Praxis
Wie arbeitet man nun mit Regroover?
Die simpelste Art und Weise ist es, einen Loop zu analysieren, die Mischverhältnisse zu verändern und dann das ganze File einfach wieder per Drag-und-Drop auf eine Audiospur der DAW zu ziehen. So kann man in wenigen Sekunden in einem Loop z.B. die HiHat lauter machen oder muten. Detaillierter ist es, die einzelnen Layers zu exportieren und dann als Audiofiles in die DAW zu ziehen.
Eleganter ist es, Regroover als Plug-in mitlaufen zu lassen, die Nachbearbeitungsmöglichkeiten zu nutzen und die einzelnen Layer auf jeweils eigene Kanäle in der DAW zu routen. Virtuos wird es, wenn wir per „Annotation-Tool“ die Ungenauigkeiten der Analyse per Hand ausbügeln, aus einzelnen Layerfragmenten ein sechszehnteiliges Kit erstellen und dann via MIDI komplett neue Grooves aus altbekannten Sounds programmieren.
Über die beiden Fader „Layers“ und „Activity“ legt man fest, ob vier, fünf oder sechs Layers kreiert werden und wie geschmeidig die Analyse des Clips reagiert. Als Faustregel gilt: viele schnelle Informationen im Clip = hohe Activity, langsame Klangveränderungen = niedrige Activity wählen.
Also, welches Material eignet sich? Das Ausgangsfile muss als WAV oder AIF vorliegen und darf nicht länger als 30 Sekunden sein. Auch sollte der Loop sauber geschnitten sein, denn das Geraderücken von Beatschwankungen und Ausgleichen von Ungenauigkeiten funktioniert in Regroover nur sehr umständlich oder gar nicht.Es gibt auch keine Warpmarker wie in Ableton, mit denen Timing-Ungenauigkeiten korrigiert oder zeitliche Manipulationen in die Layer eingebaut werden können.
Annotation-Tool
Einzigartig ist das Annotation-Tool. Sounds, die von der KI auseinandergerissen und verschiedenen Layer zugewiesen wurden, können hiermit restauriert werden. Wie gut das klappt, zeigen die folgenden Audiobeispiele. Hier habe ich das Drum-STEM meines Tracks „The City Rain“ (erschienen 2013 auf Parquet Recordings) zerlegt und die einzelnen Spuren restauriert. Die Soundbeispiele 2-5 sind die vier Layer nach der ersten Analyse. Man hört deutlich im Layer 1 den „Teppich“ der Snare.
Im nächsten Schritt markiere ich nur diesen Snare-Teppich mit dem Annotation-Tool, verschließe die zwei unbeteiligten Layer mit dem Schloss-Symbol und füge mit der darauffolgenden Analyse den Snare-Teppich dem Rest der Snare auf Layer 2 hinzu.
Dann soll noch der Rest des „Geschäkers“ auf Layer 1 den HiHats auf Layer 4 zugemischt werden. Bei ersten Versuchen, in denen ich den kompletten Layer 1 anwähle, präsentiert mir Regroover enttäuschenderweise auf allen Layer leere Informationen. Nachdem ich (wegen der noch fehlenden Undo-Funktion) noch mal alle bisherigen Arbeitsschritte rekonstruiert habe und nicht das komplette Layer 1 zum Mergen anwähle klappt alles wunderbar höre die letzten vier Audiobeispiele.
Unter der Haube
Auf Nachfrage erklärte mir Accusonus, dass Regroover tatsächlich mit einem künstlichen Intelligenz-Algorithmus arbeitet, der die gelernten Erfahrungen mit einem Drumloop in Betracht zieht und bei erneuter Bearbeitung die durch den User durchgeführten Schritte berücksichtigt. Bei dem komplett angewählten Layer im obigen Beispiel hätte die KI also den Zweck der Berechnung falsch interpretiert. Manchmal muss man also die KI auch überlisten. Ich bin jedenfalls gespannt, wie lernfähig meine Regroover-Version über die verschiedenen Arbeitsprozesse und Updates noch wird und ob sie irgendwann so schlau ist, dass mir Regroover den Track mischt und die Pizza bestellt. Regroover sendet laut Accusonus übrigens keine Nutzerdaten an den Firmenserver zurück, es gibt also – bislang – keine offenen Datenschutzfragen.
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Über den Tellerrand geschaut
Grundsätzlich kann jedes Audiomaterial interessante Ergebnisse liefern. Regroovers Einsatzfeld ist nicht auf Beats und Drums beschränkt. Für meinen Remix des Stücks „Horizont“ von T-Raum (erschienen 2018 auf dem Wiener Label Schönbrunner Perlen) wollte ich eine rhythmische Keyboardfigur aufbrechen.
Interessant, was Regroover anbietet: vier Files, eines ohne Sound, drei mit Soundfragmenten, von denen zwei höchst brauchbar klingen und auch gleich als interessante Variante Einzug in meinen Remix finden. Hier könnt ihr das Original und die einzelnen Layer hören.
Es lohnt sich also, mit Regroover zu experimentieren, um aus an sich starren Samples Ungehörtes zu extrahieren. Die Ergebnisse sind nicht immer vorhersehbar, aber oft stößt man auch auf eine kleine Goldmine und bekommt einen Loop geschenkt, den man so nicht erwartet hätte.
Das Zusammenstellen eines Drumkits aus bis zu 16 Fragmenten der verschiedenen Layer ist supereinfach und kann sehr lohnend sein. Elemente werden einfach angeklickt, der zu exportierende Bereich ausgewählt und dann per Drag & Drop in das Expansion-Kit gezogen. Selbst in die DAW oder in ein Ableton DrumRack können die Soundfiles gezogen werden. Aber Achtung: Die angewählten Elemente in den Layer nur in der unteren Hälfte grabben, sonst klappt das nicht. Im Gegensatz zu den Layer reagieren die Sounds im Expansion-Kit auf MIDI-Anschlagdynamik.
Wie klingt’s?
Gute Frage: Es hängt viel an der Vorbereitung. Ein sauber geschnittener Loop klingt auch gut, zumindest komplett abgespielt oder in den Lautstärkeverhältnissen leicht variiert. Der Timestretch-Algorithmus von Ableton und Traktor klingt für mich besser. Es lohnt also, Regroover die Loops bereits im gewünschten Tempo anzubieten. Die einzelnen Layer klingen für sich allein nicht immer besonders beeindruckend. Das lässt sich von Fall zu Fall mit geschicktem Einsatz des Annotation Tools lösen – oder auch nicht. Sprich: man wird nicht immer einwandfreie Ergebnisse erhalten. Aber manchmal auch genial inspirierende Geschenke, die bislang unmöglich waren. Und vielleicht initiiert ja Regroover auch völlig neue Genres, wie Ableton und Minimal Techno oder Autotune und der Cher-Gesang, ohne den wiederum Trap heutzutage undenkbar wäre. Happy Technology!
Welche Version?
Zurzeit gibt’s das komplette Pro-Bundle mit allen Expansion-Kits für 299 Euro. Accusonus bietet die Expansion-Packs mit genretypischen Beatloops und Sounds auch einzeln für je 49 Euro an. Regroover Essential kostet 99 Euro, der bescheidene Funktionsumfang legt aber klar den Erwerb der Pro-Version für 219 Euro nahe.
Ladet euch doch einfach erst einmal die Free Trial Version und das kostenlose Expansion Pack Alpha runter und probiert selbst. Accusonus hat einige Tutorial-Videos online gestellt, die die Möglichkeiten und den Workflow von Regroover sehr eindrucksvoll darstellen.
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