5 Hacks, um gesangliche Blockaden zu durchbrechen

Wer kennt es nicht: Man ist im Studio, auf der Bühne, im Proberaum oder auf dem Sofa beim Songwriting und gerade dann, wenn es wirklich darauf ankommt, tut die Stimme irgendwie nicht das, was sie soll. Selbst dann, wenn man gesund, wach, eingesungen und gut trainiert ist, klingt es manchmal nicht, macht keinen Spaß oder löst einfach nichts in einem aus. In solchen Momenten ist schwer zu identifizieren, woran es jetzt gerade liegt, denn die möglichen Gründe sind vielfältig und reichen von mentaler Anspannung und körperlichen Blockaden über konkrete stimmliche Probleme bis hin zu Konzentrationsschwierigkeiten. Die folgenden fünf Tipps können euch dabei helfen, eure Gesangsblockade zu durchbrechen.

Inhalte
  1. Emotionalen Zugang zum Song intensivieren
  2. Körperliche Blockaden lösen und Kräfte mobilisieren
  3. Das Slow-Burn Warm-up
  4. Mit geschlossenem Mund singt man nicht
  5. Leistungsdruck identifizieren und loslassen

Emotionalen Zugang zum Song intensivieren

Die menschliche Stimme ist der direkteste emotionale Zugang, den man zur Musik aufbauen kann, sowohl für Hörer/innen als auch für Musiker/innen. Diese Tatsache kann man nutzen und zu einem Tool machen. Wenn ich einen Song singe, egal ob es ein eigener Song oder ein Cover ist, und mich das Ergebnis nicht umhaut, dann checke ich als erstes, wie sehr ich gerade eigentlich fühle, was ich da singe. Auf textlicher und/oder musikalischer Ebene kann sich der Fallstrick verbergen, dass man rein motorisch und technisch agiert. Das führt dazu, dass alle Details von Intonation, Phrasierung und Klang im Vordergrund stehen, aber die Emotionen in den Hintergrund rücken. Die Grundintention ist es doch, mit dem Song eine Geschichte zu transportieren. Wenn Emotionen und Authentizität fehlen, gelingt das nicht und man ist unsicher oder unzufrieden mit der Performance.

In solchen Momenten kann es helfen, den emotionalen Zugang zum Song zu beleuchten und gegebenenfalls auszubauen. Manchmal reicht es schon, sich bei eigenen Songs zum Beispiel einfach erneut bewusst zu machen, wann, wie und warum man diesen Song geschrieben hat. Wenn es so einfach nicht funktioniert, kann man zum Beispiel, den Text des Songs ohne Tonhöhe und Rhythmus ein paar Mal hintereinander laut aussprechen oder vorlesen, um sich den Inhalt und die emotionale Tragweite des Stücks noch einmal bewusst zu machen. Oftmals reicht das schon, um ganz automatisch eine Connection aufzubauen. Eine andere Möglichkeit ist, nach ganz konkreten Bildern, Situationen oder Emotionen zu suchen, die die Aussage des Songs für einen selbst plastischer und zugänglicher machen. Das kann eine Erinnerung sein, eine Filmszene, ein ausgedachter Moment oder einfach eine reine Emotion, die man im Kopf behält und auf die man seine Konzentration lenkt, während man singt. Der Knackpunkt ist hier, wirklich so konkret wie möglich vorzugehen, um die Erfahrung zu intensivieren. Zum Beispiel: Wenn ich ein authentisches Live-Cover von einem Foo-Fighters-Song spielen möchte, würde ich versuchen, mich in eine Situation hineinzuversetzen, die Dave Grohl, Sänger und Gitarrist, in seiner Autobiografie beschreibt: Wie er von der Bühne eines großen Stadiongigs aus das Gebäude sehen konnte, in dem er als Teenager einen seiner ersten Gigs gespielt hat. Und mir dann ganz konkret vorstellen, in genau dieser Situation zu sein, während ich den betreffenden Song singe. Oder sich selbst sozusagen „an den Strand zu singen“, wenn man Jack Johnson covert – you get the idea!

Körperliche Blockaden lösen und Kräfte mobilisieren

Die Stimme als Instrument ist Teil unseres Körpers und andersherum ist auch der Körper Teil des Instruments. Seine Verfassung kann großen Einfluss auf die Stimme haben, das merkst du zum Beispiel dadurch, dass in einem aufrechten Stand anders singst als im Sitzen. So kann auch ein verkrampfter Nacken zum Beispiel die Mobilität des Stimmapparats stark einschränken, genauso wie eine falsche Neigung von Kopf und Hals. Eine unausgeglichene Körperhaltung kann den Rumpf verspannen und somit die Mobilität des Zwerchfells einschränken, zum Beispiel auf einem unbequemen Stuhl oder einfach bloß wegen eines falsch eingestellten Mikrofonstativs. Wenn es gerade einfach nicht laufen will, verändere deine Position oder Körperhaltung, schüttele dich aus und achte darauf, wo im Körper du gerade angespannt bist.

Ich persönlich neige zum Beispiel dazu, bei hohen und lauten Tönen meinen gesamten Oberkörper stark anzuspannen. Vom Bauch über die Brust bis in den Hals und mein Gesicht. Mir hilft es, diese Bereiche zwischendurch oder sogar während des Singens kurz bewusst zu bewegen, um mir selbst zu zeigen, dass die entstehende Anspannung gar nicht notwendig ist. Probiere es doch auch mal aus: Kurz auf und ab gehen, die Hüfte kreisen, den Brustkorb nach hinten einziehen und nach vorne heraus schieben, ein paarmal sanft nicken und den Kopf kreisen lassen oder die Schultern hochziehen und fallen lassen – all das kann dir bei Anspannungen helfen. Schau einfach, was dir guttut. 

Und generell gilt natürlich: Körperliche Fitness hilft auch beim Singen. Bei mir sind es leichter Kraftsport und Yoga, die meinen Körper grundsätzlich in stabiler und beweglicher Verfassung halten. Und selbst, wenn es nur eine Nacht auf der Tanzfläche ist, bei der man den ganzen Körper mal so richtig durchschüttelt – eure Stimme wird euch dankbar sein!

Das Slow-Burn Warm-up

Vor nicht allzu langer Zeit habe Ich den Tipp bekommen, bei beanspruchter Stimme durch Erkältung, Allergie oder ähnliche Beschwerden ein besonders zartes und besonders ausgedehntes Warm-up einzulegen – was aber nicht nur in akuten Situationen, sondern grundsätzlich ein tolles ganzheitliches Tool sein kann.

Das habe ich dann bei einem Gig getestet, bei dem ich mit mehr als fünf Stunden downtime in der Location und den Resten einer Erkältung zu kämpfen hatte. Ich habe also immer wieder zwischendurch ein paar leichte Übungen gemacht oder einfach meine Gitarre in die Hand genommen und ein paar sehr leichte Songs so leise wie möglich gesungen. Die Intensität und Schwierigkeit der Übungen und Stücke habe ich dabei ganz langsam und behutsam erhöht, bis ich kurz vor dem Gang auf die Bühne dann einmal voll ausgesungen habe, um die Verfassung meiner Stimme einschätzen zu können. Und siehe da: Nachdem sich noch ein bisschen Schleim und Dreck von meiner Stimme gelöst hatten, war ich in bester Verfassung und habe eine der stärkeren Performances meiner bisherigen Live-Karriere hinlegen können – obwohl ich nachmittags noch gekrächzt und gehustet habe.

Die Übungen waren vor allem Lip Bubbles und ein leiser Vocal Fry. Tolle Übungen, die ich in dieser speziellen Form von dem sehr kompetenten Online-Coach Chris Liepe auf Youtube gelernt habe.

Dieses kann Tool hilft aber vor allem nicht nur in rein physischen Extremsituationen helfen, sondern schafft auch Abhilfe bei großer Aufregung. Das kontinuierliche Aufwärmen ist nicht nur rein physisch sinnvoll, es kann dir auch helfen, dich einerseits abzulenken und andererseits zu fokussieren. Dadurch kannst du dich wiederum gut vorbereitet fühlen. Aufregung, körperliche Verspannungen oder ein trockener Hals können dadurch ein wenig gezähmt werden und erleichtern dir das Leben damit umso mehr. What’s not to like?!

Mit geschlossenem Mund singt man nicht

Es gibt so viele Übungen, mit denen man lernen kann jeden noch so kleinen Muskelstrang im Stimmapparat anzusteuern und zu kontrollieren. Aber in einer Stresssituation helfen mir persönlich diese Dinge in der Regel nicht weiter. Geht‘s dir ähnlich? Dann kann es dir vielleicht auch helfen, den Mund beim Singen so richtig weit aufzumachen . Bei mir funktioniert es sogar am besten, wenn ich den Mund so weit aufmache und alle Wörter so übermäßig deutlich ausspreche, dass es mir schon fast merkwürdig vorkommt. Warum das so ist? Gute Frage! Mir hilft es dabei, dass meine Stimme besser schwingt, ich bewusster singe und damit auch besser intoniere. Außerdem fokussiere ich mich auf den Text, sodass mein emotionaler Zugang zum Song stärker wird und ich mich im Allgemeinen präsenter fühle. Die Kiefermuskulatur entspannt und lockert sich ganz automatisch durch das weite Öffnen des Mundes. Warum das hilfreich sein kann, haben wir ja gerade schon geklärt.

Leistungsdruck identifizieren und loslassen

Bisher sind wir vor allem auf körperliche und äußere Faktoren eingegangen, aber auch die Psyche kann für eine Gesangsblockade verantwortlich sein. Der eigene Leistungsdruck ist nicht zu unterschätzen und vielleicht kennst du Gedanken wie „Was ist, wenn ich mich versinge?“, „Ich darf bloß nicht den Text vergessen!“,Werden die Leute meine Songs mögen?“ Was, wenn die Leute meine Songs nicht mögen? Was, wenn Ich diesen einen hohen Ton am Ende des Sets nicht kriege, weil Ich mich nicht genug aufgewärmt habe und meine Stimme zu schnell ermüdet? Was ist, wenn Ich dem Publikum nicht das absolut beste Konzert biete, dass sie jemals gesehen haben? Was, wenn der/die Produzent/in mich unprofessionell oder wenig beeindruckend findet?

Solche Unsicherheiten können uns innerlich verkrampfen lassen. Und dann sind Nacken und Kiefer plötzlich verspannt, der alte Barhocker auf der Bühne wackelt, zum Aufwärmen war keine Zeit und vor lauter Aufregung fühlst du die Songs nicht Kommt dir bekannt vor? Aha! Leistungsdruck ist zwar nicht immer, aber oft die Wurzel vielen Übels beim Singen. Mach dir bewusst, dass du negative Sorgen und Gedanken hast und überlege, woher sie kommen. Tausche dich mit anderen Leuten darüber aus, das kann ungemein helfen. Vielleicht ziehst du dich auch kurz zurück und versuchst dich mit Meditation oder Entspannungsübungen zu beruhigen. Und wenn du dich dann noch langsam warm machst, körperlich fit und entspannt bist und in die Songtexte fallen lässt, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen!

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Toxische Selbstansprüche als Musiker/in

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23.03.2022
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