Bassspielen mit der Raking-Technik: Die Spieltechnik, welche wir in diesem Bass-Workshop beleuchten, wird euch dabei helfen, eure Basslinien kraft- und zeitsparender zu spielen. Raking bedeutet, dass wir keinen Wechselschlag anwenden, sondern in einer Abwärtsbewegung der Anschlagshand denselben Finger von den höheren zu den tieferen Saiten “durchziehen”. Die Technik kann man lediglich über zwei, aber auch über noch weitere Basssaiten einsetzen – ganz nach Bedarf! Dazu kann man Töne auf dem Griffbrett greifen, oder diese Spieltechnik als rein perkussiven Effekt mit Dead Notes nutzen. Die Raking-Technik kommt eigentlich in jeder Stilistik vor. Große “Raker” sind z.B. James Jamerson, Jaco Pastorius, Francis Rocco Prestia, Ray Brown, Ron Carter, etc.
Was ist die Raking-Technik beim Bassspielen?
Ich möchte euch heute die grundlegende Technik zeigen bzw. wie sie in verschiedenen Stilistiken und von unterschiedlichen Bassisten verwendet wird. Ein wichtiger Punkt ist, dass wir es bewusst einsetzen und uns darüber im Klaren sind, wann und warum wir raken. Gerade aufgrund seiner perkussiven Natur kann Raking nämlich im schlimmsten Fall zu unangenehmen Wacklern im Groove führen.
Eine Herausforderung ist also die rhythmische Genauigkeit, denn bekanntlich ist jede Basssaite unterschiedlich stark und bietet der Schlaghand somit mehr oder weniger Widerstand. Deshalb passiert es gerne mal, dass wir an den dickeren Saiten “hängenbleiben” oder an den dünneren Saiten zu schnell vorbeiziehen. Das führt dann zu einem “Ruckeln” im Timing – und das möchte man natürlich tunlichst vermeiden! Beschäftigen wir uns daher erst einmal mit den Grundlagen!
Zwei Möglichkeiten, mit dem Raking zu starten
Allzu viel zu erklären gibt es bei “Finger durch die Saiten ziehen” eigentlich nicht – der Bewegungsablauf ist denkbar einfach. Entscheidender ist, dass wir das Ganze rhythmisch sauber und artikuliert hinbekommen. Es gibt zwei Möglichkeiten zu starten – je nachdem, wie viele Noten und/oder Saiten die Technik beinhaltet.
Die erste Variante ist, dass lediglich ein Finger involviert ist und auf der Saite, auf der wir beginnen, jeweils nur ein Ton gespielt wird. Hier ein paar Übungen dazu, die ich euch jeweils als Video, Audiofile und PDF zur Verfügung stelle:
Für dich ausgesucht
Bei der zweiten Option spielen wir zwei Noten auf der Saite, auf der wir beginnen. Das heißt, dem Raking geht noch einmal Wechselschlag voraus:
Raking im Walking Bass im Blues, Jazz etc.
Walking Bass finden wir in vielen Stilistiken, und die Raking-Technik kann hier für sehr schöne Abwechslung in der sonst so stringenten Viertel-Rhythmik sorgen. Zudem kann man wie erwähnt beim Raking auf elegante Weise größere Distanzen auf dem Griffbrett mit der Greifhand überwinden. Der Grund: Während des Rakings muss man die Strings ja nur abdämpfen und kann sich in dieser Zeit mit der Greifhand frei auf dem Griffbrett bewegen – das ist also ideal für Lagenwechsel!
Gerade im Jazz ist dies ein beliebtes Mittel – Spieler wie Ray Brown sind darin absolute Meister, deren Wege sich dabei nicht selten über mehr als zwei Oktaven erstrecken. Da sprechen wir beim Kontrabass immerhin schon von fast einem Meter Distanz!
Im folgenden jazzigen Walking-Bass-Beispiel kommt Raking sowohl als perkussives wie auch melodisches Element zum Einsatz. Sehr häufig werden hier Dreiklänge mit Leersaiten benutzt. In unserem Beispiel haben wir es mit einem G-Dur-Dreiklang zu tun, der die leere G- und D-Saite beinhaltet. Die Triolen, die mit Raking gespielt werden, sorgen für das gewisse Etwas und lockern den Viertel-Groove dadurch effektiv auf.
Raking bei James Jamerson
James Jamerson war der erste große E-Bassist und Fingerstyler. Er prägte mit seinen Basslines ganz entscheidend den Motown-Sound – und somit unweigerlich alle E-Bassisten/innen nach ihm. Da er vom Jazz und Kontrabass kam, übernahm er viele Techniken und übertrug sie 1:1 auf den E-Bass. Das beinhaltet z.B. das Spielen mit nur einem Finger der Anschlagshand, das Verwenden von Leersaiten, wo immer dies möglich war – und natürlich Raking. Nur dieses mal eben nicht mehr in Walking-Bass-Lines, sondern in funky Motown-Grooves.
Ein großartiges Beispiel dafür ist die Version von “I Heard It Through The Grapevine” von Gladys Knight & the Pips, dessen Chorus geradezu ein Raking-Festival ist! Auch hier wird ein C-Dur-Dreiklang als Grundlage genommen, der die Leersaiten G und E beinhaltet – clever!
Ich habe euch hier zunächst das Original verlinkt, ehe ihr mein Soundfile sowie die Transkribtion zu sehen bekommt:
Raking bei Francis Rocco Prestia
Auch der legendäre Francis Rocco Prestia (R.I.P.) von der Kultband Tower Of Power hörte in seiner Jugend viel James Jamerson und entwickelte seinen ganz persönlichen perkussiven Spielstil mit vielen Dead Notes und zahlreichen Rakings – sowohl im Rahmen seiner unwiderstehlichen Sechzehntel-Funkgrooves als auch in den gefühlvollen 6/8-Balladen der Band.
Ein sehr bekannter Song ist “You’re Still A Young Man”. Sieht man die Noten dazu, kann es einem schon mal schwindelig werden und man kann kaum glauben, dass dies die Bassline zu einer Ballade ist. Aber es funktioniert! Einfach oft anhören, dann kriegt man schon ein Gefühl dafür, trotz des recht verwirrenden Notenbildes. Ich habe eine von vielen Variationen des Verses notiert, aber zunächst hören wir wieder in das Original hinein:
Raking bei Jaco Pastorius
Wenn man über Raking spricht, darf Jaco Pastorius natürlich nicht fehlen. Jaco nutzte diese Technik intensiv – sowohl in seinen bekannten Staccato-Grooves, wie auch in vielen Soli. Ich habe zwei Beispiele ausgewählt. Einmal den Klassiker “The Chicken”, wo es im zweiten Takt des Grooves einen typischen Jaco-Rake zu bewundern gibt. Natürlich variiert der große Meister diese Phrase ständig im Laufe des Songs, wir fokussieren uns aber heute auf das Raking und bleiben deshalb “nur” bei diesen beiden Takten.
Das zweite Beispiel ist “Come On, Come Over” aus Jacos erstem Soloalbum. Der Basis-Groove besteht hier aus zwei Takten, die sich nur in den ersten beiden Zählzeiten unterscheiden. Auf Zählzeit 3 und 4 gibt es jeweils das gleiche Lick – gespielt mit der Raking-Technik!
Hier könnt ihr dem Meister höchstpersönlich auf die Finger gucken:
Viel Spaß und bis zum nächsten Mal, euer Thomas Meinlschmidt