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5 Tipps für mehr Gefühl beim Klavier spielen

Wer gefühlvoll Klavier spielt, erobert die Herzen der Zuhörer im Sturm! Wäre es nicht schön, frei und mit Gefühl Klavier spielen zu können? Das ist keine Zauberei! Hier kommen meine fünf Tipps für mehr Gefühl beim Klavier spielen.

Wer gefühlvoll Klavier spielt, erobert das Publikum im Sturm!
Wer gefühlvoll Klavier spielt, erobert das Publikum im Sturm!
Inhalte
  1. Das Instrument selbst
  2. Genau hinhören
  3. Nutze den vollen Dynamikumfang
  4. Zeit und richtiges Tempo
  5. Mal ohne Noten spielen


Der Schlüssel zum gefühlvollen Klavier spielen ist es, die Musik mit deinem persönlichen Stil zu interpretieren und mit Leben zu füllen. Obwohl die Notenschrift eine ziemlich exakte Geschichte ist, mit in mathematischen Unterteilungen angegebenen Notenwerten und klar definierten Zeichen für fast alle Aspekte der Interpretation, lässt sie doch viel Spielraum für eine individuelle und gefühlvolle Darbietung. Dazu gehören das, was im Jargon der Pop-, Rock- und Jazz-Musik „Groove“ genannt wird, also die stilistisch passende rhythmische Interpretation, aber auch ein sensibler Umgang mit der Dynamik. Gerade der Kontrast zwischen leisen und lauten Tönen, gepaart mit der passenden Rhythmik, erzeugt das, was wir beim Musikhören und machen als schön empfinden. Das Ansprechen des eigenen Gefühls ist eine der besonderen Stärken der Musik. Um genau das zu lernen, habe ich einige Tipps zusammengestellt, die dir auf dem Weg zum gefühlvollen Spielen auf dem Klavier helfen können.

1. Das Instrument selbst

Dieser Punkt ist offensichtlich: Wer gefühlvoll Klavier spielen möchte, braucht ein Instrument, das diese sensiblen Nuancen auch wiedergeben kann. Am besten eignen sich dafür immer noch ein akustisches Klavier oder ein Flügel, denn hier werden die Bewegungen deiner Finger durch die Mechanik direkt auf die Saiten übertragen und die Schwingungen durch den Resonanzkörper so verstärkt, dass du sie nicht nur hören, sondern auch spüren kannst. Diese direkte Verbindung zwischen Finger und Klang ist für das Spielen mit Gefühl sehr von Vorteil: Du spürst genau, wie das Instrument reagiert und entwickelst mit der Zeit ein Feeling dafür, wie du den Klang formen kannst. Bei einem Digitalpiano ist das etwas anders – hier sitzt zwischen dir und dem Klang eine Elektronik, die deinen Anschlag registriert und der Klangerzeugung den Auftrag gibt, die gewünschten Noten in der gewünschten Lautstärke abzuspielen. Der Klang erreicht dich dann nicht direkt von einer schwingenden Saite, sondern durch Lautsprecher. Egal, wie hochwertig das Digitalpiano ist, führt das immer zu einem indirekteren Spielgefühl als an einem akustischen Instrument.
Das soll jedoch nicht heißen, dass man auf einem Digitalpiano nicht gefühlvoll spielen könnte. Moderne Instrumente von einer gewissen Qualität verfügen über aufwändige Tastaturmechaniken, Abtastsensoren und detailreich gesampelte Klänge, die schon eine ziemlich gute Illusion vom Verhalten eines akustischen Instruments erzeugen. Neben der Qualität der Tastatur und der gebotenen Klangfarben ist dafür auch wichtig, wie gut die beiden Komponenten aufeinander eingestellt sind. Die beste Tastatur nützt nichts, wenn das Flügelsample schlecht abgestimmt ist und die Nuancen nicht wiedergeben kann. Andersherum ist der beste Klang nutzlos, wenn die Tastatur kein entsprechend feinfühliges Spiel erlaubt. Außerdem sollte das Lautsprechersystem ausreichend dimensioniert sein, um den vollen Dynamikumfang überzeugend wiedergeben zu können. Achte beim Kauf eines Digitalpianos also nicht nur auf die reinen Eckdaten wie Hammermechanik, 3-Sensoren-Technik und die Zahl der Velocitystufen, sondern setze dich an das Instrument, probiere es aus und prüfe, ob es für dein persönliches Empfinden das wiedergibt, was deine Finger tun. Tipp: Dabei kann es auch hilfreich sein, die für dein Spiel passende Anschlagkurve (Velocity-Kurve) auszuwählen. Fast alle heutigen Digitalpianos bieten mehrere Kurven zur Auswahl oder besitzen sogar eine Funktion, mit der du deine eigene Kurve erstellen kannst. Damit solltest du unbedingt experimentieren! Mehr zum Thema Digitalpianos findest du in unserem ausführlichen Testmarathon.

Moderne Digitalpianos verfügen über ausgeklügelte Tastaturmechaniken (im Bild: eine italienische Fatar TP/40 Wood Tastatur) (Foto: Christian Radtke / bonedo)
Moderne Digitalpianos verfügen über ausgeklügelte Tastaturmechaniken (im Bild: eine italienische Fatar TP/40 Wood Tastatur) (Foto: Christian Radtke / bonedo)

2. Genau hinhören

Ganz wichtig für mehr Gefühl beim Klavier spielen ist es, dir selbst und deinem Instrument beim Spielen gut zuzuhören. Auf die Gefahr hin, ins Esoterische abzugleiten: Betrachte die Töne nicht bloß als Ereignisse, die durch das Drücken bestimmter Tasten erzeugt werden, sondern als lebendige Wesen, die dir sagen, wie sie sich fühlen, und für deren Wohlergehen du mit deinem Spiel sorgen kannst. Lern dein Instrument genau kennen und höre hinein: Lass einzelne Noten und Akkorde in verschiedenen Lautstärken mal ganz ausklingen und achte auf die vielfältigen Schwebungen des Klangs. Wie unterscheidet sich der Klang bei ganz leichtem Anschlag und im Fortissimo, wenn deine Finger mit Kraft die Tasten nach unten drücken? Wie klingt die Anschlagphase eines Tons und wie klingt er aus? Wenn du ein akustisches Instrument besitzt, achte auf das Volumen des Resonanzkörpers und entdecke die vielen subtilen Nebengeräusche, die ein Klavier oder Flügel hervorbringt: Wie klingt die Mechanik, welche Geräusche machen die Hämmer beim Saitenanschlag und beim Zurückfallen in ihre Ausgangsposition? Hörst du die Pedale und Dämpfer? Der Klang eines Flügels oder Klaviers ist unglaublich vielschichtig und wer mit Gefühl spielen möchte, sollte mit diesen Feinheiten vertraut sein. Dann solltest du lernen, dir selbst auch beim Spielen gut zuhören. Schaffst du es, dem Instrument genau den Klang zu entlocken, den du dir vorstellst? Dabei kann es hilfreich sein, wenn du dich ab und zu aufnimmst – und damit meine ich im besten Fall keine schnelle MIDI-Aufnahme im Speicher des Digitalpianos, sondern eine Mikrofonaufnahme im Raum, der neben dem Instrument selbst auch einen großen Einfluss auf den Klang hat.
Einige moderne Digitalpianos der Mittel- und Oberklasse bieten dir die Möglichkeit, die verschiedenen Nebengeräusche (Hammergeräusche, Saitenresonanzen, Pedalgeräusche etc.) gezielt anzupassen. Dadurch kannst du einerseits ein Gefühl dafür entwickeln, wie diese Feinheiten den Klavierklang beeinflussen, und andererseits individuelle Klänge für bestimmte Stücke “bauen”. Wenn dein Instrument diese Möglichkeit bietet, lohnt es sich damit zu experimentieren! Im folgenden Hörbeispiel ist ein Kawai ES8 mit maximal angehobenen Nebengeräuschen zu hören. Das ist natürlich etwas übertrieben, zeigt aber, welche Möglichkeiten manche Digitalpianos inzwischen bieten.

Audio Samples
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Kawai ES8 maximale Nebengeräusche (Einspielung: Christian Frentzen)

3. Nutze den vollen Dynamikumfang

Ein Flügel und mit einigen Einschränkungen auch ein Klavier ist ein bemerkenswertes Instrument. Es einen riesigen Tonumfang, den man sonst wohl nur bei der Kirchenorgel oder bei einem Synthesizer findet, und kann einen unglaublich großen Dynamikumfang erzeugen. Die Bandbreite reicht vom feinsten Pianissimo, bei dem die Hämmer die Saiten nur leicht touchieren, bis hin zum donnernden Fortissimo, das ohne Verstärkung einen ganzen Konzertsaal füllen kann. Teste die Grenzen aus und nutze sie für dein Spiel: Wie stark musst du mindestens anschlagen, damit überhaupt ein Ton entsteht? Wie laut schaffst du es zu spielen, bis die Grenzen der Mechanik und deiner Kräfte erreicht sind? Nur wer alle diese Facetten und die Abstufungen dazwischen genau kennt, kann sie beim Spielen gezielt einsetzen, um seinem Gefühl Ausdruck zu verleihen.
Wenn du nach Noten spielst, achte auf die Dynamikangaben, die der Komponist in die Noten geschrieben hat, und interpretiere sie nach deinem Gefühl. Wichtig dabei ist: Es gibt keine absoluten Werte. Ein Forte solltest du immer im Zusammenhang des Stückes sehen und dich nicht zuletzt danach richten, was für dich an der betreffenden Stelle ein Forte darstellt. Gäbe es diesen Spielraum nicht, würden sich alle Interpretationen eines Stücks gleich anhören, egal, wer gerade spielt.

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Nutze den vollen Dynamikumfang! (zu hören ist ein Yamaha YDP-163 Arius)

4. Zeit und richtiges Tempo

Von Mozart ist das schöne Zitat überliefert: „Die Stille zwischen den Noten ist genauso wichtig wie die Noten selbst,“ und Debussy pflichtet ihm bei: „Musik ist die Stille zwischen den Tönen.“ Pausen bringen Musik zum Atmen, bauen Spannung und Erwartung auf und lassen die Töne erst richtig wirken. Der emotionalste Moment eines Konzertes ist die Stille nach dem Schlussakkord, wenn die Musik nachhallt und intensiv ihre Wirkung entfaltet, bis sich endlich der Erste zu klatschen traut. Die Kraft der Stille kannst du nutzen, um deine Musik eindringlicher und gefühlvoller zu machen. Wenn du nach Noten spielst, schenk den Pausen genauso viel Bedeutung wie den Noten, koste sie aus und achte darauf, wie sie wirken. Und wenn du frei spielst oder improvisierst, lass hier und da bewusst Raum für Stille.
Überhaupt sind die Zeit und damit das Tempo entscheidende Faktoren für eine gefühlvolle Interpretation. Neben der Dynamik ist das Timing dein wichtigstes Werkzeug, um ein Stück zu deinem eigenen zu machen. Versuch zu erspüren, wo du vielleicht etwas langsamer werden solltest, damit eine Passage ihre ganze Kraft entfalten kann. Entgegen der landläufigen Vorstellung entsteht Spannung und Emotionalität viel stärker durch Verzögerung (und anschließende Auflösung), als dadurch, dass man das Tempo und die Energie steigert. Dennoch kann es natürlich auch sinnvoll sein, an bestimmten Stellen das Tempo anzuziehen – ganz so, wie es das Stück und deine Vorstellung erfordern.
Ganz wichtig: Hör dir Darbietungen von verschiedenen Pianisten an und achte darauf, wie sie mit den beiden großen Variablen einer Interpretation umgehen: Timing und Dynamik. Du wirst sehen: Es ist keine Frage von richtig oder falsch! Gerade in der klassischen Musik ist oft gar nicht genau bekannt oder zumindest umstritten, wie sich der Komponist ein Stück vorgestellt hat, sodass es umso mehr auf deine persönliche Interpretation ankommt. Als Beispiel, wie unterschiedlich man eine Komposition “spüren” kann, hier drei verschiedene Interpretationen des gleichen berühmten Stücks von drei berühmten Pianisten. 

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5. Mal ohne Noten spielen

Das dürfte kaum jemand überraschen: Am gefühlvollsten spielt es sich ohne Noten. Wenn du nicht ständig in die Noten schauen musst, kannst du dich ganz auf dein Spiel konzentrieren und darauf, welches Gefühl du der Musik einhauchen möchtest. Mit dem freien Spielen ohne Noten ist es so eine Sache – den einen fällt es ganz leicht und sie können sich ans Klavier setzen und einfach drauflos spielen, während andere sich damit sehr schwer tun und sich ohne Noten verloren fühlen. Es ist überhaupt kein Problem, falls du zu Letzteren gehörst – auch viele große Pianisten haben auf der Bühne immer die Noten dabei. Aber auch, wenn dir das freie Spielen schwerfällt, solltest du versuchen, dich nicht an die Noten zu klammern. Wenn du ein Stück einstudiert hast, versuch dich schrittweise davon zu lösen, jede Note vom Blatt abzulesen, und sieh die Noten eher als eine Gedächtnisstütze. Nach und nach wirst du merken, dass du immer weniger hinschauen musst. Und wenn das Stück dann richtig sitzt, spring ins kalte Wasser und probier es einfach mal ohne Noten. Es ist ein befreiendes, erhebendes Gefühl, wenn die Finger deiner Hände die Tasten von selbst treffen und du das Stück auswendig spielen kannst! Das Schönste daran ist: Jetzt hast du viel mehr Gehirnkapazitäten frei, um deiner gerade gespielten Musik zuzuhören und deiner Interpretation das Gefühl zu verleihen, das du dir wünschst.

Tipp:  Weitere interessante Themen rund um das Klavier lernen und spielen findet ihr in unserem Artikel: Klavier lernen – Tipps für Anfänger und Profis

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