Tutorial: Mit Ableton Drift ist ein ziemlich simpel zu bedienender und hervorragend klingender Software Synthesizer in die DAW Ableton Live eingezogen. In diesem Sounddesign-Workshop zeigen wir euch, wie ihr fünf Sounds im Soft Synth nachbaut und mit jedem davon tiefer in die Geheimnisse von Drift eintaucht!
Ableton Drift ist seit dem Ableton-Live-Update auf Version 11.3 als neuer Software Synthesizer der DAW dabei – und zwar in allen drei Ausführungen, also Intro, Standard und Suite. Drift ist im Vergleich zu Operator oder Wavetable ziemlich einfach zu bedienen.
Analoger Synth-Bass mit Ableton Drift
Los geht es mit einem einfachen, analog klingenden Synth-Bass-Sound in Ableton Drift. Stellt zum Einstieg sicher, dass Drift zurückgesetzt ist und ihr nicht versehentlich ein Preset geladen habt. Dort sind die meisten Parameter bereits voreingestellt. Ladet das Device dafür am besten direkt aus dem Ableton-Browser in eine neue MIDI-Spur.
Als erstes passt ihr rechts oben in Drift beide Oszillatoren an. Die voreingestellten Wellformen ändert ihr nicht. Der Shape-Parameter bei OSC 1 ist besonders wichtig, um den Klang zu verändern. Schon kleine Werte bringen den Sound zum Kratzen und bereichern ihn mit neuen Obertönen. Für uns reichen erst einmal 0.08. Außerdem dreht ihr bei OSC 2 die Lautstärke von -8.0 auf 3.7 – so hört man den Subbass besser!
Wechselt als nächstes unter Filter von Typ I auf Typ II. Er lässt Basssounds oft wärmer und voller klingen. Dazu stellt ihr Freq auf 455 Hz und Res auf 0.27. Spielt ihr jetzt Noten, klingen sie voller und dumpfer.
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Nun geht es zu den Hüllkurven rechts daneben. Stellt bei Envelope 1 den Sustain von 70% auf 50%. Auf diese Weise ist die Attack-Phase am Anfang deutlicher zu hören. Bei Envelope 2 dreht ihr Attack auf 0 ms, Decay auf 354 ms, Sustain auf 0% und Release auf 728 ms. Noch ist die Modulation von Envelope 2 nicht im Sound zu hören.
Damit ihr sie hören könnt, müsst ihr sie noch mit ihrem Ziel verbinden. Ändert dafür im Filtermodul unten die Freq Mod von Pressure auf Env 2 / Cyc und dreht den Wert von -15% auf +27%. Außerdem ist es bei schnellen Bassnoten im Synth sinnvoll, ihn monophon spielen zu lassen. So unterbricht eine Note die vorherige, sie überlappen nicht und vermatschen den Sound nicht.
Ihr ändert rechts oben in Drift den Mode von Poly auf Mono, woraufhin ein neuer Regler, „Mono-Fülle“, erscheint. Je höher ihr diesen Wert stellt, desto mehr zusätzliche Subbass-Oszillatoren hört ihr im Signal. Schon kleine Werte reichen aus, um mächtig viel Bass zu erzeugen! Speichert das Preset zum Schluss in eurer User Library mit einem Klick auf das kleine Diskettensymbol ganz oben rechts in Drift.
8 Bit Lead für Chiptune mit Drift
Was braucht es für Gameboy-Sounds und Chiptune-Feeling? Genau, Square-Waves, wohin das Auge reicht. Ihr wählt bei Osc 1 also eine Square-Wave aus. Außerdem dreht ihr Shape auf 0.51. Als nächstes wechselt ihr bei Osc 2 zu einer Triangle-Wave und dreht Oct daneben auf +1. Dadurch sind die Spitzen im Sound besser hörbar. Unter Detune, direkt daneben, verstimmt ihr Osc 2 leicht mit 0.04. Das Gameboy-Sound-Feeling runden wir dann noch mit -22 dB aus dem Noise-Oszillator ab, die Lautstärken beider Oszillatoren verändern wir nicht.
Beim Filter braucht es für diesen Sound vor allem den HP (Highpass). So klingt das Signal dünner, wie aus kleinen Konsolenboxen. Setzt diesen Regler also auf 543 Hz. Für die Hüllkurven daneben braucht es nur Envelope 1. Stellt den Attack auf 0, den Sustain auf 100% und den Release auf 10 ms.
Kommen wir zur wichtigsten Zutat, dem LFO. Stellt bei seine Geschwindigkeit auf ca. 20 Hz. Außerdem ändert ihr die LFO-Welle darunter von Sinus auf Square und aktiviert mit dem „R“-Button Retrigger. So startet ihr die LFO-Welle mit jeder neuen Note neu.
Nun legt ihr die Modulation an den Pitch der Oszillatoren. Ganz unten links, unter Pitch Mod, wählt ihr als Modulationsquelle den LFO. Um nun ein möglichst harmonisch klingendes Chiptune-Flackern zu erzeugen, braucht es die exakten Modulationswerte von 25%, 50% oder 100%. Denn nur bei diesen Werten klingen die Tonhöhensprünge harmonisch zum gespielten Grundton.
Epische Pads in Ableton Drift bauen
Eine Vorwarnung zu unserem epischen Pad: Ohne eine große Portion Reverb und Delay hinter dem Pad klingt der Sound für manche vielleicht noch immer zu klein und nicht episch genug. Packt also einen Effekt wie die Freeware „Supermassive“ von Valhalla oder den Reverb aus Ableton Live dahinter – und ab geht’s ins Weltall.
Erste Regel bei Pad-Sounds: Alles muss sich bewegen. Um möglichst verwaschen und flächig zu klingen, braucht es viel Modulation im Synth. Los geht es mit den Oszillatoren. Saw-Waves bringen von den angebotenen Wellenformen die meisten Obertöne mit, wodurch die Wellen besonders gut verschwimmen, wenn man sie mischt. Diese Wellenform gilt also für beide Oszillatoren – den Shape setzt ihr auf 0.13.
Bei Oszillator 2 geht ihr bei Oct auf +1 und bei Detune auf -7. Außerdem dreht ihr etwas Noise (-28 dB) dazu. Passt dann noch die Lautstärke beider Oszillatoren an: Osc 1 auf -0.5 und Osc 2 auf -2.5. Als nächstes stellt ihr rechts oben unter Mode von Poly auf Unison um. Dann dreht ihr den Regler für die Unison-Stärke direkt darunter auf 34%. Auch den Drift-Parameter legt ihr schon einmal fest, und zwar auf 51%. Schon klingt der Sound riesig – allerdings auch noch etwas zu dominant und spitz für ein Pad.
Zum Dämpfen stellt ihr unter Filter Typ II ein, geht bei Freq auf 200 Hz und bei Res auf 0.16. Nun geht es um mehr Bewegung im Sound. Als erstes stellt ihr bei Envelope 1 den Attack auf 1,60 s, Sustain auf 100% und Release auf 9.43 s.
Für Envelope 2 wählt ihr für Attack 4.00 s, für Sustain 100% und für Release ca. 20 s. Der Decay-Wert spielt bei beiden Hüllkurven keine Rolle, da der Sustain auf 100% steht. Nun legt ihr wie beim 8 Bit Lead die Modulation von Envelope 2 an Freq im Filter (unten bei Freq Mod). Dieses Mal allerdings mit einem Wert von 36%.
Zum Schluss sorgt der LFO noch für kleine Instabilitäten. Setzt ihn deshalb auf 0.17 Hz mit einer Sinuswelle. Erzeugt unten links in Drift bei Pitch Mod mithilfe eines LFO-Wertes von 0.4% eine kleine Modulation. Falls es noch mehr nach LoFi klingen soll, nehmt ihr einfach höhere Werte. Dann geht ihr in die kleine Modulationsmatrix von Ableton Drift (siehe Bild). Dort wählt ihr im ersten Slot den LFO als Modulationsquelle und Osc 1 Shape mit einer Stärke von 4 % als Ziel aus.
FM Bells für 80s Balladen und Synthwave
Ungewöhnlich für einen Einsteiger-Synth wie Ableton Drift: Er beherrscht auch FM. Mit dieser Synthese-Art kann man unter anderem wunderschöne Glockensounds bauen, wie man sie aus zig Balladen der 80er Jahre kennt. Dafür wechselt ihr als erstes bei beiden Oszillatoren zu Sinuswellen. Die Lautstärke von Osc 1 liegt bei -7 dB, die von Osc. 2 bei -12 dB und die von Noise bei -15 dB.
Nun geht ihr zum LFO, ändert ihn auf den Ratio-Modus („1:1“) und legt dann einen Wert von 9.38 fest. Dreht nun unten links bei Pitch Mod die Intensität des Modulator-LFO hoch. Nicht mehr als 25% sollten es ein, sonst klingt der Sound zu spitz.
Jetzt nutzt ihr Envelope 2, damit diese extrem schnelle Modulation nur ganz kurz am Anfang jeder Note und nicht die ganze Zeit zu hören ist. Envelope 2 stellt ihr deshalb wie folgt ein: Attack 0 ms, Decay 224 ms, Sustain 0 % und Release 10ms. Nun wechselt ihr im LFO-Modul unten von Mod auf Env 2. Dort dreht ihr die Intensität auf 100% (siehe Bild) und den Amount auf 54%. Dadurch ist die LFO-Modulation nur über die kurze Attack-Decay-Phase von Envelope 2 auf den Oszillatoren zu hören.
Als nächstes geht es zu Envelope 1 für den Verlauf der Lautstärke: Attack 0 ms, Decay 100 ms, Sustain 28%, Release 662 ms. Ihr dreht Freq beim Filter (Typ I) auf 3.10 kHz und Res auf 0.60. Außerdem soll Envelope 2 auch hier modulieren. Stellt unten im Filtermodul bei Freq Mod Env 2 ein und wählt eine Modulationsstärke von 100%. So kommt das Metallische im Sound noch kurz durch, bevor gefiltert wird.
Zum Schluss verbreitert ihr den balladesken Sound noch, in dem ihr oben rechts in Ableton Drift bei Mode auf Stereo umstellt und den Regler darunter auf 55%. Auch der Parameter Drift soll für ein etwas analogeres Schwanken in den FM-Glocken sorgen. Geht hier auf 57%.
Düsterer Drone mit MPE-Modulationen
Um zum Schluss noch einmal ALLES aus Drift herauszuholen, bauen wir uns einen düsteren, mäandernden, eiernden Drone-Sound, der dank der MPE-Modulation noch mehr Bewegung und Verzerrung erhält. Bei Osc 1 nehmt ihr eine Haifisch-Zahn-Welle (so nennt sie zumindest Erfinder Marc Resibois im Interview mit Peter Kirn) und eine Saw-Wave bei Osc 2.
Außerdem braucht es bei Shape einen Wert von 0.40 und bei Slide daneben 30%. Detune bei Osc 2 steht auf 0.04, Oct auf -2. Jetzt kommt ein essenzieller Teil des Sounds, die Oszillatorenlautstärke: Osc 1 steht bei +4 dB, Osc 2 bei +2 dB und Noise bei -5 dB. Denn die im Drift-Signalweg hinter den Oszillatoren liegenden Filter-Emulationen übersteuern bei Lautstärken von über 0dB und erzeugen dadurch analoge Wärme und zusätzliche Obertöne.
Beim Filter wechselt ihr zu Typ II und geht bei Freq auf 746 Hz. Res sollte auf 0.60 stehen. Bei Envelope 1 soll es für ein düster wanderndes Drone sanft und verschwommen zugehen: Attack auf130 ms, Sustain auf 100% und Release auf 2,7 s.
Außerdem gibt es über dem LFO eine Prise FM. Stellt ihn auf den Ratio-Modus, wählt für die Wellenform darunter Square und setzt den LFO-Regler auf 11.12. Erhöht nun unten links bei Freq Mod ganz sachte die Modulationsstärke des LFO. Für unseren Sound reichen 7%.
Diese kreischende Modulation sollte nur über die ersten Sekunden des Sounds zu hören sein und dann verschwinden. Das machen wir wie im FM Bells Sound mit Envelope 2: Attack bei 2.1 s, Decay bei 1.60 s und Sustain bei 0%. Nun stellt ihr im LFO für Amount 70% ein. Dazu kommt wieder die Modulationsquelle (siehe Bild) auf Env 2 und die Modulationsstärke auf 23 %.
Nun kommen wir zum Thema MPE. Als erstes stellen wir in Drift die Modulation ein. Am Filtemodul unten bei den Modulatoren stellt ihr „Press“ für Pressure und darunter eine Modulationsstärke von 19% ein. Dann geht es in die Modulationsmatrix. Hier verteilt ihr die MPE-Signale Slide und Pressure als Modulationsquellen. Slide geht im ersten Slot mit 53% Stärke zu Osc 1 Gain. Und Pressure im zweiten Slot moduliert mit 38% Stärke Osc 2 Gain. So übersteuert ihr das Filter noch weiter mit ansteigenden Slide- oder Pressure-Werten.
Für die eigentliche MPE-Modulation gibt es jetzt zwei Wege. Entweder ihr besitzt einen MPE-fähigen Controller wie den neuen Ableton Push 3, ein Roli Seaboard oder zum Beispiel ein Linnstrument. Dann könnt ihr einfach losspielen: Finger auf einzelnen Tasten oder Pads nach oben oder unten sliden, langsam den Druck erhöhen und der Klangveränderung folgen.
Oder ihr malt die MPE-Modulation in Ableton Live wie die Automation in einem Clip. Wie das im Detail funktioniert, haben wir im großen Workshop „MPE in Live“ erklärt. Aber kurz gesagt könnt ihr in Ableton in einem MIDI-Clip einfach einen Akkord einzeichnen, in meinem Fall haben zwei Noten schon gereicht. Und dann malt ihr in der „Expression“-Ansicht für jede Note eigene Kurven bei Slide, Pressure und Pitchbend.
FAZIT: Sounddesign mit Ableton Drift
Jetzt seid ihr Drift-Profis! Nach diesem Workshop wird es euch um ein Vielfaches leichter fallen, eigene Sounds in Drift zu bauen oder bestehende anzupassen. Falls ihr genau überprüfen möchtet, ob ihr „richtig“ gebaut hat, könnt ihr euch alle fünf Sounds in Drift als Presets downloaden.