Das Double-Thumbing ist eine spezielle Spielart innerhalb der Slaptechnik, die einen ganz besonderen Sound mit sich bringt: Durch den etwas aggressiveren Klang bietet es sich hervorragend an, um Songs eine Extraportion Dynamik zu verleihen. Aber auch für Besetzungen ohne Drums ist diese Spieltechnik wegen ihres perkussives Sounds gut geeignet. In diesem Workshop zum Thema Double Thumbing wollen wir uns jedoch wegen dem virtuosen Ansatz von Playern wie Victor Wooten widmen, sondern uns eher mit banddienlichen funky Grooves beschäftigen.
Hintergrund: Ich selbst bin ein großer Fan von groovy Plektrum-Spiel auf dem E-Bass. Das einzige Problem an der Sache ist: Ich bin abgrundtief schlecht darin! Ich würde es so gerne richtig können, aber mehrere Ansätze intensiven Übens haben mir gezeigt: Es ist einfach nicht mein Ding! Irgendwann vor einigen Jahren habe ich das akzeptiert.
Die als “Daumenplektrum” bekannte Double-Thumb-Technik war mir bis dato lediglich aus virtuosen Zusammenhängen im Stile eines Victor Wooten etc. vertraut. Diese Spieltechnik sprach mich zur damaligen Zeit jedoch nicht besonders an und kam daher als Ersatz nicht in Frage, denn ich suchte nach etwas, das für den Bandalltag taugte und was ich in einem normalen Groove-Kontext anwenden konnte!
Einige Jahre vergingen, bis ich bei meiner Suche auf Bassisten wie Ethan Farmer, Uriah Duffy etc. stieß, die mit der Double-Thumb-Technik unglaubliche funky Grooves spielten, welche rein gar nichts mit dem zu tun hatten, was ich bisher damit (aus reiner Unkenntnis) verband. Das war es, wonach ich suchte: Double-Thumbing als Ersatz für Plektrum in absolut alltagstauglichen Funk-Grooves, die auch super in einer Band funktionieren!
Bewegungsablauf/Motorik beim Double-Thumbing
Werfen wir zunächst einen Blick auf den grundlegenden Bewegungsablauf dieser Spieltechnik: Obwohl Double-Thumbing immer mit der Slaptechnik in Verbindung gebracht wird, sind doch einige entscheidende Details anders. Beim “normalen” Slappen besteht die Bewegung aus einer Kombination von Drehen und Anheben des Unterarms. Beim Double-Thumbing reduziert sich das Drehen deutlich – der Fokus liegt stattdessen mehr auf der vertikalen Auf- und Abwärtsbewegung durch das Ellbogengelenk.
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Um mit den Daumen in der Aufwärtsbewegung die Saite auch anreißen zu können, müssen wir mit ihm hinter das Ende des Griffbretts rücken und zusätzlich das Handgelenk leicht anwinkeln. So schlüpft ein Teil des Daumens automatisch unter die Saite und kann diese in der Aufwärtsbewegung anreißen.
Wie weit man hinter das Griffbrett rutscht, hängt vom individuellen Geschmack ab. Einige Bassleute schlagen direkt hinter dem Griffbrett an. Ich persönlich habe es gerne, wenn ich mit meinem Daumen ca. in der Mitte zwischen Basshals und Bassbrücke und über oder leicht hinter einem Tonabnehmer bin. Auf diese Weise gelange ich zu einem praktischen Anschlag, der mir mehr “Rückmeldung” gibt. Rückt man etwas weiter weg vom Griffbrett, hat man auch einen volleren Sound, der sich für Grooves besser eignet.
Double-Thumbing-Kontrollübung
Der zweite Schritt ist, dass wir dauerhaft Kontrolle über diese Bewegung bekommen und sie zu einem Automatismus wird. Um uns daran zu gewöhnen, spielen wir zunächst Deadnotes auf den Leersaiten in fortlaufenden Sechzehnteln. (Übungen 2 und 3) So können wir uns zunächst ganz auf den Anschlag und dessen Gleichmäßigkeit in Tempo und Lautstärke konzentrieren. Die Greifhand kommt später hinzu.
Wir beginnen mit einem Downstroke, also der Abwärtsbewegung. Achte darauf, dass ein gleichmäßiger Sound entsteht und der Upstroke (Aufwärtsbewegung) nicht leiser ist.
Koordination beider Hände beim Double-Thumbing
Nur aus Deadnotes besteht natürlich keine Bassline! Deshalb kommt jetzt auch die Greifhand ins Spiel, mit der wir unseren Anschlag koordinieren müssen. Dazu nehmen wir uns eine Note, die wir im Sechzehntel-Raster stets um eine Stelle nach hinten verschieben (Übung 4). Diese Herangehensweise verhilft uns zu uneingeschränkter Kontrolle darüber, wann wir einen Ton im Takt greifen – und wann nicht!
Ein ähnliches Prinzip wenden wir danach auch auf eine Kombination aus zwei Sechzehnteln an (Übung 5). Bei beiden Beispielen ist es sinnvoll, die einzelnen Takte zunächst separat zu üben, bevor man sie zur kompletten Übung zusammensetzt.
Dynamik und Puls beim Double-Thumbing
Richtig funky wird das Ganze, wenn wir nun den Backbeat (die Zählzeiten 2 und 4 in einem 4/4-Takt) betonen.
Diese Herangehensweise unterstützt vortrefflich die Snare-Schläge des Schlagzeugs!Dazu nutzen wir die Hebelwirkung unseres ganzen Unterarms und holen etwas weiter aus als bei dem bisherigen Anschlag.
Auf diese Weise entsteht ein deutlich spürbarer Puls – und auch gleichzeitig eine Takt-Struktur. Zudem erzeugen wir durch den Backbeat auch das authentische Feeling dieser Musik, welches sinnigerweise “Backbeat-Feeling” heißt. Das ist der Schlüssel dazu, dass das Ganze schon von sich aus groovt (Übungen 6-7).
Eigene Grooves mit der Double-Thumb-Technik
Last but not least übertragen wir das bisher Gelernte auf einfache Funk-Basslines! Ich habe euch zwei Grooves vorbereitet, welche auf ganz einfachen Funklicks beruhen, die jederzeit so oder so ähnlich in einem Bandalltag vorkommen könnten.
Bahnen sich die Emotionen ihren Weg und ihr wollt mehr Gas geben und das Ganze dynamisch steigern (z. B., um einen Solisten zu unterstützen), ist die Double-Thumbing-Variante eine coole Option.
Dabei verändern wir nicht die eigentliche Melodik und rhythmische Platzierung der Noten innerhalb des Grooves, die Basis bleibt also komplett erhalten. Allerdings fügen wir jetzt ein gehöriges Plus an Dynamik hinzu und sorgen auf diese Weise für einen ordentlichen Schub.
So klingt der Basisgroove:
Und so klingt die Variante mit der Double-Thumbing-Technik:
Hier ist ein zweites Beispiel, welches dieses Idee demonstriert. Zunächst wieder die einfache Variante:
Und hier das Ganze mit Double-Thumbing:
Im Grunde genommen füllen wir also die ursprüngliche Bassline mit perkussiven Deadnotes und dem betonten Backbeat auf. Dazu kommt natürlich noch der aggressivere Ton der Daumentechnik. Diese Kombination schaltet in punkto Dynamik definitiv ein bis zwei Gänge höher und es ist immer gut, dafür die nötigen Mittel im Angebot zu haben.
Manchmal muss man den bestehenden Groove auch etwas anpassen, damit er mit dieser Technik gut funktioniert. Mein Tipp ist daher: Einfach mal herumprobieren und hören, wie es am besten klingt!
Ich hoffe, ich konnte euch etwas für diese Technik als dynamisches Stilmittel begeistern und wünsche Euch viel Spaß mit euren eigenen Experimenten!
Bis zum nächsten Mal, euer Thomas Meinlschmidt