Die neue MPC ist da – zumindest bei uns in der Redaktion und mit der Alpha-Firmware. Mit dem Namenszusatz Live wird klar, wo AKAI ihren Einsatzzweck sieht. Und da man Rechnern auf der Bühne nicht so richtig vertraut, setzt man bei AKAI wieder auf ein geschlossenes System. Das heißt aber nicht, dass die neue AKAI nicht auch als Controller für die MPC-Software verwendet werden kann – im Gegenteil „best of both worlds“ sozusagen.
Details
Allgemeines
Die MPC Live sieht aus wie eine MPC Touch, nur höher bzw. dicker. Das liegt an dem eingebauten „embedded“ 1,8 GHz Quadcore System mit immerhin 2GB RAM, auf dem die MPC Software auch „standalone“ läuft. Sie ist mit der computerbasierten MPC Software kompatibel, sprich Projekte können vom Computer zur MPC Live und vis-a-vis übertragen werden – und das mit nur wenigen Einschränkungen, wie reduzierten Audiotracks bzw. fehlender VST-Unterstützung.
Die neuste MPC 2.0 Software wurde bereits angekündigt, ist zum Testzeitpunkt aber noch nicht verfügbar. Ich werde mich hier deshalb auf den „Standalone“-Mode konzentrieren, auch weil der Controller-Mode im Prinzip identisch zur MPC Touch ist. Wer mehr Infos möchte, sollte sich den älteren Test durchlesen.
Mobil und Modern
Neu ist der eingebaute Akku, welcher mit ca. vier Stunden Laufzeit bei „normaler“ Nutzung erstaunlich lange hält. Modern sind ebenfalls die Anbindungen wie USB3. Ein eingebauter USB-HUB, ein SD-Card-Reader und die Option, intern eine SSD verbauen zu können, sorgt für reichlich Speicherplatzerweiterung. Es stehen somit viele Möglichkeiten zur Verfügung, um vorgefertigte Sounds zu laden bzw. eigene zu archivieren.
Ausgeliefert wird die MPC Live mit 16 GB Storage, wovon 10 GB mit Content und 4 GB mit dem MPC OS belegt sind. Mit ca. 3 kg ist die MPC Live außerdem zwar relativ leicht – kompakt würde ich sie jedoch nicht nennen (424 x 224 x 69 mm). Damit ist die MPC Live aber immer noch klein genug, um inklusive Case als Handgepäck durchzugehen.
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Reichlich I/Os
Schauen wir die Rückseite an, finden wir weitere Anschlüsse: zweimal MIDI-In, zweimal MIDI Out und ein Stereo-Eingang zur Aufnahme, welcher sogar einen Phono-Amp am Start hat – AKAI hat die Wurzeln also nicht vergessen. Zwischen Phono-Preamp auf RCA inklusive Masse-Schräubchen und dem symmetrischen Line-In auf großer Klinke wird mit einem äußerst kleinen Schiebeschalter gewechselt, der gemeinsame Gain ist mit einem Poti regelbar.
Hinzukommen sechs 6,35mm TRS-Ausgänge und ein Kopfhörerausgang, welcher allerdings seltsamerweise mit Mini-Klinke ausgestattet ist und auch nur mit dem Master-Out gemeinsam in der Lautstärke geregelt werden kann. Nicht so geil.
Die USB3-Buchsen sind blau: zwei zur Verbindung mit externem Speicher, eine für die Verbindung mit dem Computer. Der Netzteilanschluss bietet ferner eine Möglichkeit zur Sicherung des Kabels. Der daneben liegende Power-Schalter schaltet die MPC nicht direkt an und aus, was böse Überraschungen auf der Bühne vermeiden soll. Das Ein- und Ausschalten muss über den Touchscreen bestätigt werden, sodass unabsichtliches Schalten bzw. Leeren des Akkus effektiv vermieden wird.
Gewohnte Oberfläche
Das physische Layout wirkt vertraut und kann mit „typisch MPC“ beschrieben werden. 16 beleuchtete, anschlag- und druckempfindliche Pads sind zum Spielen von Noten bzw. Drums gedacht und in acht Banken organisiert – pro Track wohlgemerkt. Hinzu kommen die bekannten Funktionen Note-Repeat, Full-Level, 16 Level, Erase, Latch und Half-Level – die letzteren beiden sind über Shift erreichbar.
Am rechten Rand finden wir vier kleinere Encoder, die sogenannten Q-Links. Auch sie sind in Banks organisiert, womit insgesamt 16 Befehle erreichbar werden. Die Funktionen variieren je nach Mode. Der Q-Link Taster darüber wechselt zwischen den vier Banks.
Der große Encoder bietet einen Push-Befehl und ist im Allgemeinen für die Bedienung des gerade im Fokus stehenden Parameters gedacht. Was allen Encoder fehlt, ist eine Erkennung der Dreh-Beschleunigung bzw. ein Shift-Befehl, sodass Parameter mit einem großen Wertebereich ziemlich mühsam durchgekurbelt werden müssen.
Manchmal korrespondieren die Q-Links allerdings nicht mit den Touchscreen-Pages bzw. sind nicht alle Werte alternativ über die Hardware-Bedienelemente erreichbar. Da ich einen Serien-Vorläufer mit einer nicht ganz aktuellen Firmware zum Test erhalten habe, gehe ich davon aus, dass sich das mit dem Update noch ändern wird.
Schneller Touchscreen, viele Menüs, komplizierte Struktur
Das Hauptzentrum der Aufmerksamkeit sollte ohnehin das Touch-Display sein – und das sieht wirklich verdammt gut aus! Es ist gestochen scharf, wechselt schnell die Seiten und lässt sich gut bedienen. Es ist jedoch sehr hochglänzend, wodurch Spiegelungen und Fettfinger ein Problem werden. Eine fettabweisende, matte Schutzfolie aufzukleben ist sicherlich keine dumme Idee.
Die reine Hardware-Steuerung ist überwiegend intuitiv und selbsterklärend, was man über das Menü bzw. den Software-Aufbau nicht wirklich sagen kann. Die vielen verschiedenen Menüs sind gerade für MPC-Einsteiger nicht unbedingt selbsterklärend. Mal schnell ‘nen Beat mit Bassline bauen ist ohne Vorkenntnisse unmöglich. Das vorläufige Handbuch hilft einem da auch nicht weiter und sinnvolle Tutorial-Videos hab ich noch keine finden können.
Sehr viele Möglichkeiten
Arbeitet man sich langsam in den MPC-Kosmos ein, kann man die vielen Möglichkeiten des Gerätes erahnen: Mächtiger Sequenzer, Setup-Zentrale, Sampler, Recorder, viele Effekte etc.
Grundsätzlich ist alles an Bord, um auch ohne Computer effektiv arbeiten zu können. Ein fettes Studio – und unter diesem Gesichtspunkt auch wieder relativ kompakt. Hierzu ein simples Video, das eine kleine Auswahl verschiedener Sequencing-Grundsachverhalte zeigen soll.
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Mehr InformationenAltes Konzept – steile Lernkurve
Das MPC-Konzept gibt es nun seit über 20 Jahren und der damit verbundene Workflow ist im Vergleich nicht unbedingt mehr der schnellste. So muss man für viele relativ naheliegende Funktionen in ein anderes Menü abtauchen, was ein ständiges Hin und Her bedeutet, das durchaus ermüden kann. Alte MPC-Veteranen werden damit sicherlich kein Problem haben; New Kids, die Ableton und Elektron gewohnt sind, werden jedoch etwas schwerer für den etwas umständlichen Workflow zu begeistern sein.
Ein kleines Beispiel dazu: Man kann bei den Delay-Effekten nicht zwischen Sync On und Off wechseln, sondern muss einen komplett neuen Effekt laden. Optisch ansprechende Visualisierungen der Effekte gibt es leider auch nicht. Stimmt schon, das hat es früher auch alles nicht gegeben und man kam damit klar – aber so ein graphischer EQ hat eben doch Vorteile!
Folgendes Video soll jedenfalls verschiedene Insert- und XY-Effekte im Einsatz zeigen. Man beachte, dass die Q-Link Visualisierung sich beim Transient Shaper aufhängt, was allerdings auch an der Vorabversion liegen kann. Die Klangqualität ist okay und die Auswahl solide – echte Überraschungen fehlen mir aber.
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Mehr InformationenViele Möglichkeiten
Andererseits: Weiß man, was man will, kann die Kiste zum unverzichtbaren Helfer auf der Bühne und im Studio werden. Es bedarf nur eben alles einer gewissen Vorbereitung, die man nicht unterschätzen sollte. Sicherlich: Man kann auf der MPC ganze Songs live spielen – und ich habe schon genug Virtuosen gesehen, die eine MPC wie ein Instrument spielen bzw. „prügeln“. Für eine gelungene Improvisation muss man sein Set natürlich – wie bei anderen Instrumenten auch – adäquat vorbereiten bzw. üben, üben, üben!
Ähnliches gilt auch für die Erstellung eigener Programme, sprich einer Komposition aus Einzelsounds, die einen „komplexeren“ Klang darstellen. In Zeiten von Sample/Synth-Hybriden ist ein simples Sample-Programm der MPC nämlich schon etwas eingeschränkt. Zwar lassen sich bis zu vier Samples mit jeweils unterschiedlichen Velocity-Bereichen einem Pad zuweisen. Eine richtige Klangerzeugung (wie etwa beim Analog Rytm) wäre zusätzlich wünschenswert. Auf der anderen Seite gibt es derzeit nur wenige Hardwaregeräte, die diese Funktionalität mitbringen und es würde auch dem bisherigen Konzept der MPC widersprechen.
Hinzu kommt die äußerst rudimentäre Organisation der Factory-Klänge nach Namen, ohne Attribute oder Kategorien. Wenn man sich da von Anfang an keine Systematik bei der Benennung eigener Programme einfallen lässt, wird es sehr schnell unübersichtlich.
Das Library-Angebot
Zieht man den Vergleich zu NIs Maschine, muss man feststellen, dass Native Instruments aktuell einfach die umfangreicheren Libraries am Start hat. Auch das Browsen zwischen verschiedenen Sounds ist hier unkomplizierter und damit besser organisiert. Eine Importmöglichkeit von Battery und Maschine Sounds wären also wünschenswert – erfordert aber sicherlich den Willen findiger Nerd-Programmierer.
Andererseits: Die MPC Sounds empfand ich in den Bereichen HipHop, Drum and Bass und Trap irgendwie immer besser, anders sieht es da bei Techno oder House aus: Hier klingen viele MPC-Sounds mir persönlich zu sehr nach UK-Kitsch. Generell finde ich MPC-Sounds weniger „überproduziert“ als bei NI, sodass sich diese bei eigenen Kompositionen besser zu einem Gesamtbild fügen.
Fazit
Wer den MPC-Kosmos kennt und schätzt, wird auch mit der Live viel Spaß haben, davon bin ich überzeugt. Neueinsteiger seien jedoch vor der steilen Lernkurve gewarnt. Wer allerdings bereit ist etwas Arbeit zu investieren, um eigene Sounds aufzunehmen, vorzubereiten und sich eigene, sehr persönliche Programme zu bauen, wird mit der MPC eine Menge Freude haben. Kurz um: Viel Hardware für wenig Geld – die kleinen, angesprochen Mankos der Vorabversion müssen allerdings noch gefixt werden.