AKGs Drum Set Premium Mikrofonkoffer ist ein Bundle, wie es viele gibt: Vom Hersteller vorab zusammengestellte und im Transportbehälter ausgelieferte Mikrofon-Kollektionen zur Abnahme eines Schlagzeugs sind in.
Anders lässt sich kaum erklären, dass sich in den entsprechenden Produktsparten der großen Musikläden teilweise über 30 dieser praktischen Kistchen finden lassen. Der österreichische Traditionshersteller AKG hat davon insgesamt drei im Angebot, wovon unser Drum Set Premium Testkoffer der mit Abstand teuerste ist. Gut 2000 Euro Listenpreis dürften für die meisten Drummer, Projektstudios oder PA-Firmen eine durchaus bedeutende Investition darstellen, der Inhalt des Aluminiumbehälters hat es allerdings auch in sich.
Wer sich ein bisschen mit der Mikrofonierung von Schlagzeugen beschäftigt hat, kennt irgendwann auch die Namen der berühmtesten Schallwandler in diesem Bereich. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Modell von AKG dabei ist, dürfte ziemlich groß sein. Schon mal was vom D12 gehört? In aller Munde, Entschuldigung, Bassdrums, ist auch der Nachfolger D112. Wer seinen Blick während eines Konzerts vom Drummer etwas nach oben wandern lässt, wird dort mit schöner Regelmässigkeit einen weiteren Klassiker der Drum-Mikrofonierung entdecken, nämlich das C414 Großmembran-Mikrofon. Und auch das C451 darf als Allround-Klassiker bezeichnet werden, vor akustischen Gitarren sieht man es oft , aber auch als Overhead- oder Hi-Hat-Mikrofon. Ein Blick in unseren Testkoffer zeigt: Mit dem D12VR, den beiden C214 und dem C451B stecken nahe Verwandte beziehungsweise die aktuellen Versionen dieser bekannten Schallwandler im “Drum Set Premium”-Kasten. Dazu legt AKG vier D40 Tom/Snaredrum-Mikrofone bei. Mit diesen erprobten Recken der Drumset-Abnahme sollte doch eigentlich im Set nichts schiefgehen, oder? Wir haben mal genau hingehört.
Details
Acht makellos verarbeitete Mikrofone samt Halterungen beinhaltet der Alu-Koffer
Das Öffnen eines Mikrofonkoffers hat immer ein bisschen was von James-Bond-Filmen. Der einzige Unterschied ist eigentlich nur, dass man nach dem ritualisierten Entriegeln der Verschlüsse und dem Anheben des Deckels keine Präzisionswaffe zusammenbaut – zumindest keine, mit der man Leute umbringen kann. Im Falle des AKG Drum Set Premium Aluminium-Case kommen stattdessen acht sehr gut verarbeitete Mikrofone, vier Spannreifenhalterungen, eine konventionelle Klemme sowie zwei Spinnen zum Vorschein. In der Anzahl der Mikrofone liegt übrigens auch schon ein Unterschied zu den meisten anderen, günstigeren, Drum-Mikrofon-Sets, denn diese beinhalten meistens nur sieben Schallwandler. Darauf gehe ich aber weiter unten noch ein. Während es sich die Mikros selbst und die beiden Spinnen auf der ersten Ebene der passgenau gearbeiteten Kunststoffformteile bequem machen, stößt man auf die restlichen Halterungen auf einer weiteren “Etage” darunter. Das ist geschickt gelöst und spart Platz, welcher ja besonders beim Live-Einsatz durchaus begrenzt sein kann. Kommen wir nun zu den einzelnen Mikros.
Bassdrum: Das D12VR besitzt eine aktive Elektronik mit umschaltbarem Frequenzgang
Das Fundament eines modernen Drumsounds ist die Bassdrum. AKG hat bereits vor Jahrzehnten mit dem berühmten Ur-D12 einen Klassiker für diese Anwendung geschaffen. Aber auch der Nachfolger, das “Ei” namens D112, erfreut sich bei Pros und Amateuren großer Beliebtheit. Unserem Drum Set Premium Koffer liegt allerdings das luxuriöse D12VR bei, wobei VR die Abkürzung für “Vintage Reissue” darstellt. Der Begriff ist in sofern irreführend, als dass die neue Version sowohl anders aussieht als auch deutlich umfangreicher ausgestattet ist als der legendäre “Ziegelstein” aus den 60ern. Uns soll es nur recht sein, denn dieses neue Mikrofon soll ein wahrer Alleskönner im Tieffrequenzbereich sein. Dieses Mikrofon hatte der Kollege Nick Mavridis übrigens schon im Einzeltest und hat sich dort auch explizit mit den Unterschieden zum D12 beschäftigt. Trotzdem möchte ich euch die Besonderheiten und technischen Daten nicht vorenthalten. 17 bis 17000 Herzt gibt AKG als nutzbares Frequenzband an, bei der Empfindlichkeit liegt man bei unspektakulären 1,2 mV/Pa. Der Blick auf das Frequenzdiagramm offenbart zwei Peaks bei etwa 4500 und bei etwa 8000 Hertz, was dem Anschlags-Sound des Beaters guttun dürfte und in dieser Form typisch für moderne, auf Bassdrum-Abnahme spezialisierte Mikrofone ist. Der Clou des AKG D12VR ist allerdings die Option, ihm eine 48V Phantomspannung zuführen zu können. Diese aktiviert eine Elektronik, welche über einen farbig illuminierten Schieberegler eine dreistufige, analoge EQ-Bearbeitung ermöglicht: Mittenabsenkung (pinke Beleuchtung), Mittenabsenkung plus Bassanhebung (grüne Beleuchtung), sowie Mittenabsenkung plus Bass- und Höhenanhebung (blaue Beleuchtung). Im passiven Modus kann das D12VR auch betrieben werden, es steht dann aber kein EQ zur Verfügung. Umgekehrt muss im 48V-Betrieb zwingend zwischen einer der drei Voreinstellungen gewählt werden, “flat” ist hier nicht möglich.
Toms und Snaredrum: Die vier D40 verfügen über praktische K&M -Spannreifenhalter
Darf das D12VR als Luxusmikrofon für seinen Einsatzbereich bezeichnet werden, spendiert AKG dem Drum Set Premium Koffer für die Tom- und Snaredrum-Abnahme eher einfach gehaltene Exemplare aus dem Firmenportfolio. Mit ihrem kompakten, gut zehn Zentimeter langen Ganzmetallgehäuse liegen die vier dynamisch arbeitenden D40 trotzdem satt und stabil in der Hand. Die Verbindung zu einem Mikrofonstativ oder den beiliegenden, hochwertig gefertigten K&M 24030 Spannreifenhalterungen stellt ein integriertes Gelenk mit Flügelschraube her. Mit 75-20000 Hertz decken sie – mit Ausnahme des Tiefbassbereichs – eine weite Range ab, 2,2 mV/Pa sind ein angemessener Übertragungsfaktor für Tauchspulenmodelle dieser Auslegung. Das Frequenzdiagramm zeigt Betonungen bei etwa 120 Hertz sowie bei knappen 4000 Hertz, was ihnen bei der zugedachten Arbeit an Toms und Snares einen angedickten unteren Mittenbereich sowie eine leichte Akzentuierung des Attacks bescheren dürfte.
Overhead-Mikofone: Zwei C214 “gematchte” Großmembraner gehören zur Kollektion
Bei den meisten Schlagzeugaufnahmen dürfte den Overhead-Mikrofonen die wichtigste Aufgabe zufallen, denn sie sind für eine ausgewogene Darstellung des gesamten Drumsets verantwortlich. Geschieht hier Murks, lässt sich daran auch mit sehr guten Close Mics nicht mehr viel reparieren. Zum Glück ist sich AKG dieser Tatsache bewusst und packt für den Premium Koffer entsprechend hochwertige Modelle ein. Dabei handelt es sich natürlich nicht um die legendären 414er, denn dann wäre das Budget schon für ein Stereopärchen aufgebraucht. Wenn man aber mal ehrlich ist, benötigt man die enorm vielen Einstellmöglichkeiten der teuren Kultmikrofone in der klassischen Overhead-Anwendung auch gar nicht unbedingt. Die beiden ab Werk aufeinander abgestimmten C214 kommen stattdessen mit einem schaltbaren Low Cut Filter, welcher das Signal unterhalb von 160 Hertz absenkt, sowie einem 20dB Pad, mithilfe dessen man das C214 infernalischem Lärm von bis zu 156 dB SPL aussetzen könnte. 20 bis 20000 Hertz sind ein typischer Frequenzgang für Großmembran-Kondensatormikrofone, das gleiche gilt für den Übertragungsfaktor von 20 mV/Pa. Zwei Dinge fallen im Hinblick auf den Einsatzbereich positiv auf: die kompakte, flache Bauform, sowie die leichten, durchdacht konstruierten Spinnen. Diese bestehen aus drei konzentrischen, mit Gummibändern verbundenen Kunststoffringen. In den kleinsten wird das mittig Mikrofon eingesteckt, der Dreh an einem Verschlussmechanismus sorgt anschließend für eine sichere Fixierung. Wie es sich für ein gut gebautes Großmembran-Kondensator-Mikrofon gehört, weist der Frequenzgang keine auffälligen Betonungen auf, eine leichte Anhebung jenseits der 10000 Hertz soll dem C214 allerdings die nötige Frische im Air-Bereich spendieren, die sich sowohl bei Stimmen als auch bei modernen Schlagzeugproduktionen positiv bemerkbar machen kann.
Last but not least: das C451B für Hi-Hat oder Ride-Becken
Als “Referenz Kleinmembran Mikrofon” bezeichnet AKG selbst jenen Schallwandler, der das Drum Set Premium Kit zu einem wirklich kompletten Drum-Koffer machen soll. Auf ein Hi-Hat-Mikrofon verzichten viele Hersteller in ihren Angeboten nämlich. Manch einer mag trotzdem enttäuscht sein, dass er hier ein Mikro mitkaufen soll, welches voraussichtlich sowieso nicht zum Einsatz kommt. Und es stimmt, dass viele Aufnahmen ohne eine separate Abnahme der Hi-Hat oder des Ride-Beckens auskommen. Man kann es aber so auch sehen: das zusätzliche Mikro erweitert die Optionen enorm. Als Allrounder mit Nierencharakteristik konzipiert, sollte es in den meisten Anwendungen brauchbare Ergebnisse liefern, zum Beispiel als optionales Snare- (Bottom-) Mikrofon, als Room-Mic oder als Mono-Overhead (aber auch an Gitarre oder anderen Instrumenten). Das vernickelte und mit 16 Zentimetern relativ lange C451B kommt mit guter Ausstattung: Ein zweistufig schaltbares Pad (-10 oder -20 dB) ist ebenso an Bord wie ein zweistufiger Low Cut, welcher das Signal entweder unterhalb von 75 oder 150 Hertz absenkt. Auch das 451er deckt den weiten Frequenzbereich zwischen 20 und 20000 Hertz ab, und obwohl der Rauschabstand und die Empfindlichkeit bei sehr lauten Quellen wie dem Drumset keine so große Rolle spielen, ist es beruhigend zu wissen, dass das Stäbchenmikro hier mit 9 mV/Pa beziehungsweise 76 dB(A) mehr als akzeptable Werte liefert.