Adam Bradley Schreiber – kreative Drumsounds aus Detroit

Seit einiger Zeit bereichert Adam Bradley Schreiber mit seinen unzähligen Videos auf Instagram die Drumming-Welt. Mit scheinbar nicht enden wollender Kreativität und Kontinuität postet er Bewegtbilder mit ungewöhnlichen Setups und kreativen Patterns an außergewöhnlichen Drums. Seine Liebe zu Vintage Drums und Kalbsfellen fällt dem Kenner sofort ins Auge. Seine Grooves sind verankert in der Tradition alter Funk-, Jazz- und Soulmusik aus den goldenen Zeiten des vergangen Jahrhunderts und verschmilzen durch Adams eigenen Geschmack zu einer ästhetischen Symbiose, die sein Spiel auch für moderne Recordings attraktiv macht.

Interview mit Adam Bradley Schreiber - Foto von Elizabeth Nowicki.
Foto von Elizabeth Nowicki.

Dabei löst er sich gerne vom typischen Schlagzeug-Setup und greift auf unterschiedliche Sticks, Mallets und Besen sowie eine Vielzahl an Percussioninstrumenten zurück. Während man vielen Musikern einen typischen Sound zuordnen kann, überrascht Adam durch seinen besonderen Ansatz immer wieder und hat sich damit im Laufe der Jahre zu einer Art kreativer Geheimwaffe für viele Produzenten, wie beispielsweise auch Dan Auerbach von The Black Keys, gemausert. Wir sprachen mit ihm über seine Herangehensweise an Musik, warum die Drums für ihn ein spirituelles Instrument sind, wie er seine besonderen Sounds kreiert und welchen Ratschlag er jedem auf der Suche nach dem eigenen Sound geben kann.

Hallo Adam, viele kennen dich von deinen vielen kreativen Videos auf Instagram. Bist du hauptsächlich Studiomusiker oder kann man dich auch Live auf der Bühne erleben?

Bei mir halten sich Recording und Touring die Waage. Ich mag es nicht besonders, wenn ich länger als anderthalb bis zwei Wochen unterwegs bin. Aktuell toure ich mit der kanadischen Folkband „Timber Timbre“. Ich lehne Live-Anfragen aber ansonsten meist ab, weil ich mich dann doch eher als Studiomusiker sehe, aber ich war einfach schon viel zu lange Fan der Band, als dass ich da hätte widerstehen können. Interessanterweise entstand die Connection zur Band durch Instagram. Ich habe eine Hassliebe mit Social Media, aber durch Instagram habe ich wirklich einige großartige Leute kennengelernt.

Ich komme aus einer sehr musikalischen Familie und habe früh mit meinen Geschwistern Tour-Erfahrungen gesammelt. Meine Schwester spielt Trompete, mein Bruder spielt Gitarre und Bass und ist Songwriter, meine Freundin ist ebenfalls Songwriterin, wie auch die Freundin meines Bruders. Wir hatten also unsere eigene musikalische Community, in der ich nahezu ausschließlich gespielt habe. 2018 hat mich der australische Songwriter C. W. Stoneking aus meiner Komfortzone rausgeholt und seitdem spiele ich auch mit anderen. Ich kehre aber immer wieder zum Musikmachen mit Freunden und Familie zurück, weil das für mich sehr heilsam ist.

Wie hat sich für dich der Einstieg in die Recording-Welt ergeben?

In unserem musikalischen Freundes- und Familienkreis war ich immer derjenige, der am meisten an Produktionen interessiert war. Ich habe mich immer mit Toningenieuren unterhalten und dann öfter von ihnen gehört, dass ich mich doch mal selbst am Recording probieren sollte. Ich habe mich dann mit verschiedenen Mikrofonen beschäftigt und wurde dadurch auch immer weiter für die tonalen Unterschiede von insbesondere alten Drums sensibilisiert. Als ich dann das erste Mal mit Kalbsfellen gespielt habe, hatte ich das Gefühl, an einem völlig neuen Instrument zu sitzen. Ich habe mir damals eine 28 Zoll große Leedy Bassdrum mit über hundert Jahre alten Fellen gekauft und war sofort gefesselt. Der Charakter und die Geschichte dieser Drums, die teilweise jahrzehntelang in Familienbesitz waren, reizt mich einfach.

Du hast einen besonderen Sound am Instrument. Kannst du beschreiben, wie du ihn gefunden hast?

Ich wollte mich musikalisch nie festlegen, weil ich viele unterschiedliche Stile liebe. Zu Beginn war ich großer Led Zeppelin Fan, weil mich John Bonham einfach so fasziniert hat und das auch immer noch tut. Früher wusste ich es nicht besser, weswegen ich so laut und heftig gespielt habe, wie ich nur konnte. Ich habe mich dann im Laufe der Jahre immer wieder dabei erwischt, wie ich das gespielt habe, was den Erwartungen entsprach. Das führte für mich zur Kehrtwende und eher wieder zu dem Prinzip, die Drums wie ein Kind zu sehen, das auf Töpfen herumschlägt und Klänge aus allen möglichen Dingen generiert.

Am Ende ist für mich der Grund, warum ich Musik mache, Verbindung. Und damit meine ich natürlich die Verbindung mit Musikern, aber auch meine eigene Verbindung mit dem Instrument. Offenes Tuning und Kalbsfelle waren für mich ganz besonders wichtig. Die Felle setzen voraus, dass man den Sound mit Rebound aus dem Instrument bekommt und nicht einfach nur auf eine Trommel schlägt. Das verändert das Spiel völlig und hat mich dazu sensibilisiert, an den Drums bei jeder Note die größtmögliche tonale Qualität erzielen zu wollen. Ich liebe es auch, dass die Drums immer anders klingen. Was andere als Nachteil sehen, ist für mich der Vorteil, weswegen ich auch Live mit Kalbsfellen spiele.

Eine Besonderheit: Ankle Bells statt Hi-Hat

Bei Studiosessions nehme ich mir eine Reihe von Drums zur Auswahl und gucke einfach, welches Modell heute besonders gut klingt. Ich finde das echt inspirierend. Je mehr ich mich mit Produktion und Engineering beschäftige, desto sensibler werde ich auch gegenüber dem Klang der Becken und insbesondere der Hi-Hat. Deswegen habe ich eine Zeit lang auch gar keine Hi-Hat mehr gespielt, sondern versucht, andere hochfrequente Sounds zu finden, die eine Hi-Hat ersetzen. Ich denke auch, dass zu Beginn meine limitierten Fähigkeiten als Engineer dazu geführt haben, dass ich erstmal alle in der Aufnahme zu prägnanten, harschen Instrumente entweder deutlich weniger oder gar nicht mehr gespielt habe. Als ich dann das erste Mal mit Ankle Bells statt einer Hi-Hat gespielt habe, war ich so fasziniert, dass ich mich regelrecht auf eine Klangreise begeben habe.

Adam im Studio an einem seiner typischen Vintage Setups ohne Hi-Hat. Foto von Vernon James Reaume
Adam im Studio an einem seiner typischen Vintage Setups ohne Hi-Hat. Foto von Vernon James Reaume

Veränderst du dein Setup häufig, um inspiriert zu bleiben?

Ja, und mittlerweile steht auch in so ziemlich jeder Ecke meines Zuhauses ein Drumset. (lacht) In einem Raum habe ich beispielsweise ein 60er Vox Set mit einer Ludwig Jazz Festival Snare. An dem Set nutze ich ausschließlich Sticks, während ich an anderen Sets eher Mallets, Besen und Shaker benutze. Mein A&F Set mit Raw Hide Heads von Bovid Percussion ist auch sehr besonders, weil die Drums mit den recht dicken Naturfellen einfach sehr ungewöhnlich klingen. Dazu suche ich auch immer neue Gegenstände, die eigentlich keine Musikinstrumente sind, mit denen ich dann aber spiele. Außerdem versuche ich immer, neue Musik zu finden. Erst recht, wenn ich das Gefühl habe, dass ich gerade feststecke.

Kannst du deine Herangehensweise an Songs und Recordings beschreiben und wie du deine kreativen Parts entwickelst?

Ich versuche erstmal gut zuzuhören, achte auf den Text eines Songs und versuche, die Emotion dahinter zu verstehen. Dann nutze ich meistens das Drumset, das gerade bei mir im Studio aufgebaut ist und versuche damit den Song zu spielen. Meistens tausche ich dann einzelne Instrumente des Setups aus. Drums mit Kalbsfellen müssen auch anders mikrofoniert werden. Das typische Close-Micing erzeugt meistens keinen guten Sound. Ich habe dann oft eigentlich ein relativ kleines Zeitfenster, in dem ich einen Take finde und aufnehme. Seltener kommt es aber auch vor, dass ich sogar an die 40 Takes mache, einfach weil ich alle Optionen ausprobieren will.

Das ist auch das Schöne am Remote Recording. Ich habe ein bisschen mehr Zeit als in einem konventionellen Studio und kann deshalb sowohl verschiedenste Instrumente ausprobieren, als auch in meinem Spiel experimentieren. Früher war ich ein extremer Perfektionist und wollte alles genau zu einem Clicktrack spielen. Irgendwann habe ich aber realisiert, dass das einfach nicht meinem Naturell entspricht und sich auch absolut nicht in der Musik widerspiegelt, die ich am liebsten höre.

Seine Vintage Drums kombiniert Adam gerne mit authentischen Percussioninstrumenten, wie hier alten Temple Blocks. Foto von Adam Bradley Schreiber.
Seine Vintage Drums kombiniert Adam gerne mit authentischen Percussioninstrumenten, wie hier alten Temple Blocks. Foto von Adam Bradley Schreiber.

Du sprachst gerade davon, dass Kalbsfelle eine andere Form der Mikrofonierung benötigen. Wie ist da deine Herangehensweise?

Mir ist das alles besonders bewusst geworden, als ich das erste Mal mit Dan Auerbach von The Black Keys zusammengearbeitet habe. Er hat mit Allen Parker einen Engineer, der wirklich unglaublich gut ist. Ich habe mich darüber auch mit Jay Bellerose unterhalten, nachdem er gerade eine Session mit diesem Engineer hatte, und er war auch hellauf begeistert. Er ist einer der Engineers, die einfach alles perfekt einfangen. Von ihm habe ich gelernt, wie man mit wenigen Mikrofonen die Drums aufnimmt und mir nach den Sessions auch das AEA R88 Stereo Ribbon Mic gekauft, das er immer nutzt.

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Bearbeitest du deine Drumsignale im Nachhinein, nachdem du sie aufgenommen hast?

Bei Drums mit offenen Stimmungen und Kalbsfellen mache ich meistens nichts im Nachhinein. Ich versuche, den Drumsound mit so wenig Mikrofonen wie möglich einzufangen und versuche, das Signal, also das Instrument und wie ich es spiele, zu kontrollieren. So klingen die Drums für mich am besten. Wenn ich allerdings Recordings im Stil der 50er oder 60er aufnehme, gehe ich in die komplett andere Richtung und gebe dem Sound mit Tape, Preamps und alten charaktervollen Bändchenmikrofonen eine Facette, die ich mit cleanen Recordings einfach nicht erreichen kann. Da arbeite ich dann auch viel mit Plugins und schicke den Künstlern die Signale aus meinen Echo-Chamber Plugins mit, weil die für mich für den authentischen Sound wichtig sind. Das Wichtigste für mich ist allerdings immer die Quelle. Die Drums müssen im Raum gut klingen, bevor ich mit irgendwas auf der technischen Seite beginne.

Dein Instagram ist voll von unterschiedlichen Sounds und Grooves. Wie entstehen die Videos bei dir?

Während der Corona-Lockdowns habe ich immer mehr Clips gepostet, die meinen Prozess der Soundfindung dokumentieren. Die Videos waren eher als eine Art Challenge für mich gedacht, wie ich täglich innerhalb von kurzer Zeit auf neue Ideen kommen kann. Instagram ist sehr wertvoll für mich, weil ich darüber wirklich unglaublich viele großartige Musiker kennengelernt habe und auch mit einigen seitdem zusammenarbeite. Der überwiegende Teil meiner Jobs ist darüber entstanden. Gleichzeitig bin ich mir auch bewusst darüber, dass Social Media und die konstante Beschäftigung damit viel zu Vergleichen mit anderen führt und das durchaus auch schlechten Einfluss auf die mentale Gesundheit hat. Deshalb nehme ich einfach eine Idee auf, poste sie und schließe dann Instagram direkt wieder.

Eine weitere ungewöhnliche Zusammenstellung aus alten und neuen Drums, mit denen Adam seine besonderen Grooves zaubert. Foto von Adam Bradley Schreiber.
Eine weitere ungewöhnliche Zusammenstellung aus alten und neuen Drums, mit denen Adam seine besonderen Grooves zaubert. Foto von Adam Bradley Schreiber.

Sagst du auch Künstlern ab, mit deren Musik du nichts anfangen kannst oder siehst Du dich als Sessionmusiker?

Ja, ich sage mittlerweile einige Sessions ab. Ich mache das nicht des Geldes wegen. Da arbeite ich lieber etwas anderes und mache nur die Musik, zu der ich eine Verbindung habe. Es gibt natürlich auch Songs, die ich mag, aber bei denen ich mich nicht als der richtige Musiker sehe. Es gibt so viele tolle Drummer da draußen und bei manchen Songs würde ich mich dann eher freuen, andere darauf zu hören, als dass ich gegen mein Naturell versuche, darauf stattfinden zu können.

Welchen Ratschlag kannst du jungen Musikern geben, um ihren eigenen Sound am Instrument zu finden?

Ich denke, es ist wichtig, sich daran zurück zu erinnern, warum man eigentlich mit dem Instrument angefangen hat. Als ich früher alleine für mich gespielt habe, habe ich keine schnellen Rudiments abgefeuert, sondern einfach versucht, einen guten Groove zu finden, und das meistens in langsamen Tempi. Ich weiß nicht, warum ich das gemacht habe, aber es hat sich für mich gut angefühlt. Natürlich hatte ich danach auch eine Phase, in der ich Leute beeindrucken wollte. Mittlerweile nutze ich die Drums aber wie ein spirituelles Werkzeug, um wieder bei mir anzukommen. Wenn das jemandem gefällt, dann bedeutet mir das wirklich sehr viel, aber ich mache es nicht, um jemandem zu gefallen.

Vielen Dank für’s Gespräch!

Sein A&F Drumset hat Adam mit Kalbsfellen von Bovid Percussion ausgestattet. Foto von Adam Bradley Schreiber.
Sein A&F Drumset hat Adam mit Kalbsfellen von Bovid Percussion ausgestattet. Foto von Adam Bradley Schreiber.

Adams Equipment:

Drums: A&F

Bassdrum: 26“x10“ Raw Copper

Toms: 12×12“ Royal Raw Brass, 18“x14“ Royal Raw Brass

Snare: 14“x8“ Deco Gold Maple Club

Cymbals: verschiedene Vintage-Modelle

Felle: Bovid Percussion

Sticks: Wincent W-7AXLBT

Adam auf Bandcamp: https://adambradleyschreiber.bandcamp.com

Instagram: https://www.instagram.com/adambradleyschreiber

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08.02.2023
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