Wenn es um verstörende Orchestereffekte geht, spielt 8dio mit seiner CAGE-Kollektion ganz vorne mit. CAGE steht für Custom Aleatoric Group Effects, also für aleatorische Gruppeneffekte. Diese geräuschartigen, tendenziell dystopischen Effekte finden sich überall in aktueller Film- und Gamemusik und da sie sich schlecht selbst bauen lassen, ist eine gute Library unerlässlich.
„Aleatorik“ (alea=Würfel, Risiko, Zufall) steht für Zufälligkeiten unter bestimmten Rahmenbedingungen. Beispiel: Alle Streicher machen ein Aufwärtsglissando bis zum höchstmöglichen Punkt innerhalb von fünf Sekunden. Es ist klar, dass dabei ein geräuschhafter Effekt zustande kommt, da alle Spieler in leicht unterschiedlichen Geschwindigkeiten spielen. Das Ergebnis sind kontrolliertes Chaos, gestenhafte Bewegungen, in sich morphende Flächen und diffuse Hits.
8dio exerziert diese Übungen in drei Kollektionen getrennt nach Streichern, Blech- und Holzbläsern durch. Wir widmen uns hier den Streichern und schauen, was die String-Library zu bieten hat.
Details
Download und Installation
Mit dem hauseigenen 8dio Downloader ist die Library relativ zügig geladen. Allerdings sollte man für das Entpacken per RAR-Extractor ein bisschen Zeit einplanen. Wir reden von rund 28 GB was mit meinem Entpackungsprogramm etwa 90 Minuten gedauert hat.
Aufbau und Artikulationsübersicht
Die Library kommt als KONTAKT-Instrumentensammlung daher. Dafür, dass das Entpacken so lange gedauert hat, ist die Auswahl vergleichsweise übersichtlich. Grundsätzlich wird zwischen hohen und tiefen Streichern unterschieden.
Innerhalb dieser zwei Abteilungen ist die Instrumentenauswahl relativ ähnlich. Geboten werden: Hits, Textures und Glissandi in langer und kurzer Variante. Außerdem Pulses in den tiefen und Medium Glissandi in den hohen Streichern. Jedes dieser Instrumente bietet zwischen vier und zehn Artikulationen. Diese wiederum erstrecken sich teils über bis zu dreieinhalb Oktaven. Zählt man alles zusammen, wird allmählich klar, wo die knapp 28 GB mit über 1100 Samples geblieben sind.
Die grafische Übersicht könnte nicht einfacher sein. Klar und übersichtlich in der Mitte befinden sich die Artikulationen, links der beleuchtete Button „aktivieren/deaktivieren“, falls man nicht alles benötigt oder RAM sparen möchte. Rechts ein weiterer Button, um festzulegen, ob man die Artikulationen per Keyswitch, Velocity oder CC ansteuern möchte. Außerdem gibt es die Möglichkeit, per Chaos-Funktion zufällige Einstellungen an aktivierte Effekte zu senden, sowie eine Stack-Funktion, um verschiedene Artikulationen miteinander zu kombinieren.
Zu guter Letzt bleibt der Sequencer zu erwähnen. Hier lassen mit bis zu 16 Slots verschiedene Artikulationen in Reihe schalten.Das soll heißen, dass auf den ersten Tastenanschlag Sound A abgefahren wird, auf den zweiten Sound D, auf den dritten Sound M, und so weiter.
Ein Mixer für neun Mikros
Etwas versteckt am linken und rechten Fensterrand befinden sich die Optionen zur Fensteransicht „Mixer” und „Options“. Der Mixer mit seinen neun Kanälen unterstreicht noch einmal die klanglichen Ambitionen dieser Library. Grundsätzlich gibt es zwei Abteilungen, einmal das Ensemble (Mix, Decca, Far, Wide, Close) und die Gruppen (Spot Mikrofone 1, 2, 3, 4). Selbstverständlich lassen sich alle Mikrofone individuell ansteuern und jedes mit jedem kombinieren. Außerdem werden Werkzeuge zur Feineinstellung von EQ Präsenz, Stereofeld und Reverb mitgeliefert.
Für dich ausgesucht
Feineinstellungen im Options-Menü
„Options“ bietet neben Standards wie Attack, Release und Expression auch praktische Helferlein wie „Offset“ zur Feinjustierung des Sample-Startpunkts sowie Möglichkeiten zur Bearbeitung der Velocitykurve. Sehr praktisch ist außerdem die Marker-Funktion zum Merken von Sounds, besonders in Anbetracht der Fülle an Material. Bleibt noch die Stacking-Funktion zu erwähnen mit der sich Gain, Pan und Tune für eine komplette Gruppe von Samples ändern lassen.
8dio bietet unzählige Effekte
Die mitgelieferte Effekt-Palette ist die umfangreichste, die mir in einem 8dio Instrument bisher untergekommen ist. Neben den üblichen Verdächtigen gibt es auch einige interessante Sonderfälle. Offensichtlich wollte man nicht an Werkzeug sparen und möglichst viele Wege in die Welt des Hybrid-Orchesters öffnen. Aber der Reihe nach.
Unter „üblich“ wären wohl EQ, Delay, Filter und Reverb zu vermerken. Aber dann geht es los:
- Key Control – bietet Feineinstellungen in Sachen Volume, Pan, Tuning für jedes einzelne Sample und erstreckt diese bei Bedarf chromatisch auf die komplette Klaviatur
- Degrader – eine Kombination aus Bitcrusher und Distortion
- Trancegate – ein Gate-Sequencer zum Erzeugen von Stutter-Effekten.
- Transform – ein ganz besonderes Reverb. Im Gegensatz zu Plates, Spring Reverbs und Kathedralen bekommt man es hier mit Impulsantworten von Autounfällen, Nebelhörnern und Drohnen zu tun
Zusammenfassend lässt sich jetzt schon sagen: ein unendlicher Spielplatz von Möglichkeiten. Also auf zur Praxis.