Wenn eine News-Meldung der letzten Wochen die Musik-schaffende Gemeinde aufgerüttelt haben sollte, dann war es wohl die Ankündigung von Ableton Live 9 und die in diesem Atemzug ebenfalls erfolgte Präsentation vonPush, Abletons ersten eigenen, speziell auf Live 9 zugeschnittenen MIDI-Controller. Dass diese augenscheinliche Mischung aus Tenori-On, Maschine und APC zweifelsohne weit mehr zu bieten haben soll als die etablierten Maus/Keyboard-Ersatzlösungen, zeigt sich schon darin, dass Push zwar von Akai gefertigt wird, aber komplett von Ableton selber konzipiert und entwickelt wurde und somit Abletons erstes eigenes Hardware-Produkt ist. Viel mehr als das, und was uns die choreografierten Werbevideos der neu-gestalteten Ableton-Website zu erfahren geben, wissen leider auch wir noch nicht über den neuen Wunder-Controller. Was wir allerdings schon etwas genauer anschauen konnten, waren die neuesten Features von Live 9, denn bonedo.de hat freundlicherweise eine der ersten Einladung zur Teilnahme am Beta-Test-Programm erhalten. Zeit für ein erstes kurzes Preview!
Lang ist es her, dass Ableton einen größeren Versionssprung präsentierte. In den letzten Jahren schien vor allem die Diversifikation, weg von der Monokultur, in den Vordergrund der Berliner Firma gerückt zu sein. Das hat der Markt-Durchdringung sicherlich nicht geschadet, Hardcore-User wurden allerdings schon ein wenig lang auf dem Wartegleis geparkt. Und auch beim ersten Start der Live-9-Beta schien alles erst mal wie gewohnt, nur das Standard-Farbschema war ein etwas anderes, graues. Das ist schon mal gut, denn niemand möchte gleich ein gänzlich anderes Programm als Live 8 vorfinden, das ja im Großen und Ganzen durchdacht funktioniert und angenehm etabliert ist. Was bisher aber definitiv wirklich fehlte, war die Möglichkeit, Parameter-Automationen in der Session-Ansicht in Echtzeit aufzunehmen. Und das funktioniert jetzt einfach so:
Doch halt – da übersieht man doch fast schon die erste kleine Verbesserung: Die Arrangement-Ansicht ist jetzt im Zeitbereich gestreift und trennt so „4er Zeit-Einheiten“, was die „musikalische“ Übersichtlichkeit enorm verbessert! Nicht-automatisierte Parameter werden jetzt außerdem durch eine gepunktete Hüllkurve dargestellt, was ehemalige Verwirrungen eliminieren sollte.
Ebenfalls neu ist der Browser, der vor allem durch die Verwendung von Attributen schneller und einfacher zu bedienen ist. Zusätzlich kann man mit Pfeiltasten navigieren und „Ordner öffnen“ sowie „Hot Swap“ per Tastendruck realisieren. Mit der neuen „Places“-Funktion ist man ferner nicht mehr auf einen Speicherort der Library angewiesen, sondern kann diese quasi auch beliebig auf beliebig vielen Festplatten bzw. Unterordnern verteilen – und auch wiederfinden! Da der ehemalige „Geräte-Baum“ nun in Typen unterteilt wurde, muss man weniger „Verästlungen“ auf- und zuklappen bzw. am ausgeklappten Verzeichnis weniger „entlang scrollen“.
Weiterhin wird Live 9 natürlich auch wieder eine jede Menge „neuer“ Sounds enthalten, sogar Max4Live ist nun „von Anfang an“ Bestandteil von der Live Suite – und muss nicht mehr gesondert hinzugekauft werden.
Außerdem gibt es ein neues Compressor-PlugIn namens Glue zu vermelden, welches von dem SSL Bus Compressor inspiriert wurde und von Cytomicentwickelt wurde. Es sich handelt sich hierbei um eine sogenannte Lizenzierung mit Ableton GUI, welche allein immerhin 99,- USD kostet. Ungeduldige können ja schon mal eine Demo-Version ausprobieren. Nur am Rande der Hinweis, dass das Original von SSL Duende bisher zu den von mir meist genutzten „Nicht-Ableton-PlugIns“ gehört, von daher kann ich diese Neuvorstellung nur Gutheißen.
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Ebenfalls neu sind die vielen Detailverbesserungen, sowie die Visualisierungen von Gate und Compressor bei der Anzeige eines zeitlichen Verlaufs der Dynamikkurve bzw. bei dem EQ Eight mit seiner Analyzer-Funktion, wie man sie von Spectrum her kennt. Als wichtigste Verbesserung des EQ Eight ist außerdem die Verwendung neuer Filter-Algorithmen zu nennen, sowie die Möglichkeit, mehrere Bänder gleichzeitig zu bearbeiten als auch solo abzuhören. Weiterhin gibt es nun auch die Möglichkeit der Upward-Compression, sprich der Compressor arbeitet nun auch als Expander.
Grundsätzliche Verbesserungen finden sich aber auch im Bereich des MIDI-Handlings: So gibt es nun einfachere Befehle, MIDI-Material zu invertieren, umzukehren oder auch zu transponieren. Ebenfalls sehr Praktisch: der neue Tastaturbefehl „0“, welcher selektierte Noten deaktiviert bzw. aktiviert. Selbst Automations-Kurven verändern sich jetzt mit, wenn man die Warp-Marker von Clips verschiebt, und auch das von mir lang ersehnte Tool für Krümmungen von Automations-Kurven hat endlich den Weg in Live gefunden.
Etwas Besonderes hat sich Ableton außerdem mit der Möglichkeit einfallen lassen, aus bestehendem Audiomaterial MIDI-Daten extrahieren zu können. Dabei hat man die Wahl, ob man ein Rhythmusmuster, eine Melodie oder die Akkorde der entsprechenden Audiospur erhalten möchte.
Umso komplexer das Material wird, ist es für die zu Grunde liegenden Erkennungs-Algorithmen natürlich umso schwieriger „echte 1:1 Ergebnisse“ zu erzielen. So erkennt der Rhythmus-Algorithmus zwar sehr genau den Groove, kann ihn aber nur auf relativ wenig „Sounds“ verteilen. Man erhält also Bassdrum-MIDI-Noten für tiefe Impulse, Snare-MIDI-Noten für die Mitten-Impulse und oftmals “durchgehende” HiHat-Noten für den „dazwischen liegenden“ Grund-Rhythmus. Das resultierende Timing war in jedem meiner Versuche dennoch beeindruckend „tight“ und selbst im „Parallelbetrieb“ gab es keine Phasenprobleme. Auch heftig-komprimierte, und deswegen etwas zu platte Mixe, kann man so im Nachhinein auch noch mit einer Sample-Kick unterlegen, um für mehr „Cojones“ im neuen Gesamt-Mix zu sorgen.
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