Praxis
Gut mitgedacht – bis zu einem gewissen Punkt
Wenn wie im Falle des AKG C314 die Ingenieure mitgedacht haben, dann freut mich das immer. Kondensatormikrofone sind, wie es so oft heißt, „ausentwickelt“, es sind daher also oft die Kleinigkeiten, denen Verbesserungen oder Erweiterungen widerfahren. Dass eine Overload-LED verwendet wird, finde ich grandios. Natürlich kann man über die Aussagekraft einer Clip-LED verschiedener Meinung sein, doch insgesamt ist das reine Vorhandensein positiv zu bewerten. Nur geht sie leider nach wenigen Sekunden wieder aus, was ich etwas unpraktisch finde. Im Produktionsalltag werde ich mich nicht vor irgendwelchen LEDs auf die Lauer legen und warten, ob sie Disko machen oder nicht. Sicher, ein dauerhaftes Leuchten macht eine Art von Reset-Funktion notwendig. Ich meine aber, dass man sich der Sache doch hätte etwas umfangreicher annehmen sollen – wenn schon, denn schon.
Einstreuungen? Nö.
Insgesamt darf man aber mit dem umschaltbaren C314 der Österreicher sehr zufrieden sein: Für einen fairen Preis erhält man ein alltagstaugliches Kondensatormikrofon, das in allen typischen Situationen professionell seine Dienste leistet. Die Ausstattung ist umfangreich, zudem wurde sie schlau und praxisbezogen gewählt, was sich etwa an den wählbaren Richtcharakteristiken zeigt. Wie es sich für ein modernes Mikrofon gehört – und vielleicht noch darüber hinaus – ist das C314 tatsächlich sehr rauscharm und pegelfest. Noch bevor das Signal bei enormen Pegeln schlagartig „umbricht“, ist allerdings mit einer merklichen Einengung der Dynamik zu rechnen – allerdings geschieht das in Pegelbereichen, die bei üblichem Betrieb nicht zustande kommen. Ganze Arbeit geleistet haben die AKG-Ingenieure auch bei der Einstreuungsempfindlichkeit: Auch im direkten Umfeld einer Vielzahl elektronischer Geräte, darunter Boxen, Mobiltelefone und Neonröhren konnte die Ruhe im Signal nicht gestört werden.
Spritziger Sound, aber dennoch nicht locker-luftig
Das C314 ist eindeutig ein Vertreter der moderneren Großmembranmikrofone, ein dunkles, warmes Timbre sucht man also vergeblich. Vielmehr ist es in den Höhen erstaunlich stark ausgeprägt und auf den ersten Blick geradezu spritzig. Ich persönlich würde für derartige Ergebnisse vielleicht eher zu einem anderen Mikrofontypen greifen, wenn ich die Wahl hätte, aber unter dem Gesichtspunkt des Allrounders wird man recht froh sein, dass sich der Frequenzgang bei 10 kHz eher noch etwas aufbäumt als einzubrechen. Nun gut, derartige Höhen wirken zunächst toll, werden aber vor allem bei Vocal-Aufnahmen in diesem Ausmaße eher selten benötigt und tendieren oft – so auch beim C314 – dazu, etwas angestrengt zu klingen. Und die tatsächliche „Luftigkeit“, die viele Kleinmembraner bieten können, erreicht das AKG dann auch nicht. Man erhält aber in jedem Fall ein Signal, welches sich per EQ in allerhand Richtungen drücken lässt, ohne zu schnell zu zerfallen. Die Auflösung ist für ein Mikrofon dieser Preisklasse gut, ein wenig sauberer dürfte es gerade oberhalb der Präsenzen zugehen, um an Größen wie das AKG C414 heranzureichen. Wichtiger aber ist, dass es keine Phasenprobleme in diesem so sensiblen Bereich zu berichten gibt – nie hat man das Gefühl, es mit Löchern oder dergleichen zu tun zu haben.
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Mitten liegen in der Badewanne
Im Bass zeichnet das 314 recht straff und trocken, was nicht jedes umschaltbare Kondensatormikrofon unter 1000 Euro von sich behaupten darf. Eigentlich der gesamte Grundtonbereich der meisten Instrumente wird kräftig übertragen, was sich bei nahen Besprechungsabständen noch deutlich verstärkt. Das klingt eindrucksvoll, hat aber für viele Anwendungen schon deutlich zu viel Eigenschaften von der typischen HiFi-Badewanne. Gut, die Höhen- und Bassanbhebung schindet Eindruck. Spätestens im Mix wird man aber bei Verwendung des C314 eher zu Shelf oder Cut greifen werden als bei vielen anderen Mikros – und zwar sowohl in den Höhen als auch den Tiefen. Im Umkehrschluss kann man auch von einem etwas schwach dargestellten Hochmittenbereich sprechen, der sich umso stärker bemerkbar macht, je stärker man auf ein richtendes Polar-Pattern setzt. Die Acht wirkt dadurch weniger „da“, als man es von manchem anderen Signal gewohnt ist.