damals noch sehr jung war. Hetfield und Ulrich waren beide lediglich 20, während Hammett 21, und Burton 22 Jahre alt waren. Nach Angaben der Band waren die Jungs zu diesem Zeitpunkt nahezu pleite. Aus finanziellen Gründen nutzen sie das Studio fast ausschließlich nachts, da tagsüber andere Künstler und Künstlerinnen ihre Songs aufgenommen haben.

Als Unterkunft lebten die Jungs in einem einzigen Apartment, welches ein Freund ihnen zur Verfügung stellte. Hier schliefen Hetfield und Ulrich zusammen in einem Bett, während sich Burton und Hammett die Couch teilten. Unter diesen Umständen und in einem komplett fremden Land bekam die Band schnell Heimweh. In nur vier Wochen beendeten sie die Aufnahmen zügig, um rechtzeitig weiter touren zu können.

Musikalische Innovation

Im Vergleich zu ihrem Debüt zeichnet sich dieses Album durch seine komplexen und strukturierten Songs aus. Für diese Entwicklung ist zu großen Teilen der Bassist Cliff Burton verantwortlich. Burton erhielt schon als kleiner Junge klassischen Klavierunterricht und begann nach seiner Schulzeit ein Musikstudium. Aufgrund seiner langjährigen Ausbildung, war er mit Harmonien, Rhythmen und Musiktheorie vertraut, die er in die Lieder aus ‘Ride the Lightning’ einbaute, während er die restlichen Bandmitglieder unterrichtete.

Dieser klassische Einfluss wird besonders auf dem Instrumental-Song ‘The Call of Ktulu’ bemerkbar. Das präzise Finger-Picking, die vielfältigen Dynamiken und harmonischen Soli geben dem Lied einen dramatischen und epischen Klang. Auf der anderen Seite eröffnet das Lied ‘Fight Fire with Fire’ das Album mit explosiven Riffs, Heavy Sounds und einem sehr hohen Tempo.

Die musikalische Vielfalt wird auch in der Rock-Ballade und Kernstücks des Albums ‘Fade to Black’ deutlich. Eine so gefühlvolle Ballade war zuvor im Thrash-Metal-Genre noch nie zu hören. Das Lied beginnt ruhig mit den Akkorden einer akustischen Gitarre und entwickelt sich knapp sieben Minuten durch verschiedene Tempos und Rhythmen zu einem grandiosen Höhepunkt mit einem aufregendem Solo.

Die akustischen Parts entstanden übrigens, da Diebe das Equipment der Band nach einem Gig geklaut hatten. Ohne einen Verstärker blieb James Hetfield noch seine Akustik-Gitarre übrig, wobei die Melodie zu ‘Fade to Black’ schnell folgten.

Aus diesen musikalischen Experimenten, wie akustischen Sounds und klassischen Einflüssen, entstand schließlich auch die Grundlage für ihr Meisterwerk ‘Master of Puppets’, das zwei Jahre später folgte.

Kirk Hammett, Cliff Burton, Lars Ulrich und James Hetfield (von links nach rechts) im Jahr 1983
© Wikimedia Commons/ Distributed by Megaforce Records

Lyrische Tiefe

Neben der komplexeren Musik entwickelten sich auch die Texte seit ihrem ersten Album weiter. Viele Texte sind mystisch und oftmals sehr düster. Das Lied ‘Ride the Lightning’ bietet zum Beispiel einen persönlichen Einblick in die düsteren und depressiven Gedanken von Hetfield in Form eines Abschiedsbriefs an die Welt:

“Life, it seems, will fade away
Drifting further every day
Getting lost within myself
Nothing matters, no one else
I have lost the will to live
Simply nothing more to give
There is nothing more for me
Need the end to set me free”

Die existenzialistischen Themen ziehen sich durch alle acht Lieder des Albums. ‘For Whom the Bell Tolls’ behandelt beispielsweise den grausamen Terror des Krieges und kritisiert dabei den Faschismus, der solche Kriege überhaupt auslöst. In ‘Trapped under Ice’ wacht ein fiktiver Erzähler aus einem langen Gefrierschlaf auf. Jedoch kann dieser sich nicht bewegen oder sich aus dem Eis befreien. Er kann Schmerz fühlen und normal denken, ist aber wörtlich gefangen im Eis. Eine schaurige Vorstellung, die dem Hörer oder der Hörerin wirklich Angst einflößen kann.

Viele Texte sind von Horrorbüchern von Autoren wie Stephen King, Ernest Hemingway und, wie im Fall von ‘The Call of Ktulu, H. P. Lovecraft inspiriert. Sogar der Albumtitel ‘Ride the Lightning’ stammt ursprünglich aus einem Stephen King Buch. Der Song ‘Creeping Death’ sticht durch die Referenzen zum Alten Testament besonders heraus. Die Lyrics beschreiben die Plagen der israelitischen Sklaven und Sklavinnen in Ägypten aus Perspektive des Todesengels. Diese intellektuellen und teilweise gesellschaftskritischen Texte regen zum Nachdenken an und bleiben im Gedächtnis.

Reaktion auf ‘Ride the Lightning’

Nachdem das Album am 27. Juli 1984 veröffentlicht wurde, hielt sich der Erfolg in den Grenzen. Tatsächlich reagierten Kritiker und Fans eher enttäuscht auf ‘Ride the Lightning’. Die Headbanger und Thrash-Fans der 80er wollten ein einfaches Thrash-Album und keine komplizierten Texte oder langsame Balladen. Vor allem Lieder wie ‘Fade to Black’ erfüllte viele Erwartungen des Metal-Publikums nicht. Dave Lombardo, der Mitgründer der Band ‘Slayer’, kritisierte das Album ebenfalls und behauptete, es sei schlechter als der Vorgänger.

In der Pittsburgh Press, einer populären Zeitschrift aus Pennsylvania, schrieb ein Kritiker: ” […] der rein in Moll gehaltene Heavy Metal dieses Quartetts ist von der gedankenlosesten, am wenigsten geübten und taktlosesten Sorte. James Hetfield ist eher ein Growler und Brüller als ein Sänger, und es gibt kaum Anzeichen darauf, dass sie jemals von dem Wort ‘Melodie’ gehört haben. Die dabei entstehende ‘Musik’ ist meist ein Durcheinander aus Lärm.”

Trotzdem gab es auch einige Kritiker, die das Album für die musikalische und lyrische Komplexität bewunderten. Das Q-Magazine schrieb beispielsweise, dass es den Status von Metallica als Rock- und Metal-Legenden in der modernen Welt gefestigt hätte. Im britischen Kerrang!-Magazine wurde es als ein reifes und intelligentes Album bezeichnet, welches die Grenzen des Metals neu definieren würde.

Diese gemischten Rezensionen sorgten jedoch dafür, dass das Album kaum in den Charts vertreten war. Erst im März des Folgejahrs erreichte die Platte Platz 100 der amerikanischen Albumcharts. Ansonsten war Metallica in den britischen Charts vertreten, einen weiteren internationalen Erfolg gab es vorerst aber nicht. Diese niedrige Platzierung lag unter anderem daran, dass es auf dem Album keine klare Hit-Single gab, die ihren Platz in den Charts festigen würde.

Der Erfolg von ‘Ride the Lightning’ über die Jahre

Im Laufe der Zeit änderte sich die generelle Meinung zum Album allmählich ins Positive. Mehr Kritiker, Fans und Metal-Heads erkannten das Genie von ‘Ride the Lightning’ und lobten es als eines der besten Metal-Alben jemals. Fünf Jahre nach der Veröffentlichung wurde es erstmals mit Platin ausgezeichnet, wobei weitere Auszeichnungen in den 90ern folgten. Bis heute erhielt das Album insgesamt 15-mal Platin.

Auch in Europa zeichnete sich langsam der Erfolg ab. Erst 2008 erreichte ‘Ride the Lightning’ die Schweizer Charts und in Deutschland schaffte das Album es im Jahr 2016 auf Platz 47 der Albumcharts. 2023, knapp 40 Jahre nach der ersten Veröffentlichung, erschien das Album erneut in den deutschen Charts, diesmal auf Platz 21, während es zeitgleich auch in Österreich erstmals die Charts erreichte.

Auf der Rolling Stone Magazine Liste der 200 besten Metal Alben, schaffte es Ride the Lightning auf den elften Platz. Platz acht wurde es auf der Top 50 Metal Alben Liste von Loudwire, und Platz sechs in der Top 200 von Metal Storm. Heute sind sich wohl alle Kritiker einig: ‘Ride the Lightning’ ist einer der einflussreichsten und wichtigsten Meilensteine in der Metal-Geschichte geworden.

‘Ride the Lightning’ ist ein Beispiel für ein Album, das so altert wie ein guter Wein. Zu Beginn war der Erfolg relativ gering, doch über die Jahre erkannten die Hörer und Hörerinnen, welches Kunstwerk die Band hiermit zustande brachte. Vielleicht waren die Metal-Heads in den 80ern einfach noch nicht bereit für ‘Ride the Lightning’.

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Chris Strieder sagt:

#1 - 31.07.2024 um 08:57 Uhr

0

Auch auf dem ersten Album "Kill em all" ist Kirk Hammett in der Band. Mustaine musste schon vor dem ersten Album gehen. Bitte richtigstellen....

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