Dass Bändchenmikrofone nicht zwangläufig klobig und altmodisch aussehen müssen, dachte sich der US-Hersteller AEA schon vor zehn Jahren. Da wurden nämlich die Modelle N8 Nuvo und unser heutiges Testmikrofon, das AEA N22 Nuvo, vorgestellt. Beim Aussehen endeten die modernen Ideen jedoch nicht, denn auch die Innereien heben sich vom klassischen Bändchen-Design ab. Das Schlagwort lautet aktive Elektronik und Distanz-spezifische Bauweise. Das N8 Nuvo ist als Fernfeld-Schallwandler gebaut und soll beispielsweise als Overhead- oder Raum-Mikro besonders gute Resultate bringen, während das N22 Nuvo als echtes Nahfeldmikrofon funktionieren und außerdem etwas spritziger klingen soll. Auch laute Quellen wie Toms, Bassdrum oder Bass-Amps sollen das Teil unbeeindruckt lassen. Wie das in der Praxis funktioniert, lest ihr auf den folgenden Zeilen.
Quick Facts zum AEA N22 Nuvo
- aktive Elektronik
- optimiert für Nahmikrofonierung lauter Quellen wie Drums und Amps
- reduzierter Nahbesprechungseffekt
- hergestellt in USA
Für Nahfeldmikrofonierung optimiert
Bändchenmikrofonen haftet der Ruf an, sehr natürlich und musikalisch zu klingen, gleichzeitig jedoch ziemliche Mimosen zu sein. Sie verlangen nach einem besonders kräftigen Preamp mit passender Impedanz, wollen mechanisch und akustisch nicht allzu stark belastet werden und können durch versehentliches Anlegen von Speisespannung zerstört werden. All das soll mit dem N22 der Vergangenheit angehören, denn in seinem schlanken Metallgehäuse werkelt eine aktive JFet-Elektronik sowie ein Transformator des deutschen Herstellers Lehle. Das verbaute Reinaluminium-Bändchen misst 5,97 Zentimeter in der Länge und weist eine Dicke von 1,8 µ auf. Hinter dem Grill ist zudem etwas mehr Gaze verarbeitet worden, um Luftstöße abzumildern, schließlich soll der Schallwandler auch an Toms, Snares oder sogar Bassdrums eingesetzt werden können.
Das AEA N8 Nuvo ist ein kompakt gebautes, aktives Bändchenmikrofon, ausgelegt auf weitere Distanzen zur Schallquelle – und die Monoversion des aktiven R88.
AEA hat seine Nuvo Serie um ein Bändchenmikrofon für mittlere Distanzen erweitert. Wir haben das aktive AEA N13 Nuvo getestet.
Was sind Bändchenmikrofone überhaupt? Wieso gibt es einen derartigen Hype um diese Mikros? Und sind Ribbons tatsächlich so empfindlich? Hier gibt es Antworten!
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Mit 6,2 mV/Pa ist das N22 deutlich empfindlicher als ein passives Bändchenmikro, 141 dB SPL Grenzschalldruck schließen eine Zerstörung durch Geräusch aus. Trotzdem sollte das Testgerät nicht ungeschützt direkt vor Bassdrum-Luftlöcher gestellt werden, auch vom Hineinpusten wird dringend abgeraten. Neben dem Mikrofon selbst besteht der Lieferumfang aus einem kleinen Kunststoffkoffer, einer Halterung mit einer integrierten Gummischlaufe als Shockabsorber sowie einer Transporthülle. Die Verarbeitung des in den USA gebauten Mikrofons ist makellos.
So klingt das AEA N22 Nuvo am Drumset
Zunächst positioniere ich das N22 vor dem Drumset, als sogenanntes Front of Kit Mikro. Als Referenz kommt ein AEA N8 Nuvo zum Einsatz, welches ich zeitgleich zum Test da habe. Dieses Mikrofon übernimmt innerhalb der Nuvo Serie die Rolle des klassischen Fernfeld-Bändchens. Der Soundcheck bestätigt die vom Hersteller vorgesehene Differenzierung. Das N22 klingt lebendiger, aber auch schlanker im Bassbereich als das N8. Die Hi-Hat sowie der Snareteppich und Beckenobertöne werden brillianter dargestellt, wobei sich per EQ auch das N8 in eine entsprechende Richtung bringen ließe. Insgesamt gefällt mir das N22 außerordentlich gut in dieser Position, denn es bildet das gesamte Kit sehr detailliert ab und ist schnell bei den Transienten.
Ein ganz ähnliches Bild zeigt sich als zweites Bassdrum-Mikro vor dem Resonanzfell. Beim Instrument handelt es sich um eine Yamaha 9000 Recording 22“ x 14“ von 1979, das Resonanzfell besitzt eine Öffnung. Vor die sollte man allerdings kein Bändchen stellen, also steht das Testobjekt leicht angewinkelt auf der geschlossenen Seite des Resos. Straff und präzise geht es zu, ein Nahbesprechungseffekt ist kaum wahrnehmbar. Wer mehr Bass möchte, ist hier mit dem N8 Vergleichsmikro besser bedient, welches das Signal untenrum deutlich andickt. Hier sei wieder angemerkt, dass das N22 natürlich umgekehrt auch im Nachhinein mit EQ nachträglich stark geformt werden kann.
Spannend wird es jetzt an der Snaredrum und am 12“ Racktom, also Instrumenten, welche man vielleicht nicht unbedingt mit einem Bändchen aufnehmen sollte. Hier ist es jedoch ausdrücklich erwünscht, sofern der Drummer eine gewisse Disziplin mitbringt. Stocktreffer mag kein Mikrofon wirklich gern, Bändchen aber am allerwenigsten.
Das Resultat spricht für sich. Das N22 klingt weich und betont den Körper der Snaredrum, gleichzeitig klingen die Übersprechungen aus der Hi-Hat detailliert und sauber. Im Vergleich hört sich das Solo-Signal einer der Spuren meines dynamischen Telefunken M80 deutlich harscher an. Die Natürlichkeit des N22 mag nicht für alle Anwendungen geeignet sein, auch sollte man die 8er Charakteristik bei Aufnahmen mit anderen Instrumenten im Auge behalten. Insgesamt jedoch eine wirklich überzeugende Alternative zu SM57 und Co.
Absolut fantastisch klingt der Schallwandler auch am 12“ Racktom. Offen, detailliert und transparent wirkt das Signal, einer meiner Kondensator-Favoriten in der Position, das AKG C214, muss sich ordentlich anstrengen.
AEA N22 Nuvo an der Akustikgitarre
An der Akustischen des Kollegen Michael Krummheuer zeigt das N22 dieselebn Qualitäten wie am Drumset. Es überzeugt mit einem insgesamt spritzigen, schnellen Einschwingverhalten und bildet sowohl den Körper als auch die Transienten sehr natürlich ab. Den „Bumms“ des Vergleichs-N8 läßt es erwartungsgemäß vermissen, was bei dem verwendeten Instrumentenmodell allerdings sehr gut passt.
Test des AEA N22 Nuvo: Fazit
Wer den natürlichen Sound von Bändchen mag, sich aber eine robuste Version für den Einsatz als Closemic gewünscht hat, bekommt mit dem AEA N22 Nuvo ein maßgeschneidertes Paket. Das aktive Design ermöglicht eine höhere Empfindlichkeit bei gleichzeitig sorgloser Bedienung, der Sound ist hervorragend. Straff und lebendig sind hier die passenden Attribute, zwischen der Snaredrum und der Akustischen liefert das kompakte Mikro aus US-Herstellung durchweg tolle Ergebnisse. Das Handling und die Positionierung gehen für ein Bändchenmikro ebenfalls in Ordnung. Wer einen hochwertigen, natürlichen klingenden Allrounder unter den Ribbon-Mics sucht, könnte hier fündig werden.
- Bauart: aktives Bändchenmikrofon
- Lieferumfang: Case, Halterung mit Shockmount, Anleitung, Staubschutz
- Richtcharakteristik: Acht
- Ausstattung: keine
- Empfindlichkeit: 6,2 mV/Pa
- Frequenzgang: 20 bis 20000 Hertz
- hergestellt in: USA
- Webseite: aearibbonmics.com
- Preis € 1299,- (Straßenpreis am 1.10.2024)
- druckvoller, straffer Klang
- schnelle Transientenabbildung
- SPL-unempfindlich
- sehr gute Verarbeitung
- keins