Praxis
Setup und Handling
Eine Aussparung am Stativ des AKG Lyra ist für das Kabel-Management vorgesehen, kanalisiert den kleinen Kabelstrang, der zum Mikrofonfuß führt, und lässt ihn nach hinten aus dem Weg räumen. Das ist eine einfache, aber gelungene Lösung. Das Mikrofon lässt sich am Stativ kippen/schwenken und so seine Ausrichtung dadurch genauer anpassen. LEDs weisen auf den gewählten Modus des Mikrofon-Arrays hin. Das Handling ist dabei gut.
Die Verbindung des knapp 1 kg schweren AKG Lyra ist nicht mit jedem Recording-Gerät möglich. Wer das Mikrofon an einem Android- oder iOS-Gerät betreiben möchte, sollte sich die Systemanforderungen im Manual genauer anschauen. Dort ist vermerkt, dass es für den Betrieb des AKG Lyra nicht ausreicht, dass Android 9.X oder iOS 10.X oder höher am Start sind. Android-Geräte müssen auch OTG-kompatibel sein. Für iOS-Geräte wird Zusatzmaterial in Form eines Camera Kit und einer externen Stromquelle benötigt. Das bedeutet, dass entweder ein entsprechender USB3-auf-Lightning-Adapter mit einem USB-Anschluss für die Datenverbindung und einem weiteren für den Anschluss eines Netzteils zum Einsatz kommen sollte. Es kann aber auch ein aktiver USB-Hub verwendet werden, der gemeinsam mit dem Camera-Kit oder dem USB3-auf-Lightning-Adapter die erforderliche Verbindung und Stromversorgung des AKG Lyra ermöglicht. Andernfalls bleibt das Mikrofon stumm.
Da das Lyra ohne eigenen Treiber auskommt, muss beispielsweise an Windows-PCs in den DAW-Einstellungen der “Generic Low Latency ASIO Driver” ausgewählt werden. In dessen Untermenü “Einstellungen” lässt sich dann der Eintrag “AKG C-44” aktivieren, so dass die Audioverbindungen des Mikrofons als Geräte-Port-Eingänge eines Stereo-Busses genutzt werden können. Alternativ arbeitet auch der gute alte kostenlose ASIO4all-Treiber reibungslos mit dem Mikrofon. Ebenfalls getestet habe ich das USB-Mikrofon an einem Apple Macbook Pro mit MacOS Sierra. Da das Mikrofon keine Pegelkontrolle oder Clip-LED bietet, gelingt mir das Einpegeln während der Testaufnahme anhand der Kontrolle der Wellenform. Der dafür nötige Gain-Regler befindet sich auf der Rückseite des Gerätes. Ganz nach dem Motto “Set and forget”. Denn häufig wird der Regler nur einmal eingerichtet und im Gegensatz zum Poti des Kopfhörerausgangs und der Mute-Taste nicht mehr allzu häufig im großen Stil bewegt. Zum Glück finden sich Letztere zum schnellen Zugriff auf der Vorderseite. Eine Strategie, die in der Praxis für mich aufgeht.
Stereo- und Klangcharakter
Wie das Lyra letztlich klingt, hört ihr im Audiobeispiel “AKG Lyra Sprache, PC-Aufnahme”. Der Recording-Test der “Capture Modes” macht deren Einsatzgebiete deutlich:
Der “Front”-Modus eignet sich für Solo-Aufnahmen wie Gesang und Spoken Word. Der Sound des AKG Lyra ist warm und voll und hält bei Nahbesprechung einen satten Bassanteil bereit. Obwohl das Signal gut ausgesteuert ist, sind darin dennoch Verzerrungsanteile zu hören. Wird die Entfernung zum Sprecher größer, bleibt der Bassbereich rund und das Signal warm und dynamisch. Bei einer Entfernung der Mikrofonierung von ca. 40 cm hört man dem Test-Audiofile an, dass die Aufnahme in einem kleinen Raum erfolgt ist. Der von den nahen Wänden reflektierte Schall ist beinahe ebenso laut wie der nun deutlich schwächere Signalanteil des frontseitig aufgegriffenen Schalls, so dass es zu leichten Kammfiltereffekten kommt. Dieses “Problem” zeigt sich selbstverständlich bei den allermeisten Mikrofonen. Weicht der Sprecher von der Haupteinsprechachse ab, verändert sich das Klangbild bei einem 45°-Winkel bereits deutlich. Bei seitlicher Besprechung wird das selbstverständlich noch deutlicher. Sprecher, Sänger und Moderatoren sind daher gut beraten, das Lyra ziemlich genau von vorn zu besprechen/besingen.
Im “Front & Back”-Modus lassen sich problemlos Interviews mitschneiden, bei denen sich die Gesprächspartner gegenüber sitzen und das Lyra in der Mitte zwischen ihnen steht. Dabei werden nicht etwa getrennte Signale für vorne und hinten auf die beiden Stereokanäle des Mikrofonausgangs geschickt, sondern ein Mono-Mix-Signal. Der Klang ist hier offen und transparent, Raumanteile werden deutlich aufgegriffen.
Der Modus “Tight Stereo” sorgt für eine Stereo-Aufnahme bei Beschallung von vorn. Damit eignet sich dieser Modus gut für Recordings von Instrumenten wie beispielsweise Gitarren und Klavieren. Im Test-Audiofile hört ihr die Aufnahme einer Akustikgitarre. Das vom Lyra gewandelte Signal klingt auch hier wieder wohlig warm. Die resultierende Stereobühne ist für meinen Geschmack überraschend weit und vermittelt ein regelrecht plastisch wirkendes akustisches Bild des Gitarrenspiels.
Der “Wide Stereo”-Modus greift dagegen mit dem Vierfach-Mikrofon-Array des AKG Lyra Schall ringsherum auf. Das bedeutet, dass auch Anteile des Raumhalls und weiterer Ambience-Schall aufgegriffen wird. Dieser Modus eignet sich deshalb exzellent für den Einsatz im Bereich Field Recording. Wenngleich Windgeräusche dabei zum Problem werden können, weil dem Mikrofon kein Popp- oder Windschutz beiliegt. Der Stereoeindruck, den dieser Modus auch bei Aufnahmen in geschlossenen Räumen hinterlässt, wirkt nochmals offener als derjenige des “Tight Stereo”-Modus. Und auch hier muss beim Recording in Wandnähe reflektierter Schall bedacht werden, um Phasenprobleme zu vermeiden.