Ableton Push 3 ist da – und wie insgeheim jeder erwartet hat, tatsächlich nun auch Standalone – mehr dazu in unserer Test-Preview. Push 3: Das Studio zum Mitnehmen oder gar die Vollendung des Instrumenten-Anspruchs? Live is Live und das Studio bekanntlich for Living – und somit reizt mich diese Preview als langjähriger Hardcore-Live-User doch besonders!
In der Kürze der Zeit und in Ermangelung eines Handbuchs, kann ich an dieser Stelle aber nur einen ersten Überblick anhand der Demo-Unit vermitteln und keinen vollständigen Test mit finaler Wertung abliefern. So stay tuned!
Details & Praxis
Ableton Push 3 – standalone
Ableton Push 3 ist im Prinzip wie Push 2, nun nur auch gänzlich ohne Computer zu verwenden. Wobei; tatsächlich steckt der Rechner lediglich zusätzlich im Controller. Und ganz richtig: es gibt eine Version mit „CPU “ und eine ohne „CPU“ zu erwerben. Beide Versionen verfügen aber immer auch über das Audiointerface und die sonstigen Schnittstellen.
Kostenpunkte: 949 Euro für den Controller, 1.899 Euro für den Controller mit Brain. Uff! Ober okay, Rechner-Leistung gibt es wohl nur für Rechner-Preise. Push wird also ein exklusives „Notebook“, das Design-Objekt für Musiker, im Stile von Teenage Engineering, gepaart mit Berliner Techno Minimalismus. Oder vergleiche ich da gerade etwas Apple mit Pfannkuchen äh Berlinern?
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Dennoch, das Gehirn ist lecker, so oder so. Eine Intel i3 Architektur gepaart mit 8 GB RAM sowie 265 GB SSD machen Laune und verheiratet mit einem stattlichen Audiointerface auch richtig Sinn: ADAT I/O, zwei Ins, zwei Outs sowie ein zusätzlicher Kopfhörer-Out, zwei Pedal-Ins und auch MIDI sowie USB-I/O. Controller-Mode geht selbstverständlich auch noch.
Standalone gibt es alle Ableton Effekte, alle Ableton Instrumente, später auch noch Max4Live sowie CV-Tools, eine sicherlich identische Library dank WiFi Sync und File-Handle mit der DAW– so verspricht es zumindest die Zukunft! VST/AU gibt es nicht, Max4Live und CV-Tools sind noch in der Beta. Upgrade-fähig soll die Unit auch werden, in welchen Rahmen, das wird sich zeigen. Meinen ersten Öffnungs-Versuch hab ich nach wenigen Schrauben wieder beendet.
MPC, Maschine und Push
Das Konzept „Controller & Embedded-System dahinter“ ist an sich auch nicht ganz neu – und somit mit MPC und Maschine+ vergleichbar. Grundsätzlich alles dasselbe, nur im Detail äußerst verschieden.
Gleich vorab: einen Song-Mode oder Arranger-View kennt der Push nicht, auch Makros und Racks kann man standalone (noch) nicht erzeugen. Aktuell lässt sich nur Vorhandenes nutzten oder via Umweg von der DAW aus rüber-schieben. Automation-Lanes kann man ebenfalls nicht explizit entblättern aber Bewegungen lassen sich per Drehen aufzeichnen oder mit Parameter-Locks im Sequenzer programmieren.
Es bleibt also auch weiterhin vornehmlich beim initialen Jam oder der großen Skizze mit vielen Clips und Szenen – Songs richtig fertig machen, das muss wohl weiterhin am Studio-Rechner. Genau so war auch die App und der erste Push gedacht – und warum auch nicht, möglichst unkompliziert einfach loslegen ist ja ein absolut legitimes Anliegen.
Umgedreht, kann man Sets vom Rechner mit Arrangement auf den Push durchaus kopieren und abspielen – allerdings sehen und editieren kann man nicht alles. Für mich war Push immer mehr Bühnenlicht als Studiorauch. So oder so: auf der Bühne und im Studio braucht man ein globale Makro-Page.
Push Players Club
Push 3 wendet sich also weniger an typische Studio-DAW-Nerds wie mich, und das ist okay. Der „Live-Musiker“ und der Herr-Drum-Ingeniuer mit Sample-Affinität ist allerdings im Himmel. Es geht ohnehin vor allem um das Spielen anstatt den akribischen Edit – und das Statement unterstreicht man 2023 wohl am besten fett mit einem üppigen MPE-Pad.
Allein das rückt den doch stolzen Preis doch in besseres Licht, oder ?! Es handelt sich auch nicht, wie gewohnt, um 64 einzelne Taster, sondern um einen, und damit ganz besonders großen und mehrfach-sensitiven, „Bereich“.
Erst durch die auferlegten „Gummipads“ wird er überhaupt erst wieder gerastert. „Es“ spielt sich gut und ist hinsichtlich der Nebengeräusche leiser als der alte Push, bei dem eine recht hohle Nuancierung mitschwang.
Ob man MPE am Ende gut mit allen Fingern beherrscht oder besser weiterhin beim “good old Keyboard” bleibt, muss wohl jeder für sich selbst herausfinden. Sollte es letzteres sein, wird’s am Arbeitsplatz dann aber schon auch recht gemütlich eng.
Stilecht MPE-Trommeln mit Akku
In Zug und Flieger ist man mit Push 3 allein aber auch schon gut dabei. Allzu große Fernstrecken-Jams sind jedoch nicht drin, der Akku hat optimistisch max. 2,5 h Laufzeit und läuft so nicht sonderlich lange, zumal das Netzteil recht langsam lädt.
Drums und Synths spielen sich so auch im kleinsten Abteil ausdrucksstark und können mit Aftertouch individuell in Tune gebogen werden sowie durch weitere „Wischerein“ moduliert werden – viele der Kits haben solche Mappings aber auch noch nicht spendiert bekommen.
Repeats, Scales, und ein mächtiger Step-Sequenzer mit verschiedene Layouts – all das kennt man bereits vom alten Push und ist hier genauso verfügbar, im Detail aber spürbar besser! Insofern dürfte auch der reine Controller-Freund bald Interesse an einem Push 3 Upgrade bekommen.
Push 3 verbindet sich leider mit einem traditionellen Netzteil-Anschluss; ein USB-C-Lader wäre praktischer und zeitgemäßer. Stichwort: nur ein Netzteil für Laptop und Push ins Handgepäck packen. Das hat bereits bei Push 2 genervt, der ohne Netzteil zwar funktionierte, aber so dunkel schlecht zu lesen war.
Instant Play
Intuitiv habe ich erste Clips eingespielt, Noten korrigiert, Overdubs erzeugt, sowie Instrumente geladen, gewechselt, usw. – immerhin hat der Hot-Swap jetzt einen eigenen Taster; Soundpack-Sales ick hör die klingeln!
Auch ohne großen Content auf der Vorab-Demo-Unit: erste Skizze entstanden in Minuten – und alles ohne Handbuch und ohne ernsthaftes Grübeln! Es geht schön ineinander über, das User-Interface ist also gut gemacht und in den Essentials flott! Man könnte nur anmerken, dass das Display bei Schriftarten besser aliasen könnte oder von Anfang an eine höhere Auflösung hätte mitbringen können, vor allem auch in Anbetracht des Preises.
Aber letzlich egal: Hab ich gerade Note-Edit gesagt? Richtig, man kann Noten nun korrigieren, ohne sie neu einzuspielen und/oder löschen zu müssen. Man kann einzelne Noten oder mehrere Noten mit dem Wheel selektieren und dann in alle Richtungen, sprich Pitch und Timing, flink und präzise verschieben.
Das flutschte so gut, dass ich erst später checkte, dass es dieses Feature an Push 2 tatsächlich gar nicht gab und gibt. Was nicht am Gerät flutscht: einfach Noten hinzufügen oder Empty-Clips erzeugen. Es muss gespielt werden, so will es Push – es ist Gesetz!
Eine übergreifende Makro-Regler-Page, insbesondere für den Live Einsatz, hab ich auch noch nicht finden können. Das finde ich beides schade, ist bei Mitbewerbern aber auch nicht besser oder wenn, dann anders umständlich 🙂
Big new knobs
Neu ist offensichtlich der große Encoder rechts: Er scrollt angenehm, kann gedrückt werden und sogar nach links und rechts geschoben werden. Das hilft in vielen Fällen kontextsensitiv weiter, ist aber leider nicht flächendeckend bzw. inkonsistent implementiert. Bedeutet: An vielen Stellen innerhalb der aktuellen Menü-Verschachtelung bleibt der Regler oft noch ohne Funktion.
Zumindest eine redundante Belegung wäre denkbar gewesen, sollte es Sorge hinsichtlich der Abwärtskompatibilität gegeben haben. Allerdings: auch die ein oder andere Taste wurde verändert, in dem sie bewegt, mit einer anderen zusammengelegt oder gar mit neuen Symbolen versehen wurden.
Das grundsätzliche Layout bleibt dennoch identisch zu Push 2, der nur im Direktvergleich jetzt auch etwas „dated“ kommt, selbst wenn er funktionell kaum hinterherhinkt. Ob er vielleicht auch bald von entsprechenden Updates profitiert?! Eher unwahrscheinlich, der ganze Max4Live-Spass ist ja auch klammheimlich eingeschlafen.
In-and-Out-the-Box
Push 3 ist dennoch alles in allen: moderner, weniger introvertiert und sucht auch förmlich den Kontakt zur Außenwelt: Die ADAT-I/OS bieten sich so nicht nur für die Aufnahme von Mehrspur-Audio an, sondern können dank der CV-Tools als mächtiger Kompagnon auf Modular-Basis betrachtet werden, sollten man sich mit CV/Gate-Geschöpfen verbrüdern wollen. Und sogar die Pedal-Eingänge können als CV-Ausgänge verwendet werden.
Grundsätzlich funktionieren die Max4Live-Geschichten, vieles hat bei meiner Stippvisite aber noch nicht funktioniert: CV Tools gingen auch nicht. Auch wenn Spectrum nicht blinkt – die restlichen Ableton-Instrumente sind, meinem Überblick zur Folge, dennoch bereits vollständig am Start.
Richtig viele Packs hatte ich eh nicht auf der Kiste, da sich der Demo-Push nicht mit meiner aktuellen Version auf dem Rechner syncen wollte. So hoffe ich, dass sich eigene Samples besser sortieren und in Ordner packen lassen, als es jetzt gelöst ist.
what’s next
Denkbar sind sicherlich auch „anderweitige Erweiterungen“, beispielsweise mit fremden USB-Interfaces. Aktuell ist diese Funktion aber nicht gegeben, genau wie schmerzlich vermisster Support von USB-Drives.
Der USB-Eingang kann aktuell ausschließlich CC-MIDI und erkenn damit nur typische Ein- und Ausgaben von Devices, was im Test aber grundsätzlich funktionierte. Bereits das Verbinden mit einer Akai APC40 brachte aber Ernüchterung, denn weitergehendes Scripting fehlte. Lästig auch: Miniklinke für MIDI Ins und Outs. Leute … 1899 nicht 18,99!
to sync or not
Der Sync an sich ist aber wirklich tight! Besser als bei meiner Version auf dem Mac auf alle Fälle. Die Audiowiedergabe war ebenfalls äußerst stabil, keine Dropouts, keine Sample-Knackser oder gar deren gleichen. Ernsthaft ‘buggy’ war die Kiste ebenfalls nicht, nur an wenigen Ecken fühlte sie sich nicht ganz richtig zu Ende gedacht.
Es brauchte auch ab und an den ein oder anderen Reload der Clip-Inhalte – also einmal Pfeil rüber und wieder zurück mit der Track-Selection. Vielleicht war ich aber auch nur zu blöde und das finale Manual oder Firmware-Update lüftet das ein oder andere Geheimnis.
Wer aufmerksam ist, wird außerdem feststellen, es gibt schon den ein oder anderen Hint für die kommende Live Version: „Flatten“ ist mir in meinem Live zumindest noch nie untergekommen, wird aber bereits jetzt dankend und anerkennend angenommen.
Preview Fazit
Ableton Push 3 zeigt sich im Test-Preview als tolles Werkzeug, das standalone bereits erstaunlich gut läuft. Und das, obwohl wir bei Version 1.0 sind. Dass es an gewissen Stellen, wenn man sich tiefer hineingräbt, noch klemmt, dürfte nicht überraschen. Dennoch: so gut wie hier hab ich lange keinen geschmeidigen Workfow in Empfang genommen. Alle Basics waren easy erreichbar hat, sodass man im Nu „was am Laufen“ hatte. Kein Vergleich zu ersten Maschine und MPC Versionen, wo für manchen Workflow äußerst ausufernd gesucht werden musste.
Tatsächlich habe ich als Studio-Kind gar nicht so viel mit Push 2 gemacht und habe ihn deshalb wirklich selten in den letzten Jahren verwendet. Push 3 hat mir meinen alten Push 2 wieder schmackhaft gemacht. Für mich persönlich dürfte ein Doppel-System interessant werden. Vielleicht mache ich MIDI für meine Vintage-Synths nur noch standalone auf dem Push 3, ein bisschen extra Loop-Chopping und das tatsächliche Recording dann mit den guten Wandlern am Rechner – und bin ab dann sozusagen nur noch auf Audio-Ebene. Zwei verschiedene Prozesse, warum nicht auch zwei verschiedenen Systemen?! Bei Push 3 scheint es keinen Versatz von Audio zu MIDI mehr zu geben, und meine ACME-4 könnte in Zukunft arbeitslos werden.
So gesehen kann das Ding grundsätzlich aber auch nicht mehr oder weniger als Maschine oder MPC, allerdings ist der Mehrwert, sich nicht in zwei verschiedene Systeme reindenken zu müssen, wertvoll. Anders gesagt: Live ist als DAW ausgereift und hat jetzt auch eine einfachen Standaloen-Controller – bei den anderen ist es umgedreht. Es bleibt spannend, was Ableton langfristig mit seinem minimalistischen Konzept für einen Weg einschlägt; Akai MPC und Maschine haben manche Sachverhalte recht lang liegen lassen. Nicht zu unterschätzen: Das Ableton Instrumenten Portfolio ist nicht sonderlich groß, aber wirklich gut aufeinander abgestimmt. Es gibt nichts, was es nicht an Klangerzeuger-Arten und Effekten gibt – und für alles andere ist “noch” Max4Live zu haben. Wenn ich einer DAW Sounddesign-Arbeit mit Stock-Plugins zutraue, dann ist es Live. Push 3 tritt damit gut in alte Fußstapfen und könnte mit Live 12 richtig auftrumpfen. Es bleibt spannend!
Für weitere Informationen empfehlen wir auch das Online-Handbuch.
- Standalone Ableton Live 11
- Alles dabei: Akku, analoge IOs, CV/Gate, ADAT
- hochwertiger, neuer MPE-Controller in 64er-Pad-Form
- neue Editier-Möglichkeiten und Übersichtsseiten, neue Regler
- Akkulaufzeit: max. 2,5h
- keine VST/AU mit Standalone Version
- keine Automation-Lanes, keine Arranger-View
- hoher Preis, zumal Live Version on top kommt
Bubibu sagt:
#1 - 24.05.2023 um 07:47 Uhr
Woher kommt denn die Annahme, es würde bald eine neue Live Version geben? Ich habe nichts darüber gefunden und würde mich auch wundern, wenn man die bisherigen Zeitabstände betrachtet. Flatten gibt es auf jeden Fall schon seit ewig. (Wenn eine Spur „gefreezed“ ist, steht die Option flatten zu Verfügung)
Felix Klostermann sagt:
#1.1 - 24.05.2023 um 14:26 Uhr
Grüß dich Bubibu; Flatten bzw. Audio-Fixieren gab es in der Tat schon lange, allerdings erst nach dem Freeze. Jetzt geht es am Push direkt ohne Umwege – in dem aktuellen Live-Build jedoch nicht. LG; Felix
Antwort auf #1 von Bubibu
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenPaul sagt:
#2 - 25.05.2023 um 00:42 Uhr
Vielen Dank für diesen ausführlichen Bericht! Mich würde noch interessieren aus welchem Material die Oberfläche und die Seitenteile des Push sind. Mein Push 2 ist leider mit der Zeit an den Seiten klebrig geworden, da der Kunststoff mit »Softouch« beschichtet ist. Das lässt sich auch in einigen Foren nachlesen. Ich war schon am überlegen meinem Push 2 ein neues Gehäuse zu bauen aber dann kam das Release mit dem neuen Push. Viele Grüße Paul
Sepp sagt:
#2.1 - 25.05.2023 um 19:57 Uhr
An deiner Stelle würde ich mal probieren, die klebrigen Stellen mit Isopropanol abzureiben. Habe ich letztens bei einem alten Föhn gemacht, der auch mal eine Softtouch-Oberfläche hatte. Das hat echt Wunder gewirkt.
Antwort auf #2 von Paul
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenBen sagt:
#2.2 - 06.06.2023 um 18:11 Uhr
Ginge auch wie folgt: https://www.youtube.com/watch?v=6JSdH3-73ZE Alkohol entfernt auch Beschriftungen wenn man Pech hat, das Mittel im Video entfernt nur die Softtouchbeschichtung.
Antwort auf #2 von Paul
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenBen sagt:
#2.3 - 06.06.2023 um 18:11 Uhr
Ginge auch wie folgt: https://www.youtube.com/watch?v=6JSdH3-73ZE Alkohol entfernt auch Beschriftungen wenn man Pech hat, das Mittel im Video entfernt nur die Softtouchbeschichtung.
Antwort auf #2 von Paul
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