Adam Audio H200 im Praxis-Check
Der Praxistest erfolgte über einen mehrtägigen Zeitraum an den folgenden Kopfhörerverstärkern:
- Universal Audio Apollo X4
- SPL Phonitor mini
- Apple MacBook Pro Kopfhöreranschluss (2024)
Während des Tests kamen auch die folgenden Vergleichskopfhörer zum Einsatz:
Sowohl das alte Adam-Audio- als auch das Focal-Modell sind deutlich teurer, zu einem gewissen Anteil aber auch durch einen umfangreicheren Lieferumfang bedingt. Durch den selbstbewussten Anspruch des Herstellers (Mix, Mastering etc.) aber durchaus interessante Referenzen, denen sich der H200 stellen muss. Soviel vorweg: Der preiswerte H200 muss sich vor niemandem verstecken!
Anwendungsbereich
Mit seiner auffallend hohen Dämmung ist der H200 eine exzellente Wahl bei sensiblen Mikrofonierungen und unter hohem Lärmpegel. Darüber hinaus besitzt der neue Adam Audio Kopfhörer universell einsetzbare Wiedergabeeigenschaften, wie man sie auch in höheren Preisregionen nicht alltäglich findet. So lässt er sich sogar gewinnbringend beim Mixing und Mastering einsetzen.
Wie klingt der Adam Audio H200?
Der erste Eindruck
Der H200 klingt über den gesamten Hörbereich erfreulich ausgewogen und insgesamt hochwertiger, als ich es bei dem überraschenden „Abwärts-Preissprung“ gegenüber dem SP-5 befürchtet hatte! Auch wenn beispielsweise mein erheblich teurerer Focal Lensys – so wie es nun einmal im Hochleistungssport ist – in manchen Wiedergabeparametern einige Nasenlängen Vorsprung hat, liegen keine Welten zwischen beiden Modellen.
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Frequenzwiedergabe
Wie gesagt, empfinde ich die Frequenzwiedergabe als weitgehend homogen und gut beurteilbar und Tonalität und auch Quantität. Der Bass besitzt druckvollen Tiefgang, ohne dabei zu dick aufzutragen und der mittlere Frequenzbereich wirkt gegenüber dem auslaufenden teureren Modell SP-5 aus eigenem Hause tatsächlich noch natürlicher. Dabei profitieren die Mitten zusätzlich vom Einsatz des Plug-ins.
Die Höhen sind prinzipiell gut austariert, wobei der „Audiolupeneffekt“ zum Aufspüren von Schnittfehlern und sonstigen Artefakten nicht ganz so ausgeprägt ist, wie bei meinen Vergleichsreferenzen. Zudem neigt der H200 ein wenig dazu, Zischlaute zu mildern. Das kann man mögen oder auch nicht. Auf jeden Fall gefällt mir die Höhenwiedergabe des H200 deutlich besser und ist aus meiner Sicht praxisgerechter als die übertriebene Höhenpräsenz und Schärfer einiger Konkurrenzmodelle von anderen Herstellern.
Raumabbildung & Dynamik
Die Wiedergabe von Transienten und Impulsen bewegt sich auf einem Niveau, das professionelle Beurteilungen der Dynamik ermöglicht. Eine nennenswerte Eigenschaft, die ich weder als gut noch als schlecht bewerten möchte, ist eine wahrnehmbare Ausprägung des Seitensignals gegenüber dem Mittensignal. So wirken beispielsweise mittig positionierte Gesangsspuren eingebetteter als es bei meinen Vergleichskopfhörern der Fall ist. Hierauf hört man sich jedenfalls schnell ein und fällt nur im unmittelbaren Vergleich auf.
Deutlicher, als ich es in der Vergangenheit mit anderen Kopfhörermodellen wahrgenommen habe, profitiert die Auflösung, Luftigkeit und Tiefe des H200 an einem hochwertigen Kopfhörerverstärker wie meinem SPL Phonitor mini. Eine ordentliche Lokalisation und generell gute Performance leistet der neue Adam Audio Kopfhörer aber an allen im Test verwendeten Kopfhörerausgängen.
Verwendung und Praxisrelevanz des Headphone Utility Plug-ins
Wie eingangs erwähnt, kann ich vielen „Kopfhörer Plug-ins“ wie zuletzt der mitgelieferten Software des Sennheiser HD 490 Pro Plus-Bundles (toller Kopfhörer übrigens) nicht viel abgewinnen. Das Headphone Utility Plug-in des H200 bietet „kaum“ Features, aber diese sind hochinteressant und bieten Anwendern, die sich nicht am „Plug-in-Workflow“ stören, einen tatsächlichen Mehrwert.
Zunächst aber das Negative: Das AU/VST3 Plug-in läuft nicht mit jedem älteren Setup, wie meinem Produktionsrechner (macOS 12.7.6 / Logic 10.7.4). Unter Profis ist es nicht ungewöhnlich, dass man mit leicht patinierter Software arbeitet. An meinem MacBook Pro unter macOS 14.4 und Logic 11 läuft aber alles einwandfrei. Unsere Nachfrage beim Hersteller hat ergeben, dass die (zwischenzeitlich online einsehbaren) Mindestvoraussetzungen wie folgt lauten:
- macOS 13 bis 15
- Windows 10 / 11
- VST3 / AU-kompatible Host Software
Pro Tools User können bzw. müssen laut meiner Online Recherche zur Einbindung der VST3-Version auf Software von Drittherstellern zurückgreifen. In der Praxis habe ich dies bisher nicht ausprobiert.
Wie bei anderen Plug-in-Lösungen auch, wird Headphone Utility in der Regel als letztes Glied im Masterbus insertiert und muss beim Bouncen oder Monitoring über Speaker stets deaktiviert würden. Einige DAW-Hosts bieten auch elegantere Einbindungsmöglichkeiten in einem separaten Monitorweg.
Headphone Utility Plug-in
Der oben abgebildete Screenshot sollte weitgehend selbsterklärend sein. Die Haupt-Features sind die anwählbaren Klangsignaturen („Voicing“) „Pure“ und „UNR“ sowie der aktivierbare Crossfeed-Algorithmus namens „Externalization“. Crossfeed nutze ich seit Jahren in meinen Kopfhörerverstärkern von SPL. Diese Funktion mildert das extreme Panning beim Abhören über Kopfhörer und nähert sich dem Monitoring über Lautsprecher etwas an.
Die Aktivierung der Externalization-Funktion im Plug-in bewirkt eine für mich überraschend extreme Verengung des Stereosignals, verglichen mit meinem gewohnten und subtiler agierenden Hardware Setup. Nach einer moderaten Einhörphase beginne ich aber dieses Setting zu schätzen und zu „verstehen“. Trotzdem vermisse ich hier eine Abstufungsmöglichkeit. Aus meiner Sicht wäre dies ein willkommener Bestandteil eines Updates.
Sobald das Plug-in aktiv ist, erfolgt eine Klangveränderung, auch in der von mir favorisierten Voicing-Einstellung „Pure“, die bereits ein Processing bewirkt! Pure verbessert laut Hersteller die neutrale und präzise Wiedergabe – tatsächlich ist das der Fall. Die Mitten wirken aufgeräumter, vor allem im unteren Bereich, und der H200 klingt insgesamt noch transparenter und präziser. „UNR“ (Uniform Natural Response) bewirkt eine etwas HiFi-mäßigere Abstimmung mit wärmerem Bass und einer zusätzlichen Prise an Höhen, die meinen Nerv nicht so sehr trifft.
Gut, dass man die Wahlmöglichkeit hat – schade, dass man das Processing nicht DAW-unabhängig nutzen kann. Insgesamt empfinde ich das Plug-in aber als Bereicherung des Gesamtpakets!
Tragekomfort
Der Adam H200 wiegt lediglich 250 g (ohne Kabel) und sitzt gut und sicher auf meinem Kopf. Positiv zu bewerten sind die dicken und weichen Kunstlederpolster der Ohrmuscheln und des Kopfbügels. Nicht sicher bin ich mir, ob der kräftige Anpressdruck wirklich jedem gefällt – Selbstversuch macht „kluch“. Mir persönlich ist der Druck für längere Hörphasen tatsächlich etwas zu dominant, das wäre aber auch kein Ausschlusskriterium.
Die Größenanpassung des Bügels erfolgt über einen gerasterten Schiebemechanismus, der im positiven Sinne etwas schwergängig ist. Beim Auf- und Absetzen bleibt die Größeneinstellung stets erhalten.
Alternativen zum Adam Audio H200
Audio-Technica ATH-M50X | Shure SRH840A | AKG K371 |
inzwischen ein Klassiker unter den Allround Studiokopfhörern, der im Kollegenkreis auch zum Mischen eingesetzt wird; gleiche Preisklasse | guter Studiokopfhörer „unter dem Radar“; in der EFS-Variante mit universell einsetzbarer Abstimmung | praktischer Studio-Allrounder, der innerhalb seiner Preisklasse eine gute Eignung für Klangbeurteilungen hat. Etwas wärmere Mitten als der H200 |