“Sampler” und “Simpler” sind Abletons bordeigene Instrumente zur gezielten Arbeit mit Samples. Simpler übernimmt bei wenig CPU-Verbrauch vor allem grundlegende Sampling-Aufgaben wie polyphones Spielen einer geladenen Audiodatei oder findet seinen Einsatz als gestacktes Drumrack in Live. Der große Bruder Sampler bietet dagegen die Möglichkeit des Multisamplings, also mehrere Audiofiles auf einmal zu laden, dazu umfassendere Modulationsmöglichkeiten und eine komplexere MIDI-Anbindung.
Simpler ist bereits in Ableton Live Intro dabei, Sampler erst ab dem Suite-Bundle oder separat erhältlich für 79 Euro. Beide Instrumente haben ihr eigenes Spektrum und etliche Möglichkeiten, kreativ Sounds zu erstellen. Einige davon stellen wir in diesem Crashkurs vor.
1. Unkonventionelle Rhythmen mit Loops
Ein typisches Einsatzgebiet eines Samplers ist die Erzeugung von Rhythmik durch die konstante Wiederholung eines aufgenommenen Soundclips. So nutzen beispielsweise viele House-Produzenten einzelne, perkussive Abschnitte eines Jazz-Stücks, um ihren eigenen Beat und Groove mit einem organischeren Touch versehen zu können. Diese Technik ist ein einfaches Mittel, das ein Gegengewicht zu starr oder zu elektronisch klingenden Instrumenten schafft. Mit den neuen Features des Ableton Simplers ist das besonders eingängig zu handhaben, im Slice-Modus werden in der Aufnahme automatisch Transienten erkannt und einzeln anspielbar gemapped.
Spannend wird es, wenn wir Sampler zur Schaffung unkonventionellerer Rhythmen nutzen. Durch die Möglichkeit, einzelne Audioclips per Loop zu wiederholen, entwickeln diese für das menschliche Gehör wiedererkennbare Muster, welche in der Folge eine eigene Rhythmik bekommen. So können zum Beispiel Fieldrecordings wie Geräusche unter Wasser, obwohl eigentlich takt- und zusammenhanglose Einzelsounds, zu einem rhythmischen Element werden. Um das zu erreichen, wird einfach ein interessanter Bereich ausgewählt und im Takt geloopt. In Kombination mit einem Groove ergibt sich ein interessantes Zusammenspiel.
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Diese Methode kann sinnvoll sein, um diverse Stimmungen aufzufangen und in eigenen Stücken zu verwenden. So können Geräusche und die Rhythmik von Industriemaschinen ein düsteres Feeling erzeugen, wohingegen die Unterwasseraufnahme eher warm klingt.
Tipp: Mit Abletons Audio-to-MIDI-Funktion kann man Beats leicht mehr Leben einhauchen. Cool dabei ist, dass es dafür nicht mal ein Instrument oder einen MIDI-Controller braucht, zur Not einfach auf einer Kiste oder Ähnlichem trommeln und den aufgenommen Groove anschließend in eine MIDI-Spur umwandeln lassen. Diese wiederum kann im Simpler/Sampler jedes gut klingende Sample triggern und einen lebendigen Groove erzeugen.
2. Texturen
Um spannende Flächensounds zu erzeugen, ist nicht zwangsläufig der Griff zu einem Synthesizer nötig. Mit Abletons Sampler und Simpler lassen sich Pads und Texturen in wenigen Schritten umsetzen. Eine Möglichkeit ist, einen bestimmten Bereich eines Audiofiles zu loopen. Der Loop sollte nicht zu lang sein. Crossfade sorgt für einen smootheren Übergang zwischen den Loop-Punkten. Soweit, so klar.
Interessant ist, dass dafür prinzipiell jede Klangquelle benutzt werden kann. So wird beispielsweise aus dem Geräusch einer aufprallenden Münze eine Sound-Textur. Im Verbund mit den Artefakten stark gepitchter Sounds und den Modulationsmöglichkeiten des Sampler wie LFO, AM/FM und Hüllkurven, werden beliebige Klangquellen zu einem einmalig individuellen Sound.
3. Simulierte Granularsynthese
Körnig, diffus, mystisch – Klänge, die auf Granularsynthese zurückgehen, können vielen Tracks das gewisse Extra verpassen. Bei der Granularsynthese werden einzelne, sehr kurze Sound-„Partikel“ (Grains) aus einem vorbestimmten Bereich einer Audiodatei zufällig und unterschiedlich schnell nacheinander abgespielt. Je kürzer die Soundprobe und umso schneller einzelne Partikel abgespielt werden, desto schwieriger ist es für das Gehirn, die Einzelelemente des Klanges noch zu verorten. Ähnlich einer schnell abgespielten Bildfolge, die einen Film entstehen lässt, interpretiert unser Gehirn die Einzelelemente als neuen Klang. Klangerzeuger mit Granularsynthese bieten häufig Zugriff auf Hüllkurven an, mit denen sich die einzelnen Grains ein- und ausfaden lassen, was die Übergänge noch fließender werden lässt. Es entsteht ein Sound-Teppich, der sich ideal für Pads oder Drones eignet.
Abletons Sampler ermöglicht zwar keine Granularsynthese im klassischen Sinne, durch einen Kniff kann sie jedoch simuliert werden. Dazu wird, ähnlich wie im oberen Beispiel, eine kurze Passage eines Audiofiles geloopt. Der Startpunkt des Loops sollte relativ weit vorne in der Audiodatei gesetzt werden, der Endpunkt darf nicht zu weit entfernt sein. Je nachdem, wie eng der Loop gesetzt wird, tritt der Effekt mal heftiger mal subtiler hervor.
Nun werden zwei LFOs benötigt: Einer, um die Startpunkte des Loops in einem vorgegeben Bereich immer wieder zufällig abzutasten. Der zweite LFO verschiebt den Startpunkt des Loops langsam von Anfang bis zum Ende in der Audiodatei. Dazu wird „Ziel A“ bei beiden LFOs auf „Loop Start“ gesetzt. Die LFO-Intensität bestimmt, über welchen Bereich der Loop-Start verschoben bzw. ausgewählt wird. Da beim ersten LFO das Routing fest vorgegeben ist, nutzen wir hierfür LFO2 und wählen unter Type “Random” aus. Dadurch werden die Startpunkte (unsere „Grains“) zufällig abgespielt.
Übertragen auf die Granularterminologie bestimmt nun die LFO-Geschwindigkeit die Länge der einzelnen Grains, Loop-Crossfade übernimmt hier die Aufgabe der Grain-Hüllkurve. Der dritte LFO fährt gleichzeitig das Sample von vorne bis hinten durch. Dazu wird für diesen LFO Sägezahn ausgewählt und die Intensität deutlich höher eingestellt als beim LFO2. Ein Wert von ca. 90 ist ein guter Ausgangspunkt.
Damit dieser Effekt möglichst gut funktioniert, sollte der Start des Loops zudem eher am Anfang des Samples liegen. Richtig interessante Sounds ergeben sich bei der Verwendung von Sprachsamples und synchronisierten LFO-Frequenzen: “Instant Musique Concrète”.
4. Multisampling
Bei all den riesigen Soundlibraries wird heutzutage gerne mal eine ursprüngliche Hauptaufgabe von Samplern übersehen: Das Aufzeichnen monophoner Quellen zur polyphonen Wiedergabe. So ist es möglich, seinen analogen Mono-Synthesizern Dank Multisampling “Polyphonie zu verpassen”. Um dabei den Qualitätsverlust bei gepitchten Samples zu vermeiden, wird – je nach rhythmischer Komplexität des Grundklangs – jedes MS-20 Sample der korrespondierenden MIDI-Note im Sampler zugewiesen. Bewährt haben sich Oktav-, Quint- oder Terz-Abstände.
Tipp: Am Besten benutzt man ein langes Sample, das die verschiedenen Noten enthält, um Ressourcen zu sparen. In diesem Sample legt man die Start- und Endpunkte entsprechend der einzelnen Noten fest und weist sie der korrespondierenden Taste zu.
Auch ist durch Sampler die Möglichkeit gegeben, den „aufgenommenen Synthesizer“ mit Modulationen zu versehen, die der originale Synthesizer gar nicht innehat. So kann Abletons Sampler die Sounds eines MS20 mit drei verschiedenen LFOs modulieren, obwohl Korgs Legende nur einen an Bord hat.
5. Kick-Layering
Da der Kickdrum in einer Produktion oftmals eine essentielle Rolle zukommt, ist es wichtig, dass diese individuell gefällt und rund klingt. Dazu ist ein optimaler Zugriff auf die verschiedenen Komponenten des Sounds sinnvoll, welche in Höhen, Mitten und Tiefen aufgeteilt werden. Als Mini-Drumrack kann Abletons Simpler helfen, die einzelnen gewünschten Layer der Kick zu bearbeiten und gleichzeitig über eine Note zu triggern.
Dazu wird ein Instrument-Rack auf eine Spur gezogen und dieses mit drei Kickdrum-Samples gefüttert, die für den jeweiligen Frequenzbereich (tief, mittel, hoch) stehen. Ableton öffnet diese dann automatisch in einem Simpler. Der Sub-Part der Kick wird mittels Low-Pass-Filter beschnitten, der mittlere Teil via High-Pass sinnvoll addiert. Beim mittleren Teil empfiehlt es sich, alles unter etwa 250 Hz wegzuschneiden, um nicht mit dem Sub-Lager zu kollidieren.
Ähnlich wird mit dem hohen Teil des Layers verfahren. Ein Hochpassfilter eliminiert hier den bereits von den anderen beiden Bestandteilen genutzten Frequenzbereich. Natürlich spricht nichts dagegen, die einzelne Bereiche mit weiteren Effekten, z.B. Overdrive oder Kompressoren zusätzlich zu bearbeiten.
Das Layern von Kicks funktioniert natürlich auch mit anderen Herangehensweisen. Auf diese Art jedoch ist es möglich, ein Drumrack-Template zu speichern und für künftige Ansätze wieder und wieder zu nutzen.
Zum Ende noch ein kleiner aber feiner Tipp: Sampler lässt sich jederzeit zu einem Simpler umwandeln, umgekehrt gilt dasselbe. Falls also mit dem Simpler begonnen wurde, die Modulationsmöglichkeiten aber nicht ausreichen, kann einfach in den Sampler-Modus geswitched werden.
Für alle, die tiefer ins Thema “Sounddesign” einsteigen wollen, haben wir noch eine Buchempfehlung:
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