Lange wurde spekuliert, nun ist sie hier: Die MPC mit Klaviatur, das „revolutionäre Synthesizer-Keyboard“, die AKAI Pro MPC Key 61. Warum hat das so lange gedauert? Gute Frage, aber eine Klaviatur an das Music Production System zu hängen war grundsätzlich ja nie ein Problem, sei es über MIDI oder USB.
Nun ist alles in einem Gehäuse, delikat mit Anschlüssen garniert und mit mehr Leistung gesegnet. Irgendwo zwischen MPC X und MPC Live II positioniert gibt es Preamps, CV-Gates und USB! Eine neue OS Version 2.11 kommt pünktlich zum Release ebenfalls. Na, wenn das kein Grund zur Freude ist!
Bevor wir nun in den Ring steigen, möchte ich einen Disclaimer voraus schieben: Lange Zeit ging der MPC Kelch an mir vorbei, denn so richtig warm bin ich mit dem Workflow nicht geworden. Ich habe auch keine MPC besessen und demnach nicht intensiver mit ihr gearbeitet. Insofern teste ich „der Gerät“ hier der Einfachheit halber als was Neues, ohne Vorbelastungen und faktisch auch ohne Vorkenntnisse. Denn alles was ich mal wusste habe ich längst wieder vergessen. Was in welchem Update wie hinzugekommen ist, ob das hier wirklich alles neu ist: keine Ahnung.
Echte MPC-Fanboys mögen es mir also nachsehen, wenn ich an dieser Stelle nicht besonders auf die Neuerungen des 2.11 MPC OS eingehen kann – dafür sei allen MPC Neueinsteigern gesagt: We are one the same page here! Und so eine MPC Workstation dürfte nun ja auch für Leute interessant werden, die früher aus Prinzip einen Bogen um „Grooveboxen“ gemacht haben, oder?
Details
Was bin ich?
Akai Professional MPC Key 61 ist ein Musik-Produktionssystem, das mit dem aktuellen MPC OS 2.11 stand-alone läuft. So wie MPC One, MPC Live II und MPC X. Der Hauptunterschied: 61 halbgewichtete Tasten mit Aftertouch.
Für dich ausgesucht
Mehr Speicher!
An der „Quad-Core ARM“ Familien-CPU hat sich nichts geändert, es gibt aber endlich mehr Speicher: 4 GB RAM und 32 GB Storage, um genau zu sein. Ui! Rund die Hälfe der „Festplatte“ steht für eigenen Kram zur Verfügung, was besser als bei allen anderen Units ist. Ein Quantensprung ist das aber gewiss nicht.
Weiterhin kann man via SATA eigene Speicher in das Akai Pro MPC Key 61 einschrauben oder externe Platten über USB3 verbinden. Via USB kann man außerdem MIDI-Controller, MIDI-Interfaces und Audiointerfaces anschließen. Class-Compliant ist das Zauberwort, in der Praxis aber nicht immer hinreichend.
Viele Bedienelemente
Seitens der Bedienelemente orientiert sich die MPC Key 61 an der MPC Live 2, verteilt die Taster über der Klaviatur aber anders. Generell gibt es mehr dedizierte Taster, u.a in Form einer umfangreichen Transport-Sektion. Alle Taster sind beleuchtet und geben gutes visuelles Feedback.
Ein großer Touch-Strip mit LED-Strip ist ebenfalls an Board und ergänzt die typischen 16 MPC Drum-Pads. Mit dem Strip steuert man beispielsweise komfortabel Effekte und Instrumente, kann aber auch Noten spielen sowie den Arpeggiator und Note-Repeat gehörig missbrauchen. Shift-Taster sind dankenswerterweise sogar zweimal vorhanden – denn das Ding ist breit, da möchte man nicht immer nach außen greifen müssen.
Zentrales Element ist und bleibt das angenehm große 7-Zoll Touch Display des MPC Key 61, das sehr präzise auflöst, sauber reagiert und auch von der Seite gut lesbar ist. Aufstellbar ist es zwar nicht, aber die Oberseite des Keyboards ist zumindest leicht zum Nutzer geneigt.
Viele Bedienmöglichkeiten
Berührt man ein Element auf dem Display, kann man es mit dem äußerst großen Push-Encoder oder den beiden +/- Tasten regeln. Hinzukommen vier umschaltbare Q-Links – die Encoder neben dem Bildschirm – welche mal mehr oder minder praktische Belegungen der „Plugin-Instrumente“, des Mixers oder sonstige Kontext-abhängige Moves vornehmen.
Grundsätzlich ist zu loben, dass faktisch alle Funktionen sowohl am Display als auch mit den Tastern vorgenommen werden: Grob und flink geht es dabei gut mit Wischen auf dem Display. Wenn genaueres und längeres Durchsteppen angesagt ist, sind die Taster wiederum besser. Das gefällt mir!
Insgesamt erscheint die Software besser strukturiert und bietet kaum Sackgassen – man muss nur vor der Aufnahme mit dem Sequenzer einmal grundsätzlich den Unterschied zwischen Sequenz, Track und Programm erarbeitet haben.
Das meiste, was ich suchte, habe ich jedenfalls gefunden. Nur wenige Dinge musste ich im Handbuch nachschauen, was allerdings genauso katastrophal-didaktisch aufgebaut ist, wie ich es in Erinnerung hatte. Zum Glück gibt es eine Legion an Youtubern da draußen, die mehr oder minder gute Videos bereithalten – alles besser als das Handbuch jedenfalls.
Vom Sequenzer, zum Sampler, zum Synthesizer
Die MPC ist vor Jahrzehnten als MIDI-Sequenzer angetreten und wurde zum klassischen Sampler – wenn nicht sogar DER Sampler überhaupt. MPCs beherrschen das Choppen, Slicen und musikalische Manipulieren von Klang-Schnipseln – insbesondere One-Shots – offensichtlich wie kein anderes Gerät. Und bereits damals entstand ein Third-Party-Market, der fertig spielbare Sounds bzw. MPC-Programme anbot.
Über die letzten Jahre, insbesondere in den letzten Inkarnationen von MPC OS kamen aber auch viele weitere Software-Instrumente hinzu, die sich für Außenstehende nicht so kryptisch wie die „alten Programme“ verhalte, eben weil sie viel mehr wie typische VST-Plugins sprich Soft-Synths und Sample-Librariess gestaltet sind und sich vor allem auch so verhalten.
Dabei kommt ein proprietäres Format zum Einsatz, was Akai zu 100% kontrolliert, und sich nun auch extra bezahlen lässt. Für alte MPC-Kunden die recht lange auf relevante Updates warten mussten schon auch eine Enttäuschung. In der MPC Key 61 ist natürlich alles Aktuelle dabei – was da noch so kommt: no idea, bro.
So ausgestattet wird aus der „MPC mit Keyboard“ nun tatsächlich auch eine Synthesizer-Workstation, allerdings mit nur 61 Tasten. Oder wie Akai Pro sagen würde ein „Synth-Keyboard für coole Peeps“. Leute, die Schlachtschiffe wie Korg Nautilus, Kronos und Yamaha Montage bisher als Produktionstool für Schlagerfuzzis abgetan haben.
Dabei kamen aber gerade bei den Amis sowie den HipHop-Producer-Legenden der 2000 bis 2010 meist nur solche All-In-One-Keyboards im Studio zum Einsatz – und wirklich nur die. Schön, dass sich AKAI Scott Storch aka „the Pianoman“ als Lifestyle-Fotomodell gegönnt hat. Wer nicht weiß von wem ich rede: Check the freakin credits man!
Neu und entscheidend: SOUNDS
Und mit der Vorrede vorausgeschickt macht die neue Kategorie SOUNDS wirklich Sinn, denn die hätte ich als DAW-Hardcore-User sowie Gelegenheits-Maschine+ Nutzer fast als selbstverständlich abgetan.
Hier werden bunte Bildchen eben dieser neuen Klangerzeuger gezeigt und von hier aus kann man flink deren Presets, Sounds und Samples laden – fernab der alten monochromen Programm-Library und der Sample-Engine zum Selberaufnehmen. Die gibt es natürlich aber immer noch, keine Angst.
Der neue Prozess ist jedenfalls extrem zielführend – und nicht unnötig verschachtelt wie bei Maschine+ und ihren komischen Attributen. Ich glaube wir werden langsam Freunde …
Die SOUNDS-Funktion hat zudem einen eigenen Taster für den Direktzugriff außerhalb des Touchscreens bekommen – und morpht dabei immer aufregend bunt und verführerisch. Sounds suchen und Stöbern wird damit angenehm gestaltet: die Ladezeiten sind flink und dauern selbst bei den größten Instrumenten keine 3 Sekunden. Allerdings bleibt das ganze auf maximal acht Plugin-Instrumente begrenzt.
Ferner sind die wohl über 6.000 Presets insgesamt dahinter, sehr übersichtlich und durch die hierarchische Zuordnung zum Instrument überschaubar gehalten. Welch ein Fortschritt gegenüber den alphabetisch sortierten Listen alter MPCs, bescheidener Banks und Presets.
Damit kann man auf der Bühne jedenfalls sofort spielbare Sounds hervorholen und drauf los klimpern, gern auch im Improvisations-Theater: Ganz grob die Richtung durch das Instrument anpeilen – die alle auf eine Seite passen – Preset anklicken und es geht los – kein zuweisen von Tracks oder Aufnahme-Bereitschaften. Einfach spielen.
In dem Zusammenhang und auf das schwere Hip-Hop Vinyl-Sampling-Erbe zurückblickend, enttäuscht mich der Verzicht auf Phone-Preamps zumindest nicht. Der Trend geht ohnehin zum Verkauf fertiger Packs, direkt über WIFI, das ist klar. Zumal Sample-Clearance im seriösen Produktions-Business ohnehin ein ganz großes Thema bleibt – es sei denn ihr bleibt für immer Underground. Das sieht man auch an der SPLICE-Integration, die ich allerdings nicht ausprobieren konnte, weil hierbei immer Netzwerk-Fehler auftauchten. Zu den restlichen Sounds und Instrumenten dann deutlich mehr Worte in der Praxis.
Steck rein
Hinsichtlich der Anschlüsse gibt es auch einen neuen Hit-Mix, der weder mit der X noch mit der Live vergleichbar, sondern eine Mischung aus beiden ist. Akku und Speaker gibt es nicht. Ein Netzteil erfreulicherweise ebenfalls nicht. Strom wird mit einem ganz normalen Kaltgeräte-Kabel zugeführt. Das kann man gar nicht genug loben!
Schauen wir schnell die Audio-Verbindungen an: Es gibt vier Line-Outs plus Kopfhörer sowie zwei Eingänge mit Mic-Preamp. Alles auf großer Stereo-Klinke. Einen Phono-Preamp gibt es wie gesagt nicht, was Hardcore-MPC-User sicherlich Mist finden, meines Erachtens die neue Zielgruppe Workstation User und Keyboarder aber nicht wirklich stören dürfte, zumal Vinyl-Sample-Enthusiasten eh ihren DJ-Mixer anschließen werden, oder?
Einziges wirkliches Manko und dem Preisschild nicht angemessen: Alle Anschlüsse sind eingerückt, was gut aussieht die Bedienung vom Preamp-Gain und seinen kleinen Schalterchen allerdings äußerst müßig macht. Das ist bei der MPC X besser gelöst und hätte hier auch so sein sollen. Genau wie der Kopfhörer-Anschluss auch nach vorn gehört – und nicht nach hinten!
MIDI als einsames DIN-TRIO, sprich In, Out und Thru, ist ebenfalls für ne MPC knapp bemessen. Allerdings kann mittels USB3-Hubs und weitere MIDI-Interfaces üppig angebaut werden. Dafür wurde gleich an drei Fußpedal-Eingänge gedacht, namentlich Sustain, Expression und schlicht FS2. USB3 mäßig gibt es zwei Eingänge und einen Ausgang. Ja und sogar CV/Gate-Ausgänge gibt es acht an der Zahl!
Jens sagt:
#1 - 23.07.2022 um 15:34 Uhr
Ich hatte die Möglichkeit zum ausführlichen testen. Abgesehen davon, daß ich mit MPC nie warm geworden bin ist es nicht von der Hand zuweisen, daß AKAI immer schon sehr gute Keyboards / Midicontroller gemacht hat, die Keybeds gehören zu den besten die es gibt. Das gilt auch für den MPC 61 Key. Auch die Sounds als Brot - und Butter sind gut. Allerdings gib es ein sehr großes Manko: Die Ladezeiten. Es dauert mehrere Sekunden, bis Sounds geladen werden. Das ist nicht akzeptabel. Wie soll das in einer Live - Umgebung funktionieren. Abgesehen davon sind es ja letztlich Software - Synth (plugins), die im MPC Key 61 ihre Dienste verrichten. Auf einem einigermaßen aktuellen Rechner geht das deutlich schneller, von Workstations ganz zu schweigen. Damit disqualifiziert sich der MPV Key 61. Leider.
Stephen Ember sagt:
#1.1 - 08.08.2022 um 10:36 Uhr
Hey Jens, Ich habe da andere Erfahrungen mit dem Gerät gemacht. Beim ersten Laden eines Plugins gibt es, und da hast du recht, eine verhältnismäßig lange Ladezeit. Beim Scrollen durch die Presets in dem jeweiligen Plugin sind die Ladezeiten allerdings relativ schnell. Je nach Sound dauert das bei mir etwa zwischen einer und in den seltensten Fällen drei Sekunden. Dazu kommt, dass du ja die Plugins in deiner Geladenen Session vorladen kannst. Wenn man das in seinen Workflow einbaut, dann ist das alles nur halb so wild. Und man muss auch sagen, dass Ladezeiten auch am Rechner ein Ding sind. Omnisphere beispielsweise, läd auf meinem High-End-Rechner je nach Sound ebenfalls drei bis fünf Sekunden - da sprechen wir nicht einmal vom Öffnen des Plugins. The Gentleman von Native Instruments ist auch nicht instant da und ich denke das ist relativ normal. Wenn du mit den vorgeladenen Plugins arbeitest, dann kostet dich das Sounds wechseln auf jeden Fall kaum Zeit. Dein "Workstation" Argument ist auch fragwürdig. Man müsste die MPC X ja mit etwas vergleichen wie der Fantom 08 oder der Fantom-6. Hast du dir da mal die Projektladezeiten angeschaut? Da reicht ein Blick in die Foren und die Leute sprechen von Minuten und nicht von Sekunden. Was im übrigen völlig fine ist - ich will nur sagen, dass wir hier nicht von den Workstations sprechen die 2.500€ aufwärts kosten wie das Genos, Kronos oder Pa5X. Trotzdem ist beim Kronos bekannt, dass die Größe der Samples, die beispielsweise für die Piano-Sounds verwendet werden, für längere Ladezeiten sorgen. Mit vernünftiger Vorbereitung funktioniert das auf jeden Fall auch Live mit der MPC Key-61. :)
Antwort auf #1 von Jens
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenJens sagt:
#2 - 23.07.2022 um 15:35 Uhr
Ich hatte die Möglichkeit zum ausführlichen testen. Abgesehen davon, daß ich mit MPC nie warm geworden bin ist es nicht von der Hand zuweisen, daß AKAI immer schon sehr gute Keyboards / Midicontroller gemacht hat, die Keybeds gehören zu den besten die es gibt. Das gilt auch für den MPC 61 Key. Auch die Sounds als Brot - und Butter sind gut. Allerdings gib es ein sehr großes Manko: Die Ladezeiten. Es dauert mehrere Sekunden, bis Sounds geladen werden. Das ist nicht akzeptabel. Wie soll das in einer Live - Umgebung funktionieren. Abgesehen davon sind es ja letztlich Software - Synth (plugins), die im MPC Key 61 ihre Dienste verrichten. Auf einem einigermaßen aktuellen Rechner geht das deutlich schneller, von Workstations ganz zu schweigen. Damit disqualifiziert sich der MPC Key 61. Leider.
Daniel sagt:
#2.1 - 17.01.2023 um 10:54 Uhr
Das Thema mit den Ladezeiten kann ich nachvollziehen. Für den Live-Einsatz ist das MPC Key 61 damit leider ungeeignet, weil auch der RAM zu klein ist um Sounds für die komplette Live-Session vorab zu laden. Schade...
Antwort auf #2 von Jens
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